Bundessozialgericht, Urteil vom 26.05.2011, Az. B 14 AS 93/10 R

14. Senat | REWIS RS 2011, 6236

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Bürgermeister und Stadträte - keine zweckbestimmten Einnahmen - Absetzung von Werbungskosten und des Freibetrages bei Erwerbstätigkeit


Leitsatz

Aufwandsentschädigungen an ehrenamtlich tätige Bürgermeister und Stadträte sind keine zweckbestimmten Einnahmen, die von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 17. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem [X.]eklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]) für das [X.].

2

Die im April 1944 geborene Klägerin lebt mit ihrem im Febr[X.]r 1942 geborenen Ehemann in einer Vierzimmerwohnung mit einer Gesamtfläche von ca 80 qm, für die im streitigen [X.]raum eine Miete von insgesamt 376 [X.] (256 [X.] Kaltmiete, 120 [X.] Vorauszahlung für die [X.]etriebskosten inklusive Heizung und Warmwasserzubereitung) zu zahlen waren. Ab Jan[X.]r 2005 war die Klägerin freiwillig versichertes Mitglied bei der [X.] und zahlte [X.]eiträge für die [X.] in Höhe von 107,88 [X.] monatlich. Im 1. Q[X.]rtal 2005 verfügten die Eheleute über zwei Kraftfahrzeuge. Für die Haftpflichtversicherungen dieser Kraftfahrzeuge waren 108,38 [X.] für einen [X.] (für das 1. Q[X.]rtal 2005) und 140,71 [X.] für einen [X.] (Jahresbeitrag bei [X.]eitragsfreiheit ab dem 17.5.2005) zu zahlen. Im April 2005 erwarb die Klägerin einen [X.] (für 11 500 [X.]) und gab dafür [X.] die beiden anderen Fahrzeuge in Zahlung. Für den [X.] waren für die [X.] vom 19.5. bis 31.12.2005 [X.]eiträge für eine Haftpflichtversicherung in Höhe von 102,87 [X.] zu zahlen.

3

Die Klägerin war [X.] im streitigen [X.]raum Stadträtin der [X.] und ehrenamtliche Ortsvorsteherin des Ortsteils [X.] Als Entschädigungen hierfür erhielt sie im Jahre 2005 als Stadträtin 330 [X.] monatlich und als Ortsvorsteherin 406,48 [X.] monatlich. Als Stadträtin erhielt sie zudem für jede Teilnahme an Sitzungen der Ratsversammlung und bestimmter Ausschüsse ein Sitzungsgeld von 50 [X.]. Außer im September 2005 wurden ihr im Jahre 2005 an [X.] monatlich unterschiedlich hohe [X.]eträge von 50 [X.] bis zu 400 [X.] überwiesen; im Oktober und November sind 400 bzw 350 [X.], im Dezember 50 [X.] ausgezahlt worden.

4

Der Ehemann der Klägerin bezog im streitigen [X.]raum ab Jan[X.]r 2005 eine Altersrente mit einem Zahlbetrag monatlich 668,47 [X.] und ab Juli 2005 monatlich 665,20 [X.]. Ferner erzielte er in den Monaten März, April, Mai, Juli, August, Oktober und November 2005 aus einer Hausmeistertätigkeit Einnahmen in unterschiedlicher Höhe.

5

Einen Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ab dem 1.1.2005 lehnte der [X.]eklagte unter Hinweis auf einen [X.]erechnungsbogen für die Monate Jan[X.]r bis März 2005 ab ([X.]escheid vom 10.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 25.7.2005). Die Klägerin sei bei einem monatlichen Gesamtbedarf von 480,12 [X.] (298 [X.] Regelleistung und 182,12 [X.] Kosten für Unterkunft und Heizung) und einem eigenen Einkommen von insgesamt 810,41 [X.] (923,37 [X.] sonstiges Einkommen bereinigt um 112,96 [X.]) nicht hilfebedürftig.

6

Die hiergegen zum Sozialgericht ([X.]) Leipzig erhobene Klage hat das [X.] mit Urteil vom [X.] abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin habe für die Monate Jan[X.]r bis März 2005, die alleine streitgegenständlich seien, keinen Anspruch auf [X.] ([X.]), da das anzurechnende Gesamteinkommen in Höhe von 1023,94 [X.] monatlich den Gesamtbedarf der [X.]edarfsgemeinschaft in Höhe von 960,24 [X.] monatlich übersteige, was es im Einzelnen dargelegt hat.

7

Das [X.] (L[X.]) hat die hiergegen gerichtete [X.]erufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). [X.] sei das [X.] davon ausgegangen, dass der von der Klägerin zur Überprüfung gestellte [X.]raum auf die [X.] vom 1.1.2005 bis zum [X.] begrenzt sei. Insbesondere habe der [X.]eklagte die beantragte Leistung mit dem angefochtenen [X.]escheid trotz der [X.]ezugnahme auf den beigefügten [X.]erechnungsbogen für die Monate Jan[X.]r bis März 2005 nicht nur für diesen [X.]raum, sondern zukunftsoffen abgelehnt. Erst im [X.]erufungsverfahren habe die Klägerin ihr Klagebegehren auf Leistungen für das [X.] beschränkt. Die Klägerin habe nur in der damit streitgegenständlichen [X.] vom 1.1.2005 bis zum 31.12.2005 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, denn sie sei nicht hilfebedürftig gewesen (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 [X.]). Für September 2005, den Monat mit den geringsten Einnahmen, seien nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] die monatlichen Entschädigungen in Höhe von 406,48 [X.] für ihre Tätigkeit als Ortsvorsteherin und 330 [X.] für ihre Tätigkeit als Stadträtin als Einkommen zu berücksichtigen. Von diesem Einkommen in Höhe von insgesamt 736,48 [X.] seien die in § 11 Abs 2 [X.] genannten [X.]eträge, insbesondere der Teil der Entschädigungen, der dem Ersatz von Auslagen diene (§ 11 Abs 2 Nr 5 [X.]), in Höhe von insgesamt 302,98 [X.] abzusetzen. Eine weitergehende Privilegierung nach § 11 Abs 3 Nr 1 [X.]uchst a [X.] scheitere unter Würdigung der [X.]esonderheiten des hier zu entscheidenden Einzelfalles an der sog Gerechtfertigkeitsprüfung des § 11 Abs 3 Nr 1 [X.]uchst a letzter Halbsatz [X.]. Die der Klägerin gezahlten Entschädigungen dienten zum einen dem Ersatz von notwendigen Aufwendungen bzw Auslagen und zum anderen als Verdienstausfall. Für die Entschädigung als Stadträtin ergebe sich dies aus § 21 Abs 2 [X.] Gemeindeordnung (SächsGemO) iVm § 1 Abs 1 Entschädigungssatzung der [X.] vom [X.], zuletzt geändert mit [X.]eschluss vom 25.2.2009. Wie sich aus den landesrechtlichen Vorschriften (vgl § 65 Abs 1 [X.] der Hauptsatzung der [X.], Stand Mai 2009) im Übrigen ergebe, erhielten [X.] auch ehrenamtliche Ortsvorsteher eine Aufwandsentschädigung für den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand in der durch Satzung bestimmten Höhe. Nach diesen Regelungen und unter Würdigung der Angaben der Klägerin über die konkrete Gestaltung ihrer [X.]etätigung als Ortsvorsteherin sei die Aufwandsentschädigung in Höhe von 406,48 [X.] auch für den Aufwand an [X.] und für einen Verdienstausfall gezahlt worden (Hinweis auf [X.]undessozialgericht <[X.][X.]> Urteil vom 25.1.2006 - [X.] 12 KR 12/05 R - [X.] 4-2400 § 7 [X.] RdNr 20). Neben dem zu berücksichtigenden Einkommen der Klägerin von mindestens 433,50 [X.] sei das Einkommen des Ehemannes in Höhe von 635,20 [X.] (Zahlbetrag der Rente abzüglich der [X.] von 30 [X.]) zu berücksichtigen, sodass das Gesamteinkommen von 1068,70 [X.] den Gesamtbedarf von 961,26 [X.] jedenfalls um 107,44 [X.] übersteige. Für die anderen streitigen Monate, in denen das Einkommen höher sei, erübrige sich die weitergehende Prüfung.

8

Hiergegen richtet sich die vom L[X.] zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt eine fehlerhafte Anwendung von § 11 Abs 3 Nr 1 [X.]uchst a [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung. Der nichtsteuerpflichtige Teil der Entschädigungen (420 [X.]) sei als derjenige Teil anzusehen, der dem Ersatz von entstandenen Aufwendungen diene und also wegen seiner Zweckbestimmung iS von § 11 Abs 3 Nr 1 [X.]uchst a [X.] nicht zu berücksichtigen sei. Dies entspreche der [X.]ehandlung solcher Entschädigungen bei der Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach § 138 Abs 3 [X.] ([X.]) und § 194 Abs 3 Nr 3 Sozialgesetzbuch Drittes [X.]uch ([X.]I). Den steuerfreien Teil als zweckbestimmt zu betrachten, beeinflusse ihre Lage auch nicht so günstig, dass daneben Leistungen nach dem [X.] nicht gerechtfertigt seien. Sie nehme in ihrer ehrenamtlichen Funktion Aufgaben für das Allgemeinwohl wahr. Es entstünden tatsächliche Kosten für Mandatsträgerbeiträge, Vereinsbeiträge, Steuerberatungskosten, [X.]üro- und Arbeitsmaterial, Porto, Kopien, Druckkosten, Tageszeitungen, Fachliteratur, politische Eigenwerbung, Visitenkarten, IT-Ausstattung, Telefonkosten, [X.]ewirtungskosten, Kosten für den [X.]esuch externer Veranstaltungen (Fortbildungen etc), Mehraufwand für Verpflegung und [X.]ekleidung bei politischen Anlässen. Was vom steuerpflichtigen Teil der Aufwandsentschädigung abzusetzen sei, richte sich nach § 11 Abs 2 [X.]. Danach seien vom steuerpflichtigen Teil die Aufwendungen für die [X.], 30 [X.] [X.] und 13,72 [X.] für die Kfz-Haftpflichtversicherung, Fahrkosten in Höhe von 109,19 [X.] und der Freibetrag nach § 11 Abs 2 [X.] iVm § 30 [X.] in Höhe von 47,47 [X.] abzusetzen. Es verbleibe damit lediglich ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 8,22 [X.]. Damit sei sie durchgehend hilfebedürftig gewesen.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.]n Landessozialgerichts vom 17. Mai 2010 und das Urteil des [X.] vom 25. Jan[X.]r 2007 und den [X.]escheid des [X.]eklagten vom 10. Dezember 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2005 aufzuheben und den [X.]eklagten zu verurteilen, ihr für die [X.] vom 1. Jan[X.]r 2005 bis zum 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] zu gewähren.

Der [X.]eklagte betragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin auf [X.] nach §§ 7, 9, 11 [X.] (idF des [X.] vom 30.7.2004 - [X.] 2014) verneint. Sie war nicht hilfebedürftig im Sinne dieser Vorschriften, weil der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft zwischen ihr und ihrem Ehemann (dazu unter 2) von dem zu berücksichtigenden Einkommen, insbesondere aus den Aufwandsentschädigungen, vollständig gedeckt war (dazu unter 3).

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 10.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2005. Streitgegenstand des Verfahrens sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin für das [X.]. Sofern der Träger der Grundsicherung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - wie hier - gänzlich ablehnt, ist zulässiger Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens grundsätzlich die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene [X.] (stRspr seit [X.], 242 = [X.]-4200 § 20 [X.], jeweils Rd[X.]0). Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass sich allein aus der Bezugnahme auf einen Berechnungsbogen für Januar bis März 2005 im angefochtenen Bescheid keine Beschränkung der Entscheidung des Trägers der Grundsicherung auf den dort ausgewiesenen [X.]raum ergab. Der Streitgegenstand ist (erst) mit entsprechendem Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren auf das [X.] beschränkt worden.

2. Leistungen nach dem [X.] erhalten gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] (idF der Norm durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30.7.2004 - [X.] 2014) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben ([X.]), die erwerbsfähig ([X.]) und hilfebedürftig ([X.]) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben ([X.] 4).

Die Klägerin war nach den Feststellungen des [X.] im gesamten streitigen [X.]raum nicht hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] iVm § 9 Abs 1 [X.]. Nach § 9 Abs 1 [X.] ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, ua nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Die Klägerin bildet hier mit ihrem Ehemann, der seinerseits wegen des Bezuges einer Altersrente nach § 7 Abs 4 [X.] vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist, eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 [X.] und 3 [X.], wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat (zur sog gemischten Bedarfsgemeinschaft im Einzelnen [X.] [X.]-4200 § 9 [X.] 5). Der Gesamtbedarf dieser Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 961,26 [X.] (Regelleistungen in Höhe von 596 [X.] und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 365,26 [X.]) wird von dem zu berücksichtigenden Einkommen vollständig gedeckt, sodass die Klägerin nicht hilfebedürftig war.

3. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem [X.] ([X.]) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des [X.] vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem [X.]. Die an die Klägerin gezahlten Aufwandsentschädigungen unterfallen - wie auch die Altersrente des Ehemannes - keiner der in § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] benannten Ausnahmen.

a) Bei den wegen der Entschädigung als Ortsbürgermeisterin und Stadträtin gezahlten Entschädigungen handelt es sich dem Grunde nach um Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Für die Tätigkeit der Ortsbürgermeisterin entspricht dies - worauf das [X.] zutreffend hingewiesen hat - der Rechtsprechung des [X.] zu §§ 7, [X.] ([X.]), wonach ein ehrenamtlicher Bürgermeister einer verbandsangehörigen Gemeinde in [X.], der - wie die Klägerin - eine (teilweise) steuerpflichtige Aufwandsentschädigung erhält, im Hinblick auf den Aufgabenbereich, den er weisungsgebunden ausführt, eine abhängige Beschäftigung ausübt und entsprechend beitragspflichtig ist ([X.]E 99, 67 = [X.]-2400 § 7 [X.] 6). Das [X.] hat zwar auf Grundlage der landesrechtlichen Vorschriften keine Abgrenzung dahin getroffen, ob auch die Tätigkeit als Stadträtin in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wird. Hiergegen bestehen unter dem Gesichtspunkt der Weisungsunabhängigkeit von Mandatsträgern erhebliche Bedenken. Letztlich kann diese Unterscheidung vorliegend aber dahinstehen. Auch wenn es sich insoweit um Einkommen in sonstigen Fällen (vgl § 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim [X.]/Sozialgeld <[X.]-V> in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung) handelt, erfolgt die Berücksichtigung von daraus folgendem Einkommen nach den in § 11 Abs 2 [X.] aufgestellten Grundsätzen.

b) Systematisch handelt es sich bei den gezahlten Entschädigungen nicht (auch nicht teilweise) um eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.]. Danach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen zweckbestimmte Einnahmen, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem [X.] nicht mehr gerechtfertigt wären. Mit der Regelung des § 11 Abs 3 [X.] Buchst a [X.] soll einerseits vermieden werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des [X.] verfehlt wird (vgl etwa zum ausbildungsbezogenen Teil der Leistungen nach dem [X.] [X.] [X.]-4200 § 11 [X.]1 Rd[X.]4 mwN). Andererseits soll die Vorschrift aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden.

Eine solche besondere (weitere) Zweckbestimmung der gezahlten Entschädigungen, die durch die Berücksichtigung im Rahmen des [X.] verfehlt würde, ist vorliegend nicht ersichtlich. Nach den Feststellungen des [X.], die es auf der Grundlage der landesrechtlichen Bestimmungen zu Entschädigungen von Stadträten einerseits und Ortsbürgermeistern andererseits getroffen hat, dienen die der Klägerin gezahlten Entschädigungen zum einen dem Ersatz von notwendigen Aufwendungen bzw Auslagen und zum anderen als Verdienstausfall. Damit sind keine weitergehenden Zwecke genannt, die sich von der aus § 11 Abs 1 und Abs 2 [X.] ableitbaren Systematik unterscheiden. Ein weitergehender Zweck als die Sicherung des Lebensunterhalts (wegen des Ausfalls anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten) nach Absetzung der notwendigen Aufwendungen wird mit der Zahlung der Entschädigungen nicht verfolgt. Die Klägerin übersieht, dass mit den Entschädigungen insbesondere eine Anerkennung ihres Ehrenamtes, die als Zweckbestimmung iS des § 11 Abs 3 [X.] beachtlich sein könnte, nicht verbunden ist. Die vom [X.] vorgenommene, weitergehende Prüfung nach § 11 Abs 3 [X.] Buchst a letzter Halbsatz [X.] erübrigt sich damit.

c) Es ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin bei dieser Auslegung auch keine Wertungswidersprüche mit dem Steuerrecht, die unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung nicht hinzunehmen wären. Nach § 3 [X.]2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG), auf den sich die Klägerin beruft, sind Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, steuerfrei, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder [X.]verlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Der [X.] ([X.]) legt diese Vorschrift in ständiger Rechtsprechung dahingehend aus, dass die Erstattung nur solcher Aufwendungen von der Steuer befreit ist, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind (zuletzt [X.] Urteil vom 29.11.2006 - VI R 3/04 - [X.]E 216, 163; Urteil vom 15.11.2007 - [X.]/04 - [X.]/NV 2008, 767; Urteil vom 8.10.2008 - VIII R 58/06 - [X.]E 223, 139). Die in § 3 [X.]2 Satz 2 EStG enthaltene Besserstellung der Empfänger von Bezügen aus öffentlichen Kassen gegenüber anderen Steuerpflichtigen beschränkt sich (im Sinne eines "eingeschränkten Nachprüfungsrechts" durch die Finanzbehörde) darauf, dass bei der Prüfung, ob die Erstattungen Werbungskosten abdecken, nicht kleinlich verfahren und dem Empfänger ein ins Einzelne gehender Nachweis nicht zugemutet werden soll (enger noch von [X.] in [X.] ua, EStG, [X.], § 3 Rd[X.] B12/30; [X.], [X.], 23). Mit dieser Auslegung von § 3 [X.]2 Satz 2 EStG trägt der [X.] der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) Rechnung, wonach Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ("Aufwandsentschädigungen") von der Einkommensteuer nur frei bleiben dürfen, wenn die damit verbundene steuerliche Entlastung durch den Tatbestand abziehbarer Erwerbsaufwendungen gerechtfertigt ist (vgl [X.] Beschluss vom 11.11.1998, [X.]E 99, 280 zur Verfassungswidrigkeit von § 3 [X.]2 Satz 1 EStG hinsichtlich der Aufwandsentschädigung Ost). Eine "echte" Steuerbefreiung in Höhe eines Pauschalbetrages ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin mit § 3 [X.]2 Satz 2 EStG nicht verbunden. Solche Vorschriften im Zusammenhang mit einem Ehrenamt finden sich nur in § 3 [X.]6, [X.]6a EStG in der Fassung des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 15.10.2007 ([X.] 2332), die auf sie keine Anwendung finden.

d) Wegen der Absetzungen im Einzelnen folgt das [X.] - insoweit in ausdrücklicher Abkehr von den Vorschriften des § 138 Abs 3 [X.] AFG und des § 194 Abs 3 [X.] [X.]I und in Abweichung von § 14 Abs 1 Satz 3 [X.] - ohnehin nicht den steuerrechtlichen Regelungen. Soweit die Entschädigungen neben [X.]aufwand und Verdienstausfall Werbungskosten abdecken, kommen lediglich die Absetzbeträge iS des § 11 Abs 2 [X.] in Betracht, wobei mit § 11 Abs 2 [X.] 5 [X.] iVm § 3 [X.] [X.]-V (in der zum 1.1.2005 in [X.] getretenen Fassung vom 20.10.2004, [X.] 2622) ein nur eingeschränkter Verweis auf die steuerlichen Werbungskosten erfolgt. Dies folgt der Ordnung des § 11 [X.], der etwa auch bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die ebenfalls direkt vom Entgelt abzuführen sind, die Absetzbarkeit nach Abs 2 ausdrücklich anordnet (vgl zum Arbeitsentgeltanspruch [X.] Urteil vom [X.] - B 4 [X.]/10 R - zur Veröffentlichung in [X.]E vorgesehen = [X.]-4200 § 11 [X.]4, Rd[X.]1).

e) Für den Monat September 2005, den Monat mit niedrigsten Einnahmen, übersteigt damit das Gesamteinkommen in Höhe von 1057,35 [X.] den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 961,26 [X.]. Neben 635,20 [X.] als Einkommen des Ehemannes (Rentenzahlbetrag abzüglich der [X.]) ist ein Einkommen der Klägerin in Höhe von 422,15 [X.] zu berücksichtigen. Von dem Bruttobetrag der klägerischen Einnahmen in Höhe von 736,48 [X.] sind dabei nach § 11 Abs 2 [X.] folgende Absetzungen vorzunehmen:

Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (vgl § 11 Abs 2 [X.] und 2 [X.]) zahlt die Klägerin nicht. Nach § 11 Abs 2 [X.] [X.] sind neben der [X.] von 30 [X.] die tatsächlich aufgewandten Beträge für eine Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 13,80 [X.] (102,87 [X.] Beiträge : 223 Tage ergibt 46 Cent pro Tag x 30 Tage) sowie die [X.] in Höhe von 107,88 [X.], insgesamt mithin 151,68 [X.] Versicherungsbeiträge abzusetzen.

Nach § 11 Abs 2 [X.] 5 [X.] sind vom Einkommen ferner abzusetzen: die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Nach § 3 [X.] [X.]-V ist als Pauschbetrag von dem Einkommen [X.] für die Beträge nach § 11 Abs 2 [X.] 5 [X.] zunächst monatlich ein Sechzigstel der steuerrechtlichen Werbungskostenpauschale (15,33 [X.]) als mit seiner Erzielung verbundene notwendige Ausgaben abzusetzen, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist. Insoweit kommen als weitergehende Ausgaben allenfalls die nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] nachgewiesenen Telefonkosten in Höhe von 23,50 [X.] in Betracht. Dagegen scheidet sowohl die Absetzbarkeit der Mandatsträgerbeiträge als auch der Beiträge für die [X.]mitgliedschaft aus. Es handelt sich insoweit nicht um Werbungskosten iS des § 9 EStG, auf den § 3 [X.] [X.]-V Bezug nimmt, sondern lediglich um Ausgaben, die uU als Sonderausgaben nach § 10 EStG steuerlich geltend gemacht werden können. Insbesondere bei den Mandatsträgerbeiträgen handelt es sich nicht um mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben, da es keine gesetzliche oder parlamentsordnungsgeschäftliche Verpflichtung zur Zahlung dieser Beiträge gibt. Die Verpflichtung zur Zahlung folgt vielmehr - wie die Zahlung der Mitgliedsbeiträge an die [X.] selbst - aus der Satzung der jeweiligen [X.]. Ähnliches gilt für die Beiträge an die [X.]. Entsprechende Ausgaben mögen von einer Ortsbürgermeisterin allgemein erwartet werden, sie fallen aber nicht unter den Begriff der Werbungskosten und sind damit weder im Rahmen des § 3 [X.]2 EStG steuerfrei gestellt noch als Werbungskosten nach § 11 Abs 2 [X.] 5 [X.] iVm § 3 [X.] [X.]-V anzuerkennen. Die übrigen Beträge sind von der Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] nicht nachgewiesen worden.

Auch wegen der Fahrkosten kann lediglich auf den in § 3 [X.] Buchst a bb [X.]-V aF vorgesehenen pauschalen Ersatz von 0,06 [X.] pro gefahrenem Kilometer zurückgegriffen werden (insgesamt damit 21,66 [X.]), wobei gegen die Feststellung des [X.], die Klägerin habe monatlich anzuerkennende Wege von 361 km zurückgelegt, [X.] nicht vorgebracht sind. Für September 2005 kommt ein Ansatz von 0,20 [X.] pro gefahrenem Kilometer nicht in Betracht. Eine entsprechende Änderung der [X.]-V ist erst zum 1.10.2005 vorgenommen worden. In die Kilometerpauschale fließen auch die [X.] ein. Einen Nachweis höherer Ausgaben für das Kfz, soweit es beruflich genutzt worden ist, hat die Klägerin nicht erbracht.

Vom insoweit bereinigten Einkommen in Höhe von 539,64 [X.] ist nach § 11 Abs 2 [X.] 6 iVm § 30 [X.] in der bis zum 30.9.2005 geltenden Fassung ein [X.] abzusetzen. Dies kann auch in Ansehung der für sich genommenen ehrenamtlichen Tätigkeit der Klägerin nicht fraglich sein, da - wie ausgeführt - den gezahlten Entschädigungen in ganz wesentlichen Teilen Entgeltcharakter zukommt. Der Freibetrag nach altem Recht beträgt vorliegend 117,49 [X.] (zu den Berechnungsschritten im Einzelnen vgl [X.] in [X.], [X.], 1. Aufl 2005, § 30 Rd[X.]0; [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.], 1. Aufl 2005, § 30 Rd[X.]1). Zu berücksichtigen ist mithin ein Einkommen in Höhe von 422,15 [X.].

Für die Monate Januar bis August 2005 sind die Absetzbeträge bei höheren Gesamteinnahmen im Wesentlichen gleich. Lediglich die Beträge für die Kfz-Beiträge sind nach den Feststellungen des [X.] in den Monaten Januar bis Mai 2005 höher, ohne dass dies entscheidungserheblich wäre. Es verbleibt jedenfalls ein Einkommen, das den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft übersteigt, sodass auch in diesem [X.]raum Hilfebedürftigkeit nicht besteht.

f) Wegen der Monate Oktober bis Dezember 2005 ergeben sich zwar andere Absetzbeträge, weil mit Inkrafttreten des [X.] für erwerbsfähige Hilfebedürftige (Freibetragsneuregelungsgesetz) vom 14.8.2005 ([X.] 2407) nach § 30 [X.] ein abweichender Freibetrag und mit der Änderung von § 3 [X.] [X.]-V durch die Erste Verordnung zur Änderung der [X.]-V vom [X.] ([X.] 2499) ein höherer pauschaler Ansatz für gefahrene Kilometer (20 Cent pro Kilometer) gilt. Für Dezember 2005 kommt der Klägerin bei einem Gesamteinkommen von 786,48 [X.] (zusätzlich 50 [X.] Sitzungsgeld) nach § 11 Abs 2 [X.] 6 iVm § 30 [X.] ein Freibetrag von 137,30 [X.] (20 % von 686,64 [X.]) zugute. Bei den Werbungskosten erhöht sich - ausgehend von den vom [X.] festgestellten Arbeitswegen von 361 km - die Fahrkostenpauschale nach der Neufassung der [X.]-V zum 1.10.2005 auf 72,20 [X.] (statt zuvor 21,66 [X.]). Vom Einkommen in Höhe von 786,48 [X.] sind also 151,68 [X.] Versicherungsbeiträge, 95,70 [X.] Werbungskosten und ein Freibetrag von 137,30 [X.] abzusetzen. Mit einem zu berücksichtigenden Einkommen von 401,80 [X.] (Klägerin) und 635,20 [X.] (Ehemann) wird auch insoweit der Gesamtbedarf in Höhe von 961,26 [X.] überstiegen. Dies gilt schließlich auch für Oktober und November 2005, da in diesen Monaten höhere Sitzungsgelder zugeflossen sind und der Ehemann der Klägerin aus einer Nebentätigkeit als Hausmeister weiteres Einkommen erzielt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Meta

B 14 AS 93/10 R

26.05.2011

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Leipzig, 25. Januar 2007, Az: S 21 AS 556/05, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 30.07.2004, § 11 Abs 2 Nr 5 SGB 2 vom 30.07.2004, § 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB 2 vom 14.08.2005, § 11 Abs 2 Nr 6 SGB 2 vom 30.07.2004, § 11 Abs 2 S 1 Nr 6 SGB 2 vom 14.08.2005, § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 vom 30.07.2004, § 30 SGB 2 vom 24.12.2003, § 30 SGB 2 vom 14.08.2005, § 3 Nr 3 AlgIIV vom 20.10.2004, § 3 Abs 1 Nr 3 AlgIIV vom 22.08.2005, § 3 Nr 12 S 2 EStG, § 9 EStG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 26.05.2011, Az. B 14 AS 93/10 R (REWIS RS 2011, 6236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6236

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