Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2012, Az. VI ZB 54/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5715

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB
54/11

vom

12. Juni
2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 233 Fc, Fd
Bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax soll die Überprüfung des [X.] anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen ge-eigneten Quelle auch sicherstellen, dass der Schriftsatz tatsächlich übermittelt [X.] ist.
[X.], Beschluss vom 12. Juni 2012 -
VI [X.]/11 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.]
hat am
12. Juni 2012
durch
den Vor-sitzenden
Richter
Galke und die Richter
Zoll, [X.],
[X.] und [X.]
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 22.
Zivilsenats des [X.] vom 8.
August 2011 wird auf Kosten des [X.] verworfen.
[X.]: 19.038,53

Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus einem Verkehrs-unfall in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Gegen das am 6.
Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte des [X.] mit Schriftsatz vom 6.
Juni 2011, beim [X.] eingegangen am 7.
Juni 2011, Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 14.
Juni 2011 hat der Senatsvor-sitzende darauf hingewiesen, dass die Berufung zwar den Vermerk "vorab per Fax" enthalte, ein solches
jedoch nicht eingegangen sei.
Daraufhin hat der Kläger mit einem am 21.
Juni 2011 eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt. Er hat sinngemäß vorgetragen, die Rechtsanwalts-
und Notargehilfin seiner Prozess-1
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3
-

bevollmächtigten habe -
auftragsgemäß
-
die Berufung vorab per Fax übersen-den wollen, aber übersehen, dass ausweislich der Sendebestätigung vom 6.
Juni 2011 das Fax nicht gesendet worden sei. Sie habe dennoch das Fax in die Akte geheftet, die
Sendebestätigung
in den Aktenschrank einsortiert und die Frist im [X.] gelöscht. Diesen Ablauf hat der [X.] anwaltlich versichert und zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versi-cherung der Mitarbeiterin vorgelegt.
Das Berufungsgericht hat
durch den angefochtenen Beschluss den [X.] zurückgewiesen und die Berufung des [X.] als unzu-lässig verworfen. Der verspätete Eingang der Berufungsschrift sei auf ein [X.] des Prozessbevollmächtigten des [X.] zurückzuführen,
das ge-mäß §
85 Abs.
2 ZPO dessen
Verschulden gleichstehe.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Vorausset-zungen des §
574 Abs.
2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müs-sen, nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit
dem Rechtsstaatsprinzip) noch dessen rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG). Danach darf einer [X.] 3
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4
-

die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt
werden und den [X.]-en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in [X.], aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwe-ren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5.
November 2002 -
VI
ZB 40/02, [X.], 437; vom 12.
April 2011 -
VI
ZB 6/10, [X.], 506
Rn.
5 mwN).
2. Die angefochtene Entscheidung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltli-che Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Übersendung fristgebundener Schriftsätze per Telefax nicht überspannt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] muss der Rechtsanwalt bei Versendung von Schriftsätzen per Telefax durch organi-satorische Vorkehrungen sicherstellen, dass die Telefax-Nummer
des ange-schriebenen Gerichts verwendet wird. Hierzu gehört, dass bei der erforderlichen [X.] in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und dieser auf die Richtigkeit der verwendeten Empfänger-Nummer
überprüft wird, um nicht nur
Fehler bei der Eingabe, sondern auch bereits bei der Ermittlung der Fax-Nummer
oder ihrer Übertragung in den Schriftsatz aufdecken zu können. Die Überprüfung der Richtigkeit der im Sendebericht ausgewiesenen Empfänger-Nummer
ist anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen geeig-neten Quelle vorzunehmen, aus dem bzw. der die Fax-Nummer
des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.
März 2012 -
VI
ZB 49/11, juris Rn. 7; [X.], Beschlüsse vom 4.
Februar 2010 -
I
ZB 3/09, [X.], 1543 Rn.
14; vom 12.
Mai 2010 -
IV
ZB 18/08, [X.], 2811 Rn.
11; vom 24.
Juni 2010 -
III
ZB 63/09, juris Rn.
11; vom 14.
Oktober 2010 -
IX
ZB 34/10, NJW 2011, 312 Rn.
10, jeweils mwN).
Diese 6
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-
5
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Art der [X.] soll nicht nur Fehler bei der Übermittlung ausschlie-ßen, sondern auch die Feststellung ermöglichen, ob der Schriftsatz auch tat-sächlich übermittelt worden ist.
Eine [X.] darf erst nach
einer solchen [X.] des [X.] gelöscht werden
([X.], Beschlüsse vom 16.
Juni 1998 -
XI [X.], -
XI
ZB 14/98, [X.], 996; vom 7.
Juli 2010 -
XII
ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn.
12, 14).
b) Die nach dieser Rechtsprechung geforderten Sorgfaltspflichten hat der Prozessbevollmächtigte des [X.] nicht erfüllt.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] für den Ausschluss des einer [X.] zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§
85 Abs.
2, §
233 ZPO) kommt es zwar auf allgemeine organisatorische Vorkehrun-gen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an, wenn der Rechtsanwalt einer [X.], die sich bisher als zuver-lässig erwiesen hat, eine konkrete [X.] erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15.
April 2008 -
VI
ZB 29/07, juris Rn.
7; vom 13.
April 2010 -
VI
ZB 65/08, [X.], 2287 Rn.
5; vom 20.
September 2011 -
VI
ZB 23/11, [X.], 1544 Rn.
8). Im Streitfall erfüllt die vom Kläger vorgetragene und durch die eidesstattliche Ver-sicherung der [X.] glaubhaft gemachte [X.] die Anforderungen der Rechtsprechung aber nicht. Es ist nicht einmal vorgetragen, dass die Kanzleiangestellte angewiesen worden sei, nach Übersendung der Berufungsschrift den Sendebericht auszudrucken und diesen auf die Richtigkeit der verwendeten
-
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unvollstän-digen
-
Empfänger-Nummer
anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu überprüfen und die [X.] erst zu löschen, wenn eine solche Überprüfung erfolgt ist.
8
9
-
6
-

bb) Eine allgemeine Büroanweisung der Prozessbevollmächtigten des
[X.], aus denen sich eine Anordnung hinsichtlich der Prüfungspflichten der Büroangestellten nach Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax ergibt, ist
ebenfalls
nicht vorgetragen. Eine solche lässt sich auch nicht der ei-desstattlichen Versicherung der Büroangestellten entnehmen, wonach sie re-gelmäßig die [X.]e auf entsprechende Eintragungen untersuche und darauf achte, dass das Ergebnis als "ok" im [X.] aufgeführt sei. [X.] ergibt sich weder, dass insoweit eine allgemeine Büroanweisung besteht noch dass diese den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht.
c) Ein Hinweis des Berufungsgerichts nach §
139 ZPO, dass es den Vor-trag
des Prozessbevollmächtigten des [X.] als unzureichend ansieht, war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
nicht erforderlich. Dem [X.] lässt sich auch nicht ansatzweise entnehmen, dass die Anforderungen der Rechtsprechung erfüllt worden sind, so dass ein Hinweis zur Präzisierung oder Klarstellung einer zuvor bereits vorgetragenen Tatsache nicht veranlasst war.
10
11
-
7
-

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Galke
Zoll
[X.]

[X.]
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.04.2011 -
24 O 317/08 -

KG Berlin, Entscheidung vom 08.08.2011 -
22 [X.] -

12

Meta

VI ZB 54/11

12.06.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2012, Az. VI ZB 54/11 (REWIS RS 2012, 5715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5715

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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