Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2002, Az. 1 StR 195/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 2530

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[X.]/02vom2. Juli 2002in der [X.] versuchten Mordes u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 2. Juli 2002 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:1.Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Januar 2002 im [X.] den zugehörigen Feststellungen [X.] weitergehende Revision des Angeklagten gegen das [X.] Urteil wird als unbegründet verworfen.3.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Ta-teinheit mit schwerem Raub, räuberischem Angriff auf Kraftfahrer und gefährli-cher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. [X.] Feststellungen des [X.] dirigierte der Angeklagte den [X.]als dessen Fahrgast auf einen Feldweg, stach dort mit einemMesser auf diesen ein, brachte dessen Barschaft an sich und flüchtete mit demnun von ihm gesteuerten [X.]. Die Voraussetzungen erheblich verminderterSchuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit und der Unterbringung des [X.]n in einer Entziehungsanstalt hat die [X.] verneint. Die [X.] -des Angeklagten, die die Verletzung sachlichen Rechts rt, hat zum [X.] Die Strafzumessung des [X.] lt rechtlicher Nachprfungnicht stand. Die [X.] hat dem Angeklagten straferschwerend angela-stet, daß er nach der Tat mit großem Aufwand deren Spuren zu verwischensuchte. Er habe die von ihm getragene Tatkleidung weggeworfen, das [X.] ineinem Hohlweg im Wald verborgen und seine Fingerspuren mittels Öl entfernt,welches er nach nochmaliger [X.] an den Abstellort von zu [X.] habe ([X.] 37).Das ist rechtsfehlerhaft. Nach [X.] Rechtsprechung des [X.] ist allein der Versuch, sich selbst durch Beseitigung von [X.] Strafverfolgung zu entziehen, kein zulssiger Strafscrfungsgrund. [X.] weist der [X.] darauf hin, daß dies selbst dann gilt,wenn die Spurenbeseitigung umsichtig oder kaltbltig vorgenommen wird (vgl.dazu nur [X.]R StGB § 46 Abs. 2 - [X.] 13, 17, 18). Anders [X.] sich allenfalls dann verhalten, wenn der [X.] dadurch neues Unrechtschafft oder mit seinem Verhalten weitergehende Ziele verfolgt, die ein-stiges Licht auf ihn werfen ([X.] aaO). Solches lßt sich den [X.] hier indessen nicht entnehmen.Der [X.] vermag nicht auszuschließen, daß sich die in Rede stehende,zu beanstandende [X.] die Hr verten Frei-heitsstrafe ausgewirkt haben kann. Deshalb unterliegt der Strafausspruch derAufhebung.2. [X.] rechtlichen Bedenken begegnet der [X.] auch im rigen, weil die Erws [X.] zurVerneinung erheblich verminderter Schuldfigkeit des Angeklagten zur Tatzeit- 4 -und eines Hanges im Sinne des § 64 Abs. 1 StGB unter [X.]) Aus den Urteilsgrrgibt sich, [X.] der 1976 geborene [X.], der mit seiner Familie 1995 nach [X.] war, trink-gewohnt war. Er nahm bereits in [X.] Marihuana. 1995 kamen [X.] mit Ecstacy, Kokain und Heroin hinzu. [X.] begann er, [X.] zu schniefen, [X.] dann zu injizieren. Ab dem [X.] nahm [X.] Kokain, das er [X.] ebenfalls spritzte. Hre Dosen als 1 g Heroinoder Kokain auf den Tag verteilt frte er sich indessen nicht zu. In den [X.] und 2001 gab es immer wieder Abstinenzzeiten, wobei es ihm jedochnicht mlich war, diesr einen Zeitraum von mehr als einem Monat durch-zuhalten. Am Nachmittag und Abend vor der Tat, gegen 14.00 Uhr [X.] Uhr, injizierte er sich Heroin. Beweggrund fr den Überfall auf den [X.]-fahrer am folgenden Morgen war, [X.] er sich in einer schwierigen finanziellenSituation befand. Tags zuvor flte er sich schlecht und hatte [X.]. Seine Handyrechnung in [X.] 822 [X.] konnte er nicht bezahlen.Sein Girokonto bei der Kreissparkasse stand mit 6.000 [X.] im Soll. Nach [X.] 27. Mai 2001 begangenen Tat und noch vor dem Versuch der Spurenbe-seitigung besorgte sich der Angeklagte von einem Dealer fr 50 [X.] Heroinund spritzte es sich. Im [X.] an die Spurenbeseitigung erwarb er [X.] 50 [X.] 0,2 g Heroin, das er sich injizierte, kaufte in den folgenden Ta-gen nochmals Heroin und hatte bei seiner Festnahme am 31. Mai 2001 ausdem erbeuteten Geld noch 100 [X.] zur [X.]. Der Drogenkonsum [X.] wurde durch die festgestellten [X.] im Urin und in [X.] belegt, in denen sich bei der chemischen Analyse sehr hohe Werte [X.] und hohe Werte von Heroin fanden.Die [X.] folgert mit dem [X.] aus dem Umstand,[X.] der Angeklagte das gesamte erbeutete Geld nicht binnen kurzem in Dro-- 5 -gen umgesetzt habe, sondern bei seiner Ergreifung wenige Tage [X.] noch100 [X.] aus der Beute - in [X.] ca. 1.100 [X.] - zur [X.]tte, [X.]beim Angeklagten keine erhebliche Entzugsproblematik vorgelegen habe. [X.] ergebe sich auch, [X.] es sich bei der Tat nicht um eine klassische Be-schaffungstat gehandelt habe, auch wenn eine beabsichtigte Drogenbeschaf-fung "mit Motiv fr die Tat" gewesen sei. Der Angeklagte habe das Geld nebendem Erwerb von Drogen auch noch zur Bezahlung seiner Handyrechnung undfr die Rckfrung des Sollsaldos seines Girokontos tigt.Im Rahmen der Errterung einer Unterbringung in einer Entziehungsan-stalt hat die [X.] ausgefrt, zwischen der Tat und der Alkohol- bzw.Drogensucht des Angeklagten bestehe kein "direkter unmittelbarer Kausalzu-sammenhang". Die vorhandene Alkohol- und Drogensucht erreiche nach [X.] Symptomen keinen solchen Schwergrad, [X.] sie als psychischeStrung und psychiatrische Erkrankung im Sinne eines Hanges, alkoholischeGetrke oder andere berauschende Mittel im Übermaû zu sich zu nehmen,gewertet werden k. [X.] spreche auch in diesem Zusammenhang der"Rest von 100 [X.] der Beute", welche der Angeklagte trotz seines [X.] in den Tagen zuvor noch als Restgeld aus der Beute zur [X.]e-habt habe, ohne sie schon zuvor fr Drogenerwerb verwendet zu haben ([X.]. 38).b) Diese [X.] werden den an eine Prfung der Voraussetzun-gen des § 21 StGB sowie des § 64 StGB zu stellenden Anforderungen nicht injeder Hinsicht gerecht. Nach den getroffenen Feststellungen ist es nicht ausge-schlossen, [X.] der Angeklagte bei Begehung der Straftat von der Angst vorihm bekannten und sich steigernden Entzugserscheinungen beherrscht war.Ein derartiger Zustand kann die Hemmungsfigkeit erheblich einschrkenund deshalb fr die Annahme der Voraussetzungen von § 21 StGB ausreichen.- 6 -Ein vlliges Fehlen der Hemmungsfigkeit ist indessen ersichtlich auszu-schlieûen.Nach [X.] Rechtsprechung des [X.] [X.] dieAigkeit von [X.] fr sich allein zwar noch nicht die erhebli-che Verminderung der Schuldfigkeit (§ 21 StGB). Derartige Folgen sind beieinem [X.] nur ausnahmsweise gegeben, wenn [X.] zu schwer[X.] Perslichkeitsverrung gefrt hatoder der [X.] unter starken Entzugserscheinungen leidet und durch sie dazugetrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen; ferner [X.], wenn er das Delikt im Zustand eines aktuellen [X.]. Zu bedenken ist aber auch der Sonderfall, [X.] die Angst des [X.]s vornahe bevorstehenden krperlichen Entzugserscheinungen, die er schon als"grausamst" erlitten hat, die Annahme einer erheblichen Verminderung derSteuerungsfigkeit ermlicht (vgl. [X.] NStZ 2001, 83; 1989, 430; [X.]RStGB § 21 - [X.] 11, 12). Nach den vom [X.] im rigengetroffenen [X.] es sich auf der Grundlage dieses Maûstabesauch damit auseinandersetzen mssen.[X.] hinaus ist zu besorgen, [X.] die [X.] bei der Prfungder Voraussetzungen des § 64 StGB nicht in jeder Hinsicht von einem zutref-fenden rechtlichen Maûstab ausgegangen ist. Ein "Hang" im Sinne dieser Vor-schrift ist nicht nur - wovon das [X.] mlicherweise ausgeht - einechronische, auf krperlicher Sucht beruhende Aigkeit; es t viel-mehr eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oderdurch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel [X.] zu sich zu nehmen. Diese Neigung [X.] noch nicht den Grad physi-scher Abigkeit erreicht haben (vgl. [X.]R StGB § 64 - Hang 4, 5).- 7 -Diese rechtlichen Ml fren dazu, [X.] der Rechtsfolgenausspruchinsgesamt neu verhandelt werden [X.].[X.] Wahl Boetticher Schluckebier [X.]

Meta

1 StR 195/02

02.07.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2002, Az. 1 StR 195/02 (REWIS RS 2002, 2530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2530

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