Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.05.2012, Az. 2 C 18/10

2. Senat | REWIS RS 2012, 5926

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Gegenstand

Versorgungsbezüge und Erwerbseinkommen; sofortiger Pensionseinbehalt auch bei aufgeschobener Gehaltszahlung; Auslegung von § 53 Abs. 1 SVG


Leitsatz

Eine Einmalzahlung (Kapitalabfindung), die anstelle monatlicher Gehaltszahlungen mehrere Jahre nach Beginn der Erwerbstätigkeit ausbezahlt wird, ist für die Anrechnung nach § 53 Abs. 1 SVG (= § 53 Abs. 1 BeamtVG) anteilig auf den Zeitraum bis zur Auszahlung umzulegen.

Tatbestand

1

Der 1945 geborene Kläger war Berufssoldat im Dienstrang eines Oberst. Er wurde zum 30. September 1998 wegen Dienstunfähigkeit aus dem [X.] entlassen und erhält seitdem Versorgungsbezüge. Im Mai 1999 nahm der Kläger eine Vollzeittätigkeit bei einem Unternehmen auf. Hierfür erhielt er ein monatliches Grundgehalt in Höhe von ca. 700 DM, einen als Aufwandsentschädigung bezeichneten Betrag in Höhe von monatlich ca. 3 600 DM und eine Pensionszusage, nach der ihm ca. 9 Jahre später ein Betrag von ca. 580 000 DM zufließen sollte. Das Unternehmen schloss zur Rückdeckung der Pensionszusage einen Vertrag bei einer Versicherungsgesellschaft und zahlte an diese hierfür monatliche Versicherungsprämien in Höhe von ca. 5 000 DM. Ein Anspruch aus der Versicherung stand nur dem Unternehmen, nicht dem Kläger zu.

2

Nachdem es zwischen den Verfahrensbeteiligten zum Streit über die versorgungsrechtlichen Auswirkungen seiner Tätigkeit bei dem Unternehmen gekommen war, schlossen der Kläger und das Unternehmen im August 2002 neue Vereinbarungen. Nunmehr war ein monatliches Grundgehalt in Höhe von ca. 6 500 € vorgesehen; die Pensionszusage wurde in der Form fortgeführt, dass an die Stelle des vorher festgesetzten Betrages die Leistung aus der Rückdeckungsversicherung trat. Diese sollte noch bis August 2004 durch jährliche Zahlung von ca. 30 000 € bedient werden; danach hatte das Rüstungsunternehmen das Recht, die Zahlungen einzustellen. Im Juni 2008 zahlte das Rüstungsunternehmen aufgrund der Pensionszusage an den Kläger ca. 195 000 € brutto.

3

Im Juli 2005 errechnete die Beklagte eine Überzahlung von Versorgungsbezügen für den Zeitraum von Mai 1999 bis Dezember 2000 in Höhe von ca. 43 000 € brutto und setzte im Hinblick auf bereits einbehaltene Beträge einen Rückforderungsbetrag in Höhe von ca. 26 000 € brutto fest. Nach Auffassung der Beklagten war der Anspruch des [X.] auf Zahlung des Ruhegehalts in dieser Höhe wegen der Anrechnung der Versicherungsprämien erloschen.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und den Rückforderungsbescheid im beantragten Umfang aufgehoben. Es hat darauf abgestellt, dass die Versicherungsprämien kein Einkommen des [X.] im Sinne von § 53 SVG seien, weil ihm aus dem Versicherungsvertrag keine Zahlungsansprüche zugestanden hätten.

5

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten.

6

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] vom 26. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. August 2007 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Der Vertreter des [X.] beim [X.] unterstützt die Position der Beklagten.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, nämlich § 49 Abs. 2 Soldatenversorgungsgesetz - [X.] - in der hier anzuwendenden Fassung vom 9. April 2002 ([X.]) und § 53 Abs. 1 [X.] in der hier anzuwendenden Fassung vom 29. Juni 1998 (BGBl I S. 1666).

Der festgesetzte Rückforderungsanspruch der Beklagten folgt aus § 49 Abs. 2 [X.]. Danach regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Versorgungsbezüge sind dann zuviel gezahlt, wenn es für die Zahlung an einem Rechtsgrund fehlt. Die Beklagte hat dem Kläger [X.] gezahlt, weil seine Versorgungsbezüge wegen der ihm im Juni 2008 zugeflossenen Kapitalleistung bereits von Mai 1999 bis Ende 2000 in dem von der Beklagten angenommenen Umfang nach § 53 Abs. 1 [X.] ruhten.

§ 53 [X.] regelt weitgehend übereinstimmend mit § 53 [X.] die Auswirkungen des Bezugs von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die Versorgungsbezüge. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 [X.] erhält ein Versorgungsberechtigter, der vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen bezieht, daneben seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze. Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Zahlung der Versorgungsbezüge, soweit und solange die Summe aus Versorgungsbezügen und Erwerbseinkommen die nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] zu ermittelnde Höchstgrenze übersteigt. In diesem Umfang steht der Auszahlung kraft Gesetzes ein rechtliches Hindernis entgegen (stRspr, vgl. nur Urteile vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 [X.] 39.03 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 13 und vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 [X.] 8.10 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 21 Rn. 9). Nur wenn das Erwerbseinkommen unter dem Differenzbetrag zwischen den Versorgungsbezügen und der Höchstgrenze liegt, werden die Versorgungsbezüge in der festgesetzten Höhe ausgezahlt. Zum Erwerbseinkommen gehören nach § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.] auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens erfolgt nach § 53 Abs. 5 Satz 4 [X.] monatsbezogen. Wird Einkommen nicht in [X.] erzielt, ist nach § 53 Abs. 5 Satz 5 [X.] das Einkommen des Kalenderjahres, geteilt durch zwölf Kalendermonate, anzusetzen. Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist mindestens ein Betrag in Höhe von 20 v.H. der Versorgungsbezüge zu belassen.

1. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Beiträge des Unternehmens an das Versicherungsunternehmen zur Rückdeckung der dem Kläger gewährten Pensionszusage kein Einkommen des [X.] im Sinne des § 53 Abs. 1 und 5 [X.] sind.

Der Einkommens- und Einkünftebegriff der § 53 Abs. 7 Satz 1 [X.], § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.] entspricht demjenigen des Einkommensteuerrechts, sofern Strukturprinzipien des Versorgungsrechts dem nicht entgegenstehen (Urteile vom 26. Mai 2011 a.a.[X.] Rn. 11 ff. und vom 25. August 2011 - BVerwG 2 [X.] 31.10 - Rn. 12 ff., zur [X.] in der Entscheidungssammlung [X.] vorgesehen). Damit knüpfen diese Regelungen hinsichtlich des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - an. Danach sind Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Begriff des Vorteils bringt zum Ausdruck, dass sämtliche vermögenswerten Leistungen des Arbeitgebers erfasst werden sollen, die Arbeitnehmer aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung erhalten (Urteil vom 26. Mai 2011 a.a.[X.] Rn. 11).

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zählt zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben Gehältern und [X.] auch andere Bezüge und Vorteile, die für die Arbeit gewährt werden. Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die der Arbeitgeber als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erbringt, um den Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai 2009 - VI R 8/07 - [X.]E 225, 68 <69> m.w.N.). Die zu diesem Zweck gezahlten Versicherungsprämien stellen nach der Rechtsprechung des [X.], der sich der Senat anschließt, Einkünfte im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versicherung aufgrund der Zahlungen des Arbeitgebers ein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (vgl. [X.], Urteile vom 29. Juli 2010 - [X.]/09 - [X.]/NV 2010, 2296 Rn. 29 und vom 7. Mai 2009 a.a.[X.] S. 69 f., jeweils m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Versicherungsbeiträge zur Rückdeckung der dem Kläger gewährten Pensionszusage keine Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit und damit kein Erwerbseinkommen des [X.] im Sinne des § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.], § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind. Der Kläger war nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] lediglich Begünstigter, aber nicht unmittelbar Anspruchsberechtigter aus der Rückdeckungsversicherung; Ansprüche hatte er ausschließlich gegen das Unternehmen.

2. Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass die dem Kläger im Jahre 2008 aus der Pensionszusage zugeflossene Kapitalleistung den [X.]harakter einer verdeckten Gehaltszahlung hat und deshalb schon im hier maßgeblichen [X.]raum von Mai 1999 bis Dezember 2000 anrechenbares Einkommen im Sinne von § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.], § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellt. Zwar hat die Beklagte in ihrem Rückforderungsbescheid nicht auf die Kapitalleistung aus der Pensionszusage, sondern auf die Beitragsleistungen zur Pensionszusage abgestellt. Das hindert aber die Berücksichtigung der Kapitalleistung im vorliegenden Verfahren nicht, weil das Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 53 [X.] nicht aufgrund einer behördlichen Ermessensentscheidung, sondern kraft Gesetzes eintritt.

a) Die dem Kläger aufgrund der Pensionszusage gezahlte Kapitalleistung ist Erwerbseinkommen im Sinne des § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.].

Das Arbeitseinkommen des [X.] setzte sich bis zur Vertragsänderung im August 2002 insbesondere aus einem sehr geringen Grundgehalt, einer hohen Aufwandsentschädigung und einer sehr hohen Pensionszusage zusammen. Der wirtschaftliche Wert der Pensionszusage war um ein Vielfaches höher als der des Grundgehalts von wenigen hundert DM für eine Vollzeittätigkeit. Die Aufwandsentschädigung und die Pensionszusage zusammen waren wirtschaftlich betrachtet das wesentliche Arbeitsentgelt, das üblicherweise als monatliches Gehalt gezahlt wird. Sie stellten deshalb verdeckte Gehaltszahlungen dar. Das zeigt sich auch daran, dass mit der neuen Vereinbarung vom August 2002 das monatliche Gehalt des [X.] auf ein Vielfaches aufgestockt wurde, die Aufwandsentschädigung entfiel und Versicherungsprämien in Erfüllung der Pensionszusage nur noch für eine Übergangszeit gezahlt wurden. Verdeckte Gehaltszahlungen sind keine Betriebsrenten und deshalb nicht anrechnungsfrei nach § 55a [X.].

b) Die aufgrund der Pensionszusage im [X.] ausgezahlte Kapitalleistung hat der Kläger für Arbeitsleistungen im hier fraglichen [X.]raum von Mai 1999 bis Dezember 2000 anteilig bezogen im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Der gesetzliche Begriff des Beziehens erfasst alle anrechenbaren Einkünfte. Werden diese nicht regelmäßig, sondern am Ende eines längeren [X.]raums in der Summe als Vergütung für die während dieser [X.] geleistete Arbeit gezahlt, so sind sie auf diese [X.] monatsbezogen anteilig umzulegen. Dieser Bedeutungsgehalt des Begriffs folgt insbesondere aus Sinn und Zweck des § 53 [X.].

Der Wortlaut des § 53 Abs. 1 [X.] stellt eine inhaltliche und zeitliche Verknüpfung her zwischen dem Beziehen von Erwerbs- oder Ersatzeinkommen und dem dadurch bewirkten Ruhen von Versorgungsbezügen. Wenn der Versorgungsberechtigte solches Einkommen bezieht, dann erhält er weniger Versorgungsbezüge. Gehalt wird in der Regel monatlich bezogen. Ein monatliches Gehalt führt in dem Monat, in dem es gezahlt wird, zur Verringerung der Auszahlung - also dem Ruhen - von Versorgungsbezügen. Der Wortlaut ist offen dafür, auch an die Stelle von monatlichen Gehaltszahlungen tretende und dem Versorgungsempfänger erst später zufließende verdeckte Gehaltszahlungen zu erfassen (vgl. § 53 Abs. 5 Satz 5 [X.]). Das nach § 2 [X.], § 3 [X.] und § 1a [X.] geltende Gebot der strikten Gesetzesbindung im Besoldungs- und Versorgungsrecht (vgl. Urteile vom 27. März 2008 - BVerwG 2 [X.] 30.06 - BVerwGE 131, 29 <36> = [X.] 239.1 § 56 [X.] Nr. 6 und vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 [X.] 25.09 - [X.] 449.4 § 55b [X.] Nr. 1 Rn. 11) steht deshalb einer Auslegung nicht entgegen, nach der verdeckte Gehaltszahlungen für den und damit in dem [X.]raum bezogen werden, für den sie als "normale" Gehaltszahlungen bestimmt sind.

Nach Sinn und Zweck des § 53 [X.] müssen verdeckte Gehaltszahlungen in dem [X.]raum als bezogen gelten, in dem sie normalerweise angefallen wären.

Die Ruhensregelungen des § 53 [X.] und des § 53 [X.] sind gesetzliche Konkretisierungen des [X.]s (stRspr, vgl. nur Urteil vom 27. August 2009 - BVerwG 2 [X.] 25.08 - [X.] 239.1 § 69c [X.] Nr. 1 Rn. 8). Danach ist der Gesetzgeber berechtigt, die Anrechnung desjenigen Einkommens auf die Versorgungsbezüge anzuordnen, das ein Ruhestandsbeamter nur deshalb erzielen kann, weil seine Dienstleistungspflicht vorzeitig weggefallen ist. Der [X.] zielt auf die Abschöpfung von Vorteilen, die frühzeitig pensionierte Beamte gegenüber denjenigen Beamten haben, die bis zur allgemeinen Altersgrenze ihren Dienst leisten. Er ist mit dem [X.] nach Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des weiterhin alimentierten Beamten vorzeitig nicht mehr zur Verfügung steht und die vorzeitige Pensionierung nicht zum Ziel hat, dem Beamten eine andere Erwerbstätigkeit zu eröffnen (vgl. [X.], [X.] vom 11. Dezember 2007 - 2 BvR 797/04 - [X.]K 13, 35 <45 ff.>; BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 [X.] 20.03 - BVerwGE 120, 154 <163 f.> = [X.] 239.1 § 14 [X.] Nr. 8, vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 [X.] 39.03 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 13 und vom 27. Januar 2011 a.a.[X.] Rn. 23 ff.; Begründung der Bundesregierung zu ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des [X.] - Versorgungsreformgesetz 1998 -, BTDrucks 13/9527 S. 28, 40 f., 45).

Dieser Gesetzeszweck des [X.]s würde nicht erreicht, wenn verdeckte Gehaltszahlungen nicht auf den [X.]raum umgelegt würden, den sie erfassen sollen. Versorgungsempfänger könnten durch die Vereinbarung von Einmalzahlungen anstelle monatlicher Gehaltszahlungen die Anrechnung verringern oder ganz vermeiden. Könnte mit solchen Vertragsgestaltungen das nach § 53 [X.] (und § 53 [X.]) angeordnete Ruhen von Versorgungsbezügen durch Anrechnung anderweitigen Einkommens vermieden werden, würde geradezu ein Anreiz zur Gesetzesumgehung durch entsprechende Vertragsgestaltung gesetzt. Das hätte nicht nur zur Folge, dass in den betreffenden einzelnen Fällen der mit § 53 [X.] verfolgte Zweck des [X.]s nicht erreicht würde. Es wäre vielmehr damit zu rechnen, dass von der Möglichkeit einer solchen Vertragsgestaltung in einem erheblichem Umfang Gebrauch gemacht und § 53 [X.] nur noch einen kleinen Teil der Fälle erfassen würde, in denen der Versorgungsempfänger durch den Einsatz seiner frühzeitig freigewordenen Arbeitskraft finanzielle Vorteile erlangt. Damit würde § 53 [X.] weitgehend leerlaufen.

Auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG spricht für dieses Ergebnis: Für eine unterschiedliche Behandlung der Fälle nicht verdeckter Gehaltszahlungen einerseits und verdeckter Gehaltszahlungen andererseits in dem Sinne, dass erstere sofort und letztere erst bei Auszahlung und dann nicht oder nur in den Grenzen des Jahresprinzips des § 53 Abs. 5 Satz 5 [X.] angerechnet werden, gäbe es keinen rechtfertigenden Grund.

Die Anrechnung verdeckter Gehaltszahlungen als schon vor ihrem tatsächlichen Zufluss bezogene Einkünfte verstößt auch nicht gegen das durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete [X.]. Zum einen muss kein Versorgungsberechtigter eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder aufrechterhalten, die zu einer entsprechenden Anrechnung führt. Und zum anderen gewährleistet die Mindestbelassung in Höhe von 20 v.H. nach § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.] und § 53 Abs. 1 Satz 2 [X.] ein Mindestmaß an Alimentation auch in diesen Fällen und verhindert das vollständige Ruhen des Versorgungsanspruchs bei hohem Hinzuverdienst. Zwar ist Alimentation grundsätzlich ohne Rücksicht darauf zu gewähren, ob und inwieweit der Beamte seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen oder aus Einkünften bestreiten kann, die nicht aus öffentlichen Kassen stammen. Dies gilt aber nicht für Einkünfte aufgrund einer Erwerbstätigkeit, die der Beamte gerade deshalb ausüben kann, weil er von seiner Dienstleistungspflicht freigestellt ist (Urteile vom 10. April 1997 - BVerwG 2 [X.] 29.96 - BVerwGE 104, 230 <234> = [X.] 240 § 9a [X.] Nr. 2, vom 27. Januar 2005 a.a.[X.] und vom 17. Dezember 2008 - BVerwG 2 [X.] 26.07 - BVerwGE 133, 25 <28> = [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 17).

Dass Einkünfte zum Ruhen eines Versorgungsanspruchs führen, obwohl sie dem Versorgungsempfänger nicht oder zu diesem [X.]punkt noch nicht zufließen, ist nicht auf Fälle verdeckter Gehaltszahlungen begrenzt, sondern ergibt sich beispielsweise aus dem bei der Anrechnung von Einkommen des Versorgungsempfängers wie insgesamt bei der Festsetzung der Dienst- und Versorgungsbezüge geltenden Bruttoprinzip (Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 [X.] 8.10 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 21 Rn. 15).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die dem Kläger aufgrund der Pensionszusage gewährte Kapitalleistung trotz ihrer Auszahlung erst im Jahre 2008 schon im hier fraglichen [X.]raum von 1999 bis 2000 bezogen im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Zwar fehlen Feststellungen des [X.] zu dem [X.]raum, für den die Kapitalleistung aus der Pensionszusage den [X.]harakter einer verdeckten Gehaltszahlung hat. Einer Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht zur weiteren Sachaufklärung bedarf es jedoch nicht, weil nach jeder möglichen Betrachtungsweise der Rückforderungsbescheid rechtmäßig ist.

Es liegt nahe, dass die Kapitalleistung auf den [X.]raum bis zur Vertragsänderung im August 2002 umzulegen ist. Ab diesem [X.]raum entfiel das deutliche Missverhältnis zwischen Grundgehalt und Pensionszusage und damit der [X.]harakter als verdeckte Gehaltszahlung. Der vom Kläger angefochtene Rückforderungsbescheid wäre dann nicht zulasten des [X.] rechtswidrig, weil der sich insoweit ergebende monatliche Ruhensbetrag höher wäre als bei den von der Beklagten herangezogenen Versicherungsprämien (194 849 € Auszahlungsbetrag verteilt auf 38 Monate = 5 127 € monatlich gegenüber 2 500 € monatlichen Versicherungsprämien). Aber auch dann, wenn man im Hinblick auf die Weiterzahlung von Beiträgen zur Rückdeckungsversicherung durch das Rüstungsunternehmen auch noch für den [X.]raum bis August 2004 von verdeckten Gehaltszahlungen ausginge, ergäbe sich kein anderes Ergebnis (194 849 € Auszahlungsbetrag verteilt auf 63 Monate = 3 092 € monatlich gegenüber 2 500 € monatlichen Versicherungsprämien). Ein anderes Ergebnis - wenn auch nur für einen Monat, den Dezember 2009 - ergäbe sich nur dann, wenn man auf den [X.]raum bis zur Auszahlung der Kapitalleistung im Juni 2008 abstellen würde. Das verbietet sich aber im Hinblick darauf, dass verdeckte Gehaltszahlungen nur auf den [X.]raum umgelegt werden können, für den sie erbracht worden sind. Ist, wie vorliegend, die Beschäftigungszeit länger, kann dies selbst im Falle anders lautender vertraglicher Abreden zwischen dem Versorgungsempfänger und neuem Arbeitgeber nicht zu einer entsprechenden Streckung auf die gesamte Beschäftigungszeit führen. Das würde der objektiven Lage widersprechen und Raum für eine Umgehung des Gesetzes bieten.

Die Anrechnung der Kapitalleistung im [X.]raum von Mai 1999 bis Juli 2002 bzw. August 2004 hat des Weiteren zugunsten des [X.] zur Folge, dass die von der Beklagten für das [X.] vorgenommene Anrechnung fehlerhaft und zu korrigieren ist.

Die Billigkeitsentscheidung der Beklagten gemäß § 49 Abs. 2 Satz 3 [X.] ist jedenfalls im Hinblick auf die gewährte Ratenzahlung ermessensfehlerfrei, § 114 VwGO.

Meta

2 C 18/10

31.05.2012

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 26. Juni 2009, Az: 1 Bf 310/07, Urteil

§ 53 Abs 1 SVG vom 29.06.1998, § 53 Abs 5 SVG vom 29.06.1998, § 49 Abs 2 SVG vom 09.04.2002, § 19 EStG 2002, § 53 BeamtVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.05.2012, Az. 2 C 18/10 (REWIS RS 2012, 5926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5926

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Referenzen
Wird zitiert von

1 A 123/12

3 B 12.1057

Zitiert

VI R 39/09

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