Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.06.2012, Az. 4 B 22/12

4. Senat | REWIS RS 2012, 5618

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Gegenstand

Abweichen von Feststellungen und Schlussfolgerungen sachverständiger Stellen; zum Einbringen eigener Sachkunde


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 8. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Mit der als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Frage, ob die mit der Eigentumsgarantie zu begründende Prüfung der Beeinträchtigung des dem jeweiligen Baudenkmal zustehenden Umgebungsschutzes an die durch den Inhalt der für die Unterschutzstellung gegebenen Begründung gesetzten Grenzen stößt, will die Klägerin wohl geklärt wissen, ob und in welchem Umfang die Beeinträchtigung eines Baudenkmals von den Gründen abhängt, die von der zuständigen Behörde für die Unterschutzstellung angeführt worden sind. Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie kein revisibles Recht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO betrifft. Ob eine Beeinträchtigung eines denkmalrechtlich geschützten Baudenkmals vorliegt, beurteilt sich hier nach § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG NRW ([X.]), an dessen Auslegung und Anwendung durch das Oberverwaltungsgericht der Senat gebunden ist (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Die Frage wird nicht dadurch zu einer solchen des revisiblen Rechts, dass die Klägerin einen Bezug zu Art. 14 [X.] herstellt. Das wäre nur dann der Fall, wenn - wie hier nicht - dargelegt wäre, dass diese Vorschrift selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist (vgl. Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - [X.] 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49).

3

Dem Gedanken, die Revision deshalb zuzulassen, weil die [X.], um deren Schutz es der Klägerin geht, als eines der bedeutsamsten Baudenkmäler des [X.] Sakralbaus anzusehen ist, tritt der Senat nicht näher.

4

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Klägerin zeigt nicht auf, dass das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht. Sie legt nämlich nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der einem Rechtssatz aus den Entscheidungen des Senats vom 21. April 2009 - BVerwG 4 C 3.08 -(BVerwGE 133, 347) und 14. März 1990 - BVerwG 4 B 45.90 - ([X.] 316 § 37 VwVfG Nr. 7) widerspricht. Sollte das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz des Senats fehlerhaft angewandt oder aus ihm nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen haben, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind, läge darin keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr).

5

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

6

a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht dadurch einen Verfahrensfehler begangen, dass es aus den Äußerungen des Beigeladenen zu 2 nicht die Schlussfolgerungen gezogen hat, die die Klägerin für richtig hält. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, sondern im Gegenteil verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage-und Überzeugungskraft zu überprüfen (vgl. Urteil vom 20. Dezember 1963 BVerwG 7 C 103.62 - BVerwGE 17, 342 <343>). Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf. Freilich muss es das begründen (Beschluss vom 6. Juli 1999 BVerwG 5 [X.] - juris Rn. 3). Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nicht stets in einer von den Parteien und vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise überzeugend nachweisen, sondern nur dann, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (vgl. Beschluss vom 28. August 1995 - BVerwG 3 [X.] - [X.] 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 270). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, legt die Klägerin nicht dar.

7

b) Das angefochtene Urteil leidet auch nicht unter einem Gehörsverstoß.

8

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 [X.], § 108 Abs. 2 VwGO) gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, im Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] ist in der Regel davon auszugehen, dass das Gericht bei seiner Entscheidung dieser Pflicht genügt hat. Das Gericht ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Deshalb müssen, wenn ein Gehörsverstoß festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist ([X.], u.a. Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - [X.]E 86, 133 <146> und 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - [X.]E 47, 182 <187 f.>). Solche Umstände sind hier nicht erkennbar. Denn das Oberverwaltungsgericht hat sich nicht nur beiläufig und oberflächlich, sondern eingehend und gewissenhaft mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Erscheinungsbild [X.] durch das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 beeinträchtigt wird ([X.] Mitte bis 29 unten).

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 22/12

14.06.2012

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 8. März 2012, Az: 10 A 2037/11, Urteil

§ 108 Abs 1 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.06.2012, Az. 4 B 22/12 (REWIS RS 2012, 5618)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5618

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