Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2014, Az. IV ZR 343/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8528

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 343/12

Verkündet am:

22.
Januar 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 Bk, [X.]; [X.] Warenkreditversicherung (hier: §
5 Nr. 2.1 [X.] [X.] 2007)

Eine Klausel in einer Warenkreditversicherung, welche bestimmt, dass nach Beendi-gung des -
einen bestimmten Kunden betreffenden -
Versicherungsschutzes sämtli-che beim Versicherungsnehmer eingehenden Zahlungen dieses Kunden in [X.] auf die jeweils älteste offene Forderung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Kunden anzurechnen sind, ist unwirksam.

[X.], Urteil vom 22.
Januar 2014 -
IV ZR 343/12 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
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-

Der IV.
Zivilsenat des [X.]
hat durch die [X.] Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die [X.] Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2014

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.] Ober-landesgerichts [X.]

9. Zivilsenat

vom 16. Oktober 2012 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

der bei der [X.] gehaltenen Warenkreditversicherung, welcher "All-gemeine Versicherungsbedingungen für die Warenkreditversicherung-M
[X.] [X.] 2007
(Fassung 2008)"
zugrunde
liegen
(im [X.]: [X.]).

Darin heißt es unter anderem:

"§ 2 Der in die Versicherung eingeschlossene Kunde

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3
-

3.

Forderungen sind in der Reihenfolge ihres Entstehens ver-sichert.

Forderungen, die die Versicherungssumme übersteigen, rücken erst und insoweit in den Versicherungsschutz nach, als durch die Bezahlung versicherter Forderungen inner-

Ein Nachrücken von Forderungen ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsschutz gemäß § 2 Nr. 4 [X.] endet.

4.
Wann endet der Versicherungsschutz? Kann der Versi-cherungsschutz beschränkt werden?

4.1 Bei Gefahrerhöhung oder aus sonstigen wichtigen Gründen können wir den Versicherungsschutz für den [X.] oder für die Gesamtheit aller Kunden mit Sitz in einem Land beschränken oder aufheben.

§ 5 Die Berechnung des versicherten Ausfalls

Grundlage für die Berechnung Ihrer Entschädigungsleis-tung sind Ihre offenen versicherten Forderungen zum Zeit-punkt des Eintritts des Versicherungsfalles. Der versicherte Ausfall wird wie folgt berechnet:

2.1 Beträge, die nach Beendigung des [X.] gemäß § 2 Nr. 4 [X.] eingehen, werden, unabhängig von abweichenden Tilgungsbestimmungen, grundsätzlich auf die jeweils älteste offene Forderung angerechnet."

Im Rahmen dieses Versicherungsvertrages gewährte die Beklagte der Klägerin im Juli 2010 Versicherungsschutz für Forderungen gegen-über einer [X.] Kundin. Die diesbezügliche [X.]
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summe , wovon die Beklagte eine Versicherungsquote von 80% übernahm. Nachfolgend trat unstreitig der Versicherungsfall ein, nachdem
die Kundin drei Rechnungen der Klägerin vom 31.
August sowie
11.
und 13.
September 2010 über insgesamt 51.491,39

nicht be-zahlt
hatte. Auf die Schadenmeldung der Klägerin
erklärte
die Beklagte mit Schreiben vom 22. September 2010 die "Aufhebung der Versiche-rungssumme"
für die betreffende
Kundin. Weiter heißt es zur Erläute-rung:

"g hat sich unsere Bewertung geändert.

Bitte sorgen Sie für einen möglichst zügigen Abbau Ihrer Forderungen

Jede vor Eintritt des Versicherungsfalles erhaltene [X.] wird auf die jeweils älteste Forderung angerechnet. Diese Regelung gilt auch für Zahlungen auf solche Liefe-rungen, die Sie ggf. nach Aufhebung der [X.] ausführen.

Hinweis: Ab Zugang dieses Schreibens sind auch Neulie-ferungen im Rahmen der Selbstprüfung (soweit [X.]) unversichert."

Leistungen
an die Kundin erbrachte die Klägerin fortan nur noch gegen Vorkasse oder Barzahlung.
So nahm sie im Zeitraum vom 7.
Okto-ber 2010 bis 17.
November 2010
insgesamt 78.711,87

Mit [X.] vom 17. März 2011 lehnte die Beklagte Versicherungsleistungen un-ter Berufung auf § 5 Nr. 2.1 [X.] ab, weil diese Zahlungen der Kundin Forderung mehr zur Entschädigung
verbleibe.
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Die Klägerin meint, diese Verrechnung sei ohne Rechtsgrund ge-schehen; die [X.] des § 5 Nr. 2.1 [X.] erfasse nur [X.] während des versicherten Zeitraums. Anderenfalls sei die Klausel unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige.

Die Beklagte hält die Klausel für [X.], weil sie
das versicherte Risiko objektiv begrenze und insbesondere vermeide, dass ein Versicherungsnehmer den Umfang der zu entschädigenden Forde-rungen durch besondere Verrechnungsvereinbarungen mit seinem [X.] willkürlich aufrechterhalte. Die Vereinbarung von Bargeschäften
könne sonst verhindern, dass verfügbares Vermögen des Kunden zur Tilgung versicherter Altschulden verwendet werde. Das widerspreche schutzwürdigen Belangen des Versicherers.

Die Vorinstanzen haben die
Klage für begründet erachtet. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht
hält die
[X.] des § 5 Nr.
2.1 [X.] für unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer unange-messen benachteilige (§ 307 BGB). Die Klausel erfasse ihrem Wortlaut nach alle beim Versicherungsnehmer eingehenden Beträge, ohne da-5
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nach zu unterscheiden, ob es sich um Kundenzahlungen handele, auf die sich der Versicherungsschutz beziehe, ob die Zahlungen von [X.], ob den Zahlungen Geschäftsbeziehungen zwischen dem [X.] und seinem Kunden zugrunde lägen oder Schadener-satzverpflichtungen aus unerlaubter Handlung. Sie unterscheide weiter auch nicht danach, ob eine Tilgungsbestimmung einseitig vom Kunden getroffen oder zwischen ihm und dem Versicherungsnehmer vereinbart sei. Anders als das [X.] sieht das Berufungsgericht keinen Anhalt für eine einschränkende Auslegung der Klausel. Von einer solchen seien die Parteien auch nicht übereinstimmend ausgegangen, wie daran er-sichtlich werde, dass jedenfalls die Beklagte sich auch im Rechtsstreit uneingeschränkt auf den [X.] berufen habe.

In dieser weiten Auslegung verstoße die [X.] ge-gen § 307 Abs. 1 Satz
1 BGB.
Das ergebe eine umfassende Abwägung der schützenswerten Interessen der Parteien. Auch wenn ein berechtig-tes Interesse des Kreditversicherers an der Verhinderung eines kollusi-ven Zusammenwirkens von Versicherungsnehmer und Kunden zu seinem Nachteil anzuerkennen sei, seien berechtigte Belange des [X.] nicht hinreichend beachtet.

Einer Einschränkung der [X.] dahingehend, Fälle des [X.],
der einseitigen Tilgungsbestimmung des Kunden oder des von der Geschäftsbeziehung zwischen Versicherungsnehmer und Kunden unabhängigen [X.] einer Forderung
vom Anwen-dungsbereich auszunehmen, stehe das
Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion entgegen.

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I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, die Anrech-nungsklausel des § 5 Nr. 2.1 [X.] könne nicht einschränkend dahin
aus-gelegt werden, dass sie nur Kundenzahlungen erfasse, auf die sich der Versicherungsschutz beziehe und denen Geschäftsbeziehungen zwi-schen dem Versicherungsnehmer und seinem Kunden zugrunde lägen. Der Klausel kann ferner nicht entnommen werden, dass sie keine [X.] in Fällen beansprucht, in denen lediglich der Kunde des [X.] eine einseitige Tilgungsbestimmung trifft.

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach dem [X.] eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei [X.] Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des er-kennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versiche-rungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit

auch

auf seine Interes-sen an (Senatsurteile vom 23. Juni 1993

[X.], [X.]Z 123, 83, 85 m.w.N.; vom 25. Juli 2012

IV ZR 201/10; [X.]Z 194, 208 Rn. 21 m.w.N.). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich [X.] zu interpretieren (Senatsurteil vom 15.
Dezember 2010

IV ZR 24/10, [X.], 202 Rn. 10 m.w.N.; [X.]/[X.], 2.
Aufl. Einleitung Rn. 68). In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszuge-hen. Der mit ihr verfolgte Zweck und ihr Sinnzusammenhang sind zusätz-lich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkenn-bar sind (vgl. Senatsurteile vom 25. Juli 2012 aaO
m.w.N.;
vom 9. März 2011 -
IV ZR 137/10, [X.], 518 Rn. 16 f.).
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b) Der Wortlaut des § 5 Nr. 2.1 [X.] bestimmt, dass die nach Be-endigung des Versicherungsschutzes eingehenden Beträge ungeachtet etwa abweichender Tilgungsbestimmungen in Ansehung des [X.] auf die jeweils älteste offene Forderung des [X.]s gegen seinen Kunden angerechnet werden. Soweit die Klausel zum Ausdruck bringt, dies sei "grundsätzlich"
der Fall, lässt sie nicht erkennen, anhand welcher Umstände von diesem Grundsatz abge-rückt werden soll oder kann. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sie deshalb so verstehen, dass sie keinen Einschränkungen unter-liegen soll. Da die anzurechnenden Beträge weder inhaltlich noch zeitlich oder nach der Person des Leistenden weiter eingegrenzt werden, sind nach dem [X.] alle Leistungen an den Versicherungsnehmer aus seinen gesamten Rechtsbeziehungen zum betreffenden Kunden [X.].
Da sich
die Klausel gerade auf diejenigen Beträge bezieht, die nach einer gemäß § 2 Nr. 4 [X.] eingetretenen Beendigung des [X.] beim Versicherungsnehmer eingehen, findet
Letzterer keinerlei Anhalt dafür, dass dennoch nur solche Kundenzahlungen von der Anrechnung erfasst werden sollen, deren Rechtsgrund in versicherter Zeit liegt.

Auch aus dem erkennbaren Zweck der Klausel und dem [X.] Zusammenhang, in den sie gestellt ist, ergibt sich für den durch-schnittlichen Versicherungsnehmer keine ihm günstige Einschränkung. Er erkennt, dass dem Versicherer daran gelegen ist, auch nach [X.] sämtliche beim Versicherungsnehmer eingehenden
Leistungen des betroffenen Kunden ungeachtet ihres Zwecks oder [X.] dafür heranzuziehen, versicherte Außen-stände abzubauen und
so die Versicherungsleistung zu kürzen. Den
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gelungen
in § 2 Nr. 4.1 und § 2 Nr. 3 [X.] entnimmt er zudem, dass der Versicherer einerseits den Versicherungsfall zum Anlass nehmen kann, den Versicherungsschutz für
künftige Forderungen gegen
den säumigen Kunden zu beenden, andererseits aber dem Versicherungsnehmer infol-ge der Verrechnung entstehende
neue

dann nicht mehr versicherte

Forderungsausfälle nicht in den geschützten Bestand nachrücken [X.]. Das bestärkt ihn darin, dass der Versicherer
auch
alle
unversicher-ten, aber vom Kunden ausgeglichenen Forderungen dazu heranziehen will, um seine Leistungspflicht
aus dem Versicherungsverhältnis
nach-träglich zu verringern.
Anhaltspunkte dafür,
dass die Verrechnungsmög-lichkeit auf in versicherter Zeit begründete Forderungen beschränkt
blie-be, kann der Versicherungsnehmer auch auf diesem Wege nicht gewin-nen.

c) Anders als bei der vom [X.][X.] Zivilsenat des [X.] zu einer ähnlich lautenden [X.] im Rahmen eines Ausfuhr-garantieversprechens getroffenen Entscheidung (vgl. [X.], Urteil vom 11. November 1982

[X.], [X.], 151 unter [X.]) lässt sich im Streitfall nicht feststellen, dass die Parteien der streitgegenständlichen [X.] ungeachtet des weiten Wortlauts übereinstimmend einen nur eingeschränkten Regelungsgehalt beigemessen hätten. [X.] zeigt das Vorbringen der
[X.], dass sie sich
uneingeschränkt auf die
nach dem [X.] weit gefasste Anrechnungsmöglichkeit berufen hat.

2. In der dargelegten weiten Auslegung hält die [X.] des § 5 Nr. 2.1
[X.] der Inhaltskontrolle nach § 307
Abs. 1 Satz
1 BGB nicht stand. Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer entgegen
den Geboten von Treu und
Glauben unangemessen, weil der 17
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Versicherer mit ihr durch einseitige Vertragsgestaltung
missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Versicherungsnehmers durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu [X.] (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juli 2012

IV ZR 201/10, [X.]Z 194, 208 Rn. 31 m.w.N.).
Zugleich werden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers, welche sich aus der Natur des Versiche-rungsvertrages ergeben,
so weit eingeschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

a) Das ergibt die insoweit gebotene umfassende Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien des Versicherungsvertrages (vgl. dazu [X.], Urteile
vom 8. Dezember 2011

[X.], NJW-RR 2012, 626 Rn. 15; vom 17. Dezember 2002

[X.], [X.], 448 unter 2 b cc m.w.N.; vom 3. November 1999

[X.], [X.]Z 143, 103, 113 m.w.N.).

Allerdings ist das mit der Klausel verfolgte Interesse des Versiche-rers
im Grundsatz anzuerkennen, den versicherten
Schaden nach [X.] zu begrenzen und insbesondere zu verhindern, dass der [X.] und sein Kunde den eingetretenen Forderungsausfall der Höhe nach in dem Bestreben aufrechterhalten, eine möglichst hohe Versicherungsleistung zu erlangen und verbleibende finanzielle Mittel des Kunden stattdessen anderweitig einzusetzen.
Der Regelungsgehalt der [X.] geht jedoch in mehrfacher Hinsicht weit über diese Zielsetzung und den Rahmen verständiger Interessenwahrung hin-aus und beachtet damit nicht ausreichend schützenswerte Belange des Versicherungsnehmers.
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aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, können diejenigen Forderungen, die mittels einer von der Anrechnungsregelung in §
5 Nr. 2.1 [X.] abweichenden Bestimmung getilgt werden sollten, nicht gemäß § 2 Nr. 3 [X.] in den Versicherungsschutz nachrücken. [X.] sie bereits begründet worden, als noch Versicherungsschutz [X.], scheitert ihre Versicherung daran, dass sie infolge der vom [X.] bewirkten Tilgung objektiv nicht mehr bestehen. [X.] sie erst nach Beendigung des Versicherungsschutzes
begründet, scheidet ein Nachrücken gemäß § 2 Nr. 3 letzter Satz [X.] ohnehin aus.

Das führt vor allem dann zu einer dem Versicherungsnehmer nicht zumutbaren Härte und zugleich zu einer partiellen Aushöhlung des [X.] im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB,
wenn der [X.]

wie im Streitfall

eine nach Eintritt eines Versicherungs-falls gemäß
§ 2 Nr. 4.1 [X.] vom Versicherer erklärte Beendigung des Versicherungsschutzes für einen bestimmten
Kunden zum Anlass nimmt, diesem Kunden gegenüber Leistungen nur noch Zug um Zug gegen Be-zahlung zu erbringen
oder mit ihm Bargeschäfte im Sinne von § 142 In-sO zu vereinbaren.
Auf das

gerade wegen des Wegfalls des [X.]

anerkennenswerte Interesse des Versicherungsneh-mers, in einer solchen Situation durch besondere Vereinbarungen si-cherzustellen, dass er künftige Leistungen bezahlt bekommt, ohne Ge-fahr zu laufen, lediglich neue, zudem unversicherte Forderungen gegen den Kunden zu erwerben, nimmt die [X.] keine Rück-sicht. Werden

wie § 5 Nr. 2.1 [X.] dies vorsieht

die auf solche Ge-schäfte entfallenden, nach Beendigung des Versicherungsschutzes vom Kunden geleisteten
Beträge
im Versicherungsverhältnis stattdessen auf die versicherte Forderung angerechnet, hat dies wirtschaftlich zur Folge, 21
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dass der Versicherungsnehmer mittels auf eigenes Risiko
neu erbrachter Leistungen seinen Versicherungsschutz schrittweise selbst abbaut
und die Leistungspflicht des Versicherers ausräumt (vgl. zur ähnlichen Sach-lage bei einem Garantieversprechen: [X.], Urteil vom 11. November 1982

[X.], [X.], 151 unter [X.]).
Zudem kann er danach den Ausgleich der neu begründeten Forderungen weder von seinem Kunden, welcher diese Forderungen dann bereits im Rechtsverhältnis zum Versicherungsnehmer wirksam getilgt hat, verlangen, noch genießt er für diese Forderungen Versicherungsschutz.
Die Gefahr, den zuge-sagten Versicherungsschutz auf die beschriebene Art und Weise wieder zu verlieren, wird zudem dadurch vergrößert, dass § 5 Nr. 2.1 [X.] jegli-che Zahlungen

gleichviel aus welchem Rechtsgrund sie erfolgen und ungeachtet der Frage,
ob ein innerer Zusammenhang zu der ursprünglich versicherten Geschäftsbeziehung besteht

der
Anrechnung anheimfallen lässt.
Ein so weitgehendes Interesse des Versicherers, seine durch Prä-mienzahlungen des Versicherungsnehmers begründete Leistungspflicht nach Beendigung des Versicherungsschutzes mittelbar auf den [X.] abzuwälzen
und auf dessen Kosten leistungsfrei zu wer-den, verdient keine Anerkennung
(vgl. dazu auch ÖOGH
VersR 2006, 1286). Das Berufungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, in der ge-schilderten Situation eröffne sich im Regelfall nicht die Alternative, die wenigen liquiden Mittel des

regelmäßig in Zahlungsschwierigkeiten be-findlichen

Kunden entweder für die Begleichung seiner
Altschulden ein-zusetzen oder sie für die Vergabe neuer
Aufträge an den Versicherungs-nehmer zu verwenden,
weil für den Kunden eine Fortführung seines [X.] ohne diese Geldbeträge oft nicht mehr möglich wäre. Zudem werden bei solchen Bargeschäften dem Vermögen des Kunden keine Werte zu Lasten des Versicherers entzogen, da den Zahlungen des Kun--
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den gleichwertige Leistungen des Versicherungsnehmers
in zeitlich un-mittelbarem Austausch gegenüberstehen.

bb) [X.] der Versicherungsnehmer der vorgenannten Konsequenz entgehen, lässt § 5 Nr. 2.1 [X.]
ihm nach der Beendigung des [X.] nur die Möglichkeit, die Geschäftsbeziehung zu dem [X.] Kunden einzustellen
und damit auch auf mögliche künftige Ge-winne aus dieser Geschäftsverbindung zu verzichten. Die [X.] wirkt insoweit auf unternehmerische Entscheidungen des [X.]s auch noch zu einer Zeit ein, zu der der Versicherer seinerseits nicht mehr bereit ist, Versicherungsschutz für die Geschäfte mit dem betroffenen Kunden zu gewähren. Der [X.] hat bereits entschieden, dass derjenige, der für eine fremde Kreditschuld Si-cherheiten gibt, vom Sicherungsnehmer nicht erwarten kann, dass dieser seinem Schuldner später keine weiteren Kredite mehr gewährt oder [X.] bei der Verrechnung von Teilleistungen des Schuldners unter Zurückstellung eigener Interessen auf
die Interessen des Sicherungsge-bers Rücksicht nimmt ([X.], Urteil vom 27.
April 1993

[X.], NJW 1993, 2043 unter [X.] 3 m.w.N.). Das lässt sich auf den vorliegenden Fall übertragen.

Nach allem erscheint die Einflussnahme des Versicherers auf die unternehmerische Entscheidung des Versicherungsnehmers nicht mehr angemessen, zumal nicht erkennbar ist, inwieweit der Abbruch der Ge-schäftsbeziehung des Versicherungsnehmers zu seinem Kunden im [X.] liegt. Oftmals wird die Einstellung der Geschäfte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kunden vertiefen und so zu ei-nem endgültigen Ausfall der versicherten Forderung beitragen.

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cc) Soweit die Revision darauf verweist, die in § 5 Nr. 2.1 [X.] ge-regelte Verrechnung entspreche der
dem Versicherungsnehmer nach §
82 Abs. 1 [X.] obliegenden Pflicht zur Schadenminderung,
trifft dies nicht zu. Allerdings
bleibt es dem Versicherer auch bei Wegfall der [X.] [X.] unbenommen, Leistungsfreiheit wegen Verstoßes des Versicherungsnehmers gegen die in § 82 Abs. 1 [X.] ge-regelte Schadenminderungsobliegenheit geltend zu machen.
Das setzt allerdings

anders als die Verrechnung nach § 5 Nr. 2.1 [X.]

voraus, dass eine versäumte Schadensminderung dem Versicherungsnehmer zumutbar (vgl. dazu MünchKomm-[X.]/[X.], § 82 Rn. 34 ff.) gewesen wäre und er sie subjektiv vorwerfbar, nämlich grob fahrlässig oder vorsätzlich,
unterlassen hat (§ 82 Abs. 3 [X.]).
Anders als die Re-vision meint, ist der
Versicherer
kollusiven Absprachen zwischen [X.] und seinem Kunden, die darauf zielen, den versicherten Schaden mutwillig hoch zu halten, damit keineswegs schutzlos ausgelie-fert.
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b) Eine lediglich mit Blick auf die dargelegte Unwirksamkeit der [X.] einschränkende
Auslegung des § 5 Nr. 2.1 [X.] hat das Berufungsgericht wegen des Verbots einer geltungserhaltenden Re-duktion der Klausel zutreffend abgelehnt.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 27.04.2012 -
306 O 19/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.10.2012 -
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Meta

IV ZR 343/12

22.01.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2014, Az. IV ZR 343/12 (REWIS RS 2014, 8528)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8528

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

IV ZR 343/12

IV ZR 201/10

IV ZR 24/10

IV ZR 137/10

VII ZR 111/11

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