Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.12.2021, Az. 28 W (pat) 35/20

28. Senat | REWIS RS 2021, 514

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "UNION INTERNATIONALE DE LA UIPRE PRESSE ELECTRONIQUE (Wort-Bildmarke)/UIPRE (Unternehmenskennzeichen)" – zur Unzulässigkeit der Erinnerung gegen die Kostenrechnung – fehlendes Alleinvertretungsrecht des für die Widersprechende Handelnden


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2013 007 628

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 8. Dezember 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] sowie des [X.] [X.] beschlossen:

Die Erinnerung wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Aus dem Unternehmenskennzeichen „[X.]“ ist gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 30 2013 007 628

Abbildung

2

Widerspruch eingelegt worden. Mit Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 41, vom 15. Dezember 2015 wurde er zurückgewiesen. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist nicht erfolgt. Die Markenstelle hat die Zurückweisung des Widerspruchs damit begründet, dass weder der rechtliche Fortbestand der Widersprechenden noch die Benutzung des [X.] zu ihrer Namhaftmachung, insbesondere nach deren möglicher Auflösung, belegt worden seien.

3

Gegen den Beschluss vom 15. Dezember 2015 hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittelverfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen 27 W (pat) 70/16 geführt. Nach Schließung des 27. Senats sowie geschäftsplanmäßiger Überführung in den 28. Senat hat es das Aktenzeichen 28 W (pat) 35/20 erhalten. Es hat sich zwischenzeitlich erledigt, da aufgrund des Verzichts des Schatzmeisters der Beschwerdegegnerin vom 18. Juli 2019 die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2013 007 628 mit Wirkung vom 22. Juli 2019 im Register vom [X.] gelöscht wurde. Die seitens der Widersprechenden dagegen vorgebrachten umfangreichen Einwände verfingen nicht, so dass die Akte schlussbehandelt und der Widersprechenden die Kostenrechnung vom 5. März 2020 übermittelt wurde. In dieser wurden die Beschwerdegebühr mit € 200,00 (§ 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] und [X.] 300 laut Anlage zu § 2 Abs. 1 [X.]) und die Pauschale für Zustellungen mit € 7,00 für zwei Postzustellungsurkunden an die Widersprechende vom 12. Juni 2019 ([X.]. 282 [X.]) und vom 20. September 2019 ([X.]. 512 [X.]) à € 3,50 (§ 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] i. V. m. § 22 Abs. 1 GKG und [X.] laut Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) angesetzt. Unter Abzug der vorausgezahlten Beschwerdegebühr wurden somit noch € 7,00 angefordert.

4

Dagegen hat sich Herr [X.] in seiner Funktion als „GF Vorstand [X.] (CEO)“ mit Schreiben vom 3. April 2020 gewandt, in dem er die Forderung zurückweist und Beschwerde erhebt. Die [X.] hat dies als Erinnerung gewertet, dieser nicht abgeholfen, sondern dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

5

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

6

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 5. März 2020 hat keinen Erfolg.

7

1. Sie ist nicht zulässig.

8

a) Die Erinnerung ist gemäß § 11 Abs. 1 [X.] statthaft.

9

In dem Schreiben vom 3. April 2020 wird zwar nicht der Begriff „Erinnerung“ verwendet. Dennoch ist erkennbar, welche Entscheidung in welchem Umfang angefochten wird, so dass es auf die korrekte Bezeichnung des Rechtsmittels nicht ankommt, zumal die Erinnerung das einzig statthafte Rechtsmittel ist (vgl. zum Beschwerdeverfahren [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 66, Rdnr. 39).

b) Die Erinnerung wurde im Namen der „[X.]… “ ([X.]) eingelegt. Es ist nicht belegt worden, dass dieses Rechtssubjekt noch besteht. Gemäß Beschluss der Generalversammlung vom 18. November 2013 hat sich die Vereinigung zu diesem Zeitpunkt aufgelöst (vgl. Anlage [X.] zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 4 März 2015, ohne [X.]attangabe). Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass dieser Beschluss unwirksam ist oder die Vereinigung neu gegründet wurde.

c) Selbst wenn vom Fortbestehen der „[X.]… “ ausgegangen wird, fehlt dem für die Widersprechende handelnden [X.] die erforderliche Vertretungsmacht, so dass er nicht in ihrem Namen Erinnerung einlegen konnte. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus nachfolgend genannten Regelungen:

(1) [X.]-Statuten (vgl. Anlage [X.] zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 4. März 2015, ohne [X.]attangabe)

Gemäß Art. 17.3 der eingereichten Statuten wird die [X.] vom Präsidenten und einem Mitglied des Vorstands, vom Vizepräsidenten und dem Generalsekretär oder vom Vizepräsidenten und dem Schatzmeister jeweils gemeinsam vertreten. [X.] ist ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung vom 2. März 2015 (vgl. [X.]. 94 [X.]) und „[X.] 9: Wahlergebnisse und Vorstellung des neuen Vorstandes“ des Protokolls der Generalversammlung vom 3. September 2011 (vgl. [X.]. 354 [X.]) zum Generalsekretär der [X.] gewählt worden. Insofern ist er zwar Mitglied des Vorstands, kann jedoch nicht ohne ein weiteres Vorstandsmitglied die [X.] nach außen vertreten.

Daran ändert auch Art. 20 der eingereichten Statuten nichts, nach dem der Generalsekretär als die administrative Zentralstelle der [X.] waltet. Es handelt sich hierbei um eine Geschäftsführungsvorschrift, die nicht das Außenverhältnis betrifft (vgl. Schreiben des 27. Senats an die Beteiligten vom 7. Juni 2019, [X.]. 293 [X.]).

[X.] steht auch dann nicht das alleinige Vertretungsrecht zu, wenn mit dem [X.] davon ausgegangen wird, dass die Vertretungsregelung in den eingereichten Statuten unwirksam ist. Es hat hierzu ausgeführt, dass nach [X.] der eingereichten Statuten der Vorstand das Vollzugsorgan der [X.] ist und diese nach außen vertritt. Demgegenüber regelt Art. 17.3 der eingereichten Statuten näher, welche Vorstandsmitglieder „gemeinsam rechtmäßig für die [X.]“ zeichnen. Dagegen bestimmt Art. 18 der eingereichten Statuten: „Der Präsident vertritt und leitet die [X.]“. Dieser Widerspruch führt nach Auffassung des [X.] dazu, dass an die Stelle der [X.] die [X.] des § 26 Abs. 2 Satz 1 BGB tritt, nach der der Verein durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten wird (vgl. Urteil des [X.] vom 25. Februar 2014, [X.]. [X.]/12, als Anlage zum Schriftsatz der ehemaligen Inhaberin der angegriffenen Marke vom 17. Oktober 2014, [X.]. 192 VA).

(3) Protokoll der Generalversammlung 2011 ([X.]. 352 [X.])

Des Weiteren lässt sich die Befugnis von [X.], ohne weiteres Vorstandsmitglied für die [X.] zu handeln, nicht mit dem Beschluss der Generalversammlung vom 3. September 2011 begründen (vgl. [X.] 12 des Protokolls der Generalversammlung 2011, [X.]. 355 [X.]). Zum einen kann ihm nur entnommen werden, dass „[X.] den Verband als Geschäftsführender Vorstand (englisch CEO) rechtsverantwortlich führen“ wird. Hiermit wird ihm jedoch nicht die Befugnis zur Alleinvertretung der [X.] im Außenverhältnis, sondern nur zur Geschäftsführung im Innenverhältnis eingeräumt. Zum anderen fehlt es für die Wirksamkeit des Beschlusses vom 3. September 2011 an einer vorherigen ordnungsgemäßen Mitteilung des [X.] in der [X.]. Die bloße Ankündigung „Antrag von L…“ in der „Tagesordnung Generalversammlung 2011 in [X.]“ (vgl. [X.]. 349 [X.]) ermöglicht den Vereinsmitgliedern keine sachgerechte Vorbereitung auf den Beschlussgegenstand (vgl. [X.], 69 ff.), so dass der Beschluss vom 3. September 2011 gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB ungültig ist (vgl. Urteil des [X.] vom 25. Februar 2014, [X.]. [X.]/12, a. a. O.).

(4) Neue [X.]-Statuten

Selbst wenn angenommen wird, dass in der Generalversammlung vom 3. September 2011 rechtswirksam neue Statuten beschlossen worden sind, so eröffnen auch sie nicht die Möglichkeit, dass [X.] allein für die [X.] handelt. So enthält das mit „[X.] Statuten … Neue Version – new version protocol 03.09.2011“ überschriebene Papier (vgl. [X.]. 350 [X.]) - wie auch aus der Überschrift „Signs – Logos – Markenrechte“ deutlich wird – keine [X.]. Das Gleiche gilt für den „[X.] zu [X.]-Verbandsstatuten/Satzung (Antrag bleibt beibehalten)“ (vgl. [X.]. 351 [X.]).

Zu weiteren möglichen Änderungen der Statuten der [X.], die nur einem Vorstandsmitglied die Befugnis, für die [X.] zu handeln, einräumen würden, ist nichts vorgetragen worden.

(5) Protokoll der Generalversammlung vom 22.November 2014 (vgl. Anlage [X.] zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 8. Januar 2015, [X.]. 212 VA).

Schließlich räumt auch der am 22. November 2014 im Rahmen der außerordentlichen Generalversammlung gefasste Beschluss dem Unterzeichner der Erinnerung nicht das Recht zur Alleinvertretung der [X.] ein. Darin ist zum einen ausgeführt:

„Die Außerordentliche [X.]-Generalversammlung vom 22.11.2014 genehmigt und stimmt allen vorgelegten Arbeiten, Berichten, Beschlüssen, Auslagen, Tätigkeiten, Logo-Verwendungen, Medienreport-Anmeldung von [X.] für [X.], [X.], Sonderkassenprüfungsbericht und Organmitwirkungen, namentlich von Generalsekretär [X.] … ab 03.09.2011 einstimmig zu …“.

Hierbei handelt es sich allenfalls um die nachträgliche Genehmigung bereits erfolgter Rechtshandlungen, nicht jedoch um eine Bevollmächtigung von [X.] .

Ebenso lässt sich aus nachfolgendem in dem Protokoll vom 22. November 2014 enthaltenen Beschluss nicht die Befugnis von [X.] zur Einlegung der Erinnerung ableiten:

„Die [X.] AGV bestätigt einstimmig vorgenommene und vorgesehene Anzeigen und Rechtsverfahren und beauftragt die bestellte Geschäftsführung mit der Verfolgung des Haftungsausgleichs. Kontenvollmacht zu [X.]-Konten hat gemäß Satzung und Beschluss seit 03.09.2011: GFV [X.]“.

Zum einen bleibt mangels weiterer Angaben in dem Protokoll vom 22. November 2014 offen, welche Personen unter den Begriff „Geschäftsführung“ fallen und, ob diese einzeln oder gemeinsam handeln dürfen. Zum anderen wird aus der Formulierung und dem Gesamtzusammenhang deutlich, dass es um bereits getätigte oder geplante, nicht jedoch um „unvorhergesehene“ Verfahren geht. Um ein solches handelt es sich jedoch bei dem gegenständlichen Erinnerungsverfahren, das am 22. November 2014 noch nicht absehbar war. Ebenso erfolgt die Einlegung der Erinnerung nicht im Rahmen eines Haftungsausgleichs. Im Übrigen wird [X.] als Einzelperson nur im Zusammenhang mit Kontenvollmachten genannt.

Auf die Frage, ob ordnungsgemäß zur außerordentlichen Generalversammlung am 22. November 2014 geladen wurde, woran der Senat insbesondere aufgrund der in der Einladung enthaltenen Definition der Mitglieder der [X.] erhebliche Zweifel hat (vgl. Anlage [X.] zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 8. Januar 2015, [X.]. 217 VA), kommt es somit nicht mehr an.

Weitere Belege, aus denen sich das Alleinvertretungsrecht von [X.] ergibt, liegen nicht vor. Auch dem sonstigen Vortrag kann ein solches nicht entnommen werden.

2. Im Übrigen ist die Erinnerung auch unbegründet.

Die Gerichtsgebühren richten sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] nach diesem Gesetz. Nach § 2 Abs. 1 [X.] ist das Gebührenverzeichnis hierfür maßgeblich. In dessen einschlägiger Nummer 401 300 ist für das [X.] der Betrag von € 200,00 vorgesehen (vgl. [X.]/[X.], [X.]. [X.], [X.] § 2 Rn. 33).

Für die Auslagen verweisen § 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] und § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf das Gerichtskostengesetz. § 3 Abs. 2 GKG nimmt wiederum Bezug auf das [X.], das unter [X.] für jede Zustellung einen Pauschbetrag von € 3,50 vorsieht. Da - wie oben näher ausgeführt - zwei Postzustellungsurkunden veranlasst waren, ist der angesetzte Betrag in Höhe von € 7,00 nicht zu beanstanden.

Die angegriffene Kostenrechnung erweist sich damit als zutreffend.

3. Gegen diesen Beschluss ist nach § 11 Abs. 3 [X.] ein Rechtsmittel nicht vorgesehen (vgl. auch [X.]/[X.], [X.]. [X.], [X.] § 11 Rn. 11 f.).

Meta

28 W (pat) 35/20

08.12.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 11 Abs 1 PatKostG, § 26 Abs 2 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.12.2021, Az. 28 W (pat) 35/20 (REWIS RS 2021, 514)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 514

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