Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.06.2015, Az. II ZR 420/13

2. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10194

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Gegenstand

Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft: Regelung über die Zustimmungspflicht des Gesellschafters zu seinem Ausscheiden aus gesellschafterlicher Treuepflicht


Leitsatz

Der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft muss für eine Zustimmungspflicht des Gesellschafters zu seinem Ausscheiden aus gesellschafterlicher Treuepflicht in besonders gelagerten Ausnahmefällen keine ausdrückliche Regelung enthalten, weil diese Treuepflicht jedem Gesellschaftsverhältnis ohne ausdrückliche Regelung immanent ist. Ein Gesellschaftsvertrag kann allerdings diese Treuepflicht ausdrücklich oder im Wege der Auslegung konkretisierende Regelungen enthalten, die insbesondere die aus der Treuepflicht folgende Zustimmungspflicht für bestimmte Sachverhalte einschränken oder an weitere Voraussetzungen knüpfen (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 - Sanieren oder Ausscheiden und BGH, Urteil vom 25. Januar 2011, II ZR 122/09, ZIP 2011, 768).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des [X.] vom 12. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform der [X.], verlangt von dem Beklagten mit der Begründung, dieser sei zum 31. März 2011 aus der [X.] ausgeschieden, Zahlung des sich zu seinen Lasten aus der [X.] ergebenden [X.] in Höhe von 29.040,01 €.

2

Die Klägerin wurde 1995 gegründet. Ihr traten circa 600 [X.]er mit einem Eigenkapital von 38.373.400 € bei. Die Immobilien des Fonds, jeweils ein Objekt in [X.]         und eines in B.    -H.              , wurden in den Jahren 1995 bis 1996 errichtet. Hieraus erzielte die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und konnte grundsätzlich Mittel aus öffentlicher Förderung durch das Land B.   beanspruchen.

3

Der Beklagte trat der Klägerin mit [X.] vom 13./25. November 1996 mit einer Beteiligungssumme von 50.000 DM bei.

4

Die [X.], die der Beklagte mit seiner Beitrittserklärung als verbindlich anerkannt hat, bestehen ausweislich der Präambel aus folgenden Regelungswerken:

I. 

Auftrag, Vollmacht und Genehmigung

II. 

[X.]svertrag

III. 

Geschäftsbesorgungsvertrag

IV. 

Grundbuchtreuhand

V. 

Treuhandbankvertrag

VI. 

Schlussbestimmungen.

5

Gemäß den Schlussbestimmungen stellen diese Regelungswerke ein einheitliches Vertragswerk dar.

6

Der [X.]svertrag der Klägerin (künftig: [X.]) enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 3 Beitragspflicht und sonstige Pflichten der [X.]er

1. Jeder [X.]er ist verpflichtet,

- den in der [X.] übernommenen Beitrag an die [X.] zu leisten ...

- die persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der [X.] zu übernehmen und [X.] bei fehlender Liquidität zu leisten, jedoch stets nur [X.] entsprechend seiner Beteiligung an der [X.],

...

3. Erfüllt ein [X.]er seine Pflichten nicht, kann er aus der [X.] ausgeschlossen werden (§ 14 [X.]).

§ 4 Beteiligung an der [X.]

1. Die Beteiligung eines jeden [X.]ers an der [X.] ergibt sich aus dem Verhältnis seiner in der Beitrittserklärung übernommenen Beitragspflicht (Nominalbeteiligung) zur Summe aller von den [X.]ern übernommenen Beitragspflichten. Ein Aufgeld wird nicht berücksichtigt.

2. Es ist vorgesehen, so viele [X.]er in die [X.] aufzunehmen, dass eine Gesamtbeitragspflicht von 73.795.000 DM besteht. Die Gesamtbeitragspflicht entspricht dem für die Finanzierung des Investitionsvorhabens geplanten Eigenkapital ([X.] der [X.]). Zu einer notwendigen Nachfinanzierung kann das [X.] um bis zu 10 % erhöht werden durch Beitragserhöhung der [X.]er oder durch Aufnahme weiterer [X.]er.

3. Die Beitragspflicht kann geringer als der Nennwert der Nominalbeteiligung festgelegt werden, wenn [X.] für Ausgeschiedene aufgenommen werden.

4. Durch sukzessiven [X.]erbeitritt kann die Beteiligungsquote zunächst höher sein, sofern durch eine Beitragsgarantie zum 31.12. des Jahres der Fertigstellung die angestrebte Quote sichergestellt ist.

5. Die Beteiligungsquote kann sich verringern, sofern der [X.]er bei einer Beitragserhöhung nach Abs. 2 nicht mitwirkt.

§ 8 [X.]erbeschlüsse

...

8. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Der [X.]svertrag kann nur mit mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen geändert werden. ...

10. ... Der Inhalt der Niederschrift gilt als anerkannt, wenn nicht innerhalb von 4 Wochen nach Absendung der Niederschrift an die [X.]er eine mit Gründen versehene Einwendung erhoben wurde. Nach Fristablauf ist jede Beanstandung ausgeschlossen.

§ 11 Gewinn- und Verlustbeteiligung, Ausschüttungen

...

2. Treten die [X.]er bis zur vollständigen Zeichnung des [X.]s zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei oder wird ein [X.] als Ersatz für einen ausgeschlossenen [X.]er innerhalb der Bauerrichtungsphase aufgenommen, so sind die später beitretenden [X.]er verpflichtet, von den zukünftigen Verlusten der [X.] vorab so viel zu tragen, bis alle Verlustanteile der [X.]er den [X.] gleichermaßen entsprechen. Es kann hiervon eine abweichende Regelung getroffen werden.

§ 14 Ausschluss eines [X.]ers

1. Die [X.]er können durch Beschluss einen [X.]er aus wichtigem Grunde aus der [X.] ausschließen.

2. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

a) ...

b) ...

c) ein [X.]er seiner Nachschusspflicht nach § 3 Abs. 1 [X.] nicht nachkommt;

...

3. Ein [X.]er scheidet aus in den Fällen des

- a) und b) rückwirkend mit dem Tage des Beitritts,

- c) an dem Tag, an dem ein Dritter an der Stelle des ausgeschlossenen in die [X.] aufgenommen wurde ...

7

Im Geschäftsbesorgungsvertrag ([X.]I) findet sich u.a. folgende Regelung:

§ 5 Schlussrechnung

1. Der [X.] ist verpflichtet, nach Fertigstellung des Bauvorhabens bzw. der Anerkennung der Schlussabrechnung durch die [X.]    unverzüglich die Schlussabrechnung vorzulegen.

...

3. Zur Abdeckung von Mehrkosten ... ist der [X.] ohne besonderen [X.]erbeschluss berechtigt, das [X.] der [X.] durch Aufnahme von [X.]n um höchstens 10% zu erhöhen. Die [X.]er haben ein Vorzeichnungsrecht.

8

Im Jahre 2009 erzielte die Klägerin nach ihren Angaben bei [X.] sämtlicher Einnahmen, d.h. auch der Förderung, gerade noch ein ausgeglichenes Ergebnis, sie war jedoch überschuldet. Die Bankverbindlichkeiten beliefen sich auf 66.911.000 € und damit auf das 28,8-fache der Jahressollmiete ohne öffentliche Förderung und rund 172 % des Eigenkapitals der [X.]. Demgegenüber standen Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16.837.000 €. Wegen der problematischen Vermietungssituation, der Beendigung des [X.] für die Gewerbefläche zum 31. August 2010 und des absehbaren Wegfalls der öffentlichen Fördermittel schaltete die Klägerin die [X.] als Sanierungsberaterin zur Erarbeitung eines Sanierungskonzepts ein.

9

Nach Erörterung verschiedener Handlungsoptionen und des erarbeiteten Sanierungskonzepts wurde auf einer [X.]erversammlung der Klägerin vom 2. Dezember 2009 die Sanierung der [X.] nach dem Modell "Sanieren oder Ausscheiden" beschlossen. Danach wurde das bestehende und vollständig verbrauchte [X.] der [X.] von 38.373.400 € um 38.335.026,60 € auf [X.] € (1 Promille) herabgesetzt und sodann eine Kapitalerhöhung um den erforderlichen Sanierungsbetrag um bis zu 36.454.730 € auf 36.493.103,40 € beschlossen. Die [X.]er wurden zur freiwilligen Übernahme der Kapitalerhöhung entsprechend ihrer vor der Kapitalherabsetzung bestehenden [X.]en Beteiligung aufgefordert. Weiter wurde folgender Beschluss mit einer Mehrheit von 90,71 % gefasst:

"[X.]er, die bis zum [X.] - spätestens jedoch bis zum [X.] - nicht nach Maßgabe der Bestimmungen zu 7.3.2 einen Anteil in Höhe ihres jeweiligen [X.]erbeitrags auf den Erhöhungsbetrag übernommen und (durch Zahlung oder Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung) bewirkt haben, scheiden mit dinglicher Wirkung mit dem Ablauf des [X.]s, mit schuldrechtlicher Wirkung mit dem auf den [X.] vorangehenden Tag, 24.00 Uhr, aus der [X.] aus, ohne dass es einer weiteren Erklärung der [X.] bedarf."

Der Beklagte stimmte dem Beschluss nicht zu und beteiligte sich nicht an der von der [X.]erversammlung der Klägerin beschlossenen freiwilligen Übernahme der Kapitalerhöhung. Die auf den [X.], den 31. März 2011, durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellte [X.] ergab einen Bilanzfehlbetrag von 42.061.540,54 €. Entsprechend seiner zum [X.] bestehenden Beteiligung von 0,067755 % ergibt sich hieraus ein Fehlbetrag zu Lasten des Beklagten in Höhe von 29.040,01 €.

Das [X.] hat die auf Zahlung dieses [X.] gerichtete Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 1172 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der [X.] sei nicht aufgrund des Beschlusses vom 2. Dezember 2009 aus der Klägerin ausgeschieden, sondern weiterhin [X.]er. Er sei daher nicht verpflichtet, den von der Klägerin geltend gemachten Fehlbetrag der [X.] zum 31. März 2011 zu zahlen. Zwar teile das Berufungsgericht nicht die Auffassung des [X.], wonach eine Zustimmungspflicht des [X.]n zu dem Beschluss vom 2. Dezember 2009 aus [X.] bereits deshalb zu verneinen sei, weil im Streitfall zum [X.]punkt der Beschlussfassung zwar eine Überschuldung der Klägerin, nicht jedoch bereits Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe; eine drohende Zahlungsunfähigkeit reiche zur Annahme der Sanierungsbedürftigkeit aus.

Ob die Klägerin sanierungsbedürftig gewesen sei, könne jedoch offen bleiben, weil der [X.] aus anderen Gründen nicht zur Zustimmung zu dem Ausschließungsbeschluss vom 2. Dezember 2009 verpflichtet gewesen sei. An[X.] als das [X.] gemeint habe, folge dies jedoch nicht aus den Regelungen in § 4 Abs. 2, Abs. 5 des [X.]svertrags, da diese nur die [X.] beträfen, in der [X.] jedoch nicht unmittelbar anwendbar seien.

Gleichwohl habe vorliegend nach dem [X.]svertrag keine eine Zustimmungspflicht des [X.]n begründende, berechtigte Erwartungshaltung der übrigen [X.]er bestanden. Zwar enthalte der [X.]svertrag in § 3 Abs. 1 eine Regelung, die eine Erwartungshaltung, dass jeder [X.]er in der finanziellen Schieflage der [X.] weiteres Risiko auf sich nehme und sich an einer Kapitalerhöhung beteilige, bei Wirksamkeit dieser Regelung rechtfertige. Diese Regelung sei jedoch unwirksam, weil sie keine Begrenzung nach oben enthalte und damit Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung für den einzelnen [X.]er nicht erkennen lasse. Die angesichts dieser Unwirksamkeit bestehende Regelungslücke sei entweder durch die analoge Anwendung der Regelung in § 4 Abs. 5 des [X.]svertrags oder durch Anwendung der dispositiven Regelung des § 707 BGB zu schließen. Beides führe dazu, dass der [X.] infolge der verweigerten Zustimmung zu den mehrheitlich gefassten Beschlüssen vom 2. Dezember 2009 lediglich eine Verwässerung seines [X.]santeils hinnehmen müsse.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klägerin sanierungsbedürftig war. [X.] ist zugunsten der Klägerin deren Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit sowie ein dem [X.]n zuzumutendes Ausscheiden zu unterstellen. Dann war der [X.] aus gesellschafterlicher Treuepflicht verpflichtet, dem Beschluss über die Ausschließung der nicht sanierungswilligen [X.]er, mithin dem Beschluss über seine Ausschließung, zuzustimmen.

1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Grundsätze über die aus [X.] folgende Zustimmungspflicht nicht nur bei [X.] in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft, sondern auch - wie im hier gegebenen Fall - bei [X.] in der Rechtsform der [X.] bürgerlichen Rechts Anwendung finden ([X.], Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 768 ff. zur Anwendung dieser Grundsätze auf eine [X.] bürgerlichen Rechts; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 105 Rn. 105; [X.]/[X.], HGB, 4. Aufl., § 109 Rn 22 [X.]).

2. Ebenso frei von [X.] hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.]s angenommen, dass zur Annahme der Sanierungsbedürftigkeit der Klägerin nicht erforderlich ist, dass sie im [X.]punkt der Beschlussfassung bereits zahlungsunfähig war; vielmehr reicht eine in absehbarer [X.] konkret drohende Zahlungsunfähigkeit, wie sie hier von der Klägerin zum Ende des Jahres 2010 behauptet worden und zu ihren Gunsten revisionsrechtlich zu unterstellen ist, aus (vgl. [X.], Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 768 Rn. 1, 24).

3. Da das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat, ist zugunsten der Klägerin weiter revisionsrechtlich zu unterstellen, dass sie sanierungsfähig war, d.h., dass im [X.]punkt der Beschlussfassung der Versuch, die [X.] unter Aufbringung neuen Kapitals zu sanieren, verglichen mit den Folgen der ansonsten unvermeidlichen Zerschlagung wirtschaftlich sinnvoll war, und dass der [X.] infolge seines Ausscheidens finanziell nicht schlechter gestellt ist als im Falle der Zerschlagung der Klägerin (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 25 ff. - Sanieren oder Ausscheiden).

4. An[X.] als das Berufungsgericht meint, war der [X.] aus gesellschafterlicher Treuepflicht zur Zustimmung zu der von der [X.]erversammlung mit der erforderlichen Mehrheit von über 75 % beschlossenen Sanierungsregelung und der damit verbundenen [X.] verpflichtet und muss sich daher so behandeln lassen, als hätte er ihr zugestimmt. Der [X.] handelt treupflichtwidrig, wenn er zwar an den Sanierungsbemühungen der Klägerin nicht teilnehmen, aber in der [X.] bleiben will.

a) Der Entzug der [X.]erstellung durch zwangsweises Ausscheiden ist nur mit Zustimmung des betroffenen [X.]ers möglich. Die Zustimmung kann dabei sowohl antizipiert durch eindeutige Regelung im [X.]svertrag erfolgen als auch durch Zustimmung zu einem Beschluss, durch den - nachträglich - eine Ausschlussregelung in den [X.]svertrag eingefügt wird ([X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 16 - Sanieren oder Ausscheiden; Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 768 Rn. 18). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Weder enthielt der ursprüngliche [X.]svertrag eine Regelung über das Ausscheiden bei der Nichtteilnahme an einer Kapitalerhöhung noch hat der [X.] einer solchen Regelung nachträglich zugestimmt. Die Versäumung der Anfechtungsfrist durch den [X.]n ersetzt diese Zustimmung - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht ([X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 16 [X.] - Sanieren oder Ausscheiden).

b) Der [X.]er ist zwar im Allgemeinen nicht verpflichtet, einem auf sein Ausscheiden gerichteten Beschluss der [X.]erversammlung zuzustimmen. Der [X.] geht aber in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich in beson[X.] gelagerten Ausnahmefällen für jeden einzelnen [X.]er aus der [X.] Treuepflicht etwas Abweichendes ergeben kann. Eine Zustimmungspflicht kommt danach in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende [X.]sverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der [X.]er untereinander dringend erforderlich ist und die Änderung dem [X.]er unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist. Die Verpflichtung eines einzelnen [X.]ers, einer notwendig gewordenen Änderung zuzustimmen, ist daher anzunehmen, wenn dem schützenswerte Belange des einzelnen [X.]ers nicht entgegenstehen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 23 - Sanieren oder Ausscheiden; Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 768 Rn. 20 jew. [X.]; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 105 Rn. 104 f.; [X.]/[X.], HGB, 4. Aufl., § 105 Rn. 57; Olzen/Loschelder in [X.], BGB [2015], § 242 Rn. 1006; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch der Personengesellschaften, Stand: 05/2015, § 26 Rn. 587b; grds. zustimmend auch [X.] KommBGB/[X.], 6. Aufl., § 707 Rn. 11 jew. [X.]; s. auch Grunewald, Festschrift [X.], 2011, [X.] ff.; [X.], [X.], 125 ff.; a.[X.], [X.], 501 ff.; [X.]., GmbHR 2015, 337 ff.).

c) Der [X.]svertrag bildet die Grundlage der [X.] Treuepflicht und bestimmt damit auch deren Inhalt und Umfang; der einzelne [X.]er ist nur insoweit verpflichtet, wie er es im [X.]svertrag versprochen hat ([X.], Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 768 Rn. 21 [X.]). Der [X.]svertrag muss jedoch für eine Zustimmungspflicht des [X.]ers zu seinem Ausscheiden aus gesellschafterlicher Treuepflicht in beson[X.] gelagerten Ausnahmefällen keine ausdrückliche Regelung enthalten. Diese Treuepflicht ist jedem [X.]sverhältnis ohne ausdrückliche Regelung immanent. Ein [X.]svertrag kann allerdings diese Treuepflicht ausdrücklich oder im Wege der Auslegung konkretisierende Regelungen enthalten, die insbesondere die aus der Treuepflicht folgende Zustimmungspflicht für bestimmte Sachverhalte einschränken oder an weitere Voraussetzungen knüpfen. Enthält ein [X.]svertrag solche die Zustimmungspflicht einschränkende oder modifizierende Regelungen, dürfen die Mitgesellschafter nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass sie einen [X.]er ohne seine Zustimmung ausschließen können. Erlaubt das eingegangene [X.]sverhältnis insoweit keine berechtigte Erwartungshaltung gegenüber einzelnen [X.]ern, besteht auch keine Treuepflicht, diese zu erfüllen.

Eine die Zustimmungspflicht des nicht sanierungswilligen [X.]ers ausschließende Regelung hat der [X.] im Wege der Auslegung den Bestimmungen des [X.]svertrages entnommen, der seiner Entscheidung vom 25. Januar 2011 ([X.], [X.], 768 ff.) zugrunde lag.

d) Im [X.]svertrag der Klägerin fehlt eine solche, der Zustimmungspflicht des [X.]n zu seinem Ausscheiden entgegenstehende Regelung. Dies kann der [X.] feststellen, da die Auslegung des [X.]svertrags einer Publikumsgesellschaft objektiv zu erfolgen hat (st. Rspr., siehe nur [X.], Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 17 [X.]).

aa) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass einer berechtigten Erwartungshaltung der übrigen [X.]er auf eine Zustimmung der nicht zu [X.] bereiten [X.]er zum Beschluss vom 2. Dezember 2009 die Regelungen in § 4 Nr. 2, Nr. 5 [X.] nicht entgegenstehen. Die Regelungen in § 4 [X.] betreffen lediglich eine 10%ige Erhöhung des Eigenkapitals und deren Auswirkung auf die [X.] der beigetretenen [X.]er in der Bauerrichtungsphase, die sich nicht auf eine später erforderliche Kapitalerhöhung in einer [X.] übertragen lassen. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 4 [X.] und ergibt sich zudem auch aus dem Vertragszusammenhang.

In § 4 Nr. 2 [X.] wird eine Verbindung hergestellt zwischen dem in der [X.] aufgrund einer Planungsrechnung für erforderlich, aber auch ausreichend gehaltenen, von den [X.]ern aufzubringenden Eigenkapital und einem in dieser Phase notwendig werdenden [X.], sollte sich die Planungsrechnung als fehlerhaft erweisen und deshalb ein höheres Eigenkapital erforderlich werden. Pflichten der [X.]er werden in § 4 [X.] nicht geregelt - weder die Pflicht zur Beitragszahlung, die sich in § 3 Nr. 1 [X.] findet, noch die Pflicht, sich an der [X.] zu beteiligen. Vielmehr enthält § 4 [X.] eine bloße Beschreibung dessen, was im Falle einer erforderlichen [X.], im Falle eines [X.]erwechsels und infolge sukzessiver [X.]erbeitritte auf die [X.]er hinsichtlich ihrer nach der grundsätzlichen Regelung in § 4 Nr. 1 [X.] ermittelten Beteiligungsquote an Änderungen zukommen kann. Lediglich für die eventuell erforderliche [X.], also für eine Kapitalerhöhung in der Bauerrichtungsphase, wird dem schon beigetretenen [X.]er erläutert, dass er in diesem Fall mit einer Verwässerung seiner Beteiligungsquote um bis zu 10 % rechnen muss - z.B. wegen des Beitritts neuer [X.]er.

Demgegenüber befasst sich § 3 [X.] allgemein mit den Pflichten der [X.]er - einerseits zur Beitragsleistung, d.h. zur Aufbringung des Eigenkapitals, die, wie aus § 4 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 und 2 [X.] folgt, in der [X.] zu erfüllen ist, andererseits zur Leistung von [X.]n bei fehlender Liquidität - und trifft in § 3 Nr. 3 [X.] mit dem Ausschluss nichtzahlender [X.]er nach § 14 [X.] eine eigenständige Regelung zu den Folgen der Nichtzahlung der Beiträge und der [X.]. An[X.] als im Fall der [X.]sentscheidung vom 25. Januar 2011 ([X.], [X.], 768 ff.) wird in § 3 [X.] hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Nichtzahlung nicht auf § 4 Nr. 5 [X.] verwiesen und umgekehrt verweist § 4 [X.] für die Rechtsfolgen der nicht als [X.]erpflicht ausgestalteten [X.] nicht auf die Rechtsfolgen des § 3 [X.]. Regelungen zu einer nach der Bauerrichtungsphase erforderlich werdenden Kapitalerhöhung finden sich weder in § 3 noch in § 4 [X.].

Die Auslegung, dass § 4 [X.] lediglich eine allein eine begrenzte Kapitalerhöhung in der Bauerrichtungsphase betreffende Regelung enthält, ergibt sich über den Wortlaut hinaus auch aus dem Vertragszusammenhang. § 11 Nr. 2 [X.] befasst sich ausdrücklich mit der Aufbringung des [X.]s in der Bauerrichtungsphase und durch den Bezug zu § 4 Nr. 4 [X.] mit den Folgen für die in dieser Phase sukzessive beitretenden [X.]er bzw. durch Bezug zu § 4 Nr. 3 [X.] für die für Ausgeschiedene aufgenommenen Neugesellschafter. § 5 Nr. 3 [X.]I bestimmt, dass der [X.] im Rahmen der von ihm nach Fertigstellung des Bauvorhabens zu erstellenden Schlussabrechnung berechtigt sein soll, das [X.] - wie in § 4 Nr. 2 [X.] geregelt - ohne besonderen [X.]erbeschluss durch Aufnahme neuer [X.]er zu erhöhen. Dadurch, dass den bereits [X.] dort ein Vorzeichnungsrecht eingeräumt wird, wird erneut bestätigt, dass eine Pflicht zur Beteiligung an der 10%igen Kapitalerhöhung nicht besteht.

bb) Das Berufungsgericht hat im Ansatz weiter zutreffend erkannt, dass aufgrund der Regelung in § 3 Nr. 3 [X.] jeder [X.]er damit rechnen musste, im Falle der Weigerung, bei fehlender Liquidität [X.] zu leisten, aus der [X.] ausgeschlossen zu werden, womit spiegelbildlich die, eine Treuepflicht des [X.]n rechtfertigende Erwartungshaltung der übrigen [X.]er begründet wurde, dass der [X.] sich bei einer finanziellen Schieflage der [X.] einem finanziellen Beitrag entweder nicht verweigern oder ausscheiden würde.

Der Ansicht der Revisionserwiderung, aus dem Prospekt ergebe sich, dass die Satzung der [X.] keine Ausscheidensregelung für die [X.] nach Fertigstellung des Bauvorhabens enthalte, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Prospekt zur objektiven Auslegung des [X.]svertrags nur dann herangezogen werden kann, wenn er im Vertrag in Bezug genommen worden ist ([X.], Urteil vom 4. Juli 2005 - [X.], [X.], 1455, 1456 [X.]); eine solche Bezugnahme zeigt die Revisionserwiderung nicht auf. Im Übrigen trifft ihre Ansicht auch nicht zu. Im Prospekt wird auf Seite 4/5 eine Nachschusspflicht der [X.]er - auch - in der [X.] nach Fertigstellung des Bauvorhabens vorausgesetzt. Der Prospekt enthält auch keine abweichenden Angaben zu den Rechtsfolgen der Nichtzahlung des § 3 Nr. 3 [X.], sondern es werden vielmehr die möglichen Folgen für die nachschussbereiten [X.]er aufgezeigt, die u.a. darin bestehen sollen, „den Anteil des säumigen [X.]ers und dessen Nachschusspflicht“ zu übernehmen, was aber zwangsläufig mit einem Ausscheiden des nicht zahlenden [X.]ers verbunden ist.

cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die gesellschafterliche Treuepflicht des [X.]n, seinem Ausscheiden zuzustimmen, nicht deshalb zu verneinen, weil die Regelung über die Verpflichtung zur Nachschusszahlung in § 3 Nr. 1 [X.], gemessen an den Grundsätzen der [X.]srechtsprechung (vgl. nur [X.], Urteil vom 25. Mai 2009 - [X.], [X.], 1373 Rn. 18 [X.]), den Anforderungen an eine hinreichende Grundlage für die Einforderung von [X.]n nicht genügt, wenn ein [X.]er einem darauf gerichteten Beschluss der [X.]erversammlung nicht zustimmt oder - hier - der Aufforderung des [X.]s nicht nachkommt. Darauf, dass ein auf dieser Grundlage mit der nach dem [X.]svertrag erforderlichen Mehrheit gefasster Nachschussbeschluss zwar den zustimmenden [X.]ern gegenüber wirksam ist, die zustimmende [X.]ermehrheit aber nicht berechtigt, die nicht zustimmenden [X.]er wegen der Nichtzahlung auszuschließen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 17 ff. - Sanieren oder Ausscheiden), kommt es hier nicht an.

Der Umstand, dass die Nachschussregelung des [X.]svertrags aus dem Jahre 1995 nach der Rechtsprechung des [X.]s (grundlegend: [X.], Urteil vom 4. Juli 2005 - [X.], [X.], 1455, 1456) - für alle [X.]er unerkannt - keine hinreichende Grundlage für die Einforderung von [X.]n ohne Zustimmung der [X.]er bietet, ist in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bedeutungslos. Zum einem geht es im vorliegenden Verfahren, in dem die Klägerin die Zahlung des Auseinan[X.]etzungsfehlbetrags fordert, nicht um die Frage einer (wirksamen) Erhöhung der Beitragspflicht durch antizipierte Zustimmung im [X.]svertrag, sondern um die Folgen des Ausscheidens des [X.]n (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 21 - Sanieren oder Ausscheiden). Zum anderen enthält der [X.]svertrag der Klägerin zwar auch keine den Anforderungen an eine antizipierte Zustimmung genügende Regelung zur Ausschließung eines nicht zahlungsbereiten [X.]ers bei einer finanziellen Schieflage der [X.]. Wenn aber, wie oben unter Rn. 23 ausgeführt, die Zustimmungspflicht auch ohne eine (ausdrückliche) Regelung im [X.]svertrag unter den in der [X.]srechtsprechung genannten Voraussetzungen schon aus der allgemeinen [X.] Treuepflicht folgt, dann ist es unschädlich, wenn der [X.]svertrag zwar Regelungen zur Nachschusspflicht und zum Ausschluss bei Nichterfüllung der Nachschusspflicht enthält, diese den Anforderungen an eine antizipierte Zustimmung aber nicht genügen. Allein dadurch werden Umfang und Inhalt der sich aus der [X.] Treuepflicht ergebenden Verpflichtungen des einzelnen [X.]ers in der Krisensituation der [X.] nicht verändert. Jedenfalls kann ihnen keine die aus der [X.] Treuepflicht folgende Zustimmungspflicht einschränkende Wirkung zukommen. Solange der [X.]svertrag, wie hier - an[X.] als im Fall der [X.]sentscheidung vom 25. Januar 2011 ([X.], [X.], 768 ff.) und auch nach Ansicht des Berufungsgerichts - keine die Erwartungshaltung der sanierungswilligen [X.]er einschränkende Regelung bezüglich der Zustimmung der nicht sanierungswilligen [X.]er zu ihrem Ausscheiden enthält, bleibt es vielmehr bei dem Grundsatz, dass die gesellschafterliche Treuepflicht in jedem [X.]sverhältnis auch ohne entsprechende Regelung ergeben kann, dass die [X.]er in beson[X.] gelagerten Ausnahmefällen verpflichtet sind, einem ihre [X.]erstellung aufhebenden Beschluss der [X.]erversammlung zuzustimmen.

dd) Gegen die Treuepflicht des [X.]n zur Zustimmung zu seinem Ausscheiden spricht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht der Umstand, dass dann, wenn der [X.]er - wie hier in § 4 Nr. 5 [X.] geregelt - schon in der Situation des möglichen Scheiterns des Vorhabens in der [X.] nicht mit einem Ausschluss im Falle der Nichtteilnahme an einer Kapitalerhöhung habe rechnen müssen, dies erst recht nicht für die weniger risikoreiche [X.] nach Abschluss des Bauvorhabens gelten könne. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen sind hier in den Regelungen des [X.]svertrages selbst angelegt und daher von allen [X.]ern mit ihrer [X.] in Kauf genommen worden.

III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da sie nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO), damit es die bislang unterbliebenen Feststellungen zur Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit der Klägerin, zur Zumutbarkeit des Ausscheidens für den [X.]n sowie gegebenenfalls zur Höhe des Auseinan[X.]etzungsfehlbetrags nachholen kann.

[X.]                             Caliebe

                         [X.]

Meta

II ZR 420/13

09.06.2015

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 12. Dezember 2013, Az: 24 U 348/13, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB, § 705 BGB, §§ 705ff BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.06.2015, Az. II ZR 420/13 (REWIS RS 2015, 10194)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2882 REWIS RS 2015, 10194

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Publikums-GbR: Gesellschafterliche Treuepflicht zur Zustimmung zu einer Sanierungsregelung und damit verbunden dem eigenen Ausscheiden aus …


II ZR 227/14 (Bundesgerichtshof)


II ZR 110/14 (Bundesgerichtshof)


I-16 U 117/13 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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