Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2017, Az. IV ZR 202/16

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15589

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2017:150217BIVZR202.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV [X.]/16
vom

15. Februar 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], Dr.
Karczewski, die Richterin Dr.
Brockmöller und [X.]
Götz

am 15. Februar 2017

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 27.
Juli 2016 gemäß §
552a Satz
1 ZPO [X.].

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Die Klägerin, die gewerbsmäßig Kunststofffenster und -türen herstellt, macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Forderungsaus-fallversicherung geltend. Mit Versicherungsvertrag vom 25.
Oktober 2011 schlossen die Parteien eine Forderungsausfallversicherung mit einer Selbstbeteiligung der Klägerin in Höhe von 20
% für den Zeitraum vom 1.
Januar
2012 bis zum 31.
Dezember 2012. Diese Versicherung wurde 1
-
3
-

von der Klägerin zum 31.
Dezember 2012 gekündigt. In den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im [X.]: [X.]) ist unter anderem bestimmt:

"§ 1 Was ist Vertragsgegenstand?

1. Der Versicherer ersetzt dem Versicherungsnehmer [X.] an einredefreien Forderungen aus Warenlieferungen, Werk-
und Dienstleistungen, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages durch Eintritt des Versicherungs-falls "Nichtzahlung" bei versicherten inländischen oder aus-ländischen Kunden entstehen.

§
2 Was ist generell nicht versichert?

Vom Versicherungsschutz generell ausgeschlossen sind: [X.] nach Beendigung dieses Versicherungsvertrages einge-treten sind.

§ 4 Versicherungsfall "Nichtzahlung"

1. Versicherungsfall ist die Nichtzahlung versicherter [X.]. Er tritt ein, wenn der Versicherungsnehmer [X.] innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit der be-treffenden versicherten Forderung den Versicherer mittels Interventionsauftrag unwiderruflich mit dem Einzug sämtli-cher zu diesem Zeitpunkt fälligen Forderungen beauftragt hat und diese Forderung drei Monate nach [X.] Zugang des [X.] beim Versicherer nicht oder nicht vollständig erfüllt ist.

-
4
-

Im [X.] führte die Klägerin für die W.

H.

GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) Leistungen aus und stellte sie dieser am 22.
Mai 2012 in Höhe von 42.665,40

. Die Schuldnerin zahlte hierauf lediglich 8.000

7.
August 2012 die Beklagte mit der Forderungsbeitreibung des noch of-fenen Restbetrages von 34.665,40

. [X.] teilte der Klägerin
mit, dass die Schuldnerin Einwendungen gegen die Forderung erhebe. Hierzu übermittelte die Beklagte der Klägerin ein Schreiben der Schuldnerin vom 27.
August 2012, in dem sich diese wegen
mangelhaft durchgeführ-ter
Arbeiten sowie nicht oder nur mangelhaft vorgenommener Nachbes-serungen auf Meinungsverschiedenheiten mit der Klägerin berief. Hierzu nahm die Schuldnerin ergänzend Bezug auf zwei E-Mails vom 12.
Juli 2012 und 19.
Juli 2012 an die Klägerin, in denen
unter anderem eine feh-lende Dämmung der Rollladenkästen sowie zu lange Rollladen-Füh-rungsschienen gerügt wurden.

Die Klägerin erwirkte am 30.
November 2012 ein Versäumnisurteil, durch das die Schuldnerin verurteilt wurde, an die Klägerin 34.665,40

nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Der hiergegen von der Schuldnerin erhobene, jedoch nicht begründete Einspruch wurde mit Zweitem Ver-säumnisurteil vom 22.
Januar 2013 verworfen. Am 18.
März 2013 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin fordert von der [X.] die Versicherungsleistung für die ausgefallene Forderung gegen die Schuldnerin abzüglich ihrer Selbstbe-teiligung, insgesamt
27.732,32

s-pflicht am 3.
Mai 2013 ab.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klä-gerin hat keinen Erfolg gehabt.

Das
Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe bereits deshalb kein Versicherungsschutz zu, weil ihre 2
3
4
-
5
-

Forderung bestritten und daher gemäß §
2 [X.] vom [X.] ausgeschlossen gewesen sei. Ob ein substantiiertes Bestreiten der Forderung erforderlich sei, könne hier offen bleiben, weil die Schuld-nerin mit ihren E-Mails vom 12.
und 19.
Juli 2012 gegenüber der Klägerin nach einer erfolgten Baustellenbegehung für im Einzelnen aufgeführte Arbeiten Nachbesserung oder Fertigstellung gefordert habe, so dass [X.] ein substantiiertes Bestreiten der [X.] vorgelegen habe. Nicht entscheidungserheblich sei, ob das Bestreiten der Forderung noch bei Erteilung des [X.] und/oder während der dreimonatigen Wartefrist des §
4 Nr.
1 [X.] und/oder bis zum Ende der Vertragslaufzeit gegeben sein müsse. Denn die [X.] der Klägerin sei durch die Schuldnerin zu allen diesen Zeitpunkten bestritten worden, da sie ihr Bestreiten nie zurückgenommen und/oder die Forde-rung der Klägerin anerkannt habe. Das Bestreiten der Werklohnforde-rung sei erst mit der rechtskräftigen Feststellung der Forderung durch das Zweite Versäumnisurteil vom 22.
Januar 2013 entfallen. Zu diesem Zeitpunkt sei das Versicherungsverhältnis indessen bereits beendet ge-wesen. Die Klausel begegne auch im Hinblick auf Intransparenz oder unangemessene Benachteiligung im Sinne von §
307 Abs.
1 BGB keinen Bedenken. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde §
2 [X.] so verstehen, dass dieser keinen Einschränkungen unterliegen solle und deshalb nach dem Klauselwortlaut alle von dem Kunden bestrittenen

egal aus welchem Grund und ob berechtigt oder nicht

Forderungen ausgeschlossen seien. Auch aus dem erkennbaren Zweck
der Klausel ergebe sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht, dass die Begründetheit des Bestreitens des Kunden von der [X.] zu [X.] wäre oder dem Versicherungsnehmer der Nachweis der Unbegrün-detheit des Bestreitens offen stünde. Der durchschnittliche Versiche-rungsnehmer erkenne nämlich, dass die Forderungsausfallversicherung -
6
-

dem Versicherungsnehmer keinen allumfassenden Schutz gegen den Ausfall von Forderungen gegen Kunden biete.
Der Versicherungsnehmer habe seinerseits die Möglichkeit, selbst das Bestehen der Forderung feststellen zu lassen und im [X.] an die Nichtzahlung durch den Kunden Versicherungsschutz in Anspruch zu nehmen. Auch aus den [X.] Versicherungsbedingungen ergebe sich, dass der Versicherer eine Prüfung der Berechtigung der Forderung nicht vornehmen, sondern le-diglich den Versicherungsnehmer von dem gegebenenfalls langwierigen Einzug nicht bezahlter Forderungen freistellen wolle.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
Begehren weiter.

I[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO liegen nicht vor. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§
552a Satz
1 ZPO).

1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543
Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 ZPO, die das Berufungsgericht hier angenommen hat, kommt einer Rechtssache nicht schon deshalb zu, weil die Entscheidung von der [X.] einer Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen abhängt. Erforderlich ist weiter, dass deren Auslegung über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder in den be-teiligten Verkehrskreisen umstritten ist (Senatsbeschluss vom 23. Sep-tember
2015
-
IV ZR 484/14, [X.], 388
Rn.
14
m.w.[X.]), die Rechtssache damit eine Rechtsfrage als im konkreten Fall entschei-dungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts berührt. [X.] ist eine 5
6
7
-
7
-

Rechtsfrage dann, wenn sie vom [X.] bisher nicht ent-schieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich be-antwortet wird oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen dazu
vertreten werden (Senatsbeschluss vom 23. September 2015 aaO).

Danach ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht gegeben. Die Re-vision zeigt

ebenso wie das Berufungsgericht

nicht auf, dass über die Auslegung der hier von der [X.] verwendeten Klausel in Recht-sprechung und/oder Schrifttum unterschiedliche Auffassungen [X.]. Unter welchen Voraussetzungen in der Forderungsausfallversiche-rung Versicherungsschutz zu gewähren ist, hängt maßgeblich von der Formulierung der verwendeten Risikobeschreibung ab (Schneider in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3. Aufl. § 24 Rn. 20). Die hier zu beurteilende Klausel weicht insoweit von ande-ren Bedingungen in der Forderungsausfallversicherung ab, als sie nicht

wie diese

voraussetzt, dass die Forderung des Versicherungsnehmers gegen den Schuldner durch ein rechtskräftiges Urteil oder einen voll-streckbaren Vergleich festgestellt worden ist (vgl. hierzu die [X.], die dem Senatsurteil vom 28.
Oktober 2015
IV ZR 269/14, [X.], 74 Rn.
1
zugrunde lagen; ferner Musterbedingungen BB-PHV Ziff.
8.1.1 und 8.3, abgedruckt bei [X.], [X.] 2.
Aufl. S.
674
f.; [X.]/[X.], BBR-PHV Rn.
130; HK-VVG/[X.], 3.
Aufl. A
3-2
[X.]-PHV). Die hier ver-wendeten Bedingungen setzen demgegenüber einen vollstreckbaren [X.] nicht voraus. Vielmehr ersetzt der Versicherer dem Versicherungs-nehmer nach §
1 Nr.
1 [X.] bereits Ausfälle an einredefreien Forderun-gen, ohne dass diese tituliert sein müssen. Nach §
2 [X.] sind vom [X.] unter anderem
bestrittene Forderungen [X.]
-
8
-

sen. Rechtsprechung und/oder Schrifttum zu diesen besonderen Bedin-gungen in der Forderungsausfallversicherung mit unterschiedlichen
Auf-fassungen
zu
ihrer
Auslegung sind nicht ersichtlich und werden
auch von der Revision nicht aufgezeigt. Dem Senatsbeschluss
vom 13.
Februar 2013 lagen ebenfalls andere als die hier verwendeten Bedingungen zu-grunde (IV ZR 260/12, [X.], 282 Rn.
2-4).

2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. §
2 [X.] hält entgegen der Auffassung der Revision einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand.

a) Zunächst verstößt die Klausel nicht gegen das Transparenzge-bot des §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB. Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen, Rechte und Pflich-ten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustel-len. Eine Klausel muss nicht nur in ihrer Formulierung für den durch-schnittlichen Vertragspartner verständlich sein, sondern darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Das Transparenz-gebot verlangt ferner, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bereits
im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder
nicht
(Senatsurteil vom 6.
Juli 2016

IV ZR 44/15, [X.], 1177 Rn.
30 m.w.[X.]; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind hierbei so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdi-gung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismög-9
10
-
9
-

lichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster [X.] ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der [X.] sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versiche-rungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 6.
Juli 2016 aaO Rn.
17 m.w.[X.]).

Auf dieser Grundlage liegt hier
ein Verstoß gegen das Transpa-renzgebot nicht vor. Die Klausel in §
2 [X.] ist nach ihrem Wortlaut, von dem der durchschnittliche Versicherungsnehmer zunächst ausgeht, weit auszulegen. Hiernach ist vom Versicherungsschutz generell jede Art von bestrittenen Forderungen des Versicherungsnehmers ausgeschlossen. Es kommt nicht darauf an, ob der Schuldner des Versicherungsnehmers dessen Forderung mit Substanz oder nur pauschal bestritten hat. Ebenso wenig ist durch den Versicherer nachzuprüfen, ob das Bestreiten der Forderung durch den Schuldner berechtigt ist oder nicht. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass der Schuldner die Forderung des [X.]s bestritten hat. In diesem Verständnis wird der [X.] auch durch den Blick auf §
1 Nr.
1 [X.] bestärkt, der bestimmt, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer Ausfälle an einredefreien Forderungen ersetzt. Auch der Begriff der Einredefreiheit ist nicht näher eingegrenzt. Der Versicherungsnehmer wird §
2 [X.] da-her so verstehen, dass sämtliche
vom Schuldner
bestrittene
Forderun-gen, ohne dass es hierbei
auf die Einhaltung einer bestimmten Form für das Bestreiten ankommt, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Ohne Erfolg macht die Revision
weiter
geltend, §
2 [X.] sei nicht zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt die angemeldete Forderung bestrit-11
12
-
10
-

ten werden müsse, um den Versicherungsschutz auszuschließen. Hier wird sich einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer durch einen Blick auf §
4 Nr.
1 [X.] und nach dem auch für ihn erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel erschließen, dass es auf den Zeitpunkt des [X.] "Nichtzahlung"
ankommt. Nur bei Eintritt dieses [X.] besteht Versicherungsschutz, so dass sich auch der [X.] des §
2 [X.] nur auf diesen Zeitraum beziehen kann. Maßgebend ist mithin, ob der Schuldner die Forderung innerhalb der Frist des §
4 Nr.
1 [X.] bestritten hat. Dies ist hier
wie das Berufungs-gericht rechtsfehlerfrei ausführt

der Fall, da die Schuldnerin bereits mit ihren E-Mails vom 12.
und 19.
Juli 2012 die Forderung der Klägerin be-stritten und hieran mit ihrem Schreiben an die Beklagte vom 27.
August 2012 festgehalten hat. Dieses Bestreiten hat die Schuldnerin auch in der Folgezeit nicht aufgegeben, wie sich auch aus ihrem Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 30.
November 2012 ergibt.
Dass sie den [X.] in der Folgezeit nicht weiter begründet hat und gegen sie dann am 22.
Januar 2013 Zweites Versäumnisurteil erging, ist demgegenüber

anders als die Revision meint

unerheblich.

b) In dieser Auslegung hält die Klausel ferner einer Inhaltskontrolle gemäß §
307 Abs.
2 Nr.
2 BGB stand. Hiernach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zweifel als unangemessene Be-nachteiligung anzusehen, wenn sie wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, dass die Er-reichung des Vertragszwecks gefährdet ist. § 307 Abs.
2 Nr.
2 [X.] nicht jede Leistungsbegrenzung. Unzulässig ist die Begrenzung erst dann, wenn sie den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt
und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (Senatsurteile 13
-
11
-

vom 25.
Juli 2012
IV ZR 201/10, [X.], 208 Rn.
18; vom 12.
März 2014
[X.], juris Rn.
23).

Davon kann hier keine Rede sein. Der sich auch für den durch-schnittlichen Versicherungsnehmer erschließende Sinn und Zweck einer Forderungsausfallversicherung erfordert nicht, dass im Falle eines Be-streitens der Forderung durch den Schuldner entweder der Versicherer verpflichtet wäre, die Berechtigung dieses Bestreitens zu überprüfen,
oder dem Versicherungsnehmer außerhalb eines gerichtlichen Verfah-rens gegen den Schuldner der Beweis zustünde, dass das Bestreiten unbegründet ist. Die
hier in Streit stehende
Forderungsausfallversiche-rung dient, wie sich aus dem Zusammenspiel der Regelungen in §§
1, 2, 4 [X.] ergibt, dazu,
das Risiko des Versicherungsnehmers abzusichern, der eine einredefreie und unbestrittene Forderung gegen den Schuldner nicht durchzusetzen vermag, weil dieser seiner bestehenden [X.] nicht nachkommt. Die Forderungsausfallversicherung hat demgegenüber nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer das Risiko der Durchsetzung von Forderungen abzunehmen, deren Bestand dem Grunde und/oder der Höhe nach streitig ist. Sie gewährt daher von [X.] keinen allumfassenden Schutz gegen den Ausfall von Forderun-gen des Versicherungsnehmers, sondern nimmt ihm nur das Risiko der Zahlungsunfähigkeit
des Schuldners bei einredefreien und unstreitigen Forderungen ab.

Zu Unrecht rügt die Revision, es sei dem Versicherungsnehmer im Falle eines Bestreitens der Forderung durch den Schuldner nicht mög-lich, innerhalb der Fristen von §
4 Nr.
1 [X.] das Bestehen der Forde-rung feststellen zu lassen und im [X.] an die Nichtzahlung durch den Schuldner Versicherungsschutz seitens der [X.] in Anspruch zu nehmen. Gemäß §
4
Nr.
1 [X.] ist Versicherungsfall die Nichtzahlung 14
15
-
12
-

versicherter Forderungen. Nicht versicherte Forderungen sind gemäß § 2 [X.] unter anderem bestrittene Forderungen. Wird

wie im vorliegenden Fall

eine zunächst bestrittene Forderung später durch rechtskräftiges Urteil festgestellt, so handelt es sich erst ab der Rechtskraft um eine versicherte Forderung im Sinne von §
4 Nr.
1 [X.]. Erst dann können bei einem am Sinn und Zweck der Klausel orientierten Verständnis die dort genannten Fristen zu laufen beginnen. Der durchschnittliche Versiche-rungsnehmer wird die Klauseln in §§
1 und 2 [X.] dahin verstehen [X.], dass Versicherungsschutz jedenfalls ab dem Zeitpunkt besteht, an dem die von ihm geltend gemachte Forderung rechtskräftig tituliert ist. Hier kam Versicherungsschutz für die Klägerin auf dieser Grundlage
al-lerdings deshalb nicht in Betracht, weil im Zeitpunkt des Erlasses des [X.] gegen die Schuldnerin am 22.
Januar 2013 der Versicherungsschutz wegen der Beendigung des [X.] zum 31.
Dezember 2012 bereits erloschen war.

Soweit sich die Revision ferner darauf beruft, es entspreche der Lebens-
und Berufserfahrung, dass Schuldner in beengter finanzieller Si-tuation gelegentlich dazu neigten, die Forderung mit einer hergeholten Begründung oder ins Blaue hinein zu bestreiten, so mag dahinstehen, ob und
in welchem Umfang dies zutrifft. Gerade von der Prüfung dieser [X.], ob das Bestreiten einer Forderung im Einzelfall in der Sache berech-tigt ist oder nicht, will sich die Beklagte entlasten. Sie will dem Versiche-rungsnehmer für ihn erkennbar lediglich das Risiko der [X.] einredefreier und unbestrittener Forderungen abnehmen. Anders als in den in der Forderungsausfallversicherung sonst vielfach
verwendeten Bedingungen verzichtet die Beklagte hier darauf, dass die
versicherte Forderung
zunächst
durch ein rechtskräftiges Urteil oder einen voll-streckbaren Vergleich festgestellt sein muss. Unabhängig von einer [X.]
-
13
-

lierung der Forderung tritt die Beklagte bereits dann ein, wenn die
Forde-rung
einredefrei und unbestritten ist. Darin liegt
keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Es ist nicht Aufgabe des Versicherers einer Forderungsausfallversicherung, in langwierigen Ver-fahren zu klären, ob und inwieweit vom Kunden des Versicherungsneh-mers erhobene Einwendungen und Einreden gegen Grund und/oder [X.] der vom Versicherungsnehmer angemeldeten Forderung berechtigt oder ob die Einreden substantiiert sind oder nicht.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

Dr. [X.]Dr. Götz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.07.2015 -
10 [X.] 39/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.07.2016 -
10 U 859/15 -

Meta

IV ZR 202/16

15.02.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2017, Az. IV ZR 202/16 (REWIS RS 2017, 15589)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15589

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 202/16 (Bundesgerichtshof)

Inhaltskontrolle für Allgemeine Versicherungsbedingungen einer Forderungsausfallversicherung: Deckungsausschluss für bestrittene Forderungen


IV ZR 269/14 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 269/14 (Bundesgerichtshof)

Privathaftpflichtversicherung: Leistungsfreiheit wegen „ungewöhnlichen und gefährlichen Tuns“; Voraussetzung eines „rechtskräftig gewordenen und vollstreckbaren Titels“ in …


9 U 244/15 (Oberlandesgericht Köln)


IV ZR 344/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 202/16

IV ZR 484/14

IV ZR 269/14

IV ZR 260/12

IV ZR 44/15

IV ZR 201/10

IV ZR 255/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.