Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 5 StR 115/21

5. Strafsenat | REWIS RS 2021, 806

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Gegenstand

Hauptverhandlung in Strafsachen: Inaugenscheinnahme neuer Beweismittel bei Verlangsamen und/oder Vergrößern von Videoaufnahmen


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Juli 2020 wird als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zu der Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat:

1. Die Rügen, die [X.] habe die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt unzulässig beschränkt (§ 338 Nr. 8 StPO) bzw. § 261 StPO verletzt, indem sie Videoaufnahmen von den verfahrensgegenständlichen Geschehen gegen den Widerspruch der Verteidigung in der Hauptverhandlung unter anderem auch dergestalt in Augenschein genommen habe, dass sie einzelne Sequenzen zum Teil verlangsamt und/oder vergrößert abgespielt oder bei einem Einzelbild angehalten habe, ohne die verlangsamten und/oder vergrößerten Sequenzen oder die Einzelbilder der Verteidigung zuvor im Wege der Akteneinsicht zugänglich zu machen, sind unbegründet. Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass es durch seine Vorgehensweise in der Hauptverhandlung keine „neuen Beweismittel“ geschaffen hat, die den Verfahrensbeteiligten vor der Inaugenscheinnahme hätten zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die von der Verteidigung für ihre Gegenauffassung zitierte Entscheidung des 2. Strafsenats (Urteil vom 30. November 2005 - 2 [X.], [X.], 406) ist nicht einschlägig: In jenem Verfahren hatte die Verteidigung beantragt, die 1.800 Einzelbilder einer bereits in der Hauptverhandlung in Zeitlupe in Augenschein genommenen Videosequenz (36 Sekunden bei 50 Bildern pro Sekunde) auszudrucken und technisch aufbereitet und vergrößert in Augenschein zu nehmen, weil man auf den Bildern dann erkennen werde, dass andere Männer als der Angeklagte Messer in der Hand hielten. Der 2. Strafsenat hat entschieden, dass das in jenem Verfahren befasste [X.] den Antrag nicht mit der Begründung hätte zurückweisen dürfen, er ziele auf eine Wiederholung der Beweisaufnahme ab. Denn bei der Inaugenscheinnahme von (vergrößerten) Einzelbildern und einem gegebenenfalls auch in Zeitlupe abgespielten Film handele es sich nicht um identische Beweismittel ([X.] aaO S. 407).

Mit einer solchen Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Hier wurden in der Hauptverhandlung nur die vorhandenen Beweismittel, die Videoaufzeichnungen - teilweise mit technischer Unterstützung etwa in Zeitlupe oder mittels einer computergestützten Vergrößerung - in Augenschein genommen. Dadurch wurden indes keine anderen oder neue Beweismittel geschaffen. Dies erhellt schon ein Vergleich mit der entsprechenden Situation bei der Inaugenscheinnahme analoger Fotografien, Urkunden oder Filmaufnahmen: Würde bei deren Inaugenscheinnahme in der Hauptverhandlung etwa [X.] verwendet oder der Filmprojektor mechanisch verlangsamt, würde dies die Identität des Beweismittels auch nicht verändern. Nichts anderes ergibt sich aus dem zitierten Urteil des 2. Strafsenats, in dem davon ausgegangen wird, dass auch die verlangsamte Inaugenscheinnahme eines Films immer noch die Inaugenscheinnahme des nämlichen Beweismittels darstellt.

2. Soweit die Revision beanstandet, das [X.] habe den Angeklagten in den Fällen 2. und 4. der Urteilsgründe nicht wegen tateinheitlich begangener Aufwiegelung der Menschenmenge und eigenhändiger Gewalthandlung verurteilen dürfen, liegt der vermeintliche Rechtsfehler nicht vor. Die [X.] hat den Angeklagten jeweils wegen einer Tat des Landfriedensbruchs verurteilt, bei der er mehrere Tatbestandsmerkmale/Varianten erfüllte. Die Nämlichkeit der abgeurteilten Tat wird davon nicht berührt, so dass auch die Auffassung der Revision fehlgeht, die Annahme von Tatmehrheit sei für den Angeklagten mit Blick auf den Spezialitätsgrundsatz - ausnahmsweise - günstiger gewesen, weil er wegen seines festgestellten anfeuernden Klatschens in diesen Fällen nicht ausgeliefert worden sei.

Cirener     

        

Gericke     

        

     Mosbacher

                          

Ri[X.] von Häfen
hat Urlaub und kann
nicht unterschreiben.

        
        

Resch     

        

Cirener

        

Meta

5 StR 115/21

25.11.2021

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 9. November 2021, Az: 5 StR 115/21, Beschluss

§ 261 StPO, § 338 Nr 8 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 5 StR 115/21 (REWIS RS 2021, 806)

Papier­fundstellen: NJW 2022, 798 REWIS RS 2021, 806

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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