Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.11.2010, Az. 28 W (pat) 553/10

28. Senat | REWIS RS 2010, 1493

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "die Zukunft der Energie" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 035 399. 9

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 10. November 2010 unter Mitwirkung der Richterinnen [X.] und [X.] sowie des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet zur Eintragung in das Register ist die Wortfolge

2

die Zukunft der Energie

3

als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 11, 35, 36, 37 und 39

4

„Energieerzeugungsanlagen, nämlich Generatoren, Gas- und Dampfturbinen; Verbrennungsmotoren;

5

Dampferzeugungsanlagen, Kessel, Öfen, industrielle Warmwasser-Heizungsanlagen, insbesondere zur Erzeugung von Warmwasser zu Heizzwecken (Fernwärme);

6

Dienstleistungen eines Energiemaklers, nämlich die Vermittlung von Verträgen über den Kauf von Elektrizität und Gas;

7

Projektplanung und Dienstleistungen eines Baubetreuers (ausgenommen Planung und Installation von Beleuchtungseinrichtungen), nämlich Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in finanzieller Hinsicht; Erstellung schlüsselfertiger Bauten für [X.], Energieverteilungs- und Energieerzeugungsanlagen; Finanzierung von [X.], Energieverteilungs- und Energieerzeugungsanlagen;

8

Bau von Energieerzeugungsanlagen;

9

Energieversorgung, insbesondere Lieferung von Strom“.

Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Wortfolge werde vom Verkehr als sloganartige Anpreisung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstanden und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst. Einen über die bloße Werbeaussage hinausgehenden Bedeutungsgehalt weise die [X.] nicht auf.

Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Zur Vorbereitung einer Entscheidung hat der [X.] die Anmelderin mit gerichtlichem Zwischenbescheid auf die [X.] des angemeldeten Werbeslogans sowie vergleichbar gebildeter Slogans hingewiesen. Die Anmelderin hat daraufhin vorgetragen, an Werbeslogans dürften keinesfalls strengere Anforderungen gestellt werden als an andere Markenformen. Selbst ein anpreisender Sinn einer Marke schließe deren Unterscheidungskraft nicht zwangsläufig aus. Dies gelte bei der angemeldeten Wortfolge umso mehr, als sie den angesprochenen Verbrauchern eine mehrdeutige, interpretationsbedürftige Aussage vermittle, die von einer beschreibenden Sachangabe gerade wegführe. Die [X.] sei zwar [X.] gebildet, ihr könne aber kein klar beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden. Die beiden verwendeten Begriffe „Energie“ und „Zukunft“ seien für sich genommen mehrdeutig, da bereits offen bleibe, ob der Begriff „Energie“ in seiner physikalischen Bedeutung oder im Sinne einer starken körperlichen oder geistigen Spannkraft oder Tatkraft von Menschen gemeint sei. Und auch die Vorstellungen von Zukunft seien sehr unterschiedlich. Selbst zu der Frage, was die Zukunft der Energie überhaupt sein solle, existierten im Bereich der Energieversorgung völlig voneinander abweichende Auffassungen. Somit erweise sich die [X.] nicht als gewöhnliche Werbeaussage, sondern löse vielmehr einen Denkprozess aus, der die Schutzfähigkeit des Zeichens begründe. Diese Wertung stehe auch im Einklang mit einer aktuellen Entscheidung des [X.] zu dem Slogan „Energie mit Ideen“. Da die Mitbewerber mangels Beschreibungseignung nicht auf die angemeldete Wortfolge angewiesen seien, könne auch kein Freihaltungsbedürfnis bejaht werden.

Im weiteren Verfahrensverlauf hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen und beantragt, über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 [X.] zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der angemeldeten Wortfolge fehlt jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 – Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 – [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – [X.]; [X.], 395, 397, Rdn. 18 – [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; [X.] GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – [X.]).

Mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden neben Fachkreisen aus dem Bereich der Energiewirtschaft teilweise auch die allgemeinen Endverbraucher angesprochen.

Bei der angemeldeten Wortfolge „die Zukunft der Energie“ handelt es sich entgegen der Wertung der Anmelderin um keine originelle und interpretationsbedürftige Aussage, sondern um einen allgemein verständlichen und gebräuchlichen Slogan, der u. a. zum Motto des vom [X.] ausgerufenen „Wissenschaftsjahr 2010“ erklärt wurde (vgl. unter [X.]/). Aufgrund ihres unzweideutigen [X.] wird die Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als werbeüblicher Hinweis darauf verstanden werden, dass diesen eine zukunftsorientierte Ausrichtung der Energiegewinnung und -nutzung zugrunde liegt, also etwa die Anwendung entsprechender Technologien, Produkte und technischer Verfahren. Mit der Verwendung des Slogans wird hinsichtlich der fraglichen Produkte und Leistungen gleichzeitig eine „zukunftsträchtige“ Kompetenz in Anspruch genommen. So führt bspw. auch die Anmelderin auf ihrer Homepage aus:

http://www.lichtblick.de/gas/?chn=aw)

http://www.lichtblick.de/h/Ueberblick_286.php

geringeren Schutzvoraussetzungen unterliegen als andere Wortzeichen, so dass ihnen die notwendige, markenrechtliche Unterscheidungskraft dann abzusprechen ist, wenn sie sich als bloße produktbeschreibende bzw. -anpreisende Aussage darstellen oder wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Produkten oder Leistungen hergestellt wird (vgl. nochmals [X.], 778, Rdn. 11, 14 – [X.]; [X.], 850, 854; Rdn. 19 – [X.]; sowie Ströbele a. a. O., § 8 Rdn. 144 [X.]). Genau dies ist vorliegend der Fall, da sich die angemeldete Marke in einer werbeüblichen Sachaussage erschöpft, die das Publikum im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne jede weitergehendere Überlegung als bloßes Werbemittel zur Herausstellung einer spezifischen Orientierung und Kompetenz des Anbieters und einer dementsprechenden Beschaffenheit der verfahrensgegenständlichen Produkte und Leistungen verstehen und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen wird. Die dargelegten Grundsätze für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen wurden im Übrigen durch die von der Anmelderin besonders hervorgehobene Entscheidung „Vorsprung durch Technik“ des [X.] (vgl. [X.], 228) nicht etwa in Frage gestellt oder grundlegend modifiziert, sondern erneut bestätigt und differenziert. Nicht zuletzt hat der [X.] in diesem Urteil seine Wertung bestätigt, dass Slogans von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenformen (vgl. [X.] [X.], 228, Rdn. 37 – Vorsprung durch Technik, unter Verweis auf [X.] GRUR 2004, 1027, Rdn. 33 – DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT).

Da das angemeldete Zeichen somit die zwingend erforderliche Herkunftsfunktion nicht erfüllen kann, steht seiner Eintragung bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Frage, ob an der Wortfolge auch ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu bejahen ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

Soweit sich die Anmelderin auf die Entscheidung des [X.] zu dem Slogan „Energie mit Ideen“ beruft (vgl. [X.], [X.](pat)71/09, veröffentlicht unter http://www.bundespatentgericht.de/index.html), vermag dies ihrer Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der genannten Entscheidung wurde ausdrücklich festgestellt, dass der Werbeaussage „Energie mit Ideen“ im Hinblick auf die dort einschlägigen Waren und Dienstleistungen kein eindeutig beschreibender Aussagegehalt zugeordnet werden könne, da bereits offen bleibe, ob der Begriff „Energie“ in seiner physikalischen Bedeutung oder im Sinne einer starken körperlichen oder geistigen, menschlichen Spannkraft oder Tatkraft zu verstehen sei. Eine solche Unbestimmtheit bzw. Mehrdeutigkeit des fraglichen Wortes scheidet angesichts der konkreten Wortkombination aber aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise im vorliegenden Fall aus. Der Sachverhalt der genannten Entscheidung ist mit dem hier zu entscheidenden Fall zudem deshalb nicht vergleichbar, weil hier konkrete Feststellungen dazu vorliegen, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge „die Zukunft der Energie“ um einen völlig gebräuchlichen Werbeslogan handelt, der bereits von [X.] in beschreibender Art und Weise verwendet wird.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Der [X.] konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat und ein solcher Termin auch nach Wertung des [X.]s nicht sachdienlich war.

Meta

28 W (pat) 553/10

10.11.2010

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.11.2010, Az. 28 W (pat) 553/10 (REWIS RS 2010, 1493)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1493

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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