Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2009, Az. XI ZR 539/07

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3070

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[X.] DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. Juni 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 138 Abs. 1 [X.]) Eine anderweitige Sicherheit schließt die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften oder Mithaftungsübernahmen finanziell [X.] überforderter Ehepartner bzw. Lebens-partner für eine Darlehensschuld des anderen Teils nur dann aus, wenn gewähr-leistet ist, dass den Betroffenen allenfalls eine seine Finanzkraft nicht übersteigen-de "Ausfallhaftung" trifft. b) Bei der Frage, ob die Grundschuld nach dem Inhalt der vorformulierten [X.] auch künftige Forderungen gegen den Darlehensnehmer sichert, darf eine Unklarheit im Sinne von § 5 [X.] (§ 305c Abs. 2 [X.]) nicht zu Lasten des finanziell [X.] überforderten Bürgen oder Mithaftenden gehen. c) Die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung gemäß § 286 ff. [X.] schließt eine An-wendung des § 138 Abs. 1 [X.] auf ruinöse Bürgschaften oder Schuldbeitritte [X.] Ehepartner bzw. Lebenspartner nicht aus. [X.], Urteil vom 16. Juni 2009 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2009 durch den [X.] [X.] als Vorsitzenden und die [X.] Dr. [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden, im Kostenpunkt und soweit die Klageanträge zu [X.] und II[X.] zurückgewiesen worden sind, das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Frankfurt am Main vom 15. September 2006 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 2. September 2005 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Mitverpflichtungserklärung der Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom 8. Mai 2001 (Kontonummer – ) und das vollstreckbare Schuldanerkenntnis vom 26. Juni 2001 ([X.]. – des Notars [X.]

) nichtig sind. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin [X.]. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand:
1 Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 2 Der ehemalige Lebensgefährte der Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 27. April 2001 eine vermietete Eigentumswohnung in M.

zum Preis von 302.000 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss er mit der beklagten Bank am 8. Mai 2001 einen Darlehensvertrag über den-selben Betrag zu einem Zinssatz von 6,45% p.a. Das Darlehen sollte durch einen noch anzusparenden Bausparvertrag getilgt werden. Die vorformulierte Vertragsurkunde wurde von der Klägerin als "Darlehensnehmerin" mitunter-zeichnet. In der gemeinsamen Selbstauskunft gab sie ein eigenes monatli-ches Nettoeinkommen von 3.022 DM bei dreizehn Monatsgehältern im Jahr und eine schon bestehende Kreditbelastung über monatlich 450 DM sowie Miet- und Nebenkosten von ca. 1.100 DM an.
Wie in den Vertragsbedingungen vorgesehen, bestellte der damalige Lebenspartner der Klägerin an der von ihm allein erworbenen Eigentumswoh-nung zugunsten der Beklagten eine erstrangige Grundschuld in Höhe des [X.] zuzüglich Zinsen und Nebenkosten. In den zugrunde lie-genden "Darlehensbedingungen" heißt es unter anderem: 3 "13.1 Die unter Verwendung des Vordrucks der [X.] dient zur Sicherung aller gegenwärtigen und künfti-gen Ansprüche der Bank aus dem [X.] einschließ-lich etwaiger Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung, Schadensersatz und Nichtabnahme des Darlehens sowie aus an-deren - auch künftigen - Geschäftsverbindungen. – - 4 - 15.1 Mehrere Darlehensnehmer haften als Gesamtschuldner." 4 Die Klägerin trat am 9. Mai 2001 vereinbarungsgemäß ihre künfti-gen Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen sicherungs-halber an die Beklagte ab. Ferner übernahm die Klägerin durch ein nota-rielles vollstreckbares Schuldanerkenntnis vom 26. Juni 2001 die [X.] hinsichtlich der Zahlung des [X.] nebst Zinsen und Nebenkosten. Der [X.] wurde auf Anweisung der Klä-gerin und ihres ehemaligen Lebensgefährten an den Verkäufer der [X.] ausgezahlt und danach allein von dem damaligen Lebensgefähr-ten der Klägerin bedient, der auch die Kosten für das notarielle Schuld-anerkenntnis übernahm.
Die Klägerin ist der Auffassung: Die Mitunterzeichnung des [X.] stelle eine sie von Anfang an finanziell [X.] überfordernde und damit sittenwidrige Schuldmitübernahme dar. Sie begehrt die Feststellung, dass der Darlehensvertrag, die Abtretung der Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen sowie das vollstreckbare Schuldanerkenntnis nichtig sind. 5 Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihre [X.] weiter. 6 Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. 7 - 5 - [X.] 8 Das Berufungsgericht hat eine Sittenwidrigkeit der darlehensver-traglichen Mitverpflichtung der Klägerin verneint und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Allerdings sei die Klägerin entgegen dem Wortlaut des [X.] keine echte Mitdarlehensnehmerin, weil sie kein für die [X.] erkennbares eigenes sachliches oder persönliches Interesse an der Kreditaufnahme gehabt habe und auch nicht in der Lage gewesen sei, als im Wesentlichen gleichberechtigte Vertragspartnerin über die Auszahlung oder Verwendung der Darlehensvaluta mit zu entscheiden. Das Darlehen habe ausschließlich der Finanzierung der von ihrem dama-ligen Lebensgefährten zu Alleineigentum erworbenen Eigentumswoh-nung gedient und sei allein von diesem bedient worden. 9 Die Mithaftungsübernahme verstoße nicht gegen die guten Sitten. Zwar habe zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin von Anfang an ein [X.]es Missverhältnis bestanden. Bei Vertragsschluss sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass die Klägerin die im Darlehensvertrag festgelegte Zinslast von mo-natlich 1.623,25 DM (= 829,95 •) bei Eintritt des Sicherungsfalles vor-aussichtlich aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens und Vermögens dauerhaft allein tragen könne. Nach dem in der Selbstauskunft angege-benen Monatseinkommen von 3.022 DM (netto) und einem dreizehnten Monatsgehalt verbleibe vielmehr lediglich ein pfändbarer Betrag von [X.] 1.474,53 DM (= 753,92 •). Angesichts der [X.]en finanziellen Überforderung der Klägerin sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung 10 - 6 - ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass sie die finanziell übermäßig belastende Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem damaligen Lebensgefährten als Hauptschuldner übernommen habe. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht widerlegt. 11 Die Schuldmitübernahme sei aber nicht sittenwidrig, weil das [X.] der Klägerin durch die von ihrem früheren Lebenspartner an der erworbenen Eigentumswohnung bestellte Grundschuld in rechtlich hinreichend gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränkt [X.] sei. Zwar sichere die Grundschuld gemäß Ziffer 13.1 der formular-mäßigen "Darlehensbedingungen" auch alle gegenwärtigen und künfti-gen Ansprüche der Beklagten aus anderen Geschäftsverbindungen. Der Klausel sei aber nicht eindeutig zu entnehmen, dass es sich hierbei um solche Kredite handele, die der damalige Lebensgefährte der Klägerin zukünftig allein aufnehme. Sofern dagegen ausschließlich künftige [X.] der Klägerin gesichert werden sollten, sei eine solche formularmäßige Regelung für ihren Lebenspartner als Sicherungsgeber überraschend gewesen und daher unwirksam (§ 3 [X.]). Da Zweifel bei der Auslegung grundsätzlich zu Lasten der Beklagten als Verwenderin der Vertragsklausel gingen (§ 5 [X.]), sei davon auszugehen, dass ausschließlich solche Verbindlichkeiten gemeint seien, die von den [X.] Lebenspartnern zukünftig gemeinsam als Gesamtschuldner [X.] werden. Dass sich diese Auslegung im Rahmen der [X.] zum Nachteil der Klägerin auswirke, sei ohne Bedeutung.
- 7 - I[X.] 12 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. 13 1. Die Klägerin ist - wie auch das Berufungsgericht im Ausgangs-punkt nicht verkannt hat - keine echte Mitdarlehensnehmerin, sondern Mithaftende geworden. a) Die rechtliche Qualifizierung der von der Klägerin mit Vertrag vom 8. Mai 2001 übernommenen Verpflichtung als eigene Darlehens-schuld oder als reine Mithaftung hängt davon ab, ob die Klägerin nach dem maßgeblichen Willen der Beteiligten als gleichberechtigte [X.] neben ihrem damaligen Lebensgefährten einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und im Gegenzug [X.] zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein, oder aber ob sie aus-schließlich zu Sicherungszwecken mithaften und damit eine sie einseitig belastende Verpflichtung übernehmen sollte. Zu den bei der Ermittlung des wirklichen Parteiwillens zu beachtenden Auslegungsgrundsätzen ge-hören insbesondere die Maßgeblichkeit des [X.] als Aus-gangspunkt jeder Auslegung (st.Rspr., vgl. etwa [X.] 121, 13, 16; [X.], Urteil vom 11. September 2000 - [X.], [X.], 2371, 2372 und Senatsurteil vom 23. März 2004 - [X.] ZR 114/03, [X.], 1083, 1084) und die Berücksichtigung der Interessenlage der [X.] (st.Rspr., vgl. etwa [X.], Urteile vom 10. Juli 1998 - [X.], [X.], 1883, 1886 und vom 27. Juni 2001 - [X.], [X.], 1863, 1864). 14 - 8 - b) Der Wortlaut des vorformulierten Darlehensvertrages spricht zwar dafür, dass die Klägerin echte Mitdarlehensnehmerin ist. Die Be-zeichnung als "Darlehensnehmerin" deutet für sich genommen darauf hin, dass der Darlehensvertrag mit ihr und ihrem früheren Lebenspartner gemeinsam geschlossen wurde. Dem Wortlaut ist aber angesichts der Stärke der Verhandlungsposition der [X.] (vgl. [X.], [X.], 2437, 2438 f.) und der allgemein üblichen Ver-wendung von Vertragsformularen grundsätzlich weniger Bedeutung beizumessen als sonst (Senatsurteil vom 25. Januar 2005 - [X.] ZR 325/03, [X.], 418, 419 m.w.[X.]). Nach der gefestigten Rechtspre-chung des erkennenden Senats ist als Mitdarlehensnehmer daher unge-achtet der konkreten Vertragsbezeichnung in aller Regel nur derjenige anzusehen, der für den Darlehensgeber erkennbar ein eigenes [X.] und/oder persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hat sowie im Wesentlichen gleichberechtigt über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta bzw. bestimmten Teilen davon mitentscheiden darf (siehe etwa Senat [X.] 146, 37, 41; Senatsurteile vom 23. März 2004 - [X.] ZR 114/03, [X.], 1083, 1084 und vom 25. Januar 2005 - [X.] ZR 325/03, [X.], 418, 419 m.w.[X.]; siehe auch Senatsurteil vom 16. Dezember 2008 - [X.] ZR 454/07, [X.], 645, [X.]. 14). 15 Ein solches Interesse an der Kreditaufnahme hatte die Klägerin nicht. Nach dem übereinstimmenden Willen der [X.] diente das Darlehen über 302.000 DM ausschließlich zur Finanzierung des Kaufpreises für die von dem früheren Lebensgefährten der Klägerin bereits vor Abschluss des Darlehensvertrages allein erworbene Eigen-tumswohnung und ist ausschließlich dazu verwandt worden. Dass die Klägerin gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der [X.] - 9 - hensvaluta oder Teilen davon als im Wesentlichen gleichberechtigte [X.] mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nicht ersichtlich. Der Verwendungs-zweck, d.h. die Finanzierung einer Eigentumswohnung zum Alleineigen-tum des damaligen Lebensgefährten der Klägerin, war bereits im [X.] festgelegt. Die von der Klägerin am 9. Mai 2001 mit [X.] diente allein der Verwirklichung dieses im alleinigen Interesse des Lebensgefährten der Klägerin liegenden [X.]. Zwar mag der Kauf der vermieteten Immobilie auf ei-nem gemeinsamen Entschluss der damaligen nichtehelichen Lebens-partner beruhen und der [X.] auch den allgemeinen Lebensstan-dard der Klägerin während des Zusammenlebens verbessert haben. Dies spricht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung aber nicht für eine gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerschaft, sondern allenfalls für einen mittelbaren Vorteil der Klägerin aus der Kreditaufnahme (vgl. [X.] vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 205/01, [X.], 1649, 1650 f. zum Er-werb einer "[X.]" durch einen Ehepartner). Gegen eine Mitdar-lehensnehmerschaft der Klägerin spricht außerdem der Umstand, dass ihr früherer Lebensgefährte das Darlehen allein bedient hat (vgl. Senats-urteil vom 23. März 2004 - [X.] ZR 114/03, [X.], 1083, 1084). 2. Die Mithaftungsübernahme überforderte die Klägerin von Anfang an finanziell in [X.]er Weise, ohne dass sich für die kreditgewährende Beklagte entlastende Momente ergeben. 17 a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats liegt eine [X.]e finanzielle Überforderung des Bürgen oder Mithaftenden bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn dieser 18 - 10 - voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien fest-gelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann. In diesem Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich beson[X.] nahe stehende Bürge bzw. Mithaf-tende die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig finanziell be-lastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber dies in sittlich anstößi-ger Weise ausgenutzt hat (siehe etwa Senat [X.] 156, 302, 306; Se-natsurteil vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 205/01, [X.], 1649, 1651, [X.] m.w.[X.]).
b) So ist es hier. Nach den [X.] und [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts war die Klägerin bei der [X.] im Mai 2001 voraussichtlich nicht einmal in der Lage, die in dem Darlehensvertrag festgelegte monatliche Zinslast in Höhe von 1.623,25 DM (= 829,95 •) aus ihrem laufenden Einkommen und Vermö-gen dauerhaft allein zu tragen. Mangels entgegenstehender Anhalts-punkte war auch in absehbarer Zeit nicht mit einer wesentlichen Verbes-serung ihrer Einkommens- oder Vermögensverhältnisse zu rechnen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin der Darlehensschuld ausschließlich oder überwiegend aus emotionaler Verbundenheit zu ihrem damaligen Lebenspartner und infolgedessen aufgrund eines fremdbestimmten [X.] ist. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht wider-legt oder entkräftet. 19 - 11 - 3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mithaf-tungsübernahme der Klägerin nicht deshalb wirksam, weil ihr ehemaliger Lebenspartner an der von ihm allein erworbenen Eigentumswohnung zu-gunsten der Beklagten eine erstrangige Grundschuld über die Kredit-summe von 302.000 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen bestellt hat. 20 a) Allerdings sind nach ständiger Rechtsprechung des [X.] anderweitige Sicherheitsleistungen des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - im Rahmen der [X.] [X.] übermäßig belastender Bürgschaften oder Schuldbeitritte zu be-rücksichtigen, wenn sie das Haftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken (vgl. etwa [X.] 136, 347, 352 f.; 146, 37, 44 m.w.[X.]; Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 205/01, [X.], 1649, 1651). Nach dem Willen verstän-diger Parteien darf den finanziell [X.] überforderten Bürgen oder [X.] jedoch mit Rücksicht auf die weitere Sicherheit allenfalls eine seine finanzielle Leistungsfähigkeit nicht übersteigende und damit von § 138 Abs. 1 [X.] nicht erfasste "Ausfallhaftung" treffen. Dazu muss [X.] sein, dass der Kreditgeber ihn erst nach einer ordnungsge-mäßen Verwertung der anderen Sicherheit in Anspruch nimmt. Zwar ist der Gläubiger, sofern er mit dem Sicherungsgeber keine andere [X.] getroffen hat, in entsprechender Anwendung des § 774 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit §§ 401, 412 [X.] verpflichtet, die [X.] auf den Bürgen nach Erfüllung seiner Schuld zu übertragen ([X.] 110, 41, 43; [X.], Urteil vom 5. April 2001 - [X.], [X.], 1060, 1064). Auch kann sich ein Bürge insoweit gegenüber dem Gläubiger auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 [X.] berufen ([X.], Urteil vom 5. April 2001 - [X.], [X.], 1060, 1063). 21 - 12 - Selbst wenn dieses Recht auch einem Mithaftenden im Wege eines wei-teren Analogieschlusses, wie die Revisionserwiderung anscheinend meint, zusteht, so vermag die Beklagte daraus schon deshalb nichts für sich herzuleiten, weil der Klägerin die für eine Schuldentilgung als Vor-aussetzung der Abtretung der Grundschuld notwendige Finanzkraft fehlt. Davon abgesehen hat die Beklagte gegenüber dem früheren Lebensge-fährten der Klägerin als Sicherungsgeber die schuldrechtliche Verpflich-tung zur Rückgewähr der bestellten Grundschuld auf einen Löschungs-anspruch beschränkt, so dass deren Übertragung auf die Klägerin ohne-hin nicht in Betracht kommt. b) Die [X.]e finanzielle Überforderung der Klägerin wird durch die Grundschuld entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zudem des-halb nicht beseitigt, weil außer dem streitgegenständlichen Darlehen nicht künftige gemeinsame Kredite der damaligen Lebenspartner, son-dern alle künftigen Forderungen der Beklagten gegen den früheren [X.] der Klägerin gesichert sind (gegen die Berücksichtigung [X.] solchen Grundschuld im Rahmen der [X.] siehe be-reits Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 205/01, [X.], 1649, 1651 f.; [X.]/Kirchhof, [X.], 5, 10). 22 aa) Der Senat kann die Auslegung der formularmäßigen "Darle-hensbedingungen" durch das Berufungsgericht in vollem Umfang [X.], da es sich bei dem von der Beklagten verwandten Vertragsformu-lar um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die in dieser oder ähnlicher Form auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Ver-wendung findet ([X.] 144, 245, 248; 163, 321, 323 f.). Ausgangspunkt der bei [X.] gebotenen objektiven, nicht 23 - 13 - am Willen der konkreten Vertragsparteien zu orientierenden Auslegung (st.Rspr., siehe etwa [X.] 102, 384, 389 f.; Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - [X.] ZR 331/07, [X.], 1350, [X.]. 15) ist der [X.]. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der [X.] verständiger und redlicher Vertragsparteien beachtet werden muss ([X.], Urteil vom 18. Juli 2007 - [X.], [X.], 2078, [X.]. 23 m.w.[X.]). Außer Betracht zu bleiben haben solche Verständnismöglichkei-ten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind ([X.] 150, 269, 275 f.; 152, 262, 265). [X.]) Gemessen daran sichert die Grundschuld gemäß Ziffer 13.1 der formularmäßigen "Darlehensbedingungen" auch solche künftigen Forderungen der Beklagten, die allein von dem damaligen Lebenspartner der Klägerin begründet werden. 24 Der Wortlaut der Klausel bringt nicht eindeutig zum Ausdruck, ob sie nur Ansprüche gegen die Klägerin und ihren damaligen Lebensge-fährten als Gesamtschuldner oder auch allein gegen den Lebenspartner gerichtete Ansprüche erfasst. Für eine Auslegung der Klausel in letzte-rem Sinne spricht, dass allein der Lebenspartner echter Mitdarlehens-nehmer und Sicherungsgeber ist. Zudem ist erst in Ziffer 15.1 der "Dar-lehensbedingungen" nur allgemein von der gesamtschuldnerischen Haf-tung mehrerer Darlehensnehmer die Rede. Etwaige verbleibende Zweifel gehen gemäß § 5 [X.] (§ 305c Abs. 2 [X.]) zu Lasten der Beklagten. Dies bedeutet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber 25 - 14 - nicht, dass die Klausel nur gemeinsame Verbindlichkeiten der Klägerin und ihres Lebensgefährten erfasst, so dass eine [X.]e finanzielle Über-forderung der Klägerin ausgeräumt und die Mithaftungserklärung zum Nachteil der Klägerin wirksam ist. 26 Die Auslegungsregel des § 5 [X.] führt bei einer Inhaltskontrolle dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Ausle-gungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit führt ([X.] 139, 190, 199; 158, 149, 155). In die Prüfung, ob ein Vertrag ge-mäß § 138 Abs. 1 [X.] unwirksam ist, sind auch Klauseln einzubezie-hen, die nach §§ 307 bis 309 [X.] unwirksam oder nach § 305c Abs. 1 [X.] nicht Vertragsbestandteil geworden sind ([X.] 136, 347, 355 f.). Dementsprechend ist im vorliegenden Zusammenhang die Auslegung der Klausel zugrunde zu legen, die zur Unwirksamkeit der Mithaftungserklä-rung der Klägerin führt. Davon ist, wie dargelegt, auszugehen, wenn die Grundschuld auch künftige Ansprüche, die sich allein gegen den [X.] der Klägerin richten, sichert.
4. Danach verstößt der Schuldbeitritt der Klägerin vom 8. Mai 2001 gemäß § 138 Abs. 1 [X.] gegen die guten Sitten und ist infolgedessen nichtig. Dasselbe gilt, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Frage stellt, für das gleich hohe und die Klägerin finanziell nicht weniger stark belastende vollstreckbare Schuldanerkenntnis vom 26. Juni 2001 (vgl. [X.], Urteil vom 15. Januar 1987 - [X.], [X.], 692, 693). Dagegen ist die Abtretung der zukünftigen Lohnforderungen und Sozial-ansprüche nicht nichtig. Dass der unwirksame Schuldbeitritt oder das nichtige Schuldanerkenntnis und die reinen Sicherungszwecken [X.] Abtretungsvereinbarung nach dem maßgeblichen Willen der [X.] - 15 - parteien eine Geschäftseinheit im Sinne von § 139 [X.] bilden, ist nicht ersichtlich. Der Klägerin steht jedoch gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] ein Anspruch auf Rückübertragung der [X.] und [X.] zu.
II[X.] [X.] ist auch nicht aus anderen Gründen richtig entschieden (§ 561 ZPO). Die bloße Möglichkeit einer Restschuldbefreiung im Sinne von §§ 286 ff. [X.] schließt entgegen der Auffassung der Revisionserwi-derung eine Anwendung des § 138 Abs. 1 [X.] auf die Mithaftungsver-einbarung der Prozessparteien nicht aus. 28 1. Die Frage, ob die speziellen Regeln der §§ 286 ff. [X.] es sach-lich rechtfertigen, sittenwidrige Bürgschaften und Schuldbeitritte finanz-schwacher Ehepartner bzw. Lebenspartner für wirksam zu erachten, oder zumindest die Grenzen der Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 [X.] weiter zu fassen, wird in der Literatur zum Teil bejaht (vgl. [X.], NJW 1999, 3763 f.; Foerste, [X.] 2002, 562, 564; [X.], [X.], 833, 836; [X.], [X.], 1, 5; [X.], [X.], 14, 15 ff.; [X.]., [X.] 2005, 133, 134 f.; [X.], [X.], 432, 435 f.; [X.], [X.], 706, 709 ff.; [X.]/Sack, [X.], 13. Bearb., § 138 Rn. 328; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 301 Rn. 18), überwiegend aber verneint ([X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 138 Rn. 81; MünchKomm[X.]/Armbrüster, 5. Aufl., § 138 Rn. 92; [X.]/Brödermann, aaO, § 765 Rn. 22; [X.], Recht der Kreditsicherhei-ten, 7. Aufl., Rn. 873; Gernhuber, [X.] 1995, 1086, 1094 f.; Döbereiner, 29 - 16 - [X.] 1998, 31, 60 f.; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 765 Rn. 13; [X.]/Palm, aaO, § 138 Rn. 91; [X.], [X.], 855, 857 f.; [X.], [X.] 1a Bürgschaft 4.08 (S. 707 f.); [X.], [X.] 2003, 313, 317; [X.]/[X.], [X.], [X.]., Rn. 211; [X.], [X.], 241, 243; Thoß, [X.] 2003, 187, 191 ff.; [X.], NJW 2005, 2498; Zwade, GmbHR 2003, 141, 142; Wagner, NJW 2005, 2956 f.; [X.] [X.]/Bunte/[X.], [X.], [X.]., § 82 Rn. 110; im Grundsatz ebenso [X.]/[X.]/[X.], in [X.]/Bunte/[X.], [X.], [X.]., § 91 Rn. 77 f.; zurückhaltend auch O[X.]ky, [X.] 1998, 169, 184; [X.]/Kirchhof, [X.], 5, 8; [X.], [X.] 2000, 57, 61; [X.], [X.] (2000), 273, 298; [X.]/[X.], [X.], 1100, 1103 f.; ablehnend ferner die instanzgerichtliche Rechtsprechung, siehe [X.], NJW 2004, 2392, 2393 f.; [X.], [X.], 444 f.; [X.], [X.], 296, 298; [X.], [X.], 903, 907; [X.], [X.], 818, 820; [X.], NJW 2006, 67, 68 f.; siehe auch [X.], [X.], 1911, 1913: dort im Ergebnis offen gelassen, aber mit entsprechender Tendenz). 2. Der erkennende Senat, der die Frage bislang offen gelassen hat (Senat [X.] 156, 302, 306 und Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - [X.] ZR 56/01, [X.], 223, 225), hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend. 30 a) Die §§ 286 ff. [X.] stehen in keinem Konkurrenzverhältnis zu § 138 Abs. 1 [X.]. Dies folgt schon daraus, dass die §§ 286 ff. [X.] rein begrifflich das Bestehen einer wirksam begründeten Schuld vorausset-zen (vgl. [X.], aaO m.w.[X.]). Es gibt auch keinen konkreten [X.] - 17 - haltspunkt, dass der Gesetzgeber mit der neuen Rechtsfigur der Rest-schuldbefreiung den persönlichen Anwendungsbereich des § 138 Abs. 1 [X.] einschränken wollte. Aus der ablehnenden Stellungnahme der [X.] (BT-Drucksache 12/2443, [X.] f. zu § 250 Abs. 2 Re-gE[X.]) zum Vorschlag des Bundesrates, die Restschuldbefreiung im Bereich der Verbraucherinsolvenz automatisch auf finanzschwache mit-haftende Familienangehörige des [X.] zu erstrecken (BT-Drucksache 12/2443, [X.] f.), ergibt sich im Gegenteil, dass das Wirk-samkeitsproblem von finanziell übermäßig belastenden Ehegattenbürg-schaften oder vergleichbaren Rechtsgeschäften nach wie vor allein mit Hilfe des allgemeinen Zivilrechts zu lösen ist (so auch MünchKomm[X.]/ [X.], 2. Aufl., § 301 Rn. 6; [X.], Kommentar zur [X.], 2. Aufl., § 301 Rn. 7; [X.]/Lang, Kommentar zur [X.], [X.]. § 301 Rn. 6; [X.][X.]/[X.], Insolvenzrecht, 7. Aufl., Rn. 2066 [X.]. 9; ebenso [X.], aaO).
Auch ist es unter [X.] nicht gerechtfertigt, sittenwidrige Bürgschaften oder Schuldbeitritte im Hinblick auf die bloße Möglichkeit einer Restschuldbefreiung für wirksam zu erachten. Zwar mag das verfassungsrechtliche Bedenken (vgl. dazu [X.] NJW 1994, 36, 39) gegen die Einbeziehung finanziell [X.] überforderter naher [X.] oder nichtehelicher Lebenspartner in die darlehensvertragliche Haftung des [X.] dadurch an Gewicht verlieren, dass die Restschuldbefreiung auch eine lebenslange ausweglose Überschuldung beseitigen kann. Es ist aber nicht der Zweck des langjährigen und kom-plizierten Restschuldbefreiungsverfahrens, Kreditinstitute, die versuchen, die offensichtliche Willensschwäche eines finanziell überforderten [X.] oder nichtehelichen Lebensgefährten des [X.] zur 32 - 18 - Durchsetzung ihrer vermeintlichen Interessen zu nutzen, vor der [X.] des § 138 Abs. 1 [X.] zu bewahren. 33 b) Im vorliegenden Streitfall ergibt sich nichts anderes. Der Um-stand, dass die Grenze zur [X.]en finanziellen Überforderung der Klä-gerin zum Zeitpunkt des streitigen Schuldbeitritts nicht weit überschritten wurde, lässt die ruinöse Mithaftung der Klägerin - an[X.] als die Revisi-onserwiderung (vgl. dazu auch [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 78) meint - vor dem Hintergrund einer möglichen Restschuldbefrei-ung nicht in einem anderen Licht erscheinen. Ein die Beklagte entlasten-des Moment ist darin nicht zu sehen, zumal nach der gefestigten Recht-sprechung des erkennenden Senats an das Merkmal der [X.]en finan-ziellen Überforderung sehr hohe Anforderungen zu stellen sind. Davon abgesehen spricht gegen eine differenzierende Betrachtungsweise, dass sie auf den im Bereich des § 138 [X.] beson[X.] wichtigen Gesichts-punkt der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit keine Rücksicht nimmt.
[X.] Die Revision hatte danach weitgehend Erfolg. Das Berufungsurteil war hinsichtlich der auf die Feststellung der Nichtigkeit der darlehensver-traglichen Mitverpflichtungserklärung der Klägerin aus dem Darlehens-vertrag vom 8. Mai 2001 und des vollstreckbaren Schuldanerkenntnisses vom 26. Juni 2001 gerichteten Anträge aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und den Anträgen stattge-ben. Dagegen hat das Berufungsurteil zum Feststellungsbegehren der 34 - 19 - Klägerin hinsichtlich der von ihr zu Unrecht geltend gemachten Nichtig-keit der Abtretung der Lohn- und [X.] vom 9. Mai 2001 [X.]. Insoweit war die Revision zurückzuweisen.

[X.][X.] Ellenberger [X.] [X.]: [X.], Entscheidung vom 02.09.2005 - 3 O 23 /05 - [X.]/Main, Entscheidung vom 15.09.2006 - 23 U 250/05 -

Meta

XI ZR 539/07

16.06.2009

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2009, Az. XI ZR 539/07 (REWIS RS 2009, 3070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3070

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