Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. VI ZB 63/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2335

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[X.]/03
vom 13. Juli 2004 in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Juli 2004 durch die [X.] [X.]in [X.], den [X.] [X.], die [X.]in [X.] und die [X.] [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß der
8. Zivilkammer (Einzelrichter) des [X.] vom 11. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht
erhoben. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt
1.500 •.

Gründe: [X.] Der Kläger hatte Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten zu verur-teilen, es künftig zu unterlassen zu behaupten, daß es sich bei dem Kläger um einen psychisch schwer angeschlagenen Menschen handeln würde, der ein - 3 - psychisch totales Wrack sei und deshalb nicht auf die Kinder des Beklagten losgelassen werden dürfe. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beklagte ha-be im Rahmen eines Sorgerechtsstreits mit seiner Ehefrau bei einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes die im Klageantrag genannte Äuße-rung gemacht. Beide Parteien haben den Rechtsstreit in erster Instanz für erledigt er-klärt. Das Amtsgericht hat daraufhin dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO auferlegt. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht (Einzelrichter) durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Bei [X.], die der Rechtsverfolgung oder Verteidigung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren dienten, fehle es in der Regel an dem für eine [X.] erforderlichen Ehrschutzbedürfnis. Hier habe der Beklagte die Äu-ßerung bei einem Gespräch im Jugendamt gemacht, das im Rahmen eines zwischen ihm und seiner Ehefrau anhängigen familiengerichtlichen Sorge-rechtsverfahrens wegen der gemeinsamen minderjährigen Kinder geführt [X.] sei. Der Ausschluß von [X.] für Äußerungen in einem Rechts-verfahren sei auch dann geboten, wenn die Äußerung eine an dem Verfahren nicht beteiligte Person betreffe, die sachlich zu dem Streitgegenstand in Bezie-hung stehe. Dies sei beim Kläger der Fall, weil er mit der Ehefrau des [X.] zusammenlebe und somit ein Aufenthalt der minderjährigen Kinder bei ihrer Mutter zwangsläufig auch einen Aufenthalt beim Kläger darstelle. Zudem sei das Jugendamt nicht nur als nach § 49a Abs. 1 Nr. 9 [X.] aus Gründen der Sachaufklärung anzuhörende Fachbehörde tätig geworden, sondern auch als beratende Stelle nach § 17 SGB [X.]II, so daß eine Pflicht zur [X.] bestanden habe. - 4 - Mit der vom Beschwerdegericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger das Ziel, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. I[X.] Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. 1. Die Rechtsbeschwerde ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden und damit gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen [X.]s (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat (vgl. [X.], [X.]Z 154, 200, 201; Beschlüsse vom 10. April 2003 - [X.]I ZB 17/02 - [X.] 2003, 949 und vom 11. September 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 3712). Es ist überdies anerkannt, daß die Rechts-beschwerde auch im Rahmen von [X.] nach übereinstim-menden Erledigungserklärungen gemäß § 91a ZPO statthaft ist (vgl. [X.], [X.] vom 11. September 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 3712; vom 20. Oktober 2003 - [X.] - NJW 2004, 856 und vom 3. März 2004 - [X.], 833 m.w.[X.]). 2. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt aber der [X.], weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen [X.]s ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm angenommenen grundsätzlichen Be-deutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei [X.]n besetzten Kammer übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Be-- 5 - urteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen [X.] entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfas-sungsgebot des gesetzlichen [X.]s hat der [X.] wegen zu be-achten (vgl. [X.], [X.]Z 154, 201, 202 ff.; Beschlüsse vom 10. April 2003 - [X.]I ZB 17/02 - aaO; vom 11. September 2003 - [X.]/02 - aaO). II[X.] Nach der Zurückverweisung wird der Einzelrichter die Sache der [X.] zu übertragen haben, wenn er nach erneuter Prüfung der Rechtssache weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimißt. Der Senat weist insoweit darauf hin, daß die für den angefochtenen Beschluß maßgeblichen Gesichtspunkte in der Rechtsprechung grundsätzlich geklärt sind. Danach können ehrenkränken-de Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Ge-richtsverfahren dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Die Parteien sollen nämlich in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Aus-gangsverfahren geprüft werden. Diese Grundsätze hat der [X.] auch auf Äußerungen in behördlichen Verfahren angewandt (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - [X.] ZR 169/91 - [X.], 443 = NJW 1992, 1314 und [X.], Urteil vom 22. Januar 1998 - [X.] - [X.], 515 = NJW 1998, 1399, jeweils m.w.[X.]). Diese Grundsätze greifen auch gegenüber [X.] in einem Prozeß ein, durch die Dritte, nicht am Verfahren Beteiligte be-troffen werden (vgl. Senatsurteil vom 14. November 1972 - [X.] ZR 102/71 - [X.] 1973, 304 m.w.[X.]; vgl. auch [X.], 1329 und [X.] - 6 - NJW 1987, 2522). Dies gilt auch für einen Zeugen, der in einem schwebenden Verfahren aussagt (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1965 - [X.] ZR 70/64 - NJW 1965, 1803 und vom 10. Juni 1986 - [X.] ZR 154/85 - NJW 1986, 2502). Aus all diesen Entscheidungen ergibt sich, daß eine Ausnahme hiervon allenfalls bei besonderen Umständen in Betracht kommt. Solche lassen sich dem angefoch-tenen Beschluß nicht entnehmen, weil hier ein innerer Zusammenhang mit dem familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahren zwischen dem Beklagten und seiner Ehefrau besteht. Unter diesen Umständen ist weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gegeben noch für den Senat ersichtlich, warum eine weitere Leit-entscheidung zur Fortbildung des Rechts aufgrund einer Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, die lediglich eine summari-sche Prüfung zur Grundlage hat, erfolgen soll. Müller [X.] [X.]

[X.]

Zoll

Meta

VI ZB 63/03

13.07.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. VI ZB 63/03 (REWIS RS 2004, 2335)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2335

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