Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.12.2015, Az. 30 W (pat) 521/14

30. Senat | REWIS RS 2015, 1309

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "OE OrganicEnergy" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 031 483.2

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2015 durch den [X.] [X.], den [X.] [X.] sowie den [X.] am Amtsgericht Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 15. Januar 2014 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Waren

„Chemische Erzeugnisse für fotografische Zwecke; Leuchtstoffe“

zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.] [X.]

3

ist am 10. Mai 2013 für die Waren und Dienstleistungen

4

Klasse 01: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke

5

Klasse 04: Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe) und Leuchtstoffe

6

Klasse 09: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität;

7

[X.]: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte

8

Klasse 40: Materialbearbeitung

9

zur Eintragung als Marke in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden.

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 09 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschluss 15. Januar 2014 zurückgewiesen, da dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft fehle und es sich bei der Bezeichnung darüber hinaus um eine merkmalsbeschreibende Angabe i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] handele.

Die Wortfolge „[X.]“ sei die den angesprochenen Verkehrskreisen verständliche [X.] Bezeichnung für „organische Energie“. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen enthalte „[X.]“ lediglich einen Hinweis darauf, dass sie Energie bzw. Energieträger organischen Ursprungs darstellten, mittels solcher betrieben würden, solche umwandelten, bzw. damit Energie erzeugten, für deren Erzeugung, Herstellung oder Gewinnung bestimmt und geeignet seien oder in einem engen Sach- oder [X.] dazu stünden.

Die beiden Großbuchstaben "[X.]" seien die Anfangsbuchstaben der nachgestellten Wortkombination "[X.]". Wortkombination und Buchstabenfolge würden sich daher gegenseitig erläutern und die zwischen ihnen bestehende Verbindung unterstreichen. Die Buchstabenfolge solle die Wahrnehmung der Wortkombination durch die Verkehrskreise verstärken, indem die Verwendung der Wortkombination vereinfacht und die Erinnerung daran erleichtert werde, so dass der Verkehr auch der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen werde.

Daran ändere auch die Zusammenschreibung der Begriffe „Organic“ und „[X.]“ nichts, da es sich um ein übliches Gestaltungsmittel in Werbung und Marketing handele. Zudem erleichtere gerade das große „E“ in der Mitte der Wortfolge die Lesbarkeit, weshalb der Verkehr gerade keine Besonderheit des Zeichens wahrnehme.

In Anbetracht des sich aufdrängenden sachbezogenen [X.] von „[X.] [X.]“ sei weiterhin unerheblich, ob die angemeldete Wortkombination lexikalisch nachweisbar sei oder ob es sich um eine auf die Anmelderin zurückgehende Wortneuschöpfung handele.

Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen berufe, fehle es bereits an einer Vergleichbarkeit; zudem komme Voreintragungen in rechtlicher Hinsicht auch keine Bindungswirkung zu.

Wegen des im Vordergrund stehenden beschreibenden [X.] stehe einer Eintragung auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie macht weiterhin geltend, dass die angemeldete Marke keinen beschreibenden Charakter aufweise. Die voranstehenden Buchstaben „[X.]“ stünden für den Firmennamen der Anmelderin und sollten auch bei weiteren Markenanmeldungen verwendet werden. Es sei daher nicht angedacht, das Kürzel ausschließlich für „[X.]“ zu benutzen.

Weiterhin würde eine Kennzeichnungskraft vorliegen, da der Firmenname der Anmelderin in der Markenanmeldung enthalten sei. Zudem weise die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit durch den voranstehenden Firmennamen „[X.]“ sowie durch die nachgestellte Wortkombination „[X.]“, welche zusammengeschrieben sei und in der Mitte ein großes „E“ aufweise, eine schutzbegründende ungewöhnliche Ausgestaltung auf.

Ein beschreibender Sinngehalt sei daher nicht gegeben. Bestenfalls liege ein leicht beschreibender Bezug vor.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 09 des [X.]s vom 15. Januar 2014 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie lediglich im aus dem [X.] ersichtlichen Umfang begründet, da [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] insoweit nicht bestehen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da es der angemeldeten Marke in Bezug auf die weiteren Waren und Dienstleistungen bereits an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2012, 610 ([X.]) - [X.]; [X.], 608, 611 ([X.]) – [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) - [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 ([X.]) – [X.]; [X.], 608, 611 ([X.]) - [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) –Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - [X.]/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken bzw. Buchstabenkombinationen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.] 2001, 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2010, 1100, Nr. 23 - [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - [X.]).

[X.] [X.] setzt sich aus dem vorangestellten Buchstabenbestandteil "[X.]" und der nachgestellten Wortfolge "[X.]“ zusammen, wobei der Verkehr in der Wortfolge aufgrund der Binnengroßschreibung und des erkennbaren Sinn- und [X.] ohne weiteres die beiden Begriffe „Organic“ und „[X.]“ erkennt.

Die Wortbestandteile „Organic“ und „[X.]“ entsprechen den [X.] Begriffen „organisch“ und „Energie“, was auch für inländische Verkehrskreise ohne besondere Englischkenntnisse ohne weiteres erkennbar ist. „Energie“ ist dabei vorliegend in seiner allgemeinen, umgangssprachlichen Bedeutung iS von „elektrischer Energie“ zu verstehen. Der Begriff „organisch“ kann hingegen mehrere Bedeutungen aufweisen. Im chemischen Sinne bezeichnet er „auf Kohlenstoff basierende Substanzen“ bzw. „die Verbindungen des Kohlenstoffs betreffend“ (vgl. [X.], [X.], 8. Aufl., [X.]). Die Begriffskombination „[X.]“ könnte daher mit „organischer Energie“ i.S. einer auf fossilen Brennstoffen beruhenden Energiegewinnung übersetzt werden, wenngleich sich ein entsprechender Sprechgebrauch im Inland nicht feststellen lässt. Häufiger begegnen dem Verkehr die Begriffe „organisch“ bzw. „organic“ im Bereich der Ökologie und des Umweltschutzes, wo sie in Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Produkten, Lebensmitteln, aber auch der Herstellung von Bekleidung als Hinweis auf die Verwendung von Produkten aus biologischem Anbau dienen; beiden Begriffen kommt insoweit die Bedeutung „biologisch, ökologisch“ zu (vgl. Online-Wörterbuch [X.] zu „organic“; [X.] =biologisch& searchLoc =0&resultOrder=basic&multiwordShowSingle=on). Neben den gleichbedeutenden Begriffen „biologisch/ökologisch/organisch“ hat dabei auch der entsprechende [X.] Begriff „organic“ Eingang in den [X.] Sprachgebrauch gefunden, wie die der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Anlagen 1 bis 3 auch für den Zeitpunkt der Anmeldung belegen.

organischen Abfällen und Reststoffen“ spricht. Die Begriffe „organisch“ bzw. „organic“ bezeichnen dabei den Rohstoff, welcher in Abgrenzung zur Energiegewinnung aus fossilen

Vor diesem Hintergrund wird der Verkehr dann aber auch die [X.] Entsprechung „organic“ jedenfalls in Kombination mit dem allgemeinen Begriff „energy“ (= Energie) ohne weiteres iS von „biologisch“ verstehen und die Wortfolge „[X.]“ ohne weiteres mit „organischer Energie“ iS von „biologischer Energie“ oder - schlagwortartig - „Bio-Energie“ übersetzen, worunter eine auf Basis von organischen Abfällen und/oder sog. „Biomasse“ erzeugter Energie zu verstehen ist. Unerheblich ist dabei, dass im [X.]n Sprachgebrauch „Bio-Energie“ üblicherweise mit „biomass energy“ oder „bioenergy“ bezeichnet wird. Maßgebend ist allein das Verständnis der inländischen Verkehrskreise. Diese werden aber in Anbetracht der im Inland belegbaren synonymen Verwendung von „organic“ i.S. von „biologisch, ökologisch“ gerade auch im Bereich ökologischer Energiegewinnung die Begriffskombination „[X.]“ naheliegend in dem dargelegten Sinn verstehen, zumal es sich bei „[X.]“ um eine grammatikalisch zutreffende und letztlich auch dem Bedeutungsgehalt der beiden [X.]n Begriffe entsprechende Wortfolge handelt.

Klasse 4 beanspruchten „Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe)“, welche ihrem Oberbegriff nach auch organische Brennstoffe („Biomasse“) umfassen, für die Gewinnung von „Bioenergie“ bestimmt sein oder auch aus „Bioenergie“ gewonnen sein (z. B. „Biodiesel“). In Bezug auf die zu Klasse 09 beanspruchten Waren enthält „[X.]“ einen Hinweis auf deren Bestimmungs- und Verwendungszweck, da diese der Gewinnung, Umwandlung, Speicherung etc. von „Bioenergie“ dienen können. Die zu [X.] beanspruchten „Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte“ können mit einem auf der Verwendung von Biomasse beruhenden Energiegewinnungssystem betrieben werden (z. B. mit Holz in Form von sog. Pellets).

Klasse 1 beanspruchten Waren „Chemischen Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, .., land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke“ beschreibt „[X.]“ zwar nicht unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der Waren. Insoweit besteht aber ein enger beschreibender Bezug der Begriffskombination „[X.]“ zu diesen Waren insoweit, als solche Erzeugnisse auf Basis eines bei der Erzeugung von Bioenergie angefallenen (Abfall)Produkts hergestellt sein können. Der Verkehr wird daher in „[X.]“ einen Hinweis darauf erkennen, dass die entsprechenden Erzeugnisse in Zusammenhang mit einer (Bio-)Energiegewinnung angefallen bzw. unter Verwendung oder auf Basis eines bei dieser Art der Energieerzeugung angefallenen (Abfall)Produkts hergestellt worden sind. Was die zu Klasse 40 beanspruchte Dienstleistung „Materialbearbeitung“ betrifft, kann diese insoweit der Erzeugung von Bioenergie dienen, als das dazu erforderliche (Bio)Material vor Verwendung z. B. in einer Biogasanlage bearbeitet werden muss.

Soweit die zur Gewinnung von Energie verwendeten Stoffe auch organischer Natur sein können (Öl, Kohle, Gas) und „[X.]“ daher auf Grundlage eines Verständnisses von „organic“ in seiner chemischen Bedeutung („auf Kohlenstoff basierende Substanzen“) auch mit „organischer („Kohlenstoff“-)Energie“ iS einer auf fossilen Brennstoffen beruhenden Energiegewinnung übersetzt werden kann - was angesichts der in Zusammenhang mit biologischer Energiegewinnung nachweisbaren Verwendung von „organic“ iS von „biologisch“ nicht naheliegend erscheint, aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann -, erschöpft sich die Wortfolge „[X.]“ in Bezug auf die genannten Waren und Dienstleistungen ebenfalls in einem rein sachbezogenen Hinweis auf Beschaffenheit, Gegenstand, Inhalt und/oder Bestimmung der entsprechenden Waren und Dienstleistungen. Die Abweichung besteht lediglich darin, dass der Verkehr in „[X.]“ dann in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren/Dienstleistungen keinen Hinweis auf „Bioenergie“, sondern eben auf „organische Energie“ in vorgenanntem Sinne erkennt, was aber nichts an dem rein beschreibenden bzw. sachbezogenen Charakter der Wortfolge „[X.]“ ändert.

Zudem ist in rechtlicher Hinsicht bereits zu beachten, dass bei Zeichen oder Angaben, denen - wie vorliegend - ein für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibender Charakter zukommt, ein Schutzhindernis i. S. d. Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 [X.] schon dann anzunehmen ist, wenn das betreffende Zeichen oder die betreffende Angabe zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8 Rdnr. 149). Dementsprechend fehlt es auch solchen Zeichen an der erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] , die jedenfalls mit einer Bedeutung die beanspruchten Waren/Dienstleistungen beschreiben, unabhängig davon, ob sie noch andere (nicht beschreibende) Bedeutungen haben können vgl. [X.] 2010, 825, Nr. 15 – [X.]; [X.] 2014, 569, Nr. 20 – 24 – [X.]; vgl. [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 8 Rdnr. 149).

Auch die Zusammenziehung der beiden Wörter „Organic“ und „[X.]“ mit Binnengroßschreibung steht einem sachbezogenen Verständnis nicht entgegen, da es sich um eine im Verkehr häufig anzutreffende werbeübliche Schriftzuggestaltung handelt. Eine solche Art der grafischen Darstellung besitzt keine kennzeichnende Eigenart, sondern dient lediglich der Hervorhebung des Schriftzugs und ist so geläufig, dass sie nichts an einem ausschließlich sachbezogenen Verständnis der ansonsten leicht verständlichen Bezeichnung zu ändern vermag (vgl. [X.] [X.] 2003, 388 – [X.]). Die Verbindung der einzelnen Bestandteile und der Gesamteindruck beschränken sich daher auf die Aneinanderreihung beschreibender Elemente, welche nicht so ungewöhnlich oder originell ist, dass sie in Bezug auf die genannten Waren einen über die bloße Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinausgehenden individualisierenden Herkunftshinweis darstellen kann.

[X.] Organic [X.] durch die vorangestellten Buchstaben „ [X.]“ begründet.

Zwar ist der Anmelderin darin zu folgen, dass der Buchstabenfolge "[X.]" für sich betrachtet kein beschreibender Bedeutungsgehalt entnommen werden kann. Insbesondere lässt er sich nicht mit der Bedeutung "[X.]" belegen.

Gesamtmarke in Frage stellt. Dies gilt insbesondere für Buchstabenfolgen, die in Alleinstellung als schutzfähig anzusehen wären, weil ihre Bedeutung als beschreibende Abkürzungen erst durch die Beifügung der vollständigen Sachbezeichnung deutlich wird. In Verbindung mit der vollständigen Bezeichnung nimmt dann die Buchstabenfolge lediglich eine akzessorische Funktion ein, die zwingend den beschreibenden Charakter der Wortkombination teilt (vgl. Ströbele/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8 Rdnr. 189 [X.].). Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht darauf an, ob die vorangestellten Großbuchstaben tatsächlich durch die nachstehende Wortkombination erläutert werden sollen, sondern vielmehr allein darauf, ob die angesprochenen Verkehrskreise zu der Auffassung gelangen, dass die Wortkombination und die Buchstabenfolge dazu bestimmt sind, sich gegenseitig zu erläutern. Dies ist vorliegend der Fall.

Der Buchstabenbestandteil "[X.]" ist den Wörtern „[X.]" direkt vorangestellt und stimmt mit deren Anfangsbuchstaben überein. Bereits dies spricht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Verkehr die einleitende Buchstabenfolge "[X.]" unwillkürlich als gleichbedeutende Verkürzung der dahinter stehenden Wortfolge und/oder letztere wiederum als Erläuterung der Buchstabenfolge auffassen wird. Hierfür spricht weiter, dass die Buchstaben "[X.]" ebenso wie die Anfangsbuchstaben der nachfolgenden Wörter groß geschrieben sind und alle Markenbestandteile die gleiche Schriftart aufweisen. Dementsprechend wird der Verkehr die einleitende Buchstabenfolge „[X.]“ unwillkürlich als gleichbedeutende Verkürzung der dahinter stehenden Wortfolge und/oder letztere wiederum als Erläuterung der Buchstabenfolge auffassen und dem Bestandteil "[X.]" nur den in der Wortfolge verkörperten beschreibenden Begriffsinhalt zumessen, nicht aber eine betriebsherkunftshinweisende Bedeutung (vgl. z. B. BPatG [X.] 2007, 519, 523 – [X.]; [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 8 Rdnr. 189).

[X.] [X.] erschöpft sich damit in ihrer Gesamtheit in einer Kombination aus einer rein beschreibenden Angabe mit ihrem Kürzel, wobei ihre Einzelbestandteile gleichsam wie eine gegenseitige Erläuterung aufeinander bezogen sind. Es gibt kein zusätzliches Element, das die Annahme erlaubte, dass die Zusammenfügung der Wortkombination und der Buchstabenfolge ungewöhnlich wäre oder eine eigene Bedeutung hätte, die geeignet wäre, die betroffenen Waren und Dienstleistungen in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise von denen mit anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.

In rechtlicher Hinsicht ist zudem zu beachten, dass zwar etwaige Entscheidungen über ähnliche Anmeldungen, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen sind, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.] [X.] 2009, 667 Nr. 17 und 19 – „Bild digital“ und „[X.]“). Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken haben hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.] a. a. [X.] Nr. 18 – Bild digital und [X.]; [X.] 2012, 276-277 – „Institut der Nord[X.] Wirtschaft e.V“). Für die Entscheidung, ob der Markenanmeldung ein Eintragungshindernis entgegensteht, kommt es allein darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines der gesetzlich geregelten Schutzhindernisse gegeben sind.

d. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

[X.] [X.] in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht ohne nähere Überlegungen. Da somit eine aus sich heraus beschreibende Bedeutung der Bezeichnung [X.] [X.] insoweit nicht festgestellt werden kann, besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass das Zeichen für diese beanspruchte Ware nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen ist.

Meta

30 W (pat) 521/14

03.12.2015

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.12.2015, Az. 30 W (pat) 521/14 (REWIS RS 2015, 1309)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1309

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