Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2014, Az. IV ZR 344/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8483

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 344/12

Verkündet am:

22. Januar 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat
des [X.] hat durch die [X.] Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die [X.] Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2014

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.] Ober-landesgerichts [X.]

9. Zivilsenat

vom 16. Okto-ber 2012 wird auf Kosten der [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin fordert eine weitere Versicherungsleistung von 11.678,96 Warenkreditversiche-rung, welcher "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Warenkre-ditversicherung-M
[X.] [X.] 2007
(Fassung 2008)"
zugrunde
liegen
(im Folgenden: [X.]).

Darin heißt es unter anderem:

"§ 2 Der in die Versicherung eingeschlossene Kunde

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Forderungen sind in der Reihenfolge ihres Entstehens ver-sichert.

Forderungen, die die Versicherungssumme übersteigen, rücken erst und insoweit in den Versicherungsschutz nach, als durch die Bezahlung versicherter Forderungen inner-

Ein Nachrücken von Forderungen ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsschutz gemäß § 2 Nr. 4 [X.] endet.

4. Wann endet der Versicherungsschutz? Kann der Versi-cherungsschutz beschränkt werden?

4.1 Bei Gefahrerhöhung oder aus sonstigen wichtigen Gründen können wir den Versicherungsschutz für den [X.] oder für die Gesamtheit aller Kunden mit Sitz in einem Land beschränken oder aufheben.

§ 5 Die Berechnung des versicherten Ausfalls

Grundlage für die Berechnung Ihrer Entschädigungsleis-tung sind Ihre offenen versicherten Forderungen zum [X.]-punkt des Eintritts des Versicherungsfalles. Der versicherte Ausfall wird wie folgt berechnet:

2.1 Beträge, die nach Beendigung des [X.] gemäß § 2 Nr. 4 [X.] eingehen, werden, unabhängig von abweichenden Tilgungsbestimmungen, grundsätzlich auf die jeweils älteste offene Forderung angerechnet."

Im Rahmen dieses Versicherungsvertrages gewährte die Beklagte der Klägerin ursprünglich auch Versicherungsschutz für Forderungen gegenüber einer
Speditionsgesellschaft (im Folgenden: Kundin). Die 3
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diesbezügliche Versicherungssumme betrug 50.Unstreitig trat ein Versicherungsfall ein, nachdem die Kundin bis zum 23. August 2010 Rechnungen der Klägerin über insgesamt etwa 30.000

nicht beglichen hatte.
Auf die Schadenmeldung
der Klägerin
erklärte
die Beklagte mit Schreiben vom 23. August 2010 die "Aufhebung der Versicherungssum-me"
für die betreffende Kundin. Weiter heißt es zur Erläuterung:

"unsere Bewertung geändert.
Uns liegen Informationen

Bitte
sorgen Sie für einen möglichst zügigen Abbau Ihrer Forderungen

Jede vor Eintritt des Versicherungsfalles erhaltene [X.] wird auf die jeweils älteste Forderung angerechnet. Diese Regelung gilt auch für Zahlungen auf solche Liefe-rungen, die Sie ggf. nach Aufhebung der [X.] ausführen.

Hinweis: Ab Zugang dieses Schreibens sind auch Neulie-ferungen im Rahmen der Selbstprüfung (soweit verein-bart) unversichert."

In der Folgezeit forderte die Kundin die Klägerin auf, Leistungen zu erbringen, die bereits vor Aufhebung der
Versicherungssumme
verein-bart waren, und sagte dafür einen umgehenden Ausgleich der daraus [X.] Forderungen zu. Die Klägerin kam den entsprechenden Verpflichtungen nach und berechnete ihre Leistungen in der [X.] vom 1.
bis 20.
September 2010 mit vier Rechnungen über insgesamt 11.678,96

ie Kundin glich diese Forderungen
mit zwei Scheckzah-lungen vom 7. und 12. Oktober 2010 unter ausdrücklicher Zahlungsbe-stimmung
für die genannten Rechnungen
aus.
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Mit Schreiben vom 10. Februar 2011 rechnete die Beklagte den Schaden ab. Dabei kürzte sie ihre Versicherungsleistung unter Berufung auf § 5 Nr. 2.1 [X.] um die im Streit befindlichen , weil die vorgenannten
Zahlungen der Kundin auf die versicherten
Forderungen
anzurechnen seien.

Die Klägerin meint, diese Verrechnung sei zu Unrecht erfolgt. Aus § 2 Nr. 4 [X.] ergebe sich nicht, dass der Versicherungsschutz mit der Aufhebung der Versicherungssumme ende. Die [X.] des § 5 Nr. 2.1 [X.] sei zudem unwirksam, weil sie den [X.] unangemessen benachteilige.

Die Beklagte hält die Klausel für [X.], weil sie das versicherte Risiko objektiv begrenze und insbesondere vermeide, dass ein Versicherungsnehmer den Umfang der zu entschädigenden Altforde-rungen durch besondere Verrechnungsvereinbarungen mit seinem [X.] willkürlich aufrechterhalte. Die Vereinbarung der Verrechnung von Kundenzahlungen mit jüngeren, unversicherten Forderungen könne sonst verhindern, dass verfügbares Vermögen des Kunden zur Tilgung versicherter Altschulden verwendet werde. Das widerspreche schutzwür-digen Belangen des Versicherers.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der Revision [X.] die Beklagte weiterhin die Klagabweisung.

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Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht (dessen Urteil in [X.], 310 veröf-fentlicht ist)
hält die [X.] des § 5 Nr. 2.1 [X.] für [X.], weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige (§
307 BGB).

Die Klausel erfasse ihrem Wortlaut nach alle beim Versicherungs-nehmer eingehenden Beträge, ohne danach zu unterscheiden, ob
es sich um Kundenzahlungen handele, auf die sich der Versicherungsschutz be-ziehe, ob die Zahlungen von [X.] herrührten, ob den Zahlungen Ge-schäftsbeziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Kunden zugrunde lägen oder Schadenersatzverpflichtungen aus uner-laubter Handlung. Sie unterscheide weiter auch nicht danach, ob eine Tilgungsbestimmung einseitig vom Kunden getroffen oder zwischen ihm und dem Versicherungsnehmer vereinbart sei. Für eine einschränkende Auslegung der Klausel
bestehe kein Anhalt. Von ihr
seien die Parteien auch nicht übereinstimmend ausgegangen, wie daran ersichtlich werde, dass jedenfalls die Beklagte sich auch im Rechtsstreit uneingeschränkt auf den [X.] berufen habe.

In dieser Auslegung verstoße die [X.] gegen § 307 Abs. 1 Satz
1 BGB. Das ergebe eine umfassende Abwägung der [X.] Interessen der Parteien. Auch wenn ein berechtigtes [X.] an der Verhinderung eines kollusiven Zusam-menwirkens von Versicherungsnehmer und Kunden zu seinem Nachteil 9
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anzuerkennen sei, seien berechtigte Belange des Versicherungsnehmers nicht hinreichend beachtet.

Einer Einschränkung der [X.] dahingehend, Fälle des [X.], der einseitigen Tilgungsbestimmung des
Kunden oder des von der Geschäftsbeziehung zwischen Versicherungsnehmer und Kunden unabhängigen [X.] einer Forderung vom Anwen-dungsbereich auszunehmen, stehe das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion entgegen.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, die Anrech-nungsklausel des § 5 Nr. 2.1 [X.] könne nicht einschränkend dahin [X.] werden, dass sie nur Kundenzahlungen erfasse, auf die sich der Versicherungsschutz beziehe und denen Geschäftsbeziehungen zwi-schen dem Versicherungsnehmer und seinem Kunden zugrunde lägen. Der Klausel kann ferner nicht entnommen werden, dass sie keine [X.] in Fällen beansprucht, in denen lediglich der Kunde des [X.] eine einseitige Tilgungsbestimmung trifft.

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach dem [X.] eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei [X.] Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des er-kennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versiche-rungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit -
auch -
auf seine Interes-sen an (Senatsurteile vom 23. Juni 1993 -
IV ZR 135/92, [X.], 83, 13
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85 m.w.N.; vom 25. Juli 2012

IV ZR 201/10; [X.], 208 Rn. 21 m.w.N.). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich [X.] zu interpretieren (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010

IV ZR 24/10, [X.], 202 Rn. 10 m.w.N.; [X.]/[X.], 2.
Aufl. Einleitung Rn. 68). In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszuge-hen. Der mit ihr verfolgte Zweck und ihr Sinnzusammenhang sind zusätz-lich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkenn-bar sind (vgl. Senatsurteile vom 25. Juli 2012 aaO m.w.N.; vom 9. März 2011 -
IV ZR 137/10, [X.], 518 Rn. 16 f.).

b) Der Wortlaut des § 5 Nr. 2.1 [X.] bestimmt, dass die nach Be-endigung des Versicherungsschutzes eingehenden Beträge ungeachtet etwa abweichender Tilgungsbestimmungen in Ansehung des [X.] auf die jeweils älteste offene Forderung des [X.]s gegen seinen Kunden angerechnet werden. Soweit die Klausel zum Ausdruck bringt, dies sei "grundsätzlich"
der Fall, lässt sie nicht erkennen, anhand welcher Umstände von diesem Grundsatz abge-rückt werden soll oder kann. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sie deshalb so verstehen, dass sie keinen Einschränkungen unter-liegen soll. Da die anzurechnenden Beträge weder inhaltlich noch zeitlich oder nach der Person
des Leistenden weiter eingegrenzt werden, sind nach dem [X.] alle Leistungen an den Versicherungsnehmer aus seinen gesamten Rechtsbeziehungen zum betreffenden Kunden [X.]. Da sich die Klausel gerade auf diejenigen Beträge bezieht, die nach einer gemäß § 2 Nr. 4 [X.] eingetretenen Beendigung des [X.] beim Versicherungsnehmer eingehen, findet Letzterer keinerlei Anhalt dafür, dass dennoch nur solche Kundenzahlungen von der Anrechnung erfasst werden sollen, deren Rechtsgrund in versicherter [X.] liegt.
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Auch aus dem erkennbaren Zweck der Klausel und dem [X.] Zusammenhang, in den sie gestellt ist, ergibt sich für den durch-schnittlichen Versicherungsnehmer keine ihm günstige Einschränkung. Er erkennt, dass dem Versicherer daran gelegen ist, auch nach [X.] sämtliche beim Versicherungsnehmer eingehenden Leistungen des betroffenen Kunden ungeachtet ihres Zwecks oder [X.] dafür heranzuziehen, versicherte Außen-stände abzubauen und so die Versicherungsleistung zu kürzen. Den [X.] in § 2 Nr. 4.1 und § 2 Nr. 3 [X.] entnimmt er zudem, dass der Versicherer einerseits den Versicherungsfall zum Anlass nehmen kann, den Versicherungsschutz für künftige Forderungen gegen den säumigen Kunden
zu beenden, andererseits aber dem Versicherungsnehmer infol-ge der Verrechnung entstehende neue

dann nicht mehr versicherte

Forderungsausfälle nicht in den geschützten Bestand nachrücken [X.]. Das bestärkt ihn darin, dass der Versicherer auch alle
unversicher-ten, aber vom Kunden ausgeglichenen Forderungen dazu heranziehen will, um seine Leistungspflicht aus dem Versicherungsverhältnis nach-träglich zu verringern. Anhaltspunkte dafür, dass die Verrechnungsmög-lichkeit auf in versicherter [X.] begründete Forderungen beschränkt [X.], kann der Versicherungsnehmer auch auf diesem Wege nicht gewin-nen.

c) Anders als bei der vom II[X.] Zivilsenat des [X.] zu einer ähnlich lautenden [X.] im Rahmen eines Ausfuhr-garantieversprechens getroffenen Entscheidung (vgl. [X.], Urteil vom 11. November 1982

[X.], [X.], 151 unter [X.]) lässt sich im Streitfall nicht feststellen, dass die Parteien der streitgegenständlichen [X.] ungeachtet des weiten Wortlauts übereinstimmend 18
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einen nur eingeschränkten Regelungsgehalt beigemessen hätten. [X.] zeigt das Vorbringen der Beklagten, dass sie sich uneingeschränkt auf die nach dem [X.] weit gefasste Anrechnungsmöglichkeit berufen hat.

2. In der dargelegten weiten Auslegung hält die [X.] des § 5 Nr. 2.1 [X.] der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz
1 BGB nicht stand. Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil der Versicherer mit ihr durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Versicherungsnehmers durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu [X.] (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juli 2012

IV ZR
201/10, [X.], 208 Rn. 31 m.w.N.). Zugleich werden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers, welche sich aus der Natur des Versiche-rungsvertrages ergeben,
so weit eingeschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

a) Das ergibt die insoweit gebotene umfassende Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien des Versicherungsvertrages (vgl. dazu [X.], Urteile vom 8. Dezember 2011

[X.], NJW-RR 2012, 626 Rn. 15; vom 17. Dezember 2002

[X.], [X.], 448 unter 2 b cc m.w.N.; vom 3. November 1999

[X.], [X.]Z 143, 103, 113 m.w.N.).

Allerdings ist das mit der Klausel verfolgte Interesse des [X.] im Grundsatz anzuerkennen, den versicherten Schaden nach Mög-lichkeit zu begrenzen und insbesondere zu verhindern, dass der [X.] und sein Kunde den eingetretenen Forderungsausfall 20
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der Höhe nach in dem Bestreben aufrechterhalten, eine möglichst hohe Versicherungsleistung zu erlangen und verbleibende finanzielle Mittel des Kunden stattdessen anderweitig einzusetzen. Der Regelungsgehalt der [X.] geht jedoch in mehrfacher Hinsicht weit über diese Zielsetzung und den Rahmen verständiger Interessenwahrung hin-aus und beachtet damit nicht ausreichend schützenswerte Belange des Versicherungsnehmers.

aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, können diejenigen Forderungen, die mittels einer von der Anrechnungsregelung in §
5 Nr. 2.1 [X.] abweichenden Bestimmung getilgt werden sollten, nicht gemäß § 2 Nr. 3
[X.] in den Versicherungsschutz nachrücken. [X.] sie

wie hier

bereits begründet worden, als noch Versicherungs-schutz bestand, scheitert ihre Versicherung daran, dass sie infolge der vom Kunden bewirkten Tilgung objektiv nicht mehr bestehen. Wurden sie
erst nach Beendigung des Versicherungsschutzes begründet, scheidet ein Nachrücken gemäß § 2 Nr. 3 letzter Satz [X.] ohnehin aus.

Das führt vor allem dann zu einer dem Versicherungsnehmer nicht zumutbaren Härte und zugleich zu einer partiellen Aushöhlung des [X.] im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB wenn der Versiche-rungsnehmer

wie im Streitfall

eine nach Eintritt eines Versicherungs-falls gemäß § 2 Nr. 4.1 [X.] vom Versicherer erklärte Beendigung des Versicherungsschutzes für einen bestimmten Kunden zum Anlass nimmt, diesem Kunden gegenüber Leistungen nur noch gegen unmittelbare [X.] zu erbringen. Auf das anerkennenswerte Interesse des [X.]s, in einer solchen Situation durch besondere Vereinba-rungen sicherzustellen, dass er künftige Leistungen bezahlt bekommt, ohne Gefahr zu laufen, lediglich neue, zudem unversicherbare
Forderun-23
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gen gegen den Kunden zu erwerben, nimmt die [X.] kei-ne Rücksicht. Werden

wie § 5 Nr. 2.1 [X.] dies vorsieht

die auf solche Geschäfte entfallenden,
vom Kunden geleisteten Beträge im Versiche-rungsverhältnis auf die versicherte Forderung angerechnet, hat dies wirt-schaftlich zur Folge, dass der Versicherungsnehmer mittels auf eigenes Risiko neu erbrachter Leistungen seinen Versicherungsschutz [X.] selbst abbaut und die Leistungspflicht des Versicherers ausräumt (vgl. zur ähnlichen Sachlage bei einem Garantieversprechen: [X.], Urteil vom 11. November 1982

[X.], [X.], 151 unter [X.]). Zudem kann er danach den Ausgleich der neu begründeten Forderungen weder von seinem Kunden, welcher diese Forderungen

wie hier

dann bereits angesichts der ausdrücklichen
Tilgungsbestimmung im Rechtsverhältnis zum Versicherungsnehmer erfüllt hat, verlangen, noch genießt er für [X.] Forderungen Versicherungsschutz. Die Gefahr, den zugesagten [X.] auf die beschriebene Art und Weise wieder zu verlie-ren, wird zudem dadurch vergrößert, dass § 5 Nr. 2.1 [X.] jegliche [X.]en

gleichviel aus welchem Rechtsgrund sie erfolgen und ungeach-tet der Frage,
ob ein innerer Zusammenhang zu der ursprünglich versi-cherten Geschäftsbeziehung besteht

der
Anrechnung anheimfallen lässt. Ein so weitgehendes Interesse des Versicherers, seine durch Prä-mienzahlungen des Versicherungsnehmers begründete Leistungspflicht nach Beendigung des Versicherungsschutzes mittelbar auf den Versiche-rungsnehmer abzuwälzen und auf dessen Kosten leistungsfrei zu wer-den, verdient keine Anerkennung (vgl. dazu auch ÖOGH
VersR 2006, 1286). Das Berufungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, in der ge-schilderten Situation eröffne sich im Regelfall nicht die Alternative, die wenigen liquiden Mittel des

regelmäßig in Zahlungsschwierigkeiten be-findlichen

Kunden entweder für die Begleichung seiner Altschulden ein-zusetzen oder sie für die Vergabe neuer Aufträge an den Versicherungs--
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nehmer zu verwenden, weil für den Kunden eine Fortführung seines [X.] ohne diese Geldbeträge oft nicht mehr möglich wäre. Zudem werden bei solchen Bargeschäften dem Vermögen des Kunden keine Werte zu Lasten des Versicherers entzogen, da den Zahlungen des [X.] gleichwertige Leistungen des Versicherungsnehmers in zeitlich un-mittelbarem Austausch gegenüberstehen.

bb) [X.] der Versicherungsnehmer der vorgenannten Konsequenz entgehen, lässt § 5 Nr. 2.1 [X.] ihm nach der Beendigung des [X.] nur die Möglichkeit, die Geschäftsbeziehung zu dem [X.] Kunden einzustellen und damit auch auf mögliche künftige Ge-winne aus dieser Geschäftsverbindung zu verzichten. Die [X.] wirkt insoweit auf unternehmerische Entscheidungen des [X.]s auch noch zu einer [X.] ein, zu der der Versicherer seinerseits nicht mehr bereit ist, Versicherungsschutz für die Geschäfte mit dem betroffenen Kunden zu gewähren. Der [X.] hat bereits entschieden, dass derjenige, der für eine fremde Kreditschuld Si-cherheiten gibt, vom Sicherungsnehmer nicht erwarten kann, dass dieser seinem Schuldner später keine weiteren Kredite mehr gewährt oder [X.] bei der Verrechnung von Teilleistungen des Schuldners unter Zurückstellung eigener Interessen auf die Interessen des Sicherungsge-bers Rücksicht nimmt ([X.], Urteil vom 27. April 1993

[X.], NJW 1993, 2043 unter II 3 m.w.N.). Das lässt sich auf den vorliegenden Fall
übertragen.

Nach allem erscheint die Einflussnahme des Versicherers auf die unternehmerische Entscheidung des Versicherungsnehmers nicht mehr angemessen, zumal nicht erkennbar ist, inwieweit der Abbruch der Ge-schäftsbeziehung des Versicherungsnehmers zu seinem Kunden im Inte-25
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resse des Versicherers liegt. Oftmals wird die Einstellung der Geschäfte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kunden vertiefen und so zu ei-nem endgültigen Ausfall der versicherten Forderung beitragen.

cc) Soweit die Revision darauf verweist, die in § 5 Nr. 2.1 [X.] ge-regelte Verrechnung entspreche der dem Versicherungsnehmer nach §
82 Abs. 1 [X.] obliegenden Pflicht zur Schadenminderung, trifft dies nicht zu. Allerdings bleibt es dem Versicherer auch bei Wegfall der [X.] [X.] unbenommen, Leistungsfreiheit wegen Verstoßes des Versicherungsnehmers gegen die in § 82 Abs. 1 [X.] ge-regelte Schadenminderungsobliegenheit geltend zu machen. Das setzt allerdings

anders als die Verrechnung nach § 5 Nr. 2.1 [X.]

voraus, dass eine versäumte Schadenminderung dem Versicherungsnehmer zu-mutbar (vgl. dazu MünchKomm-[X.]/[X.], § 82 Rn. 34 ff.) ge-wesen wäre und er sie subjektiv vorwerfbar, nämlich grob fahrlässig oder vorsätzlich, unterlassen hat (§ 82 Abs.
3 [X.]). Anders als die Revision meint, ist der Versicherer kollusiven Absprachen zwischen Versiche-rungsnehmer und seinem Kunden, die darauf zielen, den versicherten Schaden mutwillig hoch zu halten, damit keineswegs schutzlos ausgelie-fert.

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b) Eine lediglich mit Blick auf die dargelegte Unwirksamkeit der [X.] eingeschränkte Auslegung des § 5 Nr. 2.1 [X.] hat das Berufungsgericht wegen des Verbots einer geltungserhaltenden Re-duktion der Klausel zutreffend abgelehnt.

[X.]

[X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 09.03.2012 -
418 [X.] 127/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.10.2012 -
9 [X.] -

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Meta

IV ZR 344/12

22.01.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2014, Az. IV ZR 344/12 (REWIS RS 2014, 8483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8483

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 344/12

IV ZR 201/10

IV ZR 24/10

IV ZR 137/10

VII ZR 111/11

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