Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2010, Az. V ZB 79/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7908

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 30. März 2010 in der Abschiebehaftsache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: jaFamFG § 417 Abs. 1 Von den [X.]en gestellte Haftanträge sind solche der [X.] übergeordneten Bundespolizeidirektionen. [X.], [X.]uss vom 30. März 2010 - [X.] - [X.] - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 30. März 2010 durch den [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Der Antrag des Betroffenen, die Vollziehung des [X.]usses des [X.] vom 8. Februar 2010 in der Fassung des [X.]usses der 11. Zivilkammer des [X.] bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen, wird zurückgewiesen. Gründe: [X.] Der Betroffene ist St[X.]tsangehöriger von [X.]. Er verließ das [X.] nach der bestandskräftigen Ablehnung eines Asylantrags. 2007 reiste er von [X.] kommend wiederum nach [X.] ein und wurde nach [X.] zurückgeschoben. Am 8. Februar 2010 reiste er abermals aus [X.] ein. Bei einer Kontrolle versuchte er, sich mit einem entwendeten [X.] Personalausweis auszuweisen, und wurde verhaftet. Auf Antrag der [X.] [X.] hat das Amtsgericht mit [X.]uss vom 8. Februar 2010 gegen den Betroffenen Haft bis zu seiner Rückschiebung, längstens für die Dauer von drei Monaten, angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde, mit der der Betroffene unter anderem die Unzuständigkeit der den Haftantrag stellenden Behörde geltend gemacht hat, ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der Rechtsbeschwerde. Er beantragt, 1 - 3 - die Aussetzung des [X.] bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde anzuordnen. I[X.] 2 Der Antrag hat keinen Erfolg. 3 1. Er ist zwar in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG statthaft (vgl. Senat, [X.]. v. 21. Januar 2010, [X.], juris, [X.]. 3; Kei-del/[X.], FamFG, 16. Aufl. § 74 [X.]. 61). 2. Der Antrag ist aber unbegründet. 4 a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für den Be-troffenen gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung der Vollziehung einer Freiheitsentziehung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, wird danach regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (Senat, [X.]. v. 21. Januar 2010, [X.], juris, [X.]. 5; ferner Senat, [X.]. v. 31. Oktober 2007, [X.] 114/07, [X.], 95, 96). 5 b) Daran fehlt es hier. Die Anordnung der Haft zur Zurückschiebung des Betroffenen wird sich nach bisherigem Sachstand nicht wegen einer Unzustän-digkeit der antragstellenden Behörde als unrechtmäßig erweisen. 6 Das Vorliegen eines zulässigen Antrages ist Verfahrensvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (BayObLG [X.] 1997, 117; OLG Schleswig [X.] 1997, 236, 237; KG [X.] 1998, 157; [X.] 7 - 4 - [X.] 2008, 228, 229; OLG Celle [X.] 2008, 227, 228; [X.] [X.] 2009, 137, 138). Der nach § 417 Abs. 1 FamFG für die Freiheitsentziehung er-forderliche Antrag ist von der zuständigen Behörde gestellt worden. Nach § 71 Abs. 3 Nr. 1 [X.] sind die mit der polizeilichen Kontrolle des grenz-überschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unter anderem für Zurück-weisungen und Zurückschiebungen an der Grenze zuständig. Der Grenzschutz des Bundesgebietes obliegt nach § 2 Abs. 1 Bundespolizeigesetz der Bundes-polizei. Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten der [X.] sind die Bundespolizeidirektionen als Unterbehörden, § 57 Abs. 1 Bundespolizeigesetz, zur Wahrnehmung der der [X.] Aufgaben sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich vorliegend aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung. Das führt in dem zu [X.] Fall zur örtlichen und sachlichen Zuständigkeit der [X.]. Zu dieser gehört die [X.] [X.]. Dass diese den Haftantrag gestellt hat, ist unschädlich; denn das Handeln der [X.]en wird mangels einer organisatorischen Selbständig-keit der jeweiligen übergeordneten Bundespolizeidirektion zugerechnet. [X.]) Die [X.]en sind keine Behörden. Der Begriff der Behörde ist in allen gesetzlichen Vorschriften in einem einheitlichen Sinn aufzu-fassen, und zwar im Sinn des St[X.]ts- und Verwaltungsrechts (st. [X.]., vgl. [X.], [X.]. v. 12. Juli 1951, I[X.] 5/51, NJW 1951, 799; [X.]. v. 16. Okto-ber 1963, I[X.] 171/63, [X.], 299). Danach ist eine Behörde eine in den Organismus der St[X.]tsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln, die mit einer gewissen Selbständigkeit aus-gestattet dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des St[X.]tes oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein ([X.], [X.]. v. 16. Oktober 1963, [X.]O; [X.] 10, 20, 48; BVerwG NJW 1991, 2980). Es muss sich um eine Stelle handeln, deren Bestand unabhängig ist von 8 - 5 - der Existenz, dem Wegfall, dem Wechsel der Beamten oder der physischen Person, der die Besorgung der in den Kreis des Amtes fallenden Geschäfte [X.] ist ([X.] [X.]. v. 12. Juli 1951, [X.]O). Dass das Bundespolizeigesetz und die Verordnung über die Zuständigkeiten der [X.] die [X.]en nicht nennen, ist insoweit ohne Bedeutung. Denn selbst fehlerhaft errichtete Behörden und deren Träger sind im Interesse der Rechtssicherheit bis zur endgültigen Feststellung der Unwirksamkeit nicht als inexistent zu behandeln ([X.] 1, 14, 38; BVerwG [X.] 2003, 995, 996). Für den Begriff der Behörde ist eine organisatorische Selbständigkeit notwendig ([X.] in Knack/[X.], [X.], 9. Aufl., § 1 [X.] 71; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 1 [X.]. 248). Indiz für eine Verselb-ständigung der Einrichtung zu einer Behörde ist insbesondere die Fähigkeit der Einrichtung, in eigenem Namen zu handeln, die ihrerseits durch eine gesetzli-che Regelung zuerkannt oder durch Rechtsvorschriften zugewiesen wird ([X.] in Knack/[X.], [X.]O, § 1 [X.]. 72, 73). Eine solche Befugnis findet sich für die [X.]en weder im Bundespolizeigesetz noch in der Verordnung über die Zuständigkeiten der [X.]. Die [X.]en sind unselbständige Untergliederungen der Bundespolizeidirektionen ([X.], [X.] 2009, 96, 97). Sie stehen den Ar-beitseinheiten einer Behörde wie Ämtern und Dienststellen gleich (vgl. hierzu [X.] in Knack/[X.], [X.]O, § 1 [X.]. 71; [X.] in [X.]/[X.], [X.]O, § 1 [X.]. 248). Solchen Ämtern kommt eine Behördeneigenschaft nur dann zu, wenn sie kraft gesetzlicher Regelung gebildet werden müssen ([X.] in [X.]/[X.], [X.]O, § 1 [X.]. 251). So verhält es sich mit den [X.]en anders als mit den früheren Bundespolizeiäm-tern (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 1 Bundespolizeigesetz in der bis zum 29. Februar 2008 geltenden Fassung) gerade nicht. Sie nehmen öffentliche Aufgaben im 9 - 6 - Sinne von § 1 Abs. 4 [X.] wahr, ohne dass ihnen eigener Behördencharakter zukommt ([X.] [X.] 2009, 96, 97). 10 [X.]) Als Untergliederung der Bundespolizeidirektion wird das Handeln der [X.] mangels Selbständigkeit der jeweils zuständigen Bun-despolizeidirektion zugerechnet ([X.] [X.] 2009, 96, 97). Anträge, die eine [X.] stellt, sind Anträge der übergeordneten Bundespolizei-direktion. Antragstellende Behörde ist die jeweilige Bundespolizeidirektion, auch wenn diese nicht ausdrücklich als Antragstellerin ausgewiesen wird, sondern die [X.] als Antragstellerin erscheint. Deshalb ist es [X.], wenn der Antrag in [X.] nicht (auch) die übergeordnete Bundespolizeidirektion nach § 71 Abs. 3 Nr. 1 FamFG aufführt, da eine [X.] mangels eigener originärer gesetzlicher Zu-ständigkeiten nur als Vertreterin für die Bundespolizeidirektion auftreten kann. Dementsprechend ist die übergeordnete Bundespolizeidirektion und nicht (auch) die [X.] Beteiligte des Verfahrens im Sinne des § 418 Abs. 1 FamFG. cc) Ohne Bedeutung ist schließlich auch, dass der Antrag vom 8. Fe-bruar 2010 das nicht mehr existierende Bundespolizeiamt [X.] aufführt. Nach den mit dem Aussetzungsantrag nicht angegriffenen Feststellungen des Be-schwerdegerichts ist von der [X.] [X.] versehent-lich ein alter Vordruck benutzt worden. Die [X.] [X.] konnte und wollte allein für die Bundespolizeidirektion [X.] tätig wer-den. Dies ergibt sich auch aus den weiteren mit dem Aussetzungsantrag nicht angegriffenen Feststellungen des [X.], dass die Ingewahrsam-nahme des Betroffenen und der Aufgriffsbericht durch die Bundespolizeiinspek-tion [X.] für die Bundespolizeidirektion [X.] erfolgt sind. [X.] wird zugleich deutlich, dass die [X.] ein dieser zuge-11 - 7 - höriger Teil ist und allein die Bundespolizeidirektion [X.] zuständige Ver-waltungsbehörde nach §§ 417 Abs. 1 FamFG, § 71 Abs. 3 Nr. 1 [X.], § 57 Abs. 1 Bundespolizeigesetz i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über die Zuständigkeiten der [X.] für den vorliegenden Haftantrag ist. Krüger [X.] Lemke Schmidt-Räntsch Roth Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 08.02.2010 - 11 XIV 4290 B - [X.], Entscheidung vom [X.] - 11 T 138/10 (7) -

Meta

V ZB 79/10

30.03.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2010, Az. V ZB 79/10 (REWIS RS 2010, 7908)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7908

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