Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.11.2016, Az. 2 StR 363/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 2972

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Gegenstand

Aburteilung im Kern vergleichbarer Tatvorwürfe gegen verschiedene Beteiligte durch dasselbe Gericht in einem Verfahren: Anforderungen an die Urteilsgründe zur Strafzumessung wegen Betäubungsmitteldelikten


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]und   H.   wird das Urteil des [X.] vom 6. April 2016, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten nebst Wertersatzverfall, den Angeklagten   [X.]wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Der Schuldspruch hinsichtlich der beiden revidierenden Angeklagten hält rechtlicher Nachprüfung stand. Hingegen begegnen die sie betreffenden Strafaussprüche durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

Bei Aburteilung mehrerer Beteiligter an derselben Tat durch dasselbe Gericht in demselben Verfahren müssen die jeweiligen Strafmaße in einem sachgerechten, nachprüfbaren Verhältnis zur Strafe anderer Beteiligter stehen (vgl. etwa [X.], 725; 2011, 725, 726; s. auch [X.], 262, 263). Auch wenn es keinen allgemeinen Anspruch auf Gleichbehandlung gibt (s. [X.], StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 23), gilt dies - mit Einschränkungen - doch auch dann, wenn in einem Verfahren im [X.] vergleichbare Tatvorwürfe gegen verschiedene Beteiligte abgeurteilt werden. Insoweit muss sich den Urteilsgründen hinreichend entnehmen lassen, dass der Strafbemessung gegen mehrere Angeklagte der gleiche Maßstab zugrunde liegt und die gegen sie verhängten Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen.

4

Diesem Maßstab wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Das [X.] hat beide Angeklagte wegen eines im [X.] vergleichbaren [X.], dem Anbau von Marihuana in einer Indoorplantage, jeweils zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dies lässt sich anhand des festgestellten Sachverhalts und der mitgeteilten [X.] nicht mehr nachvollziehen. Der Betrieb der von dem Angeklagten   [X.]betriebenen Plantage im Fall [X.] der Urteilsgründe war auf eine Menge gerichtet, die die nicht geringe Menge um mehr als das 900fache überschritt, während der Anbau durch den Angeklagten [X.]im Fall [X.]I (2. Ernte) eine Betäubungsmittelmenge von 450fachen der nicht geringen Menge erbrachte. Dass die [X.] für diese Taten mit maßgeblich unterschiedlichen Wirkstoffmengen die gleiche Strafe verhängt hat, obwohl die weiter angeführten [X.] beide Angeklagte in gleicher Weise betreffen (Geständnis, weiche Droge, Untersuchungshaft zu ihren Gunsten und erheblicher Aufwand an Arbeit und Kapital sowie großes Maß an krimineller Energie zu ihren Lasten), ist nicht nachzuvollziehen, auch wenn im Fall [X.] die Betäubungsmittel sichergestellt werden konnten. Dies gilt umso mehr, als das [X.] zusätzlich beim Angeklagten [X.]berücksichtigt hat, dass er als Marihuanakonsument eher tatgeneigt sei, und er zudem länger als der Angeklagte   H.  Untersuchungshaft verbüßt hat.

5

Der Senat hebt die beiden, ohne weitere Erläuterung nicht in einem gerechten Verhältnis zueinander stehenden Strafen sowie auch die weiteren gegen den Angeklagten [X.]verhängten Strafen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu einer aufeinander abgestimmten, in sich stimmigen Strafzumessung zu geben.

6

Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Neue Feststellungen können getroffen werden, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

[X.]     

     Krehl     

Eschelbach

RinBGH Dr. Ott ist aus
rechtlichen Gründen an der
Unterschrift gehindert.

[X.]

Zeng     

Meta

2 StR 363/16

03.11.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 6. April 2016, Az: 23 KLs 33/15

§ 46 StGB, § 267 StPO, § 29 BtMG, §§ 29ff BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.11.2016, Az. 2 StR 363/16 (REWIS RS 2016, 2972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2972

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