Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. IX ZB 161/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2161

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[X.][X.] 161/03
vom 22. Juli 2004 in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja

[X.] §§ 4a, 63; [X.] § 4 Abs. 1 und 2, § 9; [X.] § 34 Abs. 3
a) Ein Anspruch des Insolvenzverwalters auf Erstattung von Auslagen, die ihm zur Erfüllung [X.], Steuererklärungen und Bilanzen für den Schuldner zu erstellen, entstanden sind, kann nicht mit der Erwägung verneint werden, eine solche Verfü-gung sei bei [X.]n Verfahren rechtswidrig.
b) Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, mit der Erledigung steuerlicher Tätigkeiten, die besonde-re Kenntnisse erfordern oder dem Umfang nach über das hinausgehen, was mit der Erstellung einer Steuererklärung allgemein verbunden ist, einen Steuerberater zu beauftragen.
c) Hat der Insolvenzverwalter von der Finanzverwaltung die Aufforderung erhalten, umfangreiche steuerliche Tätigkeiten zu erbringen, und ist der Fiskus trotz eines Hinweises des Verwalters auf die Masseunzulänglichkeit nicht bereit, die Verfügung zurückzunehmen, so steht dem [X.] ein Anspruch auf Erstattung der den Umständen nach angemessenen Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters als Auslagen aus der Staatskasse zu.
d) Der Insolvenzverwalter kann auf den Erstattungsanspruch aus der Staatskasse einen Vor-schuß nach den Regeln verlangen, die für die Entnahme von Auslagen aus der Masse gelten.
ZPO § 577 Abs. 4 Satz 1, § 572 Abs. 3

[X.], das eine rechtsfehlerhafte zweitinstanzliche Entscheidung [X.], ist befugt, die Zurückverweisung in die erste Instanz auszusprechen, sofern das Beschwer-degericht ohne den Rechtsfehler vernünftigerweise ebenso verfahren wäre.
[X.], [X.]uß vom 22. Juli 2004 - [X.] 161/03 - LG [X.]
AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Kreft und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]
am 22. Juli 2004 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Insolvenzverwalterin werden die [X.]üsse der 8. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 12. Juni 2003 und des Amtsgerichts [X.] vom 28. April 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Vorschußan-trag der Insolvenzverwalterin sowie über die Kosten der [X.] an das Amtsgericht - Insolvenzgericht - [X.].

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 5.708,94 • festgesetzt.

Gründe:
[X.]
Mit [X.]uß vom 28. Juni 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, die eine Schneiderwerkstatt für Mode und - 3 - Textilkunst betrieb. Das Insolvenzgericht stundete ihr die Kosten des Verfah-rens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung und bestellte die weitere [X.] zur Insolvenzverwalterin. Diese hat am 11. Juli 2002 gemäß § 208 [X.] Masseunzulänglichkeit angezeigt.

Die Insolvenzverwalterin begehrt einen Vorschuß von 5.708,94 • zur Beauftragung eines Steuerberaters mit der Erstellung der Buchführung und der Jahresabschlüsse sowie der Steuererklärungen der Schuldnerin für die [X.], 2001 und 2002. Das Insolvenzgericht hat diesen Antrag mit der [X.] abgelehnt, solche Ausgaben seien keine Auslagen, sondern Massever-bindlichkeiten. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Insolvenzverwalterin ihr Begehren wei-ter.

I[X.]
[X.] ist zulässig.

1. [X.] ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 7 [X.] statthaft.

Nach der Rechtsprechung des [X.]s ([X.] 144, 78, 82 f) setzt § 7 [X.] voraus, daß das Gesetz gegen die Ausgangsentscheidung des [X.] die sofortige Beschwerde (§ 6 Abs. 1 [X.]) vorsieht. Die [X.] Entscheidung ist zwar zu § 7 [X.] a.F. ergangen, wonach die [X.] zur Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen - 4 - berufen waren. An dem genannten Erfordernis hat sich jedoch durch die [X.] der Rechtsbeschwerde und die Neufassung des § 7 [X.] nichts geän-dert ([X.], [X.]. v. 29. April 2004 - [X.] 168/03, z.[X.]. in [X.]R; Münch-Komm-[X.]/Ganter, § 7 Rn. 21).

Gemäß § 64 Abs. 3 [X.] steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Erstattung von [X.] zu. Versagt der Rechtspfleger dem Insolvenzverwalter lediglich die Ent-nahme eines Vorschusses aus der Masse, so findet dagegen allerdings nicht die sofortige Beschwerde, sondern allein die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG statt ([X.], [X.]. v. 1. Oktober 2002 - [X.] 53/02, [X.], 210). Dies hat der [X.] insbesondere mit der vorläufigen Wirkung solcher Maßnahmen begründet, die nichts darüber aussagen, ob der dem [X.] zugrunde liegende Anspruch gerechtfertigt ist. Die angefochtene Entscheidung des Insolvenzgerichts hat dagegen den [X.] ver-sagt, weil den geltend gemachten Aufwendungen die Eigenschaft als Auslagen im Sinne von § 63 Satz 1 [X.], § 4 Abs. 2 [X.] generell abgesprochen wurde. In einem solchen Fall eröffnet § 64 Abs. 3 [X.] schon wegen der endgültigen Wirkung einer solchen Entscheidung die sofortige Beschwerde.

2. Die weiteren gemäß § 574 Abs. 2, § 575 ZPO geltenden Zulässig-keitsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

a) Das [X.] hat die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer [X.] Rechtsprechung zugelassen. Dem kommt keine Wirkung zu, weil die Entscheidung über die Zulässigkeit der gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO von Gesetzes wegen statthaften Rechtsbeschwerde allein dem [X.] - 5 - obliegt (vgl. [X.], [X.]. v. 20. Februar 2003 - [X.], [X.], 1829, 1830). Dies hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, daß das Rechtsbeschwerdegericht nur dann an die Zulassung gebunden ist, wenn die Eröffnung der dritten Instanz von einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Beschwerdegericht abhängt (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO).

b) Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des [X.] ist zudem zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Indem die Rechtsbeschwerde auf die von der Auffassung des [X.] abweichenden instanzgerichtlichen Entscheidungen hingewiesen und im [X.] ausgeführt hat, aus welchen Gründen entgegen der Ansicht des Land-gerichts die Frage, ob der Insolvenzverwalter Steuerberatungskosten als [X.] geltend machen könne, nicht durch eine eindeutige gesetzliche Rege-lung ausgeschlossen sei, hat sie in einer den Anforderungen von § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügenden Weise zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen Stellung genommen (vgl. [X.], [X.]. v. 4. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3783, 3784; v. 18. September 2003 - [X.], [X.], 3765).

II[X.]
[X.] führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Hat das Insolvenzgericht die Kosten des Verfahrens nach § 4a [X.] [X.], so hat der Verwalter bei Masseunzulänglichkeit gemäß § 63 Abs. 2 [X.] einen Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung der durch die Ein-- 6 - schaltung eines Steuerberaters angefallenen Kosten als Auslagen, sofern des-sen Beauftragung erforderlich ist und zur Erfüllung hoheitlich auferlegter [X.] erfolgt, die der Insolvenzverwalter nicht mit ihm zumutbaren Mitteln abweh-ren kann.

1. Gemäß § 34 Abs. 3 [X.] hat der Insolvenzverwalter die dem Schuldner obliegenden steuerlichen Pflichten zu erfüllen.

a) Nach der - allerdings auf die Konkursordnung bezogenen - Recht-sprechung des [X.] ist der Verwalter nicht berechtigt, die Erledi-gung dieser Pflicht mit der Begründung zu verweigern, in der Masse seien die Mittel für die Beauftragung eines Steuerberaters nicht vorhanden ([X.] ZIP 1994, 1969, 1971 ff; 1996, 430, 431). Der Verwalter habe die Pflicht aus § 34 Abs. 3 [X.] im übergeordneten öffentlichen Interesse zu erfüllen und sei in der Regel aufgrund seiner Ausbildung oder beruflichen Erfahrung zur Abgabe von Steuererklärungen besonders qualifiziert. Ihm sei es in der Regel zumutbar, die Steuererklärung im Rahmen der ihm obliegenden Verwaltungstätigkeit zu er-stellen. Ob dann etwas anderes gilt, wenn dies mit umfangreichen Buchhal-tungs- und Abschlußarbeiten verbunden ist, hat der [X.] [X.] ([X.], aaO S. 1972).

b) Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum teilweise Kritik erfahren ([X.], 1798, 1804 f). Das [X.] ([X.], 384, 386) hält sie für unvereinbar mit dem geltenden Recht, weil die öffentliche Bekanntma-chung der Masseunzulänglichkeit nunmehr vorgeschrieben sei (§ 208 Abs. 2 [X.]) und die Kosten eines im Namen der Masse beauftragten Steuerberaters nur mit Nachrang gegenüber den Verfahrenskosten berichtigt werden dürften. - 7 - Infolgedessen könne die Finanzverwaltung die Erfüllung der Verwalterpflichten aus § 34 Abs. 3 [X.] nicht mehr zwangsweise durchsetzen, sobald nach Anzei-ge der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nicht mehr für die Beauftra-gung eines Steuerberaters ausreiche.

c) Für diese einschränkende Auslegung von § 34 Abs. 3 [X.] sprechen gute Gründe. Der [X.] braucht dies jedoch nicht endgültig zu entscheiden. Selbst wenn man der Ansicht des [X.] zustimmen würde, könnte ein Anspruch auf Auslagenerstattung jedenfalls derzeit nicht allgemein mit der Er-wägung verneint werden, der Insolvenzverwalter brauche die Steuererklärung und die Buchführungsarbeiten nicht zu erstellen, wenn die dafür erforderlichen finanziellen Mittel in der Masse nicht vorhanden sind.

Über die Verpflichtung des Verwalters nach § 34 Abs. 3 [X.] entscheidet die Finanzverwaltung. Deren Verfügungen kann der Verwalter nur im finanzge-richtlichen Verfahren angreifen. Da es ihm nicht zumutbar ist, für ein solches Verfahren eigene Mittel einzusetzen, kann er es nur führen, wenn ihm Prozeß-kostenhilfe gewährt wird, was davon abhängt, daß das Finanzgericht dem rechtlichen Begehren hinreichende Erfolgsaussicht einräumt (§§ 142 FGO, 114 ZPO). Dies erscheint jedenfalls derzeit zweifelhaft, weil die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher davon ausgegangen ist, daß den Verwalter die [X.] aus § 34 Abs. 3 [X.] grundsätzlich auch bei Masseunzulänglichkeit treffen, die steuerliche Regelung mit Inkrafttreten der [X.] nicht geändert worden und bisher nicht ersichtlich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen die höchstrichterliche Rechtsprechung im Steuerrecht bereit ist, die Pflichten aus § 34 Abs. 3 [X.] in [X.]n Verfahren einzuschränken oder entfallen zu lassen. Im Hinblick auf diese rechtlichen Unsicherheiten sowie die voraussicht-- 8 - liche Dauer eines bei Gewährung von Prozeßkostenhilfe einzuleitenden fi-nanzgerichtlichen Verfahrens wäre es rechtlich unangemessen, einen Erstat-tungsanspruch des Verwalters gegen die Staatskasse allein mit der Erwägung zu verneinen, er möge gegen die nach § 34 [X.] ergangene Anordnung des Staates gerichtlich vorgehen.

Dem Insolvenzverwalter ist es jedoch zuzumuten, der Finanzverwaltung gegenüber die Gründe geltend zu machen, die dafür sprechen, von [X.], die auf § 34 Abs. 3 [X.] gestützt sind, in Fällen wie dem vorliegenden ab-zusehen. Die [X.] "Insolvenzrecht" hat sich im Rahmen des ihr von der [X.] und Justizminister erteil-ten Auftrags auch mit der Steuererklärungspflicht in massearmen Verfahren befaßt und die Problematik mit Vertretern der Finanzressorts des [X.] und mehrerer [X.]länder erörtert. Dabei wurde von den Vertretern der [X.] erklärt, in der Praxis erfolge in solchen Fällen regelmäßig eine Schätzung. Zwangsgeldfestsetzungen gegen Insolvenzverwalter zur [X.] von [X.] seien die absolute Ausnahme (vgl. Graf-Schlicker/[X.], Z[X.] 2002, 563, 567 f). Im Hinblick darauf muß der [X.] zunächst versuchen, im [X.] die Befreiung von steuerlichen Pflichten zu erhalten, deren Erfüllung die Einschaltung eines Steuerberaters erfordert. Gelingt ihm dies allerdings nicht, dann kann das [X.] ihm einen Anspruch auf Erstattung von [X.] als Auslagen nicht mit der Erwägung versagen, nach Anzeige der Masseunzuläng-lichkeit sei er zur Abgabe der Steuererklärung gesetzlich nicht mehr verpflich-tet.
- 9 - 2. Ein Anspruch auf Auslagenerstattung scheidet auch nicht deshalb aus, weil § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] vorsieht, daß das Recht des Verwalters un-berührt bleibt, im Rahmen der Verwaltung für die Masse Verträge mit [X.] zur Erledigung besonderer Aufgaben abzuschließen.

a) Die Bestimmung behandelt ihrem Wortlaut nach lediglich ein Recht des Verwalters zur Begründung von [X.]. Daraus allein ergibt sich nicht zwingend, daß solche Verträge nur zu Lasten der Masse geschlos-sen werden und die Kosten aus vom Verwalter im eigenen Namen getroffenen Vereinbarungen unter keinen Umständen als Auslagen geltend gemacht wer-den können.

b) Die [X.] belegt ebenfalls nicht, daß die Aufwendun-gen aus eigenen Verträgen des Insolvenzverwalters mit einem Steuerberater niemals Auslagen im Sinne der [X.] darstellen können.

Nach der Rechtslage zur Konkursordnung stand es dem Verwalter grundsätzlich frei, ob er Hilfskräfte zur Abwicklung des Verfahrens im eigenen oder im Namen der Masse beauftragte (vgl. [X.] 113, 262, 265 ff). Im erstge-nannten Fall entstanden [X.] gemäß § 58 Nr. 2 KO, ansonsten [X.] nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO. Dementsprechend sah § 5 Abs. 2 der auf der Grundlage von § 85 Abs. 2 KO erlassenen Vergütungsverordnung vor, daß Unkosten, die dem Verwalter persönlich durch die Einstellung von Hilfs-kräften für bestimmte Aufgaben im Rahmen der Konkursverwaltung entstanden, als Auslagen erstattet wurden, soweit sie angemessen waren. - 10 - Der Verordnungsgeber hat in der Begründung zu § 4 [X.] ausgeführt, die neue Vorschrift weiche darin von § 5 Abs. 2 [X.] ab, daß gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Gehälter aller Angestellten des Insolvenzverwalters mit der Vergütung abgegolten seien, insoweit also eine Erstattung als Auslagen nicht mehr in Betracht komme. Allerdings solle dem Verwalter die Möglichkeit verbleiben, zusätzliche Hilfskräfte im Namen der Masse anzustellen, soweit dies wegen des Umfangs des Verfahrens geboten sei. Diese Regelung biete den Vorteil, daß der Verwalter das Arbeitsentgelt laufend aus der Masse ent-nehmen könne und das Gericht bei der Auslagenerstattung entlastet werde. Wie bisher seien aber die besonderen Kosten, die über den Rahmen der [X.] Geschäftskosten hinaus entstehen, als Auslagen zu erstatten.

Diese Erwägungen zu den Gründen der geänderten Regelung befassen sich nur mit dem Gehalt der vom Insolvenzverwalter in abhängiger Funktion angestellten Personen. Solche Aufwendungen können nunmehr entgegen § 5 [X.] selbst dann nicht mehr als Auslagen beansprucht werden, wenn die Anstellung allein zur Erledigung von Aufgaben in dem betreffenden [X.] vorgenommen wurde. Die Eigenbelastung mit solchen Gehaltsforde-rungen kann der Insolvenzverwalter nur in der Weise verhindern, daß er ein Anstellungsverhältnis im Namen der Masse begründet. Werden dagegen - wie bei der Einschaltung eines Steuerberaters - Aufträge an freiberuflich tätige Per-sonen erteilt, so entstehen Aufwendungen, die weder nach § 5 [X.] noch nach § 4 [X.] zu den allgemeinen Geschäftsunkosten gehören. Daher läßt die Begründung des Verordnungsgebers nicht erkennen, daß die in § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] getroffene Regelung es generell ausschließt, daß durch die Beauftragung eines Steuerberaters Auslagen nach § 4 Abs. 2 [X.] entstehen. Vielmehr will die Neuregelung, wie die amtliche Begründung betont, dem Ver-- 11 - dem Verwalter dadurch eine Erleichterung bringen, daß sie ihn zur Entnahme der angemessenen Vergütung berechtigt, weil er insoweit nicht mehr darauf angewiesen sein soll, beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Auslagenerstat-tung anzubringen. Da ein Insolvenzverwalter, der die persönliche Haftung nach § 61 [X.] vermeiden will, Aufträge in der von § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] vorgese-henen Weise nur bei einer finanziell hinreichend ausgestatteten [X.] vergeben kann, besagt diese Vorschrift, selbst wenn man sie in dem Sinne versteht, daß sie auch eine Regel für Verträge mit Freiberuflern enthält, nichts darüber, wie der Insolvenzverwalter rechtlich notwendige Kosten in mas-searmen Verfahren abrechnen darf.

c) Die Annahme, solche Aufwendungen seien Auslagen, steht nicht in Widerspruch zu dem Inhalt des Begriffs der besonderen Kosten, die dem [X.] gemäß § 4 Abs. 2 [X.] zu erstatten sind. Diese erfassen die auf das jeweilige Verfahren bezogenen Aufwendungen des Verwalters, die den [X.] nach angemessen sind, weder zu den allgemeinen Geschäftskosten gehören noch nach § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] durch Verpflichtungen der Masse gedeckt werden können (vgl. Eickmann, [X.]. § 4 Rn. 5 f; [X.]/Wutzke/[X.], [X.] 3. Aufl. § 4 Rn. 46 ff; MünchKomm-[X.]/ [X.], § 4 [X.] Rn. 3). Die Erstattung von den Umständen nach angemes-senen Aufwendungen zur Erfüllung hoheitlich angeordneter Pflichten des [X.]s in einem masseunzulänglichen Verfahren steht daher in Einklang zu den Grundsätzen der Auslagenerstattung, die sich aus § 4 Abs. 2 [X.] sowie § 63 [X.] ergeben.

3. In Fällen der [X.] nach § 4a [X.] ist es geboten, dem Grunde nach erforderliche und der Höhe nach sachgerechte Aufwendungen - 12 - des Insolvenzverwalters infolge der Beauftragung eines Steuerberaters als gemäß § 4 Abs. 2 [X.] erstattungsfähige Auslagen zu behandeln. Nur auf diese Weise wird eine finanziell unangemessene Belastung des [X.] vermieden, die zugleich einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten würde.

a) § 63 Abs. 1 [X.] ist verfassungskonform in dem Sinne auszulegen, daß die dem Verwalter zustehende Vergütung einschließlich des [X.] insgesamt einen seiner Qualifikation und Tätigkeit angemessenen Um-fang erreichen muß ([X.], [X.]. v. 15. Januar 2004 - [X.] 96/03, NJW 2004, 941, 942, z.[X.]. in [X.]). Die Norm bringt den in der Zivilrechtsordnung allgemein geltenden Grundsatz zum Ausdruck, daß mit einer Pflicht zur Lei-stungserbringung auch ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine ange-messene Vergütung verbunden ist (vgl. [X.] 116, 233, 237). Es läßt sich grundsätzlich nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbaren, den Verwalter für Auf-gaben von öffentlichem Interesse in erheblichem Umfang beruflich in Anspruch zu nehmen, ohne ihm eine angemessene finanzielle Entschädigung zu gewäh-ren ([X.] 116, 233, 238 f; vgl. auch [X.] 88, 145, 160 ff). Diese rechtli-chen Vorgaben sind bei der Auslegung der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 65 [X.] ergangenen einschlägigen Bestimmungen der [X.] zu beachten. Lassen Wortlaut, Entstehungsge-schichte und Gesamtzusammenhang der Regelung sowie deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, die nicht sämtlich mit der Verfassung vereinbar sind, so ist derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem verfassungsgemä-ßen Ergebnis führt ([X.] 83, 201, 214 f; 88, 145, 166). - 13 - b) Danach kann es im Streitfall geboten sein, die von der [X.] geltend gemachten Aufwendungen zu den Auslagen im Sinne von § 4 Abs. 2 [X.] zu rechnen, über deren Angemessenheit das Insolvenzgericht gemäß §§ 63, 64 [X.] zu befinden hat.

Es entspricht sachgerechter Amtsführung, für steuerliche Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse erfordern oder über den allgemein mit jeder Steuer-erklärung verbundenen Arbeitsaufwand hinausgehen, einen Steuerberater ein-zusetzen. Dies trifft insbesondere für die Ausführung von Buchhaltungsarbeiten zu (Eickmann, aaO § 4 [X.] Rn. 17 ff; [X.], aaO § 4 [X.] Rn. 10 f; [X.]/[X.], ZIP 1999, 1662, 1664 ff). Ein Steuerberater, der die Unzulänglich-keit der Masse kennt, wird nicht bereit sein, in deren Namen den Auftrag [X.], sondern eine persönliche Verpflichtung des Insolvenzverwalters [X.]. Der von § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] gewiesene Weg ist daher nicht gangbar. Könnte der Verwalter gleichwohl das Honorar eines im eigenen Namen [X.] Steuerberaters nicht als Auslagen erstattet verlangen, hätte dies im wirtschaftlichen Ergebnis eine Minderung der ihm für [X.] Verfahren zu-stehenden Vergütung zur Folge, die eine Abgeltung solcher Aufwendungen nicht umfaßt, vielmehr derzeit ohnehin kein auskömmliches Entgelt für die dem Verwalter allgemein obliegende Tätigkeit darstellt (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Ja-nuar 2004, aaO S. 942 ff). Solche eigenen, auf ein bestimmtes Verfahren be-zogene Aufwendungen des Insolvenzverwalters, die er weder mit zumutbaren Mitteln vermeiden noch auf anderem Wege erstattet verlangen kann, sind [X.] den von § 4 Abs. 2 [X.] erfaßten besonderen Kosten zuzuordnen (ebenso [X.] Z[X.] 2003, 513; [X.] Z[X.] 2002, 1040; [X.] 2002, 957, 958; [X.]/[X.], aaO S. 1665 ff). - 14 - c) Folglich steht dem Insolvenzverwalter in Fällen der [X.] nach § 4a [X.] ein Anspruch gegen die Staatskasse auf Ersatz solcher mit zumutbaren Maßnahmen nicht vermeidbarer Aufwendungen zu, soweit die Masse nicht ausreicht. Dieser Lösung kann nicht entgegengehalten werden, sie führe zu einem Ergebnis, welches der Allgemeinheit erhebliche Lasten auf-erlege, die in der Regel keinem wirtschaftlich sinnvollen Zweck dienen. Die dem Insolvenzverwalter zu erstattenden Auslagen werden ausschließlich durch hoheitliche Anordnungen der Finanzverwaltung unter Berufung auf § 34 Abs. 3 [X.] ausgelöst. Solange der [X.] nicht von sich aus bereit ist, die [X.] in [X.]n Verfahren nicht anzuwenden, und eine Änderung dieser Praxis weder durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch durch einen Eingriff des Gesetzgebers sichergestellt wird, bewirken Auflagen, daß der In-solvenzverwalter Bilanzen und Steuererklärungen von erheblichem Umfang zu erstellen hat, in der Regel Aufwendungen, die der Verwalter zur Wahrung [X.] Anspruchs auf angemessene Auslagenerstattung der Staatskasse unter den Voraussetzungen von § 63 Abs. 2 [X.] in Rechnung stellen kann.

4. Sind die Voraussetzungen für eine Auslagenerstattung gegeben, kommt in entsprechender Anwendung von § 9 [X.] die Gewährung eines Vorschusses in Betracht. Der Insolvenzverwalter, der diesen nicht aus der Masse entnehmen kann, ist in gleicher Weise wie im Regelfall schutzwürdig, so daß die Grundsätze, die in den von der Verordnung normierten Fällen gelten, in gleicher Weise Anwendung finden.

[X.] - 15 - Eine eigene abschließende Entscheidung ist dem [X.] nicht möglich; daher ist die Sache zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

1. [X.]führerin hat bisher nicht dargetan, daß sie er-folglos versucht hat, bei der Finanzverwaltung zu erreichen, wegen der [X.] auf die Vorlage von Steuererklärungen und Bilanzen zu verzichten. Da die Rechtsbeschwerdeführerin bisher nicht auf die Notwendig-keit eines solchen Versuchs hingewiesen wurde, muß sie Gelegenheit erhal-ten, die erforderlichen Maßnahmen nachzuholen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen, daß die Finanzverwaltung auf der Erfüllung der in § 34 Abs. 3 [X.] normierten Pflichten trotz Masseunzulänglichkeit besteht.

2. Sind die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 63 Abs. 2 [X.] dem Grunde nach gegeben, wird zu prüfen sein, ob der Antrag der Höhe nach angemessen erscheint und in welchem Umfang die Gewährung ei-nes Vorschusses geboten ist.

3. Der [X.] hält es in Anbetracht der Prüfungen, die einer erneuten Entscheidung über den Antrag der Insolvenzverwalterin vorausgehen müssen, für sachgerecht, das Verfahren an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen. Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Literatur (MünchKomm-ZPO/ [X.], 2. Aufl. [X.] § 577 Rn. 19 f; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 577 Rn. 5; [X.]/[X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 577 Rn. 2; [X.]/ [X.], ZPO 24. Aufl. § 577 Rn. 4) ist § 577 Abs. 4 ZPO nicht in demselben engen Sinne wie § 563 Abs. 1 ZPO zu verstehen. Die Vorschrift schreibt schon ihrem Wortlaut nach dem Rechtsbeschwerdegericht nicht vor, daß die [X.] grundsätzlich an das zweitinstanzliche Gericht zu erfolgen hat. - 16 - Dies muß im Zusammenhang damit gesehen werden, daß der Beschwerderich-ter - anders als das Berufungsgericht nach § 538 ZPO - bei Aufhebung der [X.] Entscheidung [X.] nach seinem pflicht-gemäßen Ermessen die gebotene Anordnung übertragen kann (§ 572 Abs. 3 ZPO), eine Zurückverweisung daher unter erleichterten Voraussetzungen mög-lich ist. Deshalb ist das Rechtsbeschwerdegericht, das eine rechtsfehlerhafte zweitinstanzliche Entscheidung aufhebt, gemäß § 577 Abs. 4 i.V.m. § 572 - 17 - Abs. 3 ZPO befugt, die Zurückverweisung in die erste Instanz auszusprechen, sofern das Beschwerdegericht ohne den Rechtsfehler vernünftigerweise [X.] verfahren wäre (vgl. MünchKomm-[X.]/Ganter, § 7 Rn. 106).

Kreft [X.]

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZB 161/03

22.07.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. IX ZB 161/03 (REWIS RS 2004, 2161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2161

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