Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.07.2012, Az. VIII B 53/12

8. Senat | REWIS RS 2012, 4160

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde, Protokollberichtigung, Besorgnis der Befangenheit


Leitsatz

1. NV: Eine Protokollberichtigung kann als unvertretbare Verfahrenshandlung nur durch den Instanzrichter, der das Protokoll unterschrieben hat und ggf. den hinzugezogenen Protokollführer vorgenommen werden.  

2. NV: Eine Beschwerde gegen die Berichtigung der Sitzungsniederschrift oder die Ablehnung der Berichtigung ist grundsätzlich nicht statthaft.  

3. NV: Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist nur dann ein absoluter Revisionsgrund, wenn der Richter wegen dieser Besorgnis mit Erfolg abgelehnt war.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Weder leidet die angefochtene finanzgerichtliche Entscheidung an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) noch handelt es sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung; ebenso wenig ist eine Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

2

a) Verfahrensmängel

3

aa) Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) rügt, das Sitzungsprotokoll vom 5. März 2012 sei unvollständig und von ihr bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten nicht genehmigt worden, ergibt sich daraus kein Revisionszulassungsgrund. Gemäß § 94 [X.]O i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung (ZPO) genießt die Sitzungsniederschrift besondere Beweiskraft. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Protokollberichtigung. Eine solche kann als unvertretbare Verfahrenshandlung indes nur durch den Instanzrichter, der das Protokoll unterschrieben hat und ggf. den hinzugezogenen Protokollführer vorgenommen werden. Im Streitfall hat die Klägerin einen derartigen Antrag auf Protokollberichtigung jedoch nicht gestellt. Im Übrigen ist eine Beschwerde gegen die Berichtigung oder die Ablehnung der Berichtigung nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich nicht statthaft (vgl. u.a. [X.]-Beschluss vom 18. Dezember 2000 IV B 3/00, [X.]/NV 2001, 796).

4

bb) Unbegründet ist auch die Rüge, das Finanzgericht ([X.]) habe den Klägervertreter nicht auf sein Wahlrecht gemäß § 186 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes ([X.]) hingewiesen; darin liege ein Verfahrensmangel. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt, muss auch dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2006 VIII B 13/06, [X.]/NV 2006, 2122, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 5. März 2012 hat das Gericht den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten ausführlich erörtert. Überdies hat es den Klägervertreter --wie dieser selbst einräumt-- mehrfach gefragt, ob er alles verstanden habe, was dieser bejaht hat. Unabhängig davon, dass der Klägervertreter nicht deutlich gemacht hat, was er bei einem Hinweis des Gerichts gemäß § 186 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf das Wahlrecht ggf. noch vorgetragen hätte, beruht das finanzgerichtliche Urteil daher nicht auf dem unterlassenen Hinweis auf das Wahlrecht.

5

cc) Soweit die Klägerin als Verfahrensmängel die Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide und die Verjährung des Feststellungsbescheides für 2006 rügt, wendet sie sich damit gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. [X.] falscher materieller Rechtsanwendung führt jedoch grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B 260/02, [X.]/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, [X.]/NV 2003, 1289; vom 15. Januar 2008 VIII B 222/06, [X.]/NV 2008, 753).

6

dd) Unbegründet ist auch die --jedenfalls inzidenter erhobene-- Rüge, die [X.] der 1. Instanz hätten wegen Besorgnis der Befangenheit an der Entscheidung nicht mitwirken dürfen. Nach § 119 Nr. 2 [X.]O ist die Besorgnis der Befangenheit eines [X.]s nur dann ein absoluter Revisionsgrund, wenn der [X.] wegen dieser Besorgnis mit Erfolg abgelehnt war. Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter überhaupt einen Befangenheitsantrag gestellt haben.

7

ee) [X.], das [X.] habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, hat ebenfalls keinen Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, welche Tatsachen das [X.] hätte aufklären oder welche Beweise es hätte erheben müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des [X.] zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und warum die fachkundig vertretene Klägerin nicht von sich aus entsprechende Anträge gestellt hat (vgl. § 295 ZPO i.V.m. § 155 [X.]O; [X.]-Beschlüsse vom 25. Juni 2002 [X.], [X.]/NV 2002, 1332; vom 13. Dezember 2001 II B 46/00, [X.]/NV 2002, 654). [X.] Sachvortrag in diesem Sinne enthält die Beschwerdebegründung nicht (vgl. zu diesen Anforderungen Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 1998 VIII B 54/97, [X.]/NV 1999, 802, m.w.N.; vom 26. November 2007 VIII B 159/06, [X.]/NV 2008, 801; vom 19. Januar 2006 VIII B 84/05, [X.]/NV 2006, 803).

8

b) Soweit mit der Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend gemacht wird, genügt die Beschwerdeschrift --wie vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) zutreffend erkannt-- den [X.] nicht (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 25 ff. und § 115 Rz 23 ff., jeweils m.w.N.). Das gilt insbesondere für die als grundsätzlich bedeutsam erachteten Fragen, "was wird in Feststellungsbescheiden als Grundlagenbescheiden und was wird in Einkommensteuerbescheiden als Folgebescheiden geklärt", bzw. "wann fließen Zinsen aus Lebensversicherungen zu und in welchem Kalenderjahr sind sie zu versteuern"?

9

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2  2. Halbsatz [X.]O ab.

Meta

VIII B 53/12

31.07.2012

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 5. März 2012, Az: 13 K 627/11, Urteil

§ 51 FGO, § 94 FGO, § 119 Nr 2 FGO, § 164 ZPO, § 165 ZPO, § 128 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.07.2012, Az. VIII B 53/12 (REWIS RS 2012, 4160)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4160

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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20 C 15.1906

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