Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.04.2023, Az. 35 W (pat) 408/22

35. Senat | REWIS RS 2023, 4731

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster 20 2018 104 945

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.] und Dipl.-Ing. Univ. Maierbacher

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über den Bestand des Gebrauchsmusters 20 2018 104 945 (i. F.: [X.]).

2

Das am 29. August 2018 angemeldete [X.] ist, nachdem die Antragsgegnerin Aussetzung der Eintragung und Bekanntmachung auf 15 Monate beantragt hatte, am 2. Dezember 2019 mit den [X.]n 1 – 18 und der Bezeichnung „Befestigungselement aus Holz und/oder Holzwerkstoffen sowie Haltegurt mit Befestigungselementen für ein energiebetriebenes Setzgerät“ eingetragen worden. Es ist in [X.], nachdem die Verlängerungsgebühren bis einschl. des 6. [X.], also bis Ende August 2024, bezahlt worden sind.

3

Die dem [X.] zugrundeliegende Erfindung betrifft ein Befestigungselement aus Holz und/oder Holzwerkstoffen zum Verbinden von mindestens zwei Bauteilen aus Holz, bestehend aus einem Schaft und einem an einem Ende des Schaftes angeordneten sich verjüngenden Bereich (Abs. [0001] der [X.], i. F.: GS.).

4

Der eingetragene Schutzanspruch 1 ist auf ein Befestigungselement aus Holz und/oder Holzwerkstoffen mit den dort beschriebenen Merkmalen gerichtet. Die eingetragenen [X.] 2 – 16 sind auf den Schutzanspruch 1 rückbezogene [X.]. Der eingetragene Schutzanspruch 17 hat einen Haltegurt für ein energiebetriebenes Setzgerät für Befestigungselemente zum Gegenstand und auf diesen ist der eingetragene Schutzanspruch 18 rückbezogen.

5

Mit Schriftsatz v. 3. Juni 2020 hat die Antragsgegnerin geänderte [X.] 1 – 14 zur Gebrauchsmusterakte eingereicht. Der nachgereichte Schutzanspruch 1 weist gegenüber der eingetragenen Fassung zwei zusätzliche Merkmale auf. In den geänderten [X.]n 12 – 14 ist zudem beansprucht, dass das im Schutzanspruch 1 beschriebene Befestigungselement zum Verbinden von vorgelochten bzw. nicht vorgelochten Bauteilen verwendbar ist, während es in der eingetragenen Fassung der [X.] 14 – 16 heißt: „verwendet wird“. Die eingetragenen [X.] 17 und 18 sind in dieser Fassung gestrichen.

6

In der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2023 hat die Antragsgegnerin das [X.] im Umfang der [X.] 1 – 14 vom 3. Juni 2020verteidigt. Schutzanspruch 1 lautet in dieser Fassung (mit einer im beschwerdegegenständlichen Beschluss der [X.] vom 9. November 2021 verwendeten Merkmalsgliederung):

7

[X.] Befestigungselement (10) aus Holz und/oder Holzwerkstoffen

8

[X.] zum Verbinden von mindestens zwei Bauteilen (12, 13) aus Holz,

9

[X.] bestehend aus einem Schaft (14) und einem

an einem Ende des Schaftes (14) angeordneten

sich verjüngenden Bereich (15),

dadurch gekennzeichnet,

[X.] dass die Außenkontur ([X.], [X.], K3)

des sich verjüngenden Bereiches (15)

umlaufend im Wesentlichen einer ballistischen Kurve entspricht,

[X.] dass das freie Ende des sich verjüngenden Bereiches (15)

abgerundet ausgebildet ist

[X.] und dass die Länge (LS) des sich verjüngenden Bereiches (15)

kürzer ist, als das 1,3-Fache des Schaftdurchmessers (D)

des Befestigungselementes (10).

Wegen des Wortlauts der weiteren, abhängigen [X.] 2 – 14 vom 3. Juni 2020 wird auf die Akten verwiesen.

Gegen das [X.] in vollem Umfang richtet sich der von der Antragstellerin eingereichte Löschungsantrag vom 4. September 2020, den sie auf den Löschungsgrund der fehlenden Schutzfähigkeit stützt. Die Antragstellerin hat zu dem aus ihrer Sicht relevanten Stand der Technik mehrere druckschriftliche [X.], bezeichnet als [X.] – [X.], in das Verfahren eingeführt. Sie beanstandet hinsichtlich des Gegenstands des Schutzanspruchs 1 sowohl fehlende Neuheit gegenüber den [X.] [X.], [X.] und [X.], als auch fehlenden erfinderischen Schritt, da der Gegenstand des [X.]s durch den Stand der Technik, z.B. ausgehend von der [X.] in Zusammenschau mit der [X.] oder der [X.] nahegelegt sei.

Der Löschungsantrag ist der Antragsgegnerin am 17. September 2020 zugestellt worden. Sie hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz v. 15. Oktober 2020, eingegangen am selben Tag, widersprochen, wobei sie den Widerspruch im Umfang der Anspruchsfassung vom 3. Juni 2020 erklärt hat.

Die Antragsgegnerin hat diesen [X.] mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2020 begründet. Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des nachgereichten Schutzanspruchs 1 schutzfähig sei, da er von keiner Entgegenhaltung neuheitsschädlich getroffen werde und vom Stand der Technik auch nicht nahegelegt sei. Mit der Eingabe hat sie zwei Normauszüge, i.F. als [X.]4 und [X.]5 bezeichnet, in das Verfahren eingeführt.

Mit [X.] vom 14. Mai 2021 hat die [X.] den Beteiligten als vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass der Löschungsantrag voraussichtlich erfolgreich sein werde. Insbesondere sei der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in der nunmehr maßgebenden Fassung vom 3. Juni 2020 voraussichtlich wegen Fehlens eines erfinderischen Schritts als nicht schutzfähig zu beurteilen.

Nachdem die Beteiligten zum [X.] schriftsätzlich Stellung genommen hatten, fand am 9. November 2021 eine mündliche Verhandlung vor der [X.] statt. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung weiter die Löschung des [X.]s beantragt. Die Antragsgegnerin hat lt. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2021 (dort [X.]) die Zurückweisung des Löschungsantrags „für die Anspruchsfassung vom 15. Oktober 2020“ beantragt; diese entspricht der Fassung vom 3. Juni 2020.

Mit in der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2021 verkündetem Beschluss hat die [X.] das [X.] gelöscht und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Sie hat diesen Beschluss im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das [X.] sei in dem Umfang, in welchem es über die nachgereichte Fassung vom 3. Juni 2020 hinausgehe, wegen der eingeschränkten Verteidigung des [X.]s mit der vorgenannten, aus Sicht der [X.] zulässigen Anspruchsfassung ohne Sachprüfung zu löschen. Der Gegenstand des nachgereichten Schutzanspruchs 1 vom 3. Juni 2020 sei nicht schutzfähig. Zwar werde er von keiner im Verfahren befindlichen Entgegenhaltung neuheitsschädlich vorweggenommen, er sei aber ausgehend von der [X.] ([X.] 10 2015 107 371 [X.]) in Zusammenschau mit der [X.] ([X.] 2011 / 0 188 971 [X.]) für den Fachmann nahegelegt.

Der Beschluss ist der Antragstellerin am 8. Dezember 2021 und der Antragsgegnerin am 13. Dezember 2021 zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 5. Januar 2022, eingegangen mit einer [X.] am 7. Januar 2022.

Noch vor Eingang der von der Antragsgegnerin angekündigten Beschwerdebegründung hat der Senat mit Hinweis vom 8. Februar 2022 auf Bedenken bezüglich einer wirksamen Unterschrift des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin unter die vorgenannte Beschwerdeschrift hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 7. März 2022 hat die Antragsgegnerin nochmals die Einlegung der Beschwerde erklärt und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie ist der Auffassung, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter die Beschwerde wirksam unterzeichnet habe, zumal er Schriftsätze in Verfahren vor dem [X.] und dem [X.] seit Jahren in dieser konkreten Form unterzeichnet habe, ohne dass dies beanstandet worden sei; Abschriften solcher Schriftsätze waren beigefügt. Im weiteren Verfahren hat er weitere Abschriften von ebenfalls entsprechend unterschriebenen Schriftsätzen, und zwar auch gegenüber dem [X.], dem [X.] und auch im Rechtsverkehr mit Firmen und Anwälten vorgelegt.

In der Sache selbst ist die Antragsgegnerin der Auffassung, dass die Neuheit des Gegenstands des nachgereichten Schutzanspruchs 1 ohnehin unstreitig sei. Die in dem nachgereichten Schutzanspruch 1 beschriebene Merkmalskombination beruhe auch auf einem erfinderischen Schritt. Insbesondere sei dieser Gegenstand ausgehend von der [X.] weder in Kombination mit der [X.], noch mit der [X.] oder der [X.] oder in sonstiger Weise von dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt.

Die Antragsgegnerin stellt den Antrag,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. November 2021 aufzuheben und den gegen das [X.] 20 2018 104 945 gerichteten Löschungsantrag im Umfang der [X.] 1 – 14 vom 3. Juni 2020 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin stellt den Antrag,

die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin mangels einer wirksamen Unterschrift unzulässig sei. Die Beschwerde sei auch unbegründet. Der Gegenstand des nachgereichten Schutzanspruchs 1 beruhe nicht auf einem erfinderischen Schritt. Insbesondere sei der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ausgehend von der [X.] in Zusammenschau mit der [X.] oder der [X.] nahegelegt.

In das Verfahren sind die nachfolgend genannten [X.] und Dokumente eingeführt worden:

[X.]: [X.] 2011 / 0 188 971 [X.];

[X.]: EP 3 179 115 [X.];

[X.]: [X.] 2006 / 0 018 733 [X.];

E4: [X.] 1 759 762 B;

E5: [X.] 5 489 179 A;

E6: [X.] 2002 / 0 071 741 [X.];

[X.]: [X.] 10 2015 107 371 [X.];

E8: [X.] 10 2017 100 753 [X.];

E9: [X.] 6 171 042 B1;

[X.]0: [X.] 10 2016 211 444 [X.];

[X.]1: [X.] 81 29 970 U1;

[X.]2: [X.] 1 500 814 [X.];

[X.]: [X.] 1 916 579 U;

[X.]4: Norm [X.] 1052 2008-12. Entwurf, Berechnung und Bemessung von Holzbauwerken –Allgemeine Bemessungsregeln und Bemessungsregeln für den Hochbau. Abschnitt 15.3Holznagelverbindungen;

[X.]5: Norm [X.] EN 10230-1. Nägel aus Stahldraht. Teil 1: Lose Nägel für allgemeine Verwendungszwecke. [X.] Fassung [X.], Seite 4.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der [X.], die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Antragsgegnerin hat die Beschwerde form- und fristgerecht unter Zahlung der Beschwerdegebühr erhoben, wobei der [X.] vom 5. Januar 2022 vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin auch wirksam unterzeichnet worden ist.

Die Unterschrift des Verfahrensbevollmächtigten ähnelt zwar einem um 180° gedrehten Haken, wie er auch zur Kennzeichnung eines „OK“ oder „geht in Ordnung“ oder „abgehakt“ verwendet wird, und erweckt den Anschein einer Art Paraphe, so dass Zweifel an einer wirksamen Unterschrift prima facie durchaus angebracht sind.

In die Beurteilung einer ordnungsgemäßen Unterschrift unter eine Rechtsmittelschrift sind jedoch alle zur Verfügung stehenden Umstände des konkreten Falls einzubeziehen (vgl. [X.], Beschluss vom 17. November 2009, [X.]), wobei insbesondere auch der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz zu berücksichtigen ist ([X.], NJW 1998, 1853, [X.]. 15 m. w. N.). Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin schlüssig dargelegt, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter seit Jahren im Rechtsverkehr nicht nur mit dem [X.], sondern auch mit dem [X.]n Patent- und Markenamt sowie [X.] Institutionen wie dem [X.] und dem [X.] und auch mit anderen Organen der Rechtspflege und mit Unternehmen in [X.] Schriftsätze in gleicher Weise unterzeichnet hat, wie oben dargelegt, offenkundig, ohne dass es hierbei zu Beanstandungen gekommen ist. Vor diesem Hintergrund kann sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Unterzeichnung auf den vorgenannten, verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz berufen, welcher die o.g. Zweifel an der Wirksamkeit der Unterzeichnung der Beschwerdeschrift vom 5. Januar 2022 letztlich überwiegt.

2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch unbegründet. Denn im Umfang der von der Antragsgegnerin verteidigten Schutzansprüche 1 – 14 vom 3. Juni 2020 ist der Gegenstand des [X.]s nicht schutzfähig gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 1 bis 3 [X.].

2.1 Die Antragsgegnerin hat dem streitgegenständlichen Löschungsantrag wirksam, insbesondere rechtzeitig widersprochen, so dass das Löschungsverfahren mit inhaltlicher Überprüfung des von der Antragstellerin geltend gemachten Löschungsgrunds der fehlenden Schutzfähigkeit durchzuführen war (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.]). Da die Antragsgegnerin jedoch lediglich einen [X.] erklärt hat, nämlich im Umfang der nachgereichten Schutzansprüche 1 – 14 vom 3. Juni 2020, ist das [X.] im über diese Anspruchsfassung hinausgehenden Umfang ohne weitere Sachprüfung löschungsreif (§ 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Die für das vorliegende Verfahren maßgebende Anspruchsfassung sind daher ausschließlich die [X.] 1 – 14 vom 3. Juni 2020. Weitere Anspruchsfassungen hat die Antragstellerin nicht, auch nicht hilfsweise, in das Verfahren eingeführt.

2.2 Die dem [X.] zugrundeliegende Erfindung betrifft, wie eingangs bereits ausgeführt, gemäß Absatz [0001] GS. ein Befestigungselement aus Holz und/oder Holzwerkstoffen zum Verbinden von mindestens zwei Bauteilen aus Holz, bestehend aus einem Schaft und einem an einem Ende des Schaftes angeordneten sich verjüngenden Bereich.

An bekannten derartigen [X.]n mit einem sich verjüngenden Bereich (Nagelspitze) in Form einer kegelförmigen Rundspitze wird in der [X.] als nachteilig bezeichnet, dass diese einerseits häufig nicht geradlinig in Bauteile aus Holz eintreibbar seien und andererseits diese Bauteile meist beschädigt würden, weil sich Risse und Spalten in der [X.] bildeten, vgl. Absätze [0002] bis [0006] GS.

Als Aufgabe der Erfindung ist dementsprechend in Absatz [0007] GS. angegeben, ein neues Befestigungselement aus Holz und/oder Holzwerkstoffen zu schaffen, mit dem auf deutlich verbesserte Weise ein geradliniges Eintreiben möglich sei, ohne dass Beschädigungen der Bauteile außerhalb des Eintreibbereiches hervorgerufen werden.

Zur Lösung dieser Aufgabe ist gemäß Absätzen [0008] und [0009] GS. vorgesehen, dass die Außenkontur des sich verjüngenden Bereiches des im Absatz [0001] angegebenen Befestigungselements umlaufend im Wesentlichen einer ballistischen Kurve entspricht.

2.3 Als für diesen Gegenstand zuständiger Fachmann ist ein Dipl.-Ing. oder Bachelor (FH/HAW) der Fachrichtung Maschinenbau oder Holztechnik anzusehen, der über mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Verbindungs- und Befestigungselementen verfügt.

2.4 Einige Merkmale des Schutzanspruchs 1 bedürfen hinsichtlich ihres Verständnisses durch den Fachmann der Erläuterung:

Merkmal [X.] ist nicht auf eine Verwendung des Befestigungselements zum Verbinden von mindestens zwei Bauteilen aus Holz beschränkt, sondern verlangt lediglich, dass es zu diesem Zweck geeignet sein muss.

Obwohl das Befestigungselement gemäß dem Merkmal [X.] aus einem Schaft und einem sich verjüngenden Bereich „besteht“, werden durch diese Formulierung weitere Bestandteile nicht ausgeschlossen. Insbesondere kann das Befestigungselement weiterhin einen Kopf aufweisen, siehe Absatz [0036] GS.

Nach Merkmal [X.] muss die Außenkontur des sich verjüngenden Bereichs des Befestigungselements umlaufend im Wesentlichen einer ballistischen Kurve entsprechen. Das umfasst nach dem Verständnis des Fachmanns insbesondere ogivale sich verjüngende Bereiche, deren Außenkontur einem Kreisbogenabschnitt entspricht. Dies wird auch durch den Absatz [0044] GS. bestätigt, wonach die in Figur 10.2 dargestellten Außenkonturen jeweils mit einem Radius – also nicht mit vielen Radien – ausgeführt sind.

Der Begriff „Kurve“ grenzt von „Gerade“ ab. Kegelförmige sich verjüngende Bereiche, deren Außenkontur einer Gerade entspricht, werden somit von Merkmal [X.] ausgeschlossen.

Merkmal [X.] und der restliche Anspruchswortlaut sagen nichts dazu, in welcher Weise der sich verjüngende Bereich an den Schaft anschließen soll. Aus der im Absatz [0044] GS. beschriebenen Figur 10.2 ergibt sich, dass die Außenkontur des Schafts in die als Kreisbogenabschnitt ausgeführte Außenkontur des sich verjüngenden Bereichs sowohl wie eine Tangente als auch wie eine Sekante, d.h. mit einem Knick, übergehen kann.

Gemäß Merkmal [X.] ist das freie Ende des sich verjüngenden Bereiches abgerundet ausgebildet. Das verlangt eine gewollte Abrundung, es grenzt somit ab von freien Enden, die spitz ausgeführt sind, beschränkt jedoch die Form des freien Endes nicht auf einen Kugelabschnitt. Zur Größe der Abrundung ist im Schutzanspruch 1 nichts ausgesagt. Aus den Absätzen [0011] bis [0013] GS. ergibt sich, dass die Abrundung lediglich die Vorteile verstärken soll, die sich aus der ballistischen Form des sich verjüngenden Bereichs ergeben, nämlich, dass der sich verjüngende Bereich beim Eintreiben im Wesentlichen ohne Beschädigungen der äußeren Form bleibt und deshalb geradlinig und mit geringen Einwirkungen in ein Holzbauteil eindringen kann. Im Hinblick darauf kann die Abrundung sehr klein im Vergleich zur Größe des sich verjüngenden Bereichs sein, wie auch beispielsweise in den Figuren 4 und 5 abgebildet.

2.5 Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 vom 3. Juni 2020 beruht nicht auf einem erfinderischen Schritt.

2.5.1 Die Entgegenhaltung [X.] offenbart Befestigungselemente in Form von Nägeln aus Holz und/oder Holzwerkstoffen zum Verbinden von wenigstens zwei Bauteilen aus Holz entsprechend den Merkmalen [X.] und [X.], siehe Absätze [0001] und [0011].

Im Absatz [0002] ist angegeben, dass bekanntermaßen Nägel aus Metall direkt mittels Hämmern ins Holz eingeschlagen werden könnten, [X.] dagegen eine Bohrung benötigten, da ohne Bohrung beim Aufschlag des Hammers die Holzstrukturen gequetscht würden und/oder die [X.] brächen und/oder splitterten.

Überraschenderweise habe sich gezeigt, siehe Absatz [0011], dass Nadelhölzer und weiche Laubhölzer mit Nägeln aus harten Hölzern bzw. Holzwerkstoffen mittels Nagelsetzgeräten ohne Vorbohren genagelt werden könnten, ohne dass die Nägel brechen, bersten oder verbiegen.

Dazu ist im Absatz [0020] und im Absatz [0037] zum dort beschriebenen „Versuch 1“ weiter erläutert, dass beim Einschießen des Nagels mit einem Nagelsetzgerät aufgrund der hohen Geschwindigkeit und der dadurch erzeugten hohen Reibung zwischen Nagel und verdrängtem [X.] entsteht. Da Holz ein schlechter Wärmeleiter sei, würden dabei die Oberflächen des Nagels und des [X.] im umgebenden Material so stark erhitzt, dass es zu einem Erweichen des enthaltenen [X.] und somit zu einer Verschweißung von Nagel und Untergrund an ihren Kontaktflächen komme.

Die in [X.] gelehrten Nägel weisen einen Schaft („Nagelschaft“) und einen an einem Ende des Schaftes angeordneten sich verjüngenden Bereich („daran endseitig vorgesehene Nagelspitze“) auf, siehe Absatz [0001] sowie Absatz [0045] und Figur 1. Das entspricht dem Merkmal [X.].

Der sich verjüngende Bereich („Nagelspitze“) ist bei rundem [X.] als Kegelspitze, bei quadratischem [X.] als Pyramidenspitze ausgeführt, und zwar ausdrücklich durch „Anspitzen“ des Schafts, siehe Absätze [0037] und [0038], somit weder abgerundet noch mit einer Außenkontur in Form einer ballistischen Kurve. Das entspricht jedoch nicht den Merkmalen [X.] und [X.].

Zum Verhältnis der Länge des sich verjüngenden Bereichs („Länge der Nagelspitze“) zum Schaftdurchmesser ist in Absatz [0025] und Anspruch 16 angegeben, dass dieses zwar bevorzugt zwischen 1,8 und 2,1 liegt, andererseits aber in einem sehr weiten Bereich, zwischen 1 und 3, liegen kann. Damit sind Werte kleiner 1,3 entsprechend dem Merkmal [X.] zwar nicht ausdrücklich empfohlen, aber umfasst. Da die in [X.] offenbarten Nagelspitzen schon nicht den Merkmalen [X.] und [X.] entsprechen, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Merkmal [X.] damit, wie von der Antragstellerin geltend gemacht, neuheitsschädlich vorweggenommen ist oder, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, eine Auswahlerfindung darstellt.

2.5.2 Bei den ohne Vorbohren verwendbaren Holznägeln der [X.] handelt es sich erkennbar für die Autoren der [X.] um ein neues Thema, vergleiche Absatz [0011], wonach sich überraschenderweise gezeigt habe, dass Nadelhölzer und weiche Laubhölzer mit Nägeln aus harten Hölzern ohne Vorbohren genagelt werden könnten.

Die [X.] befasst sich eingehend vor allem damit, wie Nagelstreifen, bestehend aus einer Reihe parallel angeordneter verbundener Nägel aus Holz bzw. Holzwerkstoffen, hergestellt werden können, siehe die Absätze [0028] bis [0038]. Dazu werden in den Absätzen [0037] und [0038] auch Versuche beschrieben.

Dabei fällt dem Fachmann auf, dass die Herstellung der Nagelspitzen gemäß Absatz [0037] eher behelfsmäßig erfolgte, insbesondere „mit Schleifpapier“ oder durch „Anspitzen mit einem [X.]“, wobei die Form der Nagelspitze durch den [X.] vorgegeben wird. In dieser Hinsicht erscheint die Lehre der [X.] daher gleichsam unfertig, was für den Fachmann ein mögliches Weiterentwicklungspotential anzeigt und ihn veranlasst, sich über mögliche Formen für die Spitzen der in [X.] gelehrten Holznägel zu informieren.

Er zieht dazu vor allem Nägel heran, die ebenfalls dazu gedacht sind, ohne Vorbohren in Holz genagelt zu werden. Eine Beschränkung der Suche auf Nägel aus Holz nimmt er dagegen nicht vor. Denn weil die Verwendbarkeit von [X.]n ohne Vorbohren die Autoren der [X.] überrascht hat, es sich somit offenbar um eine neuartige Verwendung handelt, ist hier aus Sicht des Fachmanns nicht mit einer Vielzahl weiterer Veröffentlichungen zu rechnen.

2.5.3 Die [X.] lehrt einen weiteren Nagel, der gemäß den Absätzen [0013] und [0043] ausdrücklich – wie der Nagel der [X.] – zum vorbohrungsfreien Einbringen in einen Holzuntergrund mit einem Nagelsetzgerät vorgesehen ist, und der somit auch, wie der Nagel der [X.] und wie im Merkmal [X.] verlangt, zum Verbinden von zwei Bauteilen aus Holz geeignet ist.

Der Nagel der [X.] besteht aus einem Schaft („[X.] 102“) und einem an einem Ende des Schafts angeordneten sich verjüngenden Bereich („[X.]“) entsprechend dem Merkmal [X.], siehe die Figuren 1 und 3 mit Beschreibung in den Absätzen [0043] und [0059].

Der sich verjüngende Bereich ist als „ballistisch geformte, zum Beispiel ogivale [X.]“ ausgeführt, siehe Absatz [0043], seine Außenkontur entspricht daher umlaufend einer ballistischen Kurve wie im Merkmal [X.] angegeben.

Der von [X.] ausgehende Fachmann, der sich für die Form der Nagelspitze interessiert, zieht dazu zunächst die Zeichnungen der [X.] heran. Denn die Zeichnungen sind die bevorzugte Sprache des Technikers, weil sie ihn am schnellsten und auf die ihm gewohnte Weise über einen technischen Sachverhalt in Kenntnis setzen (vergl. [X.], [X.], 11. Auflage, § 34, Rn. 299).

In den Figuren 1 und 3 der [X.] werden – wie üblich und dem Fachmann geläufig – schmale Volllinien dazu verwendet, Oberflächenabschnitte unterschiedlicher Formen voneinander abzugrenzen, die ohne Knick und damit ohne sichtbare Körperkante ineinander übergehen. Dazu siehe beispielsweise den unten wiedergegebenen Ausschnitt des [X.] aus Figur 1, in dem von oben nach unten fünf waagerechte schmale Volllinien einen toroidalen Abschnitt, einen sehr schmalen zylindrischen Abschnitt, einen weiteren toroidalen Abschnitt, einen kegelförmigen Abschnitt, noch einen toroidalen Abschnitt und einen weiteren zylindrischen Abschnitt voneinander abgrenzen.

Abbildung[X.] Ausschnitt aus Figur 1

Der vorderste – in den Figuren 1 und 3 der unterste – Abschnitt der [X.], in [X.] als freies Ende der [X.] bezeichnet, ist in den Figuren 1 und 3 ebenfalls durch eine waagerechte schmale Volllinie von der restlichen [X.] abgegrenzt. Damit ist eindeutig dargestellt, dass der Radius der ogivalen [X.] sich nicht bis zum freien Ende erstreckt, sondern der unterste Abschnitt mit einer davon abweichenden Form ausgeführt ist. Daraus ergibt sich für den Fachmann, dass die in den Figuren 1 und 3 erkennbar abgestumpfte Darstellung des freien Endes der [X.] weder zufällig noch auf [X.] beruhend ist, sondern eine beabsichtigte Abrundung darstellt. Das entspricht dem Merkmal [X.].

 Abbildung[X.] Ausschnitte aus Figuren 1 und 3

Der von [X.] ausgehende, nach möglichen Formen für die dortige Nagelspitze suchende Fachmann kann dem Beschreibungstext der [X.] zur Form der restlichen, d.h. eigentlichen [X.] des Nagels der [X.] lediglich entnehmen, siehe Absatz [0043], dass sie eine ballistische, ogivale Form und einen Öffnungswinkel β zwischen 30° und 75°, insbesondere im Bereich von β = 60°, haben soll. Da damit die Geometrie der [X.] nicht vollständig beschrieben ist – es fehlen u.a. Angaben zum Radius der die Ogive bildenden Kreisbögen und dazu, wie die [X.] an den Schaft anschließen soll – zieht der Fachmann auch hierzu die die [X.] zeigenden Figuren 1 und 3 hinzu.

In den Figuren 1 und 3 ist die [X.] zwar dargestellt, aber nicht vollständig [X.], so dass sich dem Fachmann die Frage stellt, ob ihre Form unmittelbar der Darstellung in der Zeichnung entnommen werden kann. Dazu ermittelt er, ob die Zeichnungen maßstäblich sind, d.h. ob die dargestellten Maße in einem übereinstimmenden Verhältnis zu den entsprechenden Maßen des [X.] stehen, da nur dann den Zeichnungen Größenverhältnisse und damit die tatsächliche Form der in Figur 1 und 3 jeweils dargestellten [X.] entnommen werden können. Da in den Figuren 1 und 3 etliche Maße des [X.] in Zahlen angegeben sind, misst er dazu für einige davon z.B. mit einem Lineal jeweils die entsprechende Länge in der Zeichnung nach und teilt die gemessene Länge durch das zugehörige in Zahlen angegebene Maß.

Für die Figur 1 ergibt sich, dass die zeichnerisch dargestellten Durchmesser der [X.], 108 und 106 in einem übereinstimmenden Verhältnis zu dem jeweils dazu angegebenen Durchmesser (3,8, 4,2, 4,5) des [X.] stehen. In Figur 3 sind zusätzlich zu diesen Durchmessern (3,8, 4,2, 4,5) die Längen der [X.], 108 und 106 angegeben. Hier stehen auch die zeichnerisch dargestellten Längen in einem recht genau übereinstimmenden Verhältnis zu der jeweils angegebenen Länge (9,8, 9,0, 10) des [X.]. Darüber hinaus stimmt auch für die die Querrichtung des Nagels betreffenden Durchmesser und für die die Längsrichtung des Nagels betreffenden Längen das Verhältnis von dargestelltem zu angegebenem Maß überein.

Daran erkennt der Fachmann, dass die Zeichnungen der Figuren 1 und 3 den Nagel maßstäblich zeigen sollen und deshalb dazu geeignet sind, ihnen Größenverhältnisse zu entnehmen und damit auch die Form der Nagelspitze.

Abbildung [X.] Figur 1

Abbildung [X.] Figur 3

Im Übrigen ist in [X.] dort, wo eine Darstellung nicht maßstäblich sein soll, ausdrücklich darauf hingewiesen, siehe die Detaildarstellung unten in Figur 1, die erkennbar und wie auch in Absatz [0053] der [X.] ausdrücklich angegeben die Durchmesser der [X.], 108 und 106 des [X.] „mit aus Gründen der Klarheit übertriebenen Proportionen“ zeigt.

Abbildung[X.] Nagelschaft aus Figur 1

Abbildung[X.] nicht maßstäbliches Detail des [X.] aus Figur 1

Damit ergibt sich im vorliegenden Fall die Maßstäblichkeit der Figuren 1 und 3 für den Fachmann unmittelbar aus den in den Figuren 1 und 3 selbst enthaltenen Informationen. In Rechtsprechung und Kommentaren angestellte Hilfsüberlegungen für solche Zeichnungen, bei denen das nicht der Fall ist, greifen hier nicht. Sie resultieren vielmehr daraus, dass zeichnerische Darstellungen von Erfindungen in [X.] in der Regel lediglich schematisch und gerade nicht maßstäblich sind.

Nach alledem konnte der Senat sich in dieser Frage dem Ergebnis der Einspruchsabteilung des [X.]s in ihrer Entscheidung PT29223-03EP vom 17. April 2023 zum [X.] 532, wonach die Figuren 1 und 3 der [X.] (dort im Verfahren als [X.]) vom Fachmann nicht als maßstäblich erkannt werden, nicht anschließen.

2.5.4 Die Zeichnungen der Figuren 1 und 3 der [X.] zeigen Nagelspitzen mit einem Öffnungswinkel von β = 60°. Dazu ist bei der Beschreibung der Figur 1 im Absatz [0043] ausdrücklich angegeben, dass ein Öffnungswinkel in diesem Bereich, und somit die in den Figuren 1 und 3 dargestellte Nagelspitze, dazu geeignet ist, „ein besonders kraftarmes Eindringen“ des Nagels der [X.] „in den vorbohrungsfreien Holzuntergrund zu fördern“.

Da ein kraftarmes Eindringen der Nagelspitze förderlich für das in [X.] beabsichtigte schnelle Eindringen des Nagels ist, aufgrund dessen laut der Erläuterung in Absatz [0020] der [X.] ein Verschweißen der Nagelschaftoberfläche des Holznagels mit der Oberfläche des [X.] im umgebenden Holz erreicht wird, übernimmt der Fachmann die im Absatz [0043] der [X.] beschriebene ballistische [X.] so wie sie in den Figuren 1 bzw. 3 dargestellt ist für den Nagel der [X.].

Dabei ergibt sich zwanglos, die Nagelspitze ohne Durchmessersprung an den im Querschnitt runden Nagelschaft aus [X.] anschließen zu lassen – nämlich so wie die mit dem [X.] hergestellte Nagelspitze der [X.].

Die auf die Nagelspitze folgenden kegelförmigen Strukturen des [X.] aus [X.] übernimmt der Fachmann dagegen nicht, da sie, wie in [X.] im Absatz [0014] erläutert, der formschlüssigen Verankerung des Nagels der [X.] dienen, der gemäß Absatz [0034] aus Stahl besteht, und sich deshalb nicht wie der Holznagel der [X.] durch Verschweißen in dem umgebenden Holz verankern kann.

2.5.5 Durch die Übernahme der ballistischen [X.] aus [X.] an den Nagel der [X.] erhält der Fachmann ein Befestigungselement, das außer den in [X.] offenbarten Merkmalen [X.] bis [X.] auch die weiteren Merkmale [X.] bis [X.] des Schutzanspruchs1 aufweist.

Die Außenkontur der Nagelspritze / des sich verjüngenden Bereichs entspricht, wie im Absatz [0043] der [X.] angegeben und in den Figuren 1 und 3 dargestellt, umlaufend einer ballistischen Kurve entsprechend dem Merkmal [X.].

Da der in Absatz [0043] der [X.] angegebene Vorteil eines besonders kraftarmen Eindringens Teil der Beschreibung der Nagelspitze des in der Figur 1 abgebildeten Nagels ist, übernimmt der Fachmann die Nagelspitze wie abgebildet, mitsamt der in Figur 1 – und auch in Figur 3 – dargestellten kleinen Abrundung am freien Ende. Das entspricht dem Merkmal [X.].

Er ist damit auch bereits zu einem Befestigungselement gelangt, bei dem die Länge des sich verjüngenden Bereichs kürzer ist als das 1,3-Fache des Schaftdurchmessers, nämlich rund 1,1 mal so lang wie der Schaftdurchmesser bei Übernahme der Form aus der Figur 1 der [X.] bzw. rund 1,2 mal so lang wie der Schaftdurchmesser bei Übernahme der Form aus der Figur 3 der [X.]. Dabei kommt es im Hinblick auf das Merkmal [X.] nicht darauf an, ob der Fachmann der [X.] die Lehre entnimmt, dass die Länge des sich verjüngenden Bereichs kürzer ist als das 1,3-Fache des Schaftdurchmessers sein müsse, sondern lediglich darauf, dass dies bei der aus [X.] für den Nagel der [X.] übernommenen Nagelspitzenform im Ergebnis tatsächlich der Fall ist, somit entsprechend dem Merkmal [X.].

Abbildung

Nagel aus [X.] Figur 1 mit Spitze aus [X.] Figur 1

Abbildung

Nagel aus [X.] Figur 1 mit Spitze aus [X.] Figur 3

2.5.6 Der Einwand der Antragsgegnerin, das Verhältnis der Nagelspitzenlänge zum Schaftdurchmesser könne für die Nagelspitzen aus Figur 1 und 3 der [X.] nicht festgestellt werden, weil die Nägel der [X.] eine Vielzahl verschiedener Schaftdurchmesser aufwiesen, kann hier nicht greifen. Denn dabei kommt es nicht auf das Verhältnis an, das sich an den Nägeln der [X.] ergibt, sondern auf das Verhältnis, das sich an dem Nagel ergibt, den der Fachmann erhält, nachdem er die Nagelspitze aus der [X.] an den Nagelschaft der [X.] übertragen hat. Der Nagelschaft der [X.] hat nur einen einzigen Durchmesser und dieser Durchmesser ist gleich dem maximalen Durchmesser der aus der [X.] übernommenen und ohne Durchmessersprung an den Nagelschaft der [X.] angeschlossenen Nagelspitze, so dass sich das Verhältnis der Nagelspitzenlänge zum Schaftdurchmesser eindeutig feststellen lässt.

Das Verhältnis liegt mit 1,1 bzw. 1,2 auch innerhalb des im Absatz [0025] der [X.] angegebenen Bereichs von 1 bis 3, so dass hier kein Widerspruch auftritt, der den von der [X.] ausgehenden Fachmann von der Übernahme der Nagelspitzenform aus [X.] abhalten könnte.

Die Antragsgegnerin hat weiter die Auffassung vertreten, dass der von [X.] ausgehende Fachmann die [X.] nicht berücksichtigt hätte, weil die [X.] keinen Hinweis darauf enthalte, dass mit der dort gelehrten Nagelspitzenform die dem [X.] zugrunde liegende Aufgabe gelöst werden könne, ein geradliniges Eintreiben des Nagels in ein Bauteil aus Holz ohne Beschädigungen des Bauteils zu ermöglichen. Zur Lösung dieser Aufgabe lehre das Gebrauchsmuster gerade nicht, die Nagelspitze so auszuführen, dass ein kraftarmes Eintreiben des Nagels ermöglicht werde, sondern nehme mit der gelehrten stumpfen und kompakten Nagelspitzenform gerade im Gegenteil eine höhere Eintreibkraft in Kauf.

Der fehlende Bezug der [X.] auf die im [X.] genannte Aufgabe kann jedoch nicht unmittelbar zu dem Schluss führen, dass der von [X.] ausgehende Fachmann die Lehre der [X.] nicht herangezogen hätte. Denn die im [X.] genannte Aufgabe bildet nicht notwendigerweise den einzigen Ausgangspunkt für die Prüfung des Vorliegens eines erfinderischen Schritts, vielmehr ist auch zu erwägen, ob die Bewältigung eines anderen zum Aufgabenkreis des Fachmanns gehörenden technischen Problems die Lösung nahegelegt hat (vergl. [X.], Urteil vom 1. März 2011 – [X.] (Rn. 19) – Kosmetisches Sonnenschutzmittel III).

Anders ausgedrückt, beruht eine Erfindung nicht bereits dann auf einem erfinderischen Schritt, wenn es eine Aufgabe gibt, von der ausgehend die Erfindung sich nicht in naheliegender Weise für den Fachmann aus dem Stand der Technik ergibt, sondern erst dann, wenn es keine im Aufgabenkreis des Fachmanns liegende Aufgabe gibt, von der ausgehend die Erfindung sich in naheliegender Weise für den Fachmann aus dem Stand der Technik ergibt. Letzteres ist wie ausgeführt vorliegend nicht der Fall.

2.6 Da die Antragsgegnerin das [X.] mit einem einheitlichen Anspruchssatz als Ganzes verteidigt hat, fallen mit dem als schutzunfähig zu beurteilenden Schutzanspruch 1 auch die weiteren Schutzansprüche 2 – 14 in der Fassung vom 3. Juni 2020 ([X.] GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II). Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob die Anspruchsfassung vom 3. Juni 2020 und insoweit insbesondere die Fassung der geänderten Schutzansprüche 12 – 14 zulässig ist.

3. [X.] beruht auf §§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.], 84 Abs. 2 [X.] i.V.m. §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Billigkeitsgesichtspunkte, die eine anderweitige Kostenentscheidung erfordern könnten, sind nicht gegeben.

Meta

35 W (pat) 408/22

27.04.2023

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.04.2023, Az. 35 W (pat) 408/22 (REWIS RS 2023, 4731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4731

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