Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2013, Az. IX ZB 161/11

9. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1126

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Treuhändervergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren: Zuschlag für die Erstellung von Steuererklärungen


Leitsatz

Im Verhältnis zur Größe des Verfahrens wenige, einfach zu erstellende Steuererklärungen sind mit der Regelvergütung abgegolten.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 9. Mai 2011 wird auf Kosten des Treuhänders als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 2.551,29 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 64 Abs. 3, § 7 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, Art. 103f EG[X.]), aber unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert.

2

1. Die Frage, ob die Abgabe von Einkommenssteuererklärungen des Schuldners für den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren zu seinen Regelaufgaben gehört, oder ob es sich um besondere Aufgaben im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] handelt und zu Lasten der Masse auf einen Steuerberater übertragen werden kann, ist nicht klärungsbedürftig. Es gelten dieselben Abgrenzungskriterien wie für den Insolvenzverwalter. Die von der Rechtsbeschwerde zitierten, vermeintlich abweichenden Stimmen verweisen auf die Rechtsprechung des Senats oder erörtern die Frage nicht näher.

3

a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Insolvenzverwalter im Rahmen seines [X.] aufzuführen, für welche von ihm beauftragten Fachleute er das an diese entrichtete Entgelt aus der Masse entnommen hat. Das Insolvenzgericht ist berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob die Beauftragung Externer gerechtfertigt war. Kommt es zu dem Ergebnis, dass die Beauftragung nicht gerechtfertigt war, kann es die festgesetzte Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag kürzen ([X.], Beschluss vom 11. November 2004 - [X.], [X.], 36 f; vom 10. Oktober 2013 - [X.], [X.] Umdruck S. 11).

4

b) Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] 15 v.H. der Insolvenzmasse und damit weniger als die Regelvergütung des Verwalters nach § 2 Abs. 1 [X.]. Grund hierfür ist, dass der Aufgabenkreis des anstelle des Insolvenzverwalters im vereinfachten Insolvenzverfahren tätigen Treuhänders erheblich reduziert ist und deshalb regelmäßig eine auf 15 v.H. des Wertes der Insolvenzmasse geminderte Vergütung gerechtfertigt ist (vgl. Amtliche Begründung zu § 13 [X.], abgedruckt z.B. bei [X.]/Wutzke/[X.], [X.], 4. Aufl., [X.] ff, [X.]; [X.], Beschluss vom 22. September 2011 - [X.] 193/10, [X.], 2158 Rn. 9; vom 26. April 2012 - [X.] 176/11, Z[X.] 2012, 1138 Rn. 11).

5

Die Aufgabenreduzierung ergibt sich daraus, dass dem vereinfachten Insolvenzverfahren der Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung und das Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan vorausgeht. Dementsprechend ist das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Eröffnung bereits weitgehend aufbereitet. Anstelle eines Berichtstermins wird nur der Prüfungstermin durchgeführt (vgl. Amtliche Begründung, aaO). Zudem ist der Treuhänder gemäß § 313 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht zur Anfechtung berechtigt, weshalb ihm im Falle eines entsprechenden Auftrags der Gläubigerversammlung nach § 313 Abs. 2 Satz 3, 4 [X.] ein Zuschlag zustehen kann ([X.], Beschluss vom 26. April 2012, aaO). Zudem ist er gemäß § 313 Abs. 3 [X.] nicht zur Verwertung von Gegenständen berechtigt, an denen Absonderungsrechte bestehen.

6

Hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärungen ist ein wesentlicher Unterschied dagegen im Verhältnis zum Insolvenzverwalter nicht gegeben. Zwar kann bei einem Schuldner, der Arbeitnehmer ist, auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichtet werden, wenn hierfür steuerrechtlich keine Verpflichtung besteht. Bestehen aber [X.], hat diese der Treuhänder zugunsten der Masse zu realisieren, nicht anders als der Insolvenzverwalter.

7

Es entspricht sachgerechter Amtsführung, für steuerrechtliche Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse erfordern oder über den allgemeinen mit jeder Steuererklärung verbundenen Arbeitsaufwand hinausgehen, einen Steuerberater einzusetzen. Wie bei der Einschaltung eines Rechtsanwalts ist dafür der Maßstab, ob ein Verwalter oder Treuhänder, der nicht als Rechtsanwalt oder Steuerberater zugelassen ist, für diese Tätigkeit angemessener- und vernünftigerweise einen Rechtsanwalt oder Steuerberater eingeschaltet hätte. Es muss sich um eine besondere Aufgabe, nicht um ein allgemeines Geschäft des Treuhänders oder Verwalters handeln ([X.], Beschluss vom 22. Juli 2004 - [X.] 161/03, [X.]Z 160, 176, 183; vom 11. November 2004 - [X.] 48/04, [X.], 36, 37; vom 3. März 2005 - [X.] 261/03, [X.] 2005, 143).

8

Im Verhältnis zur Größe des Verfahrens wenige, einfach zu erstellende Steuererklärungen sind, sofern keine Rechtsmittel eingelegt werden müssen, mit der Regelvergütung abgegolten (vgl. [X.], Beschluss vom 14. November 2012 - [X.] 95/10, Z[X.] 2013, 152 Rn. 4, 7 mwN). Nach den Feststellungen des [X.] waren die Steuererklärungen einfach. Aufwand in gewissem Umfang bereitete lediglich die Ermittlung des Sachverhalts. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass dieser von einem Steuerberater einfacher ermittelt werden konnte. Der Treuhänder hatte ohnehin Kontakt zum Schuldner. Es gehörte zu seinen Aufgaben, die für die Durchsetzung von Ansprüchen der Masse erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

9

Dass der Schuldner geheiratet und ein Kind adoptiert hatte, verursacht für die Steuererklärungen keine wesentlichen Erschwerungen.

2. [X.], dass die Zulässigkeit der Delegation von Aufgaben strengeren Anforderungen unterliege, wenn der Treuhänder über eigene Fachkenntnisse verfüge, ist der Beschwerdeentscheidung nicht zu entnehmen. Das [X.] stellt vielmehr zum Vergleich darauf ab, dass Millionen Arbeitnehmer jährlich selbst zahlreiche solcher einfachen Steuererklärungen selbst abgeben. Lediglich ergänzt wird, dass dies dann für den Treuhänder eine Tätigkeit einfachster Art sei.

3. Das Beschwerdegericht hat auch nicht den Obersatz aufgestellt, dass die Zulässigkeit der Heranziehung eines Steuerberaters auf Kosten der Masse davon abhänge, dass durch die Aufgabenerfüllung eine relevante vergütungserhöhende Massemehrung eintrete. Es hat lediglich eine ergänzende [X.] zur Angemessenheit der Vergütung des Treuhänders angestellt. Der Treuhänder hätte die Tätigkeit auch dann nicht delegieren dürfen, wenn keine Steuererstattung zu erwarten gewesen wäre.

4. Der Umstand, dass der Treuhänder dem Steuerberater für die Erstellung der drei Einkommenssteuererklärungen 3.120,93 € bezahlt hat, zeigt nicht auf, dass eine Gesamtvergütung des Treuhänders von ca. 2.500 € einschließlich der Erstellung von Steuererklärungen mit Art. 12 GG unvereinbar wäre. Die Berechtigung des dem Steuerberater gezahlten Entgelts ist schon nicht dargelegt. Jedenfalls folgt die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung einem anderen Regelungssystem. Die Vergütung des Treuhänders oder Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren muss nicht mindestens so hoch sein wie die Summe der Vergütungen, die an Spezialisten zu zahlen wären, wenn die Tätigkeit des Treuhänders oder Verwalters einzeln an diese vergeben würde.

5. [X.] hat der Senat geprüft aber nicht für durchgreifend erachtet.

6. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

Kayser                      Vill                         Lohmann

               Pape                     Möhring

Meta

IX ZB 161/11

14.11.2013

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bochum, 9. Mai 2011, Az: I-7 T 16/11

§ 4 Abs 1 S 3 InsVV, § 13 InsVV, § 2 Abs 1 InsO, § 313 Abs 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2013, Az. IX ZB 161/11 (REWIS RS 2013, 1126)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1126

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 161/11 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 193/10 (Bundesgerichtshof)

Regelvergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren: Prüfung eines Vergütungsabschlags bei einer den Betrag von 160.000 …


IX ZB 193/10 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 48/16 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des Insolvenzverwalters: Vergütungsabschlag in Verbraucherinsolvenzverfahren; geringe Gläubigeranzahl; Ermäßigung der Mindestvergütung


IX ZB 48/16 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.