Bundessozialgericht, Urteil vom 31.05.2016, Az. B 1 A 2/15 R

1. Senat | REWIS RS 2016, 10777

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Gegenstand

Krankenversicherung - Qualifizierung des Verhaltens der Krankenkassen für eine Aufsichtsmaßnahme durch die Aufsichtsbehörde und Überprüfung der rechtlichen Vorgaben - keine kostenlose private Auslandskrankenversicherung durch eine gesetzliche Krankenkasse


Leitsatz

1. Aufsichtsbehörden haben für eine Aufsichtsmaßnahme das Verhalten der Krankenkassen zu qualifizieren und nach den jeweils speziell hierfür geltenden rechtlichen Vorgaben zu überprüfen.

2. Eine Krankenkasse darf weder ihre Mitglieder noch deren familienversicherte Angehörige weltweit bei Auslandsreisen gegen Krankheitskosten privat versichern.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. April 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Klage- und Revisionsverfahren wird auf 205 200 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Aufsichtsmaßnahme der beklagten [X.] (Bundesversicherungsamt).

2

Die klagende Krankenkasse ([X.]) schloss mit einem privaten Krankenversicherer einen [X.], um ihre Mitglieder und deren familienversicherte Angehörige (§ 10 SGB V) weltweit bei Auslandsreisen gegen Krankheitskosten abzusichern. Die Beklagte duldete dies zunächst bis auf Weiteres ([X.]), bat aber später darum, die Kooperation bis zum 31.12.2012 zu beenden (12.9.2011). Sie kündigte für den Fall der Fortsetzung der Kooperation an, die Klägerin zur Beendigung zu verpflichten ([X.], [X.]) und beriet die Klägerin aufsichtsrechtlich ([X.]). Die Klägerin setzte die Kooperation fort. Die Beklagte verpflichtete die Klägerin, den [X.] unverzüglich zu beenden (Bescheid vom 12.12.2013). Das [X.] hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen: Der beanstandete Vertrag sei kein Geschäft zur Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener oder zugelassener Aufgaben, der Einsatz von [X.] hierfür sei unzulässig (§ 30 Abs 1 SGB IV). Die Beklagte habe ermessensfehlerfrei entschieden (Urteil vom 23.4.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 89 Abs 1 S 1 SGB IV iVm § 29 Abs 3 SGB IV. Die Klägerin umgehe nicht das Ruhen der Leistungsansprüche im Ausland (§ 16 Abs 1 S 1 [X.]): Die Versicherten erhielten Versicherungsschutz nur vom privaten Versicherer. Rechtsgrundlage sei § 1 S 4 [X.] Die Beklagte habe ermessensfehlerhaft entschieden.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 23. April 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2013 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des [X.] vom 23. April 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der klagenden [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das [X.] hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) gegen die Aufsichtsanordnung der beklagten [X.] ist zulässig, aber unbegründet. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte rechtmäßig die Klägerin verpflichtete, den von ihr abgeschlossenen [X.] unverzüglich zu beenden (Bescheid vom 12.12.2013).

8

1. Rechtsgrundlage für das aufsichtsrechtliche Einschreiten der Beklagten ist § 89 SGB IV. Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines [X.] das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt (§ 89 Abs 1 S 1 SGB IV). Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben (§ 89 Abs 1 [X.]).

9

Die Beklagte ist die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde (§ 90 Abs 1 S 1 SGB IV), denn die Klägerin ist ein bundesunmittelbarer Versicherungsträger. Die Beklagte beachtete auch das gesetzlich vorgesehene, zeitlich und in seiner Intensität abgestufte Verfahren (vgl dazu [X.]-2400 § 89 [X.]; [X.]-2400 § 89 [X.] Rd[X.]3 mwN). Sie erließ die angegriffene Aufsichtsanordnung erst nach mehrfachen Hinweisen, Fristsetzungen zur Behebung der Rechtsverletzung, erfolglosen Aufforderungen zur Beendigung des Vertrages und Beratung.

2. Die Beklagte erließ die angefochtene Anordnung unter Beachtung des aufsichtsrechtlichen Prüfmaßstabs (dazu a) wegen einer Rechtsverletzung (dazu b) ermessensfehlerfrei (dazu c).

a) Der Prüfungsmaßstab der Aufsichtsbehörde richtet sich nach den rechtlichen Vorgaben für das Verhalten des [X.], das Gegenstand der Maßnahme ist (vgl zB für den Bereich der Sach- und Vermögensverwaltung die aufsichtsrechtliche Pflicht, im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen maßgeblichen Rechts iS von § 29 Abs 3 SGB IV "wirtschaftlich vertretbare" Entscheidungen hinzunehmen, [X.], 108 , 110 = [X.] 3-2400 § 69 [X.] mwN; [X.]-2400 § 80 [X.] Rd[X.]3; [X.], 281 = [X.] 4-2500 § 222 [X.], Rd[X.]6 mwN; zu den abweichenden Maßstäben bei [X.] im Rahmen gesetzlich normierter Genehmigungsvorbehalte vgl zB [X.]-2400 § 41 [X.] S 3 mwN; [X.] Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 14/04 R - Juris Rd[X.]9; zum Bereich der "klassischen" Aufsicht nach § 87 Abs 1 SGB IV vgl zB [X.], 221 Rd[X.]9 = [X.] 4-2400 § 89 [X.] Rd[X.]0). Gegenstand der angefochtenen Maßnahme ist weder eine bloße Vermittlungstätigkeit iS von § 194 Abs 1a [X.] (vgl hierzu aa) noch eine Aufgabenübertragung iS von § 197b S 1 [X.] (vgl hierzu [X.]), sondern die Gewährung einer zusätzlichen, nicht durch Gesetz bestimmten Leistung an die Versicherten (dazu [X.]).

aa) Die Klägerin übernimmt mit dem [X.] keine bloße Vermittlungstätigkeit iS von § 194 Abs 1a [X.]. Hiernach kann die Satzung der [X.] eine Bestimmung enthalten, nach der die [X.] den Abschluss privater Zusatzversicherungsverträge zwischen ihren Versicherten und privaten Krankenversicherungsunternehmen vermitteln kann (§ 194 Abs 1a S 1 [X.]). Gegenstand dieser Verträge können alle Leistungen sein, die den gesetzlichen Krankenversicherungsschutz ergänzen, insbesondere Ergänzungstarife zur Kostenerstattung, Wahlarztbehandlung im Krankenhaus, Ein- oder [X.] im Krankenhaus sowie eine Auslandskrankenversicherung (§ 194 Abs 1a S 2 [X.]). Die Regelung soll den [X.]n die Möglichkeit einräumen, mit privaten Krankenversicherungsunternehmen zu kooperieren (BT-Drucks 15/1525 [X.]). Vertragspartner der Versicherten werden infolge der Vermittlung nicht die [X.]n, sondern die privaten Versicherungsunternehmen (BT-Drucks 15/1525 [X.]). Eine solche Vermittlung liegt indes nicht vor. Vertragspartner (Versicherungsnehmer, vgl § 1 [X.] <[X.]>) des privaten Versicherungsunternehmens ist allein die Klägerin. Die Versicherten werden nur begünstigt. Sie sind als versicherte Personen (§ 193 Abs 1 [X.]) "Dritte" iS des § 1 S 1 [X.].

[X.]) Die Klägerin lässt mit dem [X.] auch keine ihr obliegende Aufgabe durch Dritte zulässig wahrnehmen (§ 197b [X.]). Hiernach können [X.]n die ihnen obliegenden Aufgaben durch Arbeitsgemeinschaften oder durch Dritte mit deren Zustimmung wahrnehmen lassen, wenn die Aufgabenwahrnehmung durch die Arbeitsgemeinschaften oder den [X.] wirtschaftlicher ist, es im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegt und Rechte der Versicherten nicht beeinträchtigt werden (§ 197b S 1 [X.]). Wesentliche Aufgaben zur Versorgung der Versicherten dürfen nicht in Auftrag gegeben werden (§ 197b S 2 [X.]).

Der Abschluss und die Fortführung des [X.]s gehört nicht zu den der Klägerin obliegenden Aufgaben. Zu Recht gehen die Beteiligten mit der Vorinstanz davon aus, dass das Gesetz [X.]n den Abschluss und die Fortführung eines [X.]s der hier in Rede stehenden Art nicht gebietet. Soweit die Beteiligten über die gesetzliche Zulassung streiten, setzt das Gesetz schon formal die Verankerung in der Satzung der [X.] voraus (vgl § 194 Abs 1 [X.] [X.]). Danach muss die Satzung insbesondere Bestimmungen enthalten über Art und Umfang der Leistungen, soweit sie nicht durch Gesetz bestimmt sind. Die Satzung der Klägerin enthält diesbezüglich keine Regelung.

Eine solche - Aufgaben übertragende - Regelung wäre auch ihrer Art nach nicht genehmigungsfähig. Sie beträfe nämlich die Leistungsgewährung an Versicherte, eine Kernaufgabe der [X.]n und der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]). Die [X.]n dürfen wesentliche Aufgaben - wie dargelegt - nicht auf Dritte übertragen (§ 197b S 2 [X.]). Hierzu zählen gerade ihre Kernaufgaben (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines Gesetzes zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drucks 16/3100 [X.]).

[X.]) Die Klägerin übernimmt mit dem [X.] - wie dargelegt - die Gewährung einer zusätzlichen, nicht durch Gesetz bestimmten Leistung an die Versicherten. Die [X.]n müssen solche Leistungen formal in ihre Satzung aufnehmen (vgl § 194 Abs 1 [X.] [X.]). Die Anforderungen, die zu erfüllen sind, um die erforderliche Satzungsgenehmigung (vgl § 195 Abs 1 bis 3 [X.]) zu erhalten, regelt § 194 Abs 2 S 2 [X.]. Danach darf die Satzung Leistungen nur vorsehen, soweit "dieses Buch sie zulässt". Diese Regelung konkretisiert unter Achtung des gesetzlichen Selbstverwaltungsrechts der Versicherungsträger (§ 29 SGB IV) die allgemeinen Vorgaben für die eigenen Aufgaben der Versicherungsträger (§ 30 Abs 1 SGB IV). Hiernach dürfen die Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden. Die Aufsichtsbehörden sind insoweit auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt.

Die Beklagte hat als Aufsichtsbehörde zudem nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht in einem solchen Fall zu prüfen, ob die Klägerin mit Abschluss und Fortführung des [X.]s allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe überschritt. Der beaufsichtigten Behörde steht ein gewisser, von der Aufsicht zu beachtender Bewertungsspielraum zu, sofern sich das Handeln oder Unterlassen des Beaufsichtigten im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren bewegt (stRspr, vgl zB [X.], 221 Rd[X.]9 = [X.] 4-2400 § 89 [X.] Rd[X.]0; [X.]-2400 § 80 [X.] Rd[X.]3; [X.], 129 = [X.] 4-2400 § 35a [X.], Rd[X.]7 mwN). Die Beklagte beachtete diesen Maßstab. Es war rechtlich nicht vertretbar, dass die Klägerin den [X.] fortführte und nicht unverzüglich beendete. Das der Klägerin eingeräumte Selbstverwaltungsrecht (§ 4 Abs 1 [X.]) besteht nur "im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts" (§ 29 Abs 3 SGB IV). Das Festhalten an dem Vertrag überschreitet eindeutig diese Grenze. Der Vertragsschluss bewirkt zugleich eine unzulässige Verwendung von Beitragsmitteln (§ 30 Abs 1 SGB IV). Die Mittel der Versicherungsträger dürfen nur für vorgeschriebene und zugelassene Aufgaben und für die zwangsläufig notwendigen Verwaltungskosten verwendet werden ([X.]-2400 § 80 [X.] Rd[X.]0).

b) Die Klägerin durfte den [X.] mangels gesetzlicher Ermächtigung weder schließen noch fortführen. Nach der Rechtsprechung des [X.] darf eine [X.] Satzungs-Leistungen (nach früherer Rechtslage § 179 Abs 3 [X.]: "Mehrleistungen") nur einführen, wenn und soweit das [X.] hierzu ausdrücklich ermächtigt (vgl [X.]E 89, 227, 231 = [X.] 3-2500 § 194 [X.] S 1 ff, 5). Der Gesetzgeber achtet konsequent diese sich selbst auferlegte Grenzziehung. So enthalten zB die Regelungen des § 11 Abs 6 [X.] und des § 20i Abs 2 [X.] (Primäre Prävention durch Schutzimpfungen) derartige Ermächtigungen.

Das Regelungssystem unterstreicht dieses Ergebnis. Grundsätzlich legt das Gesetz selbst die Leistungen der [X.] fest (§§ 11 ff [X.]), mag sich der konkrete [X.] des Versicherten (vgl dazu [X.]E 117, 10 = [X.] 4-2500 § 13 [X.]2, [X.]) auch erst in seiner Reichweite und Gestalt aus dem Zusammenspiel mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen ergeben (vgl dazu [X.]E 117, 10 = [X.] 4-2500 § 13 [X.]2, RdNr 8 mwN). Soweit die einzelne [X.] selbst ausnahmsweise Leistungen ausgestalten darf, will der Gesetzgeber damit nicht quasi einen Freibrief ausstellen, um ein gesetzesunabhängiges Leistungsrecht kraft Satzung zu schaffen. Der Satzungsgeber hat aufgrund gesetzlicher Öffnungen für Gestaltungsleistungen vielmehr jeweils nur ein begrenztes, vom Gesetz eröffnetes Gestaltungsfeld. Grundlegende Umgestaltungen bleiben dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl zum Ganzen [X.]E 117, 236 = [X.] 4-2500 § 11 [X.], Rd[X.]3 mwN). Das [X.] ermächtigt [X.]n nicht ausdrücklich dazu, einen [X.] nach der in Rede stehenden Art abzuschließen. Weder die Norm des § 1 oder des § 2 [X.] noch jene des § 53 Abs 4 [X.] beinhaltet eine solche - förmlich gebotene - ausdrückliche Ermächtigung.

Es kommt hinzu, dass das Gesetz eine Leistungspflicht der [X.]n bei einer im Ausland stattfindenden Krankenbehandlung nur ausnahmsweise vorsieht (vgl zB [X.], 257 = [X.] 4-6928 Allg [X.], Rd[X.]7; [X.]-2500 § 17 [X.] Rd[X.]1). Der Anspruch auf Leistungen ruht grundsätzlich, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten (§ 16 Abs 1 S 1 [X.] [X.]). Das gilt auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken. Abweichendes ergibt sich lediglich für begrenzte Bereichsausnahmen des Rechts der [X.] (vgl zum Regelungssystem zB [X.]E 104, 1 = [X.] 4-2500 § 13 [X.]3, Rd[X.]2 ff mwN), der Sozialversicherungsabkommen und des [X.] (vgl zum Regelungssystem zB [X.], 257 = [X.] 4-6928 Allg [X.], Rd[X.]2 ff mwN; [X.]-2500 § 17 [X.] Rd[X.]6 ff mwN; [X.]-2500 § 18 [X.] Rd[X.]2 f mwN). Die Regelung eines uneingeschränkten weltweiten Leistungsrechts entsprechend dem [X.] ist hiermit unvereinbar.

c) Die Beklagte übte das ihr eingeräumte Ermessen rechtmäßig aus, gegen die zutreffend festgestellte Rechtsverletzung einzuschreiten (§ 89 Abs 1 [X.]). Sie traf - formal hinreichend begründet (§ 35 Abs 1 SGB X) - eine Ermessensentscheidung, hielt dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens ein und machte von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch.

Die Beklagte beschränkte sich in der Sache darauf, der Klägerin aufzugeben, die festgestellte Rechtsverletzung unverzüglich zu beheben. Sie berief sich zur Begründung ihrer Entscheidung insbesondere darauf, sie wolle für die Zukunft - ab 1.1.2013 - ein einheitliches Verhalten der [X.]n sicherstellen und hierzu die bis dato tolerierte rechtswidrige Kooperation beenden. Anderenfalls verwende die Klägerin Mittel der Versichertengemeinschaft zweckwidrig zur Wahrnehmung einer ihr nicht obliegenden Aufgabe. Die Klägerin genieße keinen Vertrauensschutz.

Die Beklagte durfte mit diesen Erwägungen den eindeutig rechtswidrigen Verwaltungsvollzug der Klägerin, die den beanstandeten Vertrag fortführte, binnen angemessener Frist beenden. Die Gleichbehandlung der [X.]n und zugleich der Versicherten hat in der Rechtsordnung erhebliches Gewicht (vgl zB [X.]E 76, 93, 100 f = [X.] 3-2500 § 242 [X.] S 1 ff, 10). Dagegen genießt die Klägerin keinen Vertrauensschutz. Die Beklagte tolerierte die Kooperation zwischen der Klägerin und dem privaten Versicherungsunternehmen nur "bis auf Weiteres". Selbst wenn die Klägerin - formal korrekt - die mit dem beanstandeten Vertrag verknüpfte Zusatzleistung in ihre Satzung aufsichtsbehördlich genehmigt aufgenommen hätte, dürfte die Aufsichtsbehörde diesen rechtswidrigen Zustand mit Wirkung für die Zukunft beenden. Ergibt sich nämlich nachträglich, dass eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die [X.] innerhalb einer bestimmten Frist die erforderliche Änderung vornimmt. Kommt die [X.] der Anordnung nicht innerhalb dieser Frist nach, kann die Aufsichtsbehörde die erforderliche Änderung anstelle der [X.] selbst vornehmen (vgl § 195 Abs 2 S 1 und 2 [X.]).

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 S 1 GKG.

Meta

B 1 A 2/15 R

31.05.2016

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 23. April 2015, Az: L 1 KR 17/14 KL, Urteil

§ 29 Abs 3 SGB 4, § 30 Abs 1 SGB 4, § 89 Abs 1 S 1 SGB 4, § 89 Abs 1 S 2 SGB 4, § 90 Abs 1 S 1 SGB 4, § 1 SGB 5, § 2 SGB 5, § 4 Abs 1 SGB 5, § 16 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5, § 53 Abs 4 SGB 5, § 194 Abs 1 Nr 3 SGB 5, § 194 Abs 1a S 1 SGB 5, § 194 Abs 1a S 2 SGB 5, § 194 Abs 2 S 2 SGB 5, § 195 Abs 1 SGB 5, § 195 Abs 2 S 1 SGB 5, § 195 Abs 2 S 2 SGB 5, § 195 Abs 3 SGB 5, § 197b S 1 SGB 5, § 197b S 2 SGB 5, § 1 S 1 VVG 2008, § 193 Abs 1 VVG 2008

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 31.05.2016, Az. B 1 A 2/15 R (REWIS RS 2016, 10777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10777

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