Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2015, Az. III ZR 4/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7673

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 4/15

Verkündet am:

23. Juli 2015

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

AGG § 15 Abs. 4 Satz 1; [X.] § 115 Abs. 1, § 129; [X.] 2000/78/[X.] [X.].
4 Abs. 1, [X.]. 6 Abs. 1

a)
Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht auf einen unionsrechtli-chen Staatshaftungsanspruch wegen des Erlasses eines Gesetzes anwendbar, das beamtenrechtliche Regelungen über den Eintritt in den Ruhestand enthält, die eine (im vorliegenden Einzelfall allerdings zu verneinende) unzulässige Dis-kriminierung wegen des Alters darstellen.

b)
Es ist nach [X.]. 4 Abs. 1 [X.] 2000/78/[X.] gerechtfertigt, für Polizeivollzugsbeamte eine niedrigere Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand zu bestimmen als für Beamte der allgemeinen Dienstzweige.

c)
Es ist nach [X.]. 6 Abs. 1 [X.] 2000/78/[X.] gerechtfertigt, die Anhebung der Alters-grenze für den Eintritt in den Ruhestand in Anpassung an die Entwicklung der demografischen Verhältnisse stufenweise nach dem Geburtsjahr oder -monat der Bediensteten vorzunehmen.

[X.], Urteil vom 23. Juli 2015 -
III ZR 4/15 -
OLG Hamm

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat
des [X.]gerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2015 durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter
Dr. [X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 3. Dezember 2014 wird [X.].

Die Kosten des [X.] hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der am 13. März 1947 geborene Kläger stand als Kriminalbeamter im Dienst des beklagten [X.]
Nordrhein-Westfalen und trat
mit Ablauf des 30.
Juni 2010 in den Ruhestand.
Er verlangt von seinem Dienstherrn Scha-densersatz
mit der Begründung,
die maßgeblichen
-
für sich genommen zutref-fend angewandten
-
landesgesetzlichen
Regelungen
zu den Altersgrenzen für Polizeibeamte verstießen
gegen die Richtlinie 2000/78/[X.]
des Rates vom 27.
November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die [X.] in Beschäftigung und Beruf (ABl. [X.] 303 S.
16 -
im Folgenden:
Richtlinie 2000/78/[X.] oder nur Richtlinie [X.]
-

3

-

weise
[X.]).
Seine Versetzung in den Ruhestand habe deshalb erst zum 31.
März 2012 erfolgen dürfen.

Nach der bis zum 31. Dezember 2003 gültigen Regelung traten
Polizei-vollzugsbeamte des Beklagten mit Ende des Monats, in dem sie das 60. [X.] vollendeten, in den Ruhestand
(§ 192 Satz 1 [X.] aF).
Nach §
192 Satz 2 i.[X.]. § 44 Abs. 3 Satz 1 [X.] aF
konnte bei Vorliegen drin-gender Gründe im Einzelfall der Eintritt in den Ruhestand mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde und des Beamten um bis zu zwei Jahre verschoben werden.

Mit dem Zehnten
Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 (GV.
[X.].
S. 814) wurde die
Regelaltersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf 62 Jahre
angehoben (§ 192 Abs. 1 [X.] nF). Gemäß § 192 Abs. 2 i.[X.]. § 44 Abs. 1
Satz 1 [X.]
[X.]
in der Fassung die-ses Gesetzes
konnte der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des [X.]n mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde bis zur Vollendung
des
65. Lebensjahres hinausgeschoben werden.
In [X.]ikel 7 § 5
des Gesetzes
war für Polizeivollzugsbeamte
folgende Übergangsregelung
getroffen:

"(1)
Die neue Altersgrenze des § 192 Abs. 1 (vollendetes 62. Lebens-jahr) gilt für Beamte ab dem Geburtsjahrgang 1950.

(2)
Vom 1. Januar 1947 bis 30. Juni 1947 geborene Beamte treten zum 30. Juni 2007, vom 1. Juli 1947 bis 31. Dezember 1947 geborene Beamte zum 31. Dezember 2007 in den Ruhestand.

(3)
Für die Beamten des [X.] 1948 wird die bis zum 31.
Dezember 2006 geltende Altersgrenze (vollendetes 60. Lebens-jahr) um 12 Monate, für die Beamten des [X.] 1949 um 18 Monate angehoben."

2
3
-

4

-

Nach der mit Wirkung zum 1. April 2009
erfolgten Neufassung
des nord-rhein-westfälischen Beamtengesetzes
durch das Gesetz zur Änderung dienst-rechtlicher Vorschriften
vom 21. April 2009 (GV. [X.]. [X.]) wurde die bis-lang in § 192 Abs. 1 [X.] bestimmte
Altersgrenze in § 115 Abs. 1
[X.] geregelt und die vorzitierte Übergangsregelung für die Geburtsjahrgänge 1948 bis 1950 als § 129 [X.] für alle Beamten übernommen. Weiterhin wurde im neuen § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 [X.] allgemein bestimmt, dass auf Antrag des Beamten der Eintritt in den Ruhestand um bis zu drei Jahre über den regulären [X.]raum, jedoch nicht über das 70. Lebensjahr hinaus,
ver-schoben werden kann, sofern dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.

Auf entsprechende Anträge schob der Beklagte auf der Grundlage von §
192 Abs. 2 i.[X.]. § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung und gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.] in der [X.] geltenden Fassung den Ruhestand des [X.] um insgesamt drei Jahre über den in [X.]ikel 7 § 5 Abs. 2, 1. Halbsatz des [X.] zur Ände-rung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 bestimmten [X.]-punkt, das heißt bis zum 30. Juni 2010,
hinaus. Im September 2009 beantragte der Kläger, den Eintritt in den Ruhestand um weitere zwei Jahre, mithin bis zum 30. Juni 2012 zu
verschieben. Mit Bescheid vom 5. Januar 2010 lehnte der [X.] diesen Antrag ab. Daraufhin versuchte der Kläger,
die Verlängerung [X.] Verbleibs im aktiven Dienst des Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
zu erreichen. Der entsprechende Antrag blieb vor dem Verwal-tungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Seine verwaltungs-gerichtliche Klage in der Hauptsache nahm er, nachdem er mit Ablauf
des 30.
Juni 2010 in den Ruhestand getreten war, zurück.

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5

-

Der Kläger begehrt mit seiner Klage, so gestellt zu werden, als ob er erst mit Ablauf des 31. März 2012 pensioniert worden wäre. Er verlangt für den
[X.]-raum zwischen dem 1. Juli 2010 und dem 31. März 2012 die Differenz zwischen dem Gehalt eines aktiven Beamten seiner Besoldungsgruppe und seinen Ru-hestandsbezügen sowie
Ersatz der während dieser [X.] angefallenen Kosten für eine
private Krankenversicherung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt er sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist im Ergebnis unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger werde durch die vorge-nannten Regelungen in zweifacher Hinsicht gegenüber anderen [X.]beam-ten ungleich behandelt. Zum einen sei die Regelaltersgrenze für [X.] auf lediglich 62 Jahre heraufgesetzt worden, während für Beamte anderer Dienstzweige diese Grenze bei 65 Jahren liege. Zum anderen sei [X.] der Übergangsregelung des [X.]ikels 7 § 5 des [X.]
zur Än-derung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 für den am 13.
März 1947 geborenen Kläger die zuvor geltende Regelaltersgrenze von 60 Jahren um
lediglich drei Monate hochgesetzt
worden, während für nach dem 1.
Juli 1947 geborene Polizeibeamte die reguläre Altersgrenze schrittweise bis zur Vollendung
des 62. Lebensjahres angehoben worden sei. Ob diese Un-6
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gleichbehandlungen, die eine unmittelbare Diskriminierung des [X.] im Sin-ne von [X.]. 2 Abs. 2a [X.] darstellten, nach [X.]. 4 Abs. 1 und [X.]. 6 [X.]
gerecht-fertigt seien, sei nicht unzweifelhaft. Das beklagte Land habe nichts dazu vorge-tragen, welche konkreten Anhaltspunkte sich für die von ihm verfolgten gesetz-geberischen Ziele aus welchem Kontext der Verabschiedung der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen ergeben hätten.

Diese Frage brauche aber ebenso wenig abschließend entschieden zu werden wie die Frage, ob eine etwaige Verletzung von
[X.]. 2 Abs. 2a, [X.]. 3 Abs. 1c und [X.]. 6 [X.] durch den Beklagten als ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht zu werten wäre. Der Kläger sei jedenfalls mit seinen etwaigen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen, weil er die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist von zwei Monaten versäumt habe. Diese Frist finde auch auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch Anwendung. Dieser habe
zwar seine Grundlage unmittelbar im Gemeinschaftsrecht. Die Folgen eines Unionsrechtsverstoßes seien nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.]
aber von
dem Mitgliedstaat im Rahmen
des nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mit dem [X.], das die Richtlinie 2000/78/[X.]
umgesetzt habe, seien in [X.] nationale Haftungsnormen geschaffen
worden, in denen die Voraussetzungen, unter de-nen ein Entschädigungs-
oder Schadensersatzanspruch wegen
unzulässiger Ungleichbehandlungen im Beruf und Zivilrechtsverkehr geltend gemacht wer-den könne, näher bestimmt worden seien. Vorliegend sei die nationale [X.] des § 15 AGG einschlägig.

Der Anwendung dieser Bestimmung
stehe es nicht entgegen, dass der Beklagte bei dem Erlass der vom Kläger als diskriminierend gerügten Vorschrif-ten zur abgestuften Anhebung der Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte als 9
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Gesetzgeber gehandelt habe, es sich dementsprechend um [X.] handele. § 15 AGG enthalte eine Rechtsgrundverweisung auf § 7 Abs. 1 AGG, der sich auf Beschäftigungsverhältnisse beziehe. Die hierfür maßgebli-chen Regelungen des Gesetzes gälten gemäß § 24 AGG "unter Berücksichti-gung ihrer besonderen Rechtsstellung"
auch für Beamte. Zu den Besonderhei-ten der Rechtsstellung von [X.]beamten gehöre aber, dass ihre Arbeits-
und [X.] vom beklagten Land als Gesetzgeber geregelt [X.]. Dementsprechend
unterfielen die in Rede stehenden legislativen Maß-nahmen des Beklagten
gemäß § 24 AGG dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 AGG.

Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG sei mit der Richtlinie vereinbar. Der Kläger habe diese Frist nicht gewahrt.

II.

Die Klageabweisung hält im Ergebnis der rechtlichen Prüfung stand.

1.
Allerdings vermag der Senat nicht die Ansicht des Berufungsgerichts zu teilen, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG
sei auf den vom Kläger geltend gemachten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen der Schaffung einer seiner Ansicht nach dem Unionsrecht widersprechenden
Ge-setzeslage anwendbar. Die Bestimmung, die nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 8.
Juli 2010 ([X.]/09 -
Bulicke -
Slg.
2010,
I-7006) mit der Richtlinie 2000/78/[X.]
vereinbar ist,
regelt die Ausschlussfrist für Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz
nach § 15 Abs. 1 und 2
AGG. Dieser ist weder deckungsgleich
mit dem eingeklagten unionsrechtlichen 11
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Staatshaftungsanspruch noch handelt es sich
-
anders als im Verhältnis zu [X.] aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und § 823 Abs. 2 BGB i.[X.].
§ 7 Abs. 3 AGG (siehe hierzu [X.], 1211
Rn. 41, 42 ff) -
bei §
15 Abs. 1 und 2 AGG um [X.], die diese Anspruchsgrundlage verdrängen. Vielmehr sind
im vorliegenden Zusammenhang nach der
Zielrich-tung
von § 15 Abs. 1 und 2 AGG Grundlage der
dort geregelten Ansprüche
in-dividual-
oder kollektivrechtliche Vereinbarungen oder eine einzelfallbezogene, konkrete Maßnahme des Arbeitgebers, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, nicht aber die Schaffung einer diesem Verbot widersprechenden
abstrakten Rechtslage. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen "legislativen Unrechts"
weist eine andere inhaltliche Qualität auf als die auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG beruhenden und
dem § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterliegen-den Ansprüche. Bestätigt
wird dies durch die Gesetzesbegründung
zu § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG. Danach soll
die darin bestimmte kurze Frist für die Gel-tendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG den Arbeitgeber angesichts der für ihn ungünstigen
Beweislastregelung des § 22 AGG davor schützen, "Dokumentationen über Einstellungsverfahren etc."
unzumutbar lan-ge, das heißt bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren, aufbewahren zu müssen (Begründung der [X.]regierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung [X.] Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BR-Drucks. 329/06, [X.]). Die Notwen-digkeit dieses Schutzes besteht
aber nicht für den Erlass von Gesetzen,
da die dem legislativen Verfahren zugrunde liegenden
Materialien ohnehin aufzube-wahren sind und teilweise, etwa in [X.], veröffentlicht wer-den.

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9

-

Weiterhin ergibt sich auch
daraus, dass sich der Anspruch gegen den "Arbeitgeber"
beziehungsweise nach Maßgabe des § 24 AGG gegen den jewei-ligen Dienstherrn des betroffenen Beamten richtet, dass der Gesetzgeber nicht nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG haften kann und daher die Ausschlussfrist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht anwendbar ist.
Das beklagte Land wurde bei dem Erlass der maßgeblichen Bestimmungen als Gesetzgeber, nicht aber in seiner Funktion als Arbeitgeber beziehungsweise als Dienstherr tätig. Zwar ist es richtig, wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin-weist, dass es zu den Besonderheiten des [X.] als Dienstherrn gehört, dass es die Bedingungen für den Ruhestandseintritt seiner Beamten durch Gesetz selbst regelt. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die unterschiedlichen Rollen
des Beklagten als Gesetzgeber und als Dienstherr mit der Folge zu vermengen, den Erlass beamtenrechtlicher Gesetze dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 und 2 und damit auch des Absatzes
4 Satz 1 AGG zuzuordnen. Das [X.]be-amtengesetz des Beklagten gilt nicht nur für die Beamten, deren Dienstherr es ist. Vielmehr regelt es nach
seinem § 1 Abs. 1 auch die Rechtsverhältnisse der Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Auf-sicht des [X.] unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Hieraus ergibt sich, dass zwischen den
Eigenschaften
des Beklagten als (beamtenrechtlicher) Gesetzgeber und als Dienstherr im Sinne des § 15 Abs. 1, 2 und 4
i.[X.]. § 24 Nr. 1 AGG zu differenzieren ist. [X.] käme es zu einer mit dem Sinn dieser Bestimmungen unvereinbaren un-terschiedlichen Behandlung von Beamten des [X.] und von Beamten der übrigen Dienstherren, für die ebenfalls das [X.]beamtengesetz gilt. Würde der Erlass eines gegen die Richtlinie
2000/78/[X.]
verstoßenden Gesetzes unter § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 2 AGG fallen, würde dies nur für die Beamten des [X.] gelten, da nur für diese das Land nicht nur Gesetzgeber, sondern auch 14
-

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Dienstherr ist. Demgegenüber wäre § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 AGG nicht auf
die Beamten der
Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die der sonstigen der Aufsicht des [X.] unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftun-gen des öffentlichen Rechts anwendbar, da das Land nicht der
Dienstherr
die-ser Bediensteten ist. Insbesondere wären die Beamten des [X.] bei der [X.] Verstöße gegen Unionsrecht den zeitlichen Be-schränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterworfen, während dies für die übrigen Beamten nicht gälte. Eine solche sachwidrige Differenzierung wäre aber mit dem Zweck des [X.]es nicht zu vereinbaren.

2.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, sodass die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen ist.

a) Die beamtenrechtlichen Vorschriften, die, wie der Kläger nicht in Ab-rede stellt, für sich genommen zutreffend angewandt wurden und so zu seinem Eintritt
in den Ruhestand zum 30. Juni 2010 geführt haben, sind mit dem [X.], insbesondere mit der Richtlinie
2000/78/[X.]
vereinbar.

Die Richtlinie bezweckt nach ihrem [X.]. 1 im Bereich von Beschäftigung und Beruf, wozu auch der öffentliche Dienst zählt (vgl. [X.]. 3 Abs.1 [X.]; siehe auch [X.], Urteil vom 21. Juli 2011 -
[X.]/10 und [X.]/10 -
[X.] und [X.], Slg. 2010, [X.] Rn. 33
f), bestimmten [X.]en der Diskriminierung, da-runter auch der wegen des Alters, im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten entgegenzuwirken ([X.], Urteil
vom 16. Oktober 2007 -
[X.]/05 -
Palacios de la Villa, Slg. 2007, [X.]
Rn. 49). Regelungen, die den Eintritt in den Ruhestand mit Errei-chen eines bestimmten Lebensalters zum Gegenstand haben, lassen den Be-15
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11

-

schäftigten unmittelbar eine weniger günstige Behandlung zuteilwerden als an-deren Erwerbstätigen. Sie führen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] daher zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung im Sinne von [X.]. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst.
a [X.] 2000/78 (Urteile vom 21. Juli 2011 aaO und
vom 16. Oktober 2007 aaO Rn.
51). Zwar berührt die Richtlinie 2000/78/[X.]
nach ihrem 14. [X.] nicht die einzelstaatlichen Bestimmungen über die Festsetzung der [X.] für den Eintritt in den Ruhestand. Dieser Erwägungsgrund be-schränkt sich jedoch auf die Klarstellung, dass die Richtlinie nicht die Zustän-digkeit der Mitgliedstaaten tangiert, das Alter für den Eintritt in den Ruhestand zu bestimmen, und steht der Anwendung der Richtlinie auf nationale Maßnah-men nicht entgegen, mit denen die Bedingungen geregelt werden, unter denen ein Beschäftigungsverhältnis
endet, wenn das auf diese Weise festgesetzte [X.] erreicht wird ([X.], Urteil vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 44).

Die Mitgliedstaaten können jedoch -
unabhängig von den nachfolgend erörterten Voraussetzungen des [X.]. 6 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Ja-nuar 2010 -
[X.]/08 -
Wolf, Slg. 2010, [X.] Rn. 45) -
nach [X.]. 4 Abs. 1 [X.] eine Ungleichbehandlung wegen eines bestimmten Merkmals vorsehen, wenn es aufgrund der [X.] einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der [X.] ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforde-rung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine ange-messene Anforderung handelt.
Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist hiernach zulässig, wenn die Berufsausübung besondere Fähigkeiten erfordert und diese altersabhängig sind (vgl. [X.], Urteile vom 13. September 2011
-
C-447/09 -
Prigge, Slg. 2011, I-8034
Rn. 67 und vom 12.
Januar 2010 aaO
Rn. 35, 40; [X.], Beschluss vom 20. Februar 2012 -
2 [X.]/11, juris Rn.
9).
Der nach [X.]. 4 Abs. 1 [X.] erforderliche rechtmäßige Zweck für die [X.]
-

12

-

gleichbehandlung liegt insbesondere vor, wenn dadurch die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren eines Notfalldienstes gewährleistet werden soll ([X.], Urteil vom 12. Januar 2010 aaO; [X.] aaO). Schließlich muss die Ungleichbehandlung angemessen, das heißt bei Abwägung der [X.] öffentlichen und privaten Interessen verhältnismäßig sein.

Weiterhin stellt nach [X.]. 6 Abs. 1 [X.] eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbe-sondere
rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, [X.] und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Insoweit verfü-gen die Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich der verfolgten Ziele als auch in [X.] auf die Wahl der Mittel über einen weiten Ermessensspielraum ([X.], Ur-teil vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 68; siehe auch [X.], Urteil vom 22. No-vember 2005 -
C-144/04 -
Mangold, Slg. 2005, [X.] Rn. 63).

An diesen Kriterien gemessen
haben
die in Rede stehenden Bestim-mungen des [X.]beamtengesetzes eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung
des betroffenen Personenkreises, dem auch der Kläger angehört, zum Inhalt.

aa) Dies gilt zum einen für die -
vom Kläger für sich genommen nicht [X.] -
Bestimmungen, die für Polizeivollzugsbeamte eine niedrigere als die allgemeine Altersgrenze vorsehen (§ 192 Satz 1 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung, § 192 Abs. 1 [X.] in der bis
zum 31. März 2009 geltenden Fassung, § 115 Abs. 1 [X.] nF). Die damit ver-bundene ungleiche Behandlung von Polizeivollzugsbeamten ist nach [X.]. 4 Abs.
1 [X.] gerechtfertigt. Polizeivollzugsbeamte sind gegenüber in der allge-19
20
21
-

13

-

meinen Verwaltung tätigen Beamten erhöhten
physischen Anforderungen
aus-gesetzt. Sie müssen, anders als Beamte, für die die reguläre Altersgrenze gilt,
unter anderem in der Lage sein, Außen-
und Schichtdienste zu absolvieren, unmittelbaren Zwang
-
insbesondere in ausgesprochen stressbeladenen Kon-flikt-
und Gefährdungssituationen
-
auch unter Anwendung körperlicher Gewalt
auszuüben und Waffen, einschließlich Schusswaffen, verantwortungsvoll einzu-setzen. Diese Fähigkeiten müssen im Dienst jederzeit einsetzbar sein (siehe z.B. Begründung der [X.]regierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Rege-lung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des [X.], BT-Drucks. 3/1425 [X.]1; [X.],
Buchholz
23 7.7
§ 194 NW[X.] Nr. 2
S. 2). Mit zunehmendem Alter nehmen
die hierfür notwendige körperliche Spannkraft
und Leistungsfähigkeit
regelmäßig ab. Dass aus diesen Gründen eine Zurruheset-zung von Polizeivollzugsbediensteten, sobald sie ein Alter erreicht haben, in dem die erforderlichen körperlichen Fähigkeiten nicht mehr im notwendigen Maß vorhanden sind, die Einsatzbereitschaft des [X.] soll, damit einem legitimen Zweck dient und eine angemessene Maßnahme darstellt, liegt auf der Hand. Diese Würdigung liegt
im Übrigen auch dem
Erwägungsgrund Nr. 18 der Richtlinie
zugrunde. Danach darf unter ande-rem der Polizei, um
ihre Einsatzbereitschaft zu wahren, nicht zur Auflage [X.] werden, Personen weiter zu beschäftigen, die nicht mehr den [X.] entsprechen, um sämtliche ihnen übertragenen
Aufgaben zu erfüllen.

Da
die Richtlinie keine konkreten Vorgaben zu nach [X.]. 4 Abs. 1 zuläs-sigen Altersgrenzen enthält, verbleibt insoweit ein Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten. Es liegt innerhalb des
dem [X.]n
Gesetzge-ber hiernach zustehenden Spielraums, anzunehmen, dass ab einem Lebensal-ter von 62 Jahren typischerweise
die für den Polizeivollzugsdienst notwendigen besonderen physischen Fähigkeiten nicht mehr im ausreichenden Maß [X.]
-

14

-

den sind.
Insbesondere bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Gesetz
eine grundsätzlich feste Altersgrenze vorsieht. Der Gerichtshof der Europäi-schen Union
geht
davon aus, dass eine typisierende Betrachtungsweise und damit feste Altersgrenzen zulässig sind. Dies ist dessen Urteilen vom 16. Okto-ber 2007 ([X.]/05 -
Palacios
de la Villa, Slg. 2007, [X.] Rn. 27), 12. Januar 2010 ([X.]/08 -
Wolf, Slg. 2010, [X.] Rn. 12) und 21. Juli 2011 ([X.]/10 und 160/10, [X.] und [X.] -
Slg. 2011, [X.] Rn. 12) zu entnehmen, denen jeweils feste Altersgrenzen für den Eintritt in
den Ruhestand (Urteile vom 16.
Oktober 2007 und vom 21. Juli 2011 jew. aaO) beziehungsweise für die Einstellung in das Beamtenverhältnis (Urteil vom 12. Januar 2010 aaO) [X.] lagen, ohne dass der Gerichtshof hiergegen Bedenken geäußert hat.

Vorliegend
kommt folgendes hinzu: Der [X.] [X.]-gesetzgeber hat durch das Zehnte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher [X.] vom 17. Dezember 2003 nicht nur die Regelaltersgrenze für Polizei-vollzugsbeamte auf 62 Jahre angehoben, sondern zugleich die Voraussetzun-gen für das "individuelle"
Hinausschieben der Altersgrenze deutlich erleichtert. Während es nach der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Rechtslage
nur unter engen, allein der Beurteilung des Dienstherrn obliegenden Voraussetzun-gen möglich war, einen Beamten länger im Dienst zu belassen (§ 192 Satz 2 i.[X.]. § 44 Abs. 3 Satz 1 [X.] aF), ist durch dieses Gesetz für [X.] eine Sonderregelung geschaffen worden (§ 192 Abs. 1 [X.] nF), die für eine Verlängerung der Dienstzeit als wesentliche Voraussetzung einen entsprechenden Antrag des Beamten vorsah (beziehungsweise vorsieht, vgl. jetzt § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.]). Von diesen, den [X.] Wünschen des Beamten Rechnung tragenden Vorschriften ist hier zuguns-ten des [X.] auch mehrfach Gebrauch gemacht worden mit der Folge, dass er bei Eintritt in den Ruhestand die neue -
erhöhte
-
für Polizeibeamte geltende 23
-

15

-

reguläre Altersgrenze von 62 Jahren um insgesamt 15 Monate überschritten hat.

bb)
Die -
vom
Kläger als unionsrechtswidrig beanstandeten
-
Übergangs-regelungen des [X.]n [X.]beamtengesetzes, nach denen für den am 13. März 1947 geborenen Kläger eine niedrigere Altersgrenze galt als für ab dem 1. Juli 1947 geborene Polizeivollzugsbeamte, für die die Ruhe-standsgrenze nach Maßgabe des [X.] schrittweise angehoben wurde ([X.]ikel 7 § 5 des [X.] zur Änderung dienstrechtlicher [X.] vom 17. Dezember 2003, § 129 [X.] nF), beinhalten ebenfalls keine nach der
Richtlinie unzulässige Diskriminierung. Vielmehr handelt es sich insbesondere unter Berücksichtigung des den Mitgliedstaaten zustehenden wei-ten Ermessensspielraums um eine nach [X.]. 6 Abs. 1 [X.] gerechtfertigte Un-gleichbehandlung wegen des Alters.

Wie
schon aus den Worten "besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können"
im 25. [X.] der Richtlinie hervorgeht, gilt dieser Spielraum auch für die Entscheidung, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer zu verlängern oder, im Gegenteil, deren früheren Eintritt in den Ruhestand vorzusehen, zu der sich die betreffenden [X.] Stellen aufgrund politischer, wirtschaftlicher, [X.], demografischer oder haushaltsbezogener Erwägungen und in Anbetracht der konkreten Ar-beitsmarktlage in einem bestimmten Mitgliedstaat veranlasst sehen können ([X.], Urteile vom 21. Juli 2011 aaO Rn. 54, 65, 73
und vom 16. Oktober 2007 aaO
Rn. 69).
Die Rechtfertigung der betreffenden Maßnahme nach diesen Maßstäben muss sich aber zumindest aus ihrem allgemeinen Kontext ergeben ([X.], Urteil vom 21. Juli 2011 aaO Rn. 39
mwN). Die Regelungen müssen 24
25
-

16

-

zudem
kohärent und systematisch sein ([X.], Urteil vom 21. Juli 2011 aaO Rn. 85 mwN).

Die nach Geburtsmonaten (Jahrgang 1947) beziehungsweise -jahren
(Jahrgänge 1948, 1949)
schrittweise erfolgende Anhebung des Ruhestandsal-ters
für Polizeivollzugsbeamte durch das Zehnte Gesetz zur Änderung dienst-rechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 genügt diesen Anforderungen. Die Anhebung als solche ist
-
gerade auch vom Rechtsstandpunkt des [X.] aus -
nicht zu beanstanden. Sie trug den sich wandelnden demografischen Verhältnissen in [X.],
die dazu führen, dass sich das Verhältnis zwi-schen Versorgungsempfängern und aktiven Beschäftigten kontinuierlich ver-schlechtert, sowie den daraus resultierenden Belastungen der öffentlichen Haushalte Rechnung
(vgl. zu dieser Entwicklung die
Begründung des Entwurfs der Fraktionen der [X.] und [X.] eines Gesetzes zur Anpassung der Re-gelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der [X.] der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks. 16/3794 [X.], 2, 27). Dies ergibt sich, wenn auch nicht ausdrücklich,
für die [X.]n Polizeivollzugsbeamten,
aus den Gesetzesmaterialien
und dem Gesamtkontext der Regelung. Zur Begründung der Anhebung der Altersgrenze
für Polizeivollzugsbeamte
wurde die mit Blick auf die angespannte Finanzlage des [X.] notwendige
Reduzierung der Zahl der Empfänger von [X.] angegeben (Landtagsprotokoll 13/108 [X.]0721).
Mit der [X.] wurde für Polizeivollzugbeamte die stufenweise Anhebung der Pensionierungsgrenze
lediglich vorgezogen, die für die Beamten der allgemei-nen Dienstzweige
mit dem Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. April 2009 in § 31 [X.] erfolgte. Diese wurde
unter Hinweis auf die entsprechenden Regelungen für die gesetzliche Rentenversicherung und die [X.]beamten begründet
(Begründung der [X.]regierung des Geset-26
-

17

-

zes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften, [X.]. 14/8176 [X.]26 zu §§ 17-41). Aus den Begründungen der entsprechenden [X.]gesetze wiede-rum ergibt sich, dass die demografische Entwicklung ausschlaggebend für die Verlängerung der Lebensarbeitszeit der Beschäftigten war (Begründung des Entwurfs der Fraktionen der [X.] und [X.] eines Gesetzes zur Anpas-sung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stär-kung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung aaO; Begründung der [X.]regierung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuord-nung und Modernisierung des [X.]dienstrechts, [X.]. 16/7076 [X.], 2, 3, 4, 93). Bei einer Gesamtschau folgt
hieraus, dass die Anhebung des [X.] durch das Zehnte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 im Kontext mit der Be-völkerungsentwicklung in [X.] und den Auswirkungen der Versorgungs-lasten auf die öffentlichen Haushalte steht. Eine sich verändernde demografi-sche Situation und hierauf gründende haushaltsbezogene Erwägungen sind nach der oben zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zulässige Kriterien, die eine Veränderung der Ruhestandsgrenzen erlau-ben.
Gegen die Kohärenz der Anhebung des [X.]s spricht ebenfalls nichts.

Auch die in [X.]. 7 § 5 des [X.] zur Änderung dienstrechtli-cher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 bestimmte lediglich schrittweise [X.] des [X.]s für Polizeivollzugsbeamte ist
nach den vom Ge-richtshof der [X.] entwickelten Maßstäben mit [X.]. 6 Abs. 1 [X.] vereinbar.
Die
demografische
Situation und damit das Verhältnis zwischen [X.] und aktiven Beschäftigten
haben sich nicht abrupt verändert. Vielmehr steigt die Anzahl der Versorgungsempfänger im Verhältnis zu den noch im Dienst befindlichen Beschäftigten erst allmählich an. Es liegt 27
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18

-

deshalb innerhalb des dem nationalen Gesetzgeber zustehenden [X.], wenn er diesem sich in Entwicklung befindlichen Prozess dadurch Rechnung trägt, dass er korrespondierend hiermit die [X.] nur sukzessive
nach Maßgabe des Geburtszeitpunkts der zur Pensionie-rung anstehenden Beamten erhöht.
Hierbei handelt es sich um ein in sich schlüssiges und konsequentes Mittel, der sich in Veränderung befindlichen Be-völkerungsentwicklung Rechnung zu tragen.

Dass eine stufenweise Anhebung der Ruhestandsgrenze zulässig ist, lässt sich insbesondere
aus dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 21. Juli 2011 ableiten. Das Gericht hat zum einen ausgeführt
(aaO Rn.
96), aus dem 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/[X.]
gehe
hervor, dass die Änderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Rhythmus erfolgen könnten, um
der jeweiligen besonderen Situation Rechnung zu tragen. Dieser Rhythmus könne
auch von Region zu Region
unterschiedlich sein, um regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und es den zuständigen Behörden zu ermöglichen, die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen.
Zwar bezieht sich diese Aussage unmittelbar darauf, dass
es zulässig ist, unter-schiedlichen regionalen
Verhältnissen innerhalb eines Mitgliedstaats durch ver-schiedene Regelungen über den
Eintritt in den Ruhestand Rechnung zu tragen. Den Ausführungen lässt sich aber darüber hinausgehend entnehmen, dass dif-ferenzierende Regelungen auch innerhalb desselben regionalen [X.] möglich sind, wenn inhaltliche Unterschiede zwischen verschiedenen Alterskohorten bestehen. Dies ergibt sich daraus, dass der Gerichtshof es für zulässig hält,
"der jeweiligen besonderen Situation Rechnung zu tragen".

28
-

19

-

Überdies hat sich der Gerichtshof in dieser Entscheidung, die die Ruhe-standsregelungen des [X.] Beamtenrechts zum Gegenstand hatte, mit der Frage
befasst, ob die betreffenden Vorschriften
inkohärent seien, weil sie im Gegensatz zu Bestimmungen in anderen [X.] Ländern noch keine stu-fenweise Anhebung der Altersgrenze vorsahen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht die vorgenannte Erwägung angestellt. Hätte es
Bedenken gegen
die
Vereinbarkeit der Stufenregelung mit der Richtlinie gehabt, wäre zu erwar-ten gewesen, dass es
dies in seiner Begründung angesprochen hätte.

Demnach ist es auch nicht zu beanstanden, dass sich nach dem maß-geblichen [X.]n [X.]recht die Anhebung der Altersgrenze in erheblich kürzeren Etappen vollzieht als nach der vergleichbaren Regelung des [X.]beamtengesetzes (§ 51 Abs. 2 [X.]). Eine konkrete Benachteili-gung des [X.] ist mit dieser unterschiedlichen Regelung nicht verbunden. Im Gegenteil: Da er im März 1947 geboren wurde, ist für ihn als Angehöriger des ersten, von der Neuregelung betroffenen Jahrgangs 1947 aufgrund der nord-rhein-westfälischen Übergangsregelung die individuelle Altersgrenze um drei Monate hinausgeschoben worden, während er nach Maßgabe der vergleichba-ren Regelung des [X.] (§ 51 Abs. 2 Satz 2 [X.]) nur einen zusätzlichen Monat gewonnen hätte.

b) Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] gemäß [X.].
267 Abs. 2, 3 AEUV ist entbehrlich. Soweit unionsrechtliche
Fragestellun-gen betroffen sind, steht mit der nach der "acte-clair-"
beziehungsweise "acte-éclairé-Doktrin"
erforderlichen Gewissheit (siehe hierzu z.B. [X.], Urteil vom 15. September 2005 -
C-495/03 -
Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn.
33) fest, dass die Erwägungen des Senats zum Unionsrecht zutreffen. Ihnen liegen
die in der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäi-29
30
31
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20

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schen Union entwickelten Maßstäbe für nach [X.]
4. Abs. 1 und [X.]. 6 Abs. 1 [X.] 2000/78 zulässige Ungleichbehandlungen wegen des Alters zugrunde. Soweit es um die danach erforderlichen legitimen Ziele und die zu deren Erreichung angemessenen Mittel geht, ist mangels konkreter Vorgaben der Richtlinie 2000/78 den Mitgliedstaaten ein Ermessenspielraum verblieben, den der Ge-richtshof der [X.] in Bezug auf [X.]. 6 Abs. 1 [X.] 2000/78 sogar ausdrücklich als weit bezeichnet hat
(Urteil vom
16. Oktober 2007 -
[X.]/05 -
Palacios de la Villa, Slg. 2007, [X.] Rn. 68; siehe auch Urteil vom 22. No-vember 2005 -
C-144/04 -
Mangold, Slg. 2005, [X.] Rn. 63). Dass sich
die in Rede stehenden Bestimmungen des [X.]beamtenrechts des Beklagten in dem den nationalen Gesetzgebern zustehenden Beurteilungsspielraum halten und sich deshalb weitere klärungsbedürftige unionsrechtliche Fragen nicht mehr stellen, ist zur Überzeugung des Senats offensichtlich, zumal sich die insoweit angestellten Erwägungen überwiegend ebenfalls auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] stützen.

3.
Ansprüche des [X.] aus § 839 Abs. 1 BGB i.[X.]. [X.]. 34 Satz 1 GG scheiden ebenfalls aus. Dies gilt insbesondere auch, soweit nicht "legislatives Unrecht"
in Rede steht, sondern der Verwaltungsakt, durch den die weitere Ver-längerung des Verbleibs des [X.] im aktiven Dienst abgelehnt wurde. Unge-achtet der Frage, ob auch für diesen besonderen deliktischen Anspruch die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gilt und inwieweit wegen der Rück-nahme der insoweit zur Hauptsache erhobenen verwaltungsgerichtlichen
Klage § 839 Abs. 3 BGB eingreift, fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Die einschlägigen Vorschriften des [X.]beamtengesetzes wurden, wie der Klä-

32
-

21

-

ger nicht verkennt, zutreffend angewendet, und die Bestimmungen widerspre-chen dem Unionsrecht aus den zuvor ausgeführten Gründen nicht.

Schlick
Herrmann
[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2012 -
11 O 23/12 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 03.12.2014 -
I-11 [X.] -

Meta

III ZR 4/15

23.07.2015

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2015, Az. III ZR 4/15 (REWIS RS 2015, 7673)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7673

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 4/15

2 B 136/11

11 U 6/13

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