Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2004, Az. II ZR 379/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 367

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 379/02 Verkündet am: 6. Dezember 2004 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem [X.]chtsstreit

- 2 - [X.] Bundes[X.]ichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2004 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.] Kurzwelly, [X.], [X.] und [X.] für [X.]cht erkannt:
Auf die [X.]vision der [X.]ä[X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandes[X.]ichts Stuttgart vom 3. September 2002 aufgehoben und das Urteil der 7. Zivilkammer des Land[X.]ichts Stuttgart vom 25. November 1999 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Zinsforde-rung verurteilt,

1. Zug um Zug gegen Abtretung aller [X.]chte der [X.]ä[X.] aus ihrer Beteiligung an dem [X.]-Fonds Nr. 29, [X.]. 1, [X.],

in Höhe von 153.250,00 DM und aller Ansprüche gegen die [X.] [X.]hnungsbaugesellschaft mbH S. an die [X.]ä[X.] 19.957,38 • (= 39.033,25 DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 19. März 1999 zu zahlen;
2. an den [X.]ä[X.] zu 1 die Ansprüche aus den Lebensversiche-rungsverträgen Nr. 1 bei der [X.] und [X.] bei der A. und [X.] zurückabzu-treten. - 3 - Es wird festgestellt, daß der [X.] aus dem Darlehensvertrag Nr. 7 zwischen den Parteien keine Ansprüche mehr zu- stehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des [X.]chtsstreits.
Von [X.]chts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Darlehen, das die [X.] den [X.]ä[X.]n zur Finanzierung ihrer Beteiligung an der G.-GbR [X.]. 1, [X.], dem [X.] (im folgenden: Fonds, [X.]), [X.].
Die [X.] war am 17. September 1992 von der [X.] [X.]h-nungsbaugesellschaft mbH S. (im folgenden: [X.]) und deren Geschäftsführer [X.] gegründet worden. Ihr Zweck war der Erwerb, die wirtschaftliche Ausnut-zung und Verwaltung der Grundstücke R.-Straße 5, 7, 9 und 9 A, [X.] und [X.] in [X.] Die Einlage der [X.]ä[X.] betrug 153.250,00 DM und wurde in vollem Umfang durch einen mit zwei Kapitallebensversicherungen besicher-ten Festkredit der [X.] finanziert. Die Beklagte zahlte die Darlehens- valuta, wie nach dem [X.] vorgesehen, an die Treuhänderin des Fonds, die [X.] Die Fondsbeteiligung und deren Finanzierung war - 4 - den [X.]ä[X.]n von dem als Wirtschaftsberater auftretenden [X.]. [X.]. ver- mittelt worden.
Über das Vermögen der [X.], die eine Mietgarantie für fünf Jahre über- nommen hatte, wurde am 31. Oktober 1997 das Konkursverfahren eröffnet.
Die [X.]ä[X.] haben an die Beklagte von Dezember 1992 bis August 1997 39.035,25 DM Zinsen gezahlt, danach die Zinszahlungen eingestellt. Während des [X.]chtsstreits haben sie mit Anwaltsschreiben vom 23. November 2000 we-gen Täuschung über die tatsächliche Höhe der Vertriebskosten die [X.] lassen. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2002 haben sie ihre auf den Abschluß des Darlehensvertrages [X.]ichteten Willenserklärungen nach dem [X.] widerrufen.
Die [X.]ä[X.] verlangen mit ihrer [X.]age Zug um Zug gegen Abtretung aller [X.]chte aus der Fondsbeteiligung und aller Ansprüche gegen die [X.] von der [X.] Rückzahlung der geleisteten Zinsen. Außerdem begehren sie die Feststellung, daß der [X.] aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche gegen sie mehr zustehen, sowie die Rückabtretung der Ansprüche aus den [X.].
Das Land[X.]icht hat dem Feststellungsantrag eingeschränkt stattgege-ben, nämlich soweit die Ansprüche der [X.] die Einkünfte und Steuervor-teile der [X.]ä[X.] aus der Beteiligung an der [X.] übersteigen. Den Antrag auf Rückabtretung der Lebensversicherungen hat das Land[X.]icht als derzeit unbegründet abgewiesen, wegen des Zahlungsbegehrens hat es die [X.]age abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] hat das Oberlandes[X.]icht die [X.]age unter Zurückweisung der unselbständigen Anschlußberufung der [X.]ä-- 5 - [X.] insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungs[X.]icht zugelassenen [X.]vi-sion verfolgen die [X.]ä[X.] ihr [X.]agebegehren weiter. Entscheidungsgründe:

[X.] 1. Die [X.]vision ist uneingeschränkt zulässig.

Entgegen der [X.]visionserwiderung ergibt sich aus der Begründung des Berufungs[X.]ichts für seine Zulassungsentscheidung, die Voraussetzungen eines Widerrufs nach dem [X.] bei Vorliegen einer Beleh-rung nach dem [X.] sowie die [X.]chtsfolgen eines Wider-rufs nach dem [X.] seien für [X.] noch nicht ab-schließend geklärt, nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, daß die [X.]vision nur beschränkt auf die Voraussetzungen und [X.]chtsfolgen des von den [X.]ä-[X.]n erklärten Haustürwiderrufs zugelassen werden sollte. Eine solche Be-schränkung wäre im übrigen unwirksam mit der Folge, daß die [X.]vision unbe-schränkt zulässig wäre.
Die Zulassung der [X.]vision kann nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des [X.], auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes, nicht aber auf einzelne rechtliche oder tatsächliche Ge-sichtspunkte beschränkt werden (vgl. [X.], 276, 278; [X.], Urt. v. 14. Oktober 1999 - [X.], [X.], 1887, 1888 f.; v. 9. März 2000 - [X.], [X.], 1794, 1796). Streitgegenstand ist nach der vom Bundes[X.]ichtshof vertretenen prozeßrechtlichen Auffassung der als [X.]chts-schutzbegehren verstandene eigenständige prozessuale Anspruch, der aus dem [X.]ageantrag, der die [X.]chtsfolge konkretisiert, und aus dem Lebenssach-verhalt, dem [X.], aus dem die [X.]chtsfolge hergeleitet wird, be-- 6 - steht. Zum Anspruchs- oder [X.]agegrund gehören alle Tatsachen, die bei natür-licher Betrachtungsweise aus der Sicht der Parteien den Sachverhalt ausma-chen, den die [X.]agepartei dem Gericht zur Begründung ihres Begehrens vor-trägt ([X.].Urt. v. 20. März 2000 - [X.], [X.], 1027 f. m.w.Nachw.). Danach geht es hier nur um einen einzigen Streitgegenstand: das Verlangen der [X.]ä[X.] nach Rückabwicklung des Darlehensvertrages. Deshalb kann die [X.]vision nicht wirksam auf den Widerruf nach dem [X.] und damit auf eine der in Betracht kommenden mehreren [X.]lagen beschränkt werden.
2. Die [X.]vision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochte-nen Urteils zur Abänderung der land[X.]ichtlichen Entscheidung und - abgesehen von einem Teil der Zinsforderung - zum Erfolg der [X.]age.
I[X.] Die [X.]ä[X.] können von der [X.] die Rückzahlung geleisteter Zin-sen sowie die Rückabtretung der Lebensversicherungen verlangen und brau-chen ihr das Darlehen nicht zurückzuzahlen. Das ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB i.V.m. § 9 VerbrKrG in der hier anzuwendenden bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung des Gesetzes.
1. Der Darlehensvertrag vom 6. November/30. Dezember 1992 ist ge-mäß § 6 Abs. 1 2. Alt. VerbrKrG wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f VerbrKrG nichtig.
a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f VerbrKrG muß die vom Verbraucher zu unterzeichnende, den Abschluß eines Darlehensvertrages betreffende Willens-erklärung die Kosten einer [X.]stschuld- oder sonstigen Versicherung, die im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag abgeschlossen wird, angeben. - 7 -
Der Darlehensvertrag der Parteien unterfällt § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f VerbrKrG. Die vom [X.]ä[X.] zu 1 abgeschlossenen Lebensversicherungen stan-den im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag, weil danach der Kredit durch die Versicherungen getilgt werden sollte und die Versicherungen der [X.]n zur Sicherung ihres Rückzahlungsanspruchs abzutreten waren und auch tatsächlich abgetreten worden sind.
Der [X.] entspricht nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f VerbrKrG. Er beziffert die Kosten der Versicherungen zwar für die [X.] der zehnjährigen Zinsbindung, aber nur mit dem Zehnfachen der im [X.] zu leistenden Prämien, die sich auf Versicherungssummen von 21.831,00 DM und 52.800,00 DM bezogen. Tatsächlich sehen die Versicherungsverträge [X.] unstreitig eine Dynamisierung, d.h. eine stufenweise Erhöhung der Versi-cherungssummen und Beitragsleistungen, vor, da für die nach zwanzig Jahren vereinbarungsgemäß durch die Versicherungen vorzunehmende Tilgung des Kredits nach dem Darlehensvertrag ein Betrag von 176.190,00 DM erforderlich war, der durch Versicherungssummen von insgesamt rund 75.000,00 DM auch bei Berücksichtigung von [X.] nicht zu erreichen war. Unter diesen Umständen genügte die bloße Angabe des zehnfachen Jahresbetrages der bei Versicherungsbeginn zu zahlenden Prämien ohne jeden Hinweis auf künftige Erhöhungen von Beiträgen und Versicherungssummen infolge Dyna-misierung den Anforderungen des Gesetzes nicht.
Der Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f VerbrKrG hat nach § 6 Abs. 1 2. Alt. VerbrKrG die Nichtigkeit des betroffenen Darlehensvertrages zur Folge. - 8 - b) Die Nichtigkeit des Kreditvertrages ist durch die Auszahlung der [X.] an die Treuhänderin des Fonds nicht nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG geheilt worden.
Der Grundsatz, daß ein Darlehen auch dann empfangen ist, wenn die Darlehensvaluta nicht an den Darlehensnehmer, sondern auf dessen [X.] an einen Dritten gezahlt wurde, gilt nicht im Falle eines Verbundgeschäfts im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG (vgl. [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1394, 1398 m.w.Nachw.). Um ein solches Geschäft handelt es sich bei dem [X.] der [X.]ä[X.] und dem von ihnen mit der [X.] ge-schlossenen Darlehensvertrag.
Nach der [X.]chtsprechung des [X.]ats gelten die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG entsprechend für Kredite, die der Finanzierung einer Beteili-gung an einer Anlagegesellschaft dienen (vgl. [X.]Z 156, 46, 50). Die Voraus-setzungen eines verbundenen Geschäfts nach § 9 Abs. 1 VerbrKrG liegen vor, wenn sich die [X.] und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen ([X.]Z aaO, 50 f.; ebenso [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 in den Sachen [X.], [X.], 1394, 1396, 1398 und [X.], [X.], 1402, 1405). Das war hier der Fall. Sämtliche den [X.]ä[X.]n von dem Vermittler [X.]. vorgelegten und von ihnen unterzeichneten Formulare einschließlich des [X.] auf einem neutralen Formblatt stammten nach dem eigenen Vor-trag der [X.] von der [X.], der [X.] wurde der [X.] über den Vermittler und die [X.] ein[X.]eicht.
2. a) [X.] hat zur Folge, daß die Zins-zahlungen der [X.]ä[X.] ebenso wie Bestellung von Sicherheiten zugunsten der - 9 - [X.] ohne rechtlichen Grund erfolgten, so daß die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB Zinsen und Sicherheiten zurückzugewähren hat.
Die [X.]ä[X.] haben zwar nur Anspruch auf Erstattung solcher Zahlungen, die sie aus eigenem Vermögen und nicht aus Erträgnissen des Fonds geleistet haben, weil die Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 812 BGB ebenso wenig wie diejenige nach § 3 [X.] (vgl. hierzu [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1404) dazu führen darf, daß der Anle[X.] dadurch besser steht, als er ohne die Fondsbeteiligung gestanden [X.]. Sie haben jedoch unwidersprochen vorgetragen, daß sie Zinsen in Höhe des geltend gemachten Betrages von 39.033,25 DM aus eigenem Vermögen an die Beklagte gezahlt haben.
Die Beklagte hat die ihr abgetretenen Lebensversicherungen an den [X.]ä[X.] zu 1 zurückabzutreten.
b) Die [X.]ä[X.] müssen der [X.] die Darlehensvaluta nicht zurück-zahlen. Nach der [X.]chtsprechung des [X.]ats erhält der Anle[X.] bei einem Ver-bundgeschäft nur eine einheitliche Leistung, nämlich die Fondsbeteiligung, so daß er bei der Rückabwicklung des Darlehensvertrages der Bank nicht die [X.] schuldet, sondern lediglich die Abtretung seiner Fondsbeteiligung (vgl. [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1394, 1399). Das Be-gehren der [X.]ä[X.] festzustellen, daß der [X.] aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche gegen sie mehr zustehen, ist daher begründet. Dem Anspruch der [X.] auf Abtretung der Fondsbeteiligung haben die [X.]ä[X.] bereits [X.]chnung getragen, indem sie Rückzahlung der Zinsen nur Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Fondsbeteiligung verlangt haben. - 10 - II[X.] Danach erweist sich die [X.]vision der [X.]ä[X.] gegen das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang als begründet. Der [X.] als unbegründet unterliegt lediglich die weitergehende Zinsforderung hin-sichtlich des Zahlungsanspruchs. Insoweit fehlt es an einem den verlangten Zinssatz von 8 % rechtfertigenden Tatsachenvortrag.

[X.] [X.]

Gehrlein [X.]

Meta

II ZR 379/02

06.12.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2004, Az. II ZR 379/02 (REWIS RS 2004, 367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 367

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