Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.06.2011, Az. 1 StR 282/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5378

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Vergleichende Strafzumessung bei Tatbeteiligten


Leitsatz

Zur vergleichenden Strafzumessung bei Tatbeteiligten .

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. Februar 2011 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen dreier Fälle des schweren Bandendiebstahls und wegen eines Falles des versuchten schweren Bandendiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und bestimmt, dass die in dieser Sache in [X.] erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.

2

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Er beanstandet insbesondere die Strafzumessung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3

Der [X.] weist allerdings zutreffend darauf hin, dass die vergleichenden Ausführungen des [X.]s zu der Strafpraxis anderer Gerichte rechtlichen Bedenken begegnet.

4

Dem [X.] ist zuzugeben, dass in zahlreichen Entscheidungen des [X.] das Postulat aufgestellt wird, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. u.a. [X.], Beschluss vom 11. Dezember 2008 - 5 StR 536/08 = [X.], 244, 245; [X.], Beschluss vom 27. November 2008 - 5 [X.] = [X.], 351; [X.], Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 296/97 = NStZ-RR 1998, 50; [X.], Urteil vom 29. Oktober 1996 - 1 [X.] = NStZ-RR 1997, 196, 197; [X.], Urteil vom 7. Januar 1992 - 5 [X.] = [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23; [X.], Beschluss vom 9. Juli 1987 - 1 StR 287/87 = [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1; [X.], Beschluss vom 16. Dezember 1980 - 1 [X.] = [X.] 1981, 122, 123; [X.], Urteil vom 14. März 1978 - 1 StR 8/78).

5

Das soll auch gelten, wenn ein Täter nach Jugendrecht und der andere nach [X.] verurteilt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juni 1991- 4 StR 272/91 = [X.] 1991, 557).

6

Diese Verpflichtung für den Tatrichter bei seiner [X.] trifft sicherlich zu, wenn Mittäter in einem Urteil abgeurteilt werden. Freilich müssen Unterschiede nur dann im angefochtenen Urteil erläutert werden, wenn sie sich nicht - was aber zumeist der Fall sein wird - aus der Sache selbst ergeben (vgl. u.a. [X.] [X.], 244, 245; [X.] [X.], 351; [X.] NStZ-RR 1998, 50; [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1).

7

Diese sachlich-rechtliche Begründungspflicht kann auch gegeben sein, wenn die [X.] in derselben Besetzung (einschließlich der Schöffen), z.B. in einem abgetrennten Verfahren gegen Mittäter, entscheidet und das oder die anderen Verfahren danach gerichtsbekannt sind. Auf die Strafpraxis anderer Gerichte und auch anderer Kammern desselben Gerichtes kommt es hingegen nicht an (vgl. Schäfer/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung 4. Aufl., Rn. 485). Ein Grundsatz, dass Mittäter, wenngleich von verschiedenen Gerichten, bei vermeintlich gleicher Tatbeteiligung gleich hoch zu bestrafen seien, besteht nicht und kann in dieser Form auch nicht bestehen, weil die Vergleichsmöglichkeiten zwischen den in verschiedenen Verfahren gewonnenen Ergebnissen zu gering sind, ganz besonders zur inneren Tatseite und zum Maße der Schuld (vgl. u.a. [X.], Beschluss vom 5. April 1951 - 4 [X.], 532; [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23). Dies gilt auch bei vermeintlich abgestufter Beteiligung und demgemäß abgestufter Strafe (vgl. u.a. [X.], Beschluss vom 13. Juni 1979 - 3 [X.] bei [X.] 1979, 886).

8

Dies liegt aus folgenden Gründen auf der Hand:

9

Der Tatrichter muss in jedem Einzelfall die angemessene Strafe unter Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände aus der Sache selbst finden (vgl. u.a. [X.] [X.], 351; [X.], Beschluss vom 20. September 2000 - 3 StR 88/00 = wistra 2001, 57, 58; [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23; [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1; [X.] [X.] 1981, 122, 123; [X.] bei [X.] 1979, 886).

Revisionen, die auf vergleichende Strafzumessung gerichtet sind, werden daher grundsätzlich als unbegründet angesehen (vgl. u.a. [X.], Urteil vom 10. September 1991 - 5 [X.] = NStZ 1991, 581 mwN).

Um überhaupt eine Vergleichsmöglichkeit zu haben, müsste der Tatrichter aus den Parallelverfahren feststellen, ob die Art der Tatbeteiligung der Mittäter der seines Angeklagten entspricht. Hier wird es häufig - gerade bei Anwendung des [X.] - zu Abweichungen in den Feststellungen kommen, z.B. wer welchen Beuteanteil bekommen hat, wer Kopf der Bande bzw. wer Täter oder Gehilfe war, mit welcher Menge Rauschgift gehandelt wurde usw. Ein Mittäter kann z.B. in einem anderen Verfahren (aus der Sicht der jetzt erkennenden Kammer rechtsfehlerhaft) rechtskräftig freigesprochen sein, sei es mangels Überzeugung von der Täterschaft, sei es wegen Schuldunfähigkeit. Es müssten im Einzelnen die strafzumessungsrelevanten Umstände der jeweiligen Täter insgesamt aufgezeigt werden, wie persönliche Verhältnisse, Vorstrafen, Geständnis, Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB, des § 31 BtMG, der §§ 46a oder 46b StGB, Schadenswiedergutmachung, Zeitabstand von Tat zur Aburteilung, die mit einer langen Verfahrensdauer verbundene Belastung, Erkrankungen usw.. Geht man von einer Bande aus, deren Mitglieder von zahlreichen Gerichten in der [X.] und eventuell im Ausland abgeurteilt wurden, zeigt sich, dass eine vergleichende Würdigung nicht in Betracht kommt. Zu bedenken hierbei ist auch, dass die jeweiligen Urteile ihrerseits nicht aufeinander abgestimmt sein können.

Einem gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Urteil wird ohnehin wenig zu entnehmen sein.

Das Gleichheitsgebot als formales Prinzip sagt nichts darüber aus, welches von mehreren Gerichten seine Zumessungsgrundsätze denen des anderen anzupassen habe. Die Entscheidung hierüber ist keine Frage der Rechtsgleichheit, sondern der [X.], d.h. sie ist ausschließlich nach dem die Strafbemessung leitenden Grundsatz der gerechten [X.] zu beurteilen (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 1979 - 3 StR 24/79, [X.]St 28, 318, 324). Dass sich in solchen Fällen die nicht seiner vollen eigenen Überzeugung entsprechende Angleichung einer vom Tatrichter im Einzelfall nach allgemeinen Strafzumessungsgrundsätzen (§ 46 StGB) für gerecht gehaltenen Strafe an Entscheidungen anderer Gerichte verbietet, folgt aus der Eigenverantwortlichkeit richterlicher Überzeugungsbildung und dem Fehlen einer feststehenden, eine allgemeine Gerechtigkeitsauffassung widerspiegelnden Spruchpraxis als eines Bezugspunktes, an dem sich eine vom Gerechtigkeitsgedanken gleichmäßigen Strafens mitbestimmte Strafzumessung orientieren könnte. Eine Anpassung an vereinzelte mildere Urteile würde auch - falls sie sich etwa allgemein durchsetzte - notwendig zu einem ständigen Abfall der Höhe der Strafen und damit zu einer immer weiteren Entfernung von der jeweils [X.]en Strafe führen (vgl. [X.] aaO S. 325). Es wäre bedenklich, wenn ein Gericht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe allein im Hinblick auf in anderen Sachen von anderen Kammern verhängte Strafen mildern würde (vgl. u.a. [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23). Der Umstand, dass ein Mittäter vielleicht nicht gefasst oder (noch) nicht bestraft ist, kann sich nicht dahin auswirken, einen Angeklagten straffrei zu stellen, da es Gleichheit im Unrecht nicht gibt (vgl. [X.], Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92, [X.]St 39, 146, 158). Ein [X.] ist nicht deshalb niedriger zu bestrafen, weil sein Hintermann nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Soweit in [X.]St 39, 146, 159 dem neuen Tatrichter aufgegeben wurde, vergleichende Überlegungen zu Gunsten der Angeklagten anzustellen, war dies - wie auch die vorausgehende Betonung des Grundsatzes, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt, zeigt - ersichtlich den außergewöhnlichen Besonderheiten des Einzelfalles geschuldet, was auch im ersten Mauerschützenurteil der Fall war (vgl. [X.], Urteil vom 3. November 1992 - 5 [X.], [X.]St 39, 1, 36 = NJW 1993, 141, 149).

Umgekehrt ist der Tatrichter nicht berechtigt, gegen einen Angeklagten im Hinblick auf eine hohe Strafe eines Mittäters in einem anderen Verfahren eine höhere Strafe zu verhängen als er selbst für [X.] hält (vgl. hierzu u.a. [X.] NStZ-RR 1997, 196, 197).

Der Schweregrad der einem Angeklagten anzulastenden Schuld erhöht sich auch nicht allein dadurch, dass einem Mittäter ein geringerer Vorwurf zu machen ist (vgl. u.a. [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Bewertungsfehler 6; [X.], Beschluss vom 10. Juli 1987 - 2 [X.]; [X.], Beschluss vom 6. Februar 1987 - 2 StR 19/87).

Als Konsequenz aus diesen Überlegungen hat die Rechtsprechung daher festgehalten, dass die in anderen Verfahren verhängten Strafen zu keiner, wie auch immer beschaffenen, rechtlichen Bindung des Gerichts bei der Strafzumessung führen (vgl. u.a. [X.], Beschluss vom 23. August 2006 - 1 [X.] = [X.] 2008, 295 mwN; Detter, Einführung in die Praxis des [X.], II. Teil Rn. 181). Es wird danach als rechtsfehlerhaft angesehen, wenn ein Gericht nicht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe festgesetzt hat, sondern die Strafe allein im Hinblick auf Rechtsfolgen, die eine andere Kammer des [X.]s im gleichen [X.] verhängt hat, verschärft hat (vgl. u.a. [X.] NStZ-RR 1997, 196, 197). Dies gilt genauso für die Entscheidungen anderer Gerichte. Die Strafe für jeden Mittäter oder Teilnehmer oder sonst an einem [X.] Beteiligten ist grundsätzlich nach dem Maß der jeweiligen individuellen Schuld zu bestimmen. Es wäre daher rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht die Strafe allein im Hinblick auf die Strafen bemessen würde, die in anderen Urteilen - sei es desselben Gerichts, sei es eines anderen Gerichts - verhängt wurden (vgl. u.a. [X.], [X.] 2008, 295, 296 mwN).

Soweit immer wieder das Prinzip des gerechten Strafens, das auch die gleichmäßige Behandlung aller Tatbeteiligten mitumfasst, betont wird, wird sich dieses durch vergleichende Betrachtung verschiedener Urteile nicht verwirklichen lassen, sondern grundsätzlich nur innerhalb desselben Urteils. Dieser Gedanke liegt auch der Vorschrift des § 357 StPO zu Grunde, wonach Ungleichheit nur innerhalb ein und desselben Urteils ggf. zur Revisionserstreckung auf Mitangeklagte führt. Der Gesichtspunkt, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen müssen, gilt daher grundsätzlich nur bei jeweiliger Aburteilung durch dasselbe erkennende Gericht. Denn der Tatrichter darf im Hinblick auf Aburteilungen anderer Gerichte seine für [X.] erachtete Strafe weder nach oben noch nach unten korrigieren, da diese - nach seiner maßgeblichen Überzeugung - sich ansonsten von ihrer Bestimmung lösen würde, gerechter Schuldausgleich zu sein. Innerhalb seines Urteils kann und muss er jedoch den Grundsatz des gerechten Verhältnisses der gegen Mittäter verhängten Strafen berücksichtigen, da er die Entscheidung hierüber selbst in der Hand hat. Allenfalls (vgl. hierzu [X.]/[X.]/[X.] aaO Rn. 486) bei massenhaft auftretenden Taten typischer Prägung (vgl. [X.]St 28, 318, 324), die weitgehend schuldunabhängig beurteilt werden können, könnte unter Umständen ausnahmsweise eine Orientierung an einer allgemeinen Strafpraxis zulässig sein (vergleichbar den Überlegungen bei dem [X.]). Dieser Gedanke lag auch dem [X.]surteil vom 29. Oktober 1996 - (1 [X.] = NStZ-RR 1997, 196, 197) zugrunde, wo es um gleichgelagerte Delikte einer massenhaft begangenen [X.] ging. Aber selbst in diesem besonderen Fall hat der [X.] klargestellt, dass der Tatrichter eine eigene Entscheidung über die Strafhöhe zu treffen hat und es rechtlich zu beanstanden wäre, wenn er nicht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe verhängt hätte, sondern die Strafe allein im Hinblick auf Rechtsfolgen, die eine andere Kammer des [X.]s im gleichen [X.] verhängt hat, verschärft hätte.

Das Gebot, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen, wurde daher von der Rechtsprechung des [X.] ursprünglich - zutreffend - auch nicht im Vergleich der verhängten Strafen gesehen. Es wurde vielmehr hervorgehoben, dass der Umstand, dass Mittäter des Angeklagten von anderen Gerichten in bestimmter Weise bestraft worden sind, für sich allein nicht dahin wirken darf, den Angeklagten ebenso oder ähnlich zu bestrafen. Nur die in den anderen Fällen etwa angeführten Strafzumessungsgründe darf der Tatrichter im Rahmen eigener Erwägungen verwerten, aber auch nur, soweit er sie selbst billigt ([X.] NJW 1951, 532; [X.] bei [X.] 1979, 886). Der Tatrichter ist danach grundsätzlich nicht gehalten, sich strafvergleichend mit anderen Urteilen zu befassen, mögen sie auch zum gleichen [X.] ergangen sein. Der [X.] hat im Übrigen bereits darauf hingewiesen, dass selbst wenn ausnahmsweise eine Strafzumessungserwägung eines anderen gegen Mittäter ergangenen Urteils vom Tatrichter verwertet wird, daraus noch nicht folgt, dass dieser mögliche Strafzumessungsgesichtspunkt aus Rechtsgründen als bestimmend (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) anzusehen und daher ausdrücklich zu erörtern wäre (vgl. [X.]sbeschluss, [X.] 2008, 295 f.). Das Verhältnis der gegen Mitangeklagte verhängten Strafen zueinander kann daher grundsätzlich die Revision nicht rechtfertigen (vgl. u.a. [X.] NStZ 1991, 581 mwN).

II.

Aus [X.] ergibt sich auch, dass die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nicht gebietet, im Hinblick auf vergleichende Strafzumessung Urteile anderer [X.]n und Gerichte, mögen sie auch zu demselben Sachverhalt ergangen sein, zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen. Das erkennende Gericht ist an diese Entscheidungen nicht gebunden und darf bei seiner Strafzumessung weder nach oben noch nach unten von dem Grundsatz abweichen, dass die im Einzelfall zu verhängende Strafe die Bestimmung hat, gerechter Schuldausgleich zu sein. Soweit der [X.] in seiner Entscheidung vom 20. September 2000 - 3 StR 88/00 = wistra 2001, 57 f. im Hinblick auf das Gebot der Gleichmäßigkeit des Strafens die Erhebung einer Verfahrensrüge, etwa in Form einer Aufklärungsrüge verlangt, ist dem insoweit ohne Weiteres beizupflichten als die Erhebung einer Verfahrensrüge gefordert wird, um Rechtsfehler feststellen zu können, die sich nicht allein aus der [X.] erschließen lassen. Dies sagt aber über die Aufklärungspflicht des Tatrichters und den Erfolg einer entsprechenden Verfahrensrüge nichts aus. Der 3. Strafsenat (aaO) hat in diesem Zusammenhang zutreffend selbst festgestellt, dass primär, auch wenn mehrere Beteiligte in einem Verfahren abgeurteilt werden, für jeden von ihnen die Strafe aus der Sache selbst gefunden werden muss. Der erkennende [X.] hat bereits in seiner Entscheidung vom 23. August 2006 - 1 [X.] (= [X.] 2008, 295 f. mit [X.] Köberer) Bedenken geäußert, ob eine solche Verfahrensrüge überhaupt Erfolg haben könnte, und unter welchen, jedenfalls ungewöhnlichen Umständen des Einzelfalls dies gegebenenfalls (allenfalls ausnahmsweise) der Fall sein könnte. Der [X.] (vgl. [X.]St 25, 207, 208) hat es für unzulässig (i.S.d. § 245 StPO) erachtet, Beweis darüber zu erheben, wie andere Gerichte in vermeintlich vergleichbaren Fällen die Strafen bemessen haben, da jedes Gericht selbständig darüber zu entscheiden hat, wie die Tat des jeweiligen Angeklagten zu beurteilen und der Angeklagte zu bestrafen ist, da ansonsten auch der Gang der Rechtspflege in einer Weise beeinträchtigt würde, die nicht tragbar ist. Auch bei Urteilen anderer [X.]n zum selben [X.] wird eine Aufklärungspflicht insoweit jedenfalls deshalb nicht gegeben sein, weil die durch andere Spruchkörper verhängten Strafen nach obigen Ausführungen aus Rechtsgründen grundsätzlich bedeutungslos sind.

III.

Der vorliegende Fall zeigt exemplarisch, dass eine vergleichende Strafzumessung mit Urteilen anderer Gerichte nicht geboten sein kann. Im angefochtenen Urteil ist der Angeklagte, der einer Bande mit mindestens fünf weiteren Mitgliedern angehörte, wegen vier Taten verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung teilt das [X.] die gegen vier der Mittäter vom selben [X.] oder durch Urteile des [X.]s Bückeburg verhängten Gesamtfreiheitsstrafen für jeweils eine unterschiedliche Anzahl begangener Taten mit. Es werden weder die persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten (z.B. auch Vorstrafen, [X.]) noch die Feststellungen zur jeweiligen Tatbeteiligung mitgeteilt; es wird auch nicht dargelegt, an welchen Taten diese überhaupt beteiligt waren. Auch [X.] (z.B. auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB usw.) werden nicht aufgezeigt. Dies alles in einer Hauptverhandlung festzustellen und im Urteil in nachvollziehbarer Weise darzulegen, würde zum einen den Rahmen einer geordneten Rechtspflege sprengen, zum anderen können und dürfen hieraus ohnehin keine Schlussfolgerungen für die konkret zu verhängende Strafe gezogen werden.

Der [X.] schließt im vorliegenden Fall jedoch aus, dass in diesen Ausführungen des [X.]s ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten vorliegt.

Zum einen zeigt der Urteilsaufbau ([X.]), wonach die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten bereits als tat- und [X.] festgesetzt wurde, bevor die überflüssigen und rechtlich bedenklichen Ausführungen gemacht werden, dass diese nur der Bestätigung einer ohne diese Überlegung bereits gefundenen Überzeugung dienten. Die verhängte Strafe beruht demnach hierauf ersichtlich nicht. Zum anderen lässt sich den Urteilsgründen nicht - auch nicht in ihrer Gesamtheit - entnehmen, dass durch die vergleichende Betrachtung die Strafe für den Angeklagten verschärft wurde.

Nack     

        

Rothfuß     

        

     Elf

                          

Ri[X.] Prof. Dr. [X.] ist
urlaubsabwesend und deshalb
an der Unterschrift gehindert.

        
        

Jäger     

        

Nack   

        

Meta

1 StR 282/11

28.06.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mosbach, 4. Februar 2011, Az: 1 KLs 13 Js 4639/07, Urteil

§ 46 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.06.2011, Az. 1 StR 282/11 (REWIS RS 2011, 5378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5378

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 282/11 (Bundesgerichtshof)


2 StR 338/16 (Bundesgerichtshof)

Berücksichtigung von Milderungsgründen im Rahmen der Strafzumessung


2 StR 338/16 (Bundesgerichtshof)


2 StR 363/16 (Bundesgerichtshof)

Aburteilung im Kern vergleichbarer Tatvorwürfe gegen verschiedene Beteiligte durch dasselbe Gericht in einem Verfahren: Anforderungen …


1 StR 228/17 (Bundesgerichtshof)

Diebstahl: Natürliche Handlungseinheit bei Erfüllung eines Regelbeispiels; Erfordernis der Verhängung von Einzelstrafen im Rahmen der …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.