Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2010, Az. V ZB 13/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5790

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.] vom 17. Juni 2010 in der [X.]- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 17. Juni 2010 durch den [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] beschlossen: Dem Betroffenen wird Verfahrenskostenhilfe für das [X.] bewilligt und Rechtsanwalt [X.]. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der [X.]uss des [X.] vom 9. November 2009 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen den Vollzug der Abschiebungshaft auf Grund des [X.]usses des [X.] vom 22. Dezember 2009 über diesen Tag hinaus richtet, wird sie zu-rückgewiesen. Dem Betroffenen werden die in den [X.] ent-standenen Gerichtskosten zur Hälfte auferlegt. Im Übrigen werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die zweckentsprechenden außer-gerichtlichen Auslagen des Betroffenen werden der [X.] zur Hälfte auferlegt. Im Übrigen tragen die [X.] die ihnen enstandenen Auslagen selbst. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000 •. - 3 - Gründe: [X.] Der Betroffene, ein burundischer Staatsangehöriger, beantragte unter Angabe falscher Personalien in [X.] erfolglos Asyl und tauchte 2008 nach [X.] unter. Die [X.] Behörden lehnten später seine Rücküber-nahme ab. Ein [X.] Gericht entschied, dass der Betroffene nicht nach [X.] abgeschoben werden dürfe. Die [X.] Behörden forderten ihn auf, [X.] binnen 48 Stunden zu verlassen. 1 Der Betroffene wurde am 9. November 2009 ohne gültige Einreisepapie-re aus den [X.] kommend an der [X.] (Zuständig-keitsbereich der Bundespolizeiinspektion [X.]) als Beifahrer in einem PKW mit Fahrtziel [X.] aufgegriffen. Das [X.] (nachfolgend [X.]) verfügte die Zurückschiebung des Betroffenen nach [X.]. 2 Auf Antrag der Bundespolizeiinspektion [X.] hat das Amtsge-richt am 9. November 2009 gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung nach [X.] für die Dauer von längstens drei Monaten angeordnet. Später ersuchte das [X.] die [X.] Behörden um [X.] des Betroffenen, weil die beabsichtigte Rückführung nach [X.] an der Weigerung der dortigen Behörden, den Betroffenen wieder [X.], gescheitert war. Die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde, die der Betroffene auf seine Bereitschaft gestützt hat, nach [X.] oder [X.] auszureisen, sowie darauf, dass derzeit kein Staat aufnahmebereit sei, hat das [X.] - ohne vorherige Abhilfeentscheidung des [X.] - 4 - richts - mit [X.]uss vom 22. Dezember 2009 zurückgewiesen, ohne den Be-troffenen erneut angehört zu haben. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene nach zwischenzeitlich [X.] die Feststellung erreichen, dass die Haftanordnung sowie der [X.]uss des [X.] ihn in seinen Rechten verletzt haben und die Inhaftierung bis zu seiner Abschiebung am 11. Januar 2010 rechtswidrig war. 4 I[X.] Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf den in § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] genannten Haftgrund gestützt und ausgeführt, der [X.] eingereiste Betroffene habe nicht glaubhaft gemacht, dass er sich der Zu-rückschiebung nach [X.] nicht habe entziehen wollen. Er habe nämlich unter Angabe falscher Personalien in [X.] einen Asylantrag gestellt und sich dem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen. Es sei auch zu erwarten, dass die auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens eingeleitete Zurück-schiebung nach [X.] innerhalb von drei Monaten seit der Haftanordnung erfolgen werde. Dass die Haftanordnung auf der seinerzeit noch beabsichtigten Zurückschiebung nach [X.] beruhe, sei unerheblich. 5 II[X.] 1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2, § 415 FamFG, § 106 Abs. 2 Satz 1 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). 6 - 5 - a) An der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ändert die vor Einlegung der Rechtsbeschwerde erfolgte Zurückschiebung nichts. Zwar hat sich dadurch die Hauptsache erledigt. Aber die Regelung in § 62 FamFG, nach der in einem sol-chen Fall das Beschwerdegericht auf Antrag ausspricht, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn er an der Feststellung - wie hier - ein berechtigtes Interesse hat, gilt im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend ([X.], [X.]. v. 25. Februar 2010, [X.], [X.] 2010, 249, 250; [X.]. v. 4. März 2010, [X.]/09, juris, Rdn. 4). 7 b) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht deshalb unstatthaft, weil das Be-schwerdegericht sie - nicht auf die Zurückweisung des [X.] beschränkt - ausdrücklich nicht zugelassen hat. Denn im Hinblick auf die Hauptsache bedurfte es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einer [X.] durch das Beschwerdegericht. 8 c) Mit der Rechtsbeschwerde greift der Betroffene einen [X.]uss an, der eine freiheitsentziehende Maßnahme anordnet; damit bleibt das [X.] nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG zulassungsfrei (vgl. [X.], [X.]. v. 25. Februar 2010, [X.], aaO). 9 2. Der Feststellungsantrag ist unbegründet, soweit sich der Betroffene gegen die Entscheidung des [X.] wendet. 10 a) Mängel des amtsgerichtlichen [X.] (§ 68 Abs. 1 FamFG) stehen der Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht entgegen ([X.]/Weinreich/[X.], FamFG, 2. Aufl., § 68 Rdn. 20; vgl. auch [X.] NJW-RR 2010, 143; [X.] Rpfleger 2008, 126, 127; OLG Mün-chen OLGR 2003, 435; OLG Stuttgart MDR 2003, 110, 111; Prütting/ Gehrlein/[X.], ZPO, 2. Aufl., § 572 Rdn. 6). 11 - 6 - b) Die Beteiligte zu 2 war die für die Stellung des Haftantrags (§§ 71 Abs. 3 Nr. 1 [X.], 417 FamFG) zuständige Behörde. Der [X.] hat bereits entschieden, dass die der Bundespolizeidirektion [X.] zugehörige Bun-despolizeiinspektion [X.] zulässigerweise die [X.] für die in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgegriffenen Ausländer stellen kann ([X.]. v. 30. März 2010, [X.], juris, Rdn. 7,10). 12 c) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] angenommen. Danach ist ein Betroffener in [X.] zu nehmen, wenn er aufgrund unerlaubter Einreise in das [X.] vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Ausländerbehörde beabsich-tigt, die Ausreisepflicht (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.]) nach § 57 [X.] zwangsweise durchzusetzen. Ergibt sich die vollziehbare Ausreisepflicht - wie hier - weder aus einer bestandskräftigen Abschiebungs- bzw. [X.] noch aus einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, muss der Haftrichter die erforderliche Prüfung allerdings selbst vornehmen ([X.], [X.]. v. 16. Dezember 2009, [X.] 148/09, [X.] 2010, 50; [X.]. v. 25. März 2010, [X.], juris, Rdn. 8; [X.]. v. 8. April 2010, [X.] 51/10, juris, Rdn. 13). Nach den - von der Rechtsbeschwerde nicht mit einer Rüge im Sinne des § 71 Abs. 3 Nr. 2b FamFG angegriffenen und damit das [X.] bindenden (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO) - Feststellungen des [X.] war der Betroffene bei seiner Einreise nach [X.] nicht im Besitz eines gültigen Passes oder Passer-satzes und damit unerlaubt eingereist (§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Da er zudem über keinen Aufenthaltstitel verfügte, war die Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 [X.]) gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] vollziehbar. 13 - 7 - d) Das Beschwerdegericht ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass der Betroffene nicht glaubhaft gemacht hat, er werde sich der Zurück-schiebung nicht entziehen. 14 Die sich aus der unerlaubten Einreise ergebende Vermutung, der [X.] werde seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen, kann ausnahmsweise nach § 62 Abs. 2 Satz 3 [X.] widerlegt werden ([X.], [X.]. v. 4. März 2010, [X.]/09, juris, Rdn. 10). Bei dieser Beurteilung handelt es sich um eine auf der Grundlage relevanter Anknüpfungstatsachen gezogene tatrichterli-che Schlussfolgerung, die einer Rechtskontrolle dahin unterliegt, ob die [X.] festgestellten Tatsachen eine solche Folgerung als möglich er-scheinen lassen (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Februar 2000, [X.] 5/00, [X.] 2000, 130, zu § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 [X.]), ob bei der Erörterung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind (vgl. [X.] OLGR 2009, 715, zu § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 [X.]) und ob das Beweismaß überspannt worden ist ([X.]/Weinreich/[X.], aaO, § 72 Rdn. 12). Danach ist die von dem Beschwerdegericht gezogene Schlussfolgerung nicht zu beanstanden. Es hat die bekundete Bereitschaft des Betroffenen, nach [X.] oder [X.] zurückzukehren, in seine Überlegungen einbezo-gen; es hat unterstellt, dass der Betroffene auf dem Weg nach [X.] ge-wesen ist, und ferner berücksichtigt, dass er lediglich wegen der von den fran-zösischen Behörden verfügten Ausreisepflicht und nur zu dem Zweck der Durchreise nach [X.] in das [X.] eingereist ist. Es misst [X.] dem Umstand, dass der Betroffene sich bereits dem [X.] Asylverfahren durch Untertauchen entzogen, dort falsche Personalien angege-ben hat und nicht damit habe rechnen können, dauerhaft in [X.] zu blei-ben, ein höheres Gewicht bei. Ergänzend hat es den fehlenden festen Wohnsitz des Betroffenen im [X.] angeführt. 15 - 8 - e) Das Beschwerdegericht hat auch den verfassungsrechtlichen Grund-satz der Verhältnismäßigkeit beachtet. 16 aa) [X.] ein Ausländer nach unerlaubter Einreise zeitnah freiwillig in das Land ausreisen, in das er zurückgeschoben werden soll, fehlt es zwar in der Regel an der Erforderlichkeit der [X.] ([X.] [X.] 1994, 342, 344; [X.], [X.]. v. 13. Juni 2006, [X.], juris, Rdn. 18; [X.], 142, 143; [X.], Ausländerrecht, Stand 66. Aktual. November 2009, § 62 [X.] Rdn. 40). So ist es hier nach den Feststellungen des [X.] indessen nicht. Danach ist zwar davon auszugehen, dass der Betroffene auf dem Weg nach [X.] war und auch die tatsächliche Möglichkeit hatte, diese Reise durchzuführen. Der Betroffene sollte jedoch inzwischen nach [X.] zurückgeschoben werden. Den ent-sprechenden [X.]en zur Rückreise nach [X.] hat das Beschwerdegericht in - mangels ordnungsgemäß erhobener Verfahrensrüge - rechtlich nicht zu [X.] Weise (s.o. c)) verneint. 17 [X.]) Eine zur Unverhältnismäßigkeit der [X.] führende Unmög-lichkeit der Abschiebung läge nur vor, wenn feststünde, dass eine Abschiebung mangels tatsächlicher Aufnahmebereitschaft im Zielstaat mit Sicherheit zum Scheitern verurteilt wäre ([X.] OLGR 2008, 344, 345). Das ist nicht der Fall. Es war jedenfalls nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Nr. 2 des Abkommens zwischen der Regierung der [X.] [X.] und der Regierung der [X.] über die Übernahme und Durchbeförderung von illegal aufhältigen Personen vom 6. Januar 2006 ([X.] [X.], 100 f.) nicht ausgeschlossen, dass die Zurückschiebung nach [X.] erfolgen konnte. 18 - 9 - cc) Das Beschwerdegericht hat die Möglichkeit, von der Haft unter Aufla-gen Abstand zu nehmen, erörtert und ist angesichts der Annahme der Entzie-hungsabsicht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Wertung ge-langt, dass Meldeauflagen angesichts des fehlenden festen Wohnsitzes und der vorab festgestellten Umstände nicht geeignet erschienen, der Entziehungsab-sicht entgegenzuwirken. 19 [X.]) Die Entscheidung des [X.] hält einer rechtlichen Nachprüfung schließlich auch im Hinblick darauf stand, dass die Haft unzulässig ist, wenn feststeht, dass die Zurückschiebung aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann (§ 62 Abs. 2 Satz 4 [X.]). Der Haftrichter hat auf der [X.] einer hinreichend vollständigen Tatsachengrundlage und unter Berücksich-tigung der Möglichkeiten verwaltungsgerichtlichen Rechtschutzes eine Progno-se zum Zeitpunkt der möglichen Zurückschiebung zu treffen ([X.], [X.]. v. 16. Dezember 2009, [X.] 148/09, [X.] 2010, 50, 51; [X.] NJW 2009, 2659, 2660). Dass die von dem Beschwerdegericht getroffene Prognose diesen Anforderungen nicht genügt, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich. 20 f) Unerheblich ist, dass das [X.] von der ursprünglichen Absicht, den Betroffenen nach [X.] zurückzuschieben, abgerückt ist und die Zurück-schiebung nach [X.] betrieben hat. Die [X.] dient der Siche-rung der Aufenthaltsbeendigung ([X.], [X.]. v. 7. Januar 2010, 15 [X.], juris, Rdn. 4) und verliert die Wirksamkeit (erst) mit der konkreten Ab-schiebungsmaßnahme ([X.] [X.] 2009, 188, 189; [X.] OLGR 2006, 674), auch im Fall ihres von dem Ausländer nicht zu vertretenden Scheiterns (vgl. [X.], aaO; [X.], aaO, § 62 [X.] Rdn. 67; Entwurf v. 23. April 2007 für ein Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und [X.] - 10 - rechtlicher Richtlinien der [X.], BT-Drucks. 16/5065, [X.]), und nicht allein schon deswegen, weil die Behörde einen neuen Zielstaat für die Abschiebung bestimmt. 3. Die Entscheidung des Amtsgerichts, die ebenfalls Gegenstand rechtli-cher Nachprüfung durch den [X.] ist (vgl. [X.], [X.]. v. 4. März 2010, [X.]/07, juris, Rdn. 14), hat den Betroffenen hingegen in seinen Rechten verletzt. 22 a) Das unzureichende Nichtabhilfeverfahren (§ 68 Abs. 1 FamFG) hat [X.] nicht die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung zur Folge. Für formelle Feh-ler des [X.] oder des [X.] ist anerkannt, dass sie nicht zwingend zur Aufhebung der Ausgangsentscheidung oder des Nichtabhil-febeschlusses und zur Rückgabe des Verfahrens zum Zweck der [X.] an die [X.] führen (vgl. [X.], [X.]. v. 30. März 2010, 6 S 2429/09, juris, Rdn. 3; [X.] NJW-RR 2010, 143; [X.] Rpfleger 2008, 126, 127; [X.] OLGR 2003, 435; OLG Stuttgart MDR 2003, 110, 111). Nichts anderes gilt im Fall der Vorlage der [X.] an das Beschwerdegericht ohne vorheriges Abhilfeverfahren. Denn im Beschwerdeverfahren wird dem Betroffenen der uneingeschränkte Rechtsschutz gegen die Ausgangsentscheidung zuteil, weil das Beschwerdege-richt als Tatsacheninstanz an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts tritt (vgl. [X.], [X.]. v. 8. März 2007, [X.] 149/06, NJW-RR 2007, 1569, 1570) und es seine Aufgabe ist, die angefochtene Entscheidung zu überprüfen. Es liefe im Übrigen der [X.] (vgl. [X.] OLGR 2006, 462, 464), wenn zunächst das Beschwerdegericht die - obendrein nicht selbstständig anfechtbare ([X.], [X.]. v. 16. Dezember 2008, [X.], [X.], 289, 290; BayObLG [X.] 2003, 199, 200; [X.], aaO) - Nichtabhilfeentscheidung auf ihre Ordnungsgemäßheit hin überprüfen, 23 - 11 - die Nichtabhilfe- und/oder [X.] aufheben und im [X.] an die Nachholung noch eine eigene Entscheidung in der Sache treffen müsste. b) Die Anordnung der [X.] hält auch einer rechtlichen Nach-prüfung im Hinblick auf die Regelung in § 62 Abs. 2 Satz 4 [X.] stand. 24 Die Entscheidung des Amtsgerichts lässt zwar nicht erkennen, dass sich der Haftrichter des Erfordernisses einer Prognoseentscheidung (s. dazu [X.] NJW 2009, 2659, 2660) bewusst gewesen ist. Aber das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Betroffene innerhalb von drei Monaten seit seiner Inhaftierung zurückgeschoben werden konnte. Es hat damit die Prognoseentscheidung, bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] der amtsgerichtlichen Haftanordnung, nachgeholt und damit den Fehler des Amtsgerichts geheilt (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Juni 2010, [X.] 205/09, Umdruck S. 5). 25 c) Die Haftanordnung verstößt jedoch gegen den im Rahmen der Prü-fung des [X.] zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wie bereits unter 2. e) aa) ausgeführt, fehlt es in der Regel an der Erforderlichkeit der [X.], wenn der Ausländer nach der [X.]en Einreise zeitnah freiwillig in das Land ausreisen will, in das er zurückge-schoben werden soll. So verhielt es sich hier. Nach den Angaben des [X.] in der Anhörung vor dem Amtsgericht befand er sich bei seiner Festnahme auf dem Rückweg von [X.] nach [X.]; dorthin wollte er sich freiwil-lig begeben. Da insoweit keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Betroffenen bestanden, durfte das Amtsgericht die Haft nicht anordnen. Die von der [X.] zu 2 in der Rechtsbeschwerdeerwiderung dargestellten Umstände, die Zweifel an dem [X.]en des Betroffenen und an der tatsächlichen Möglichkeit seiner Weiterfahrt nach [X.] nähren sollen, können keine [X.] - 12 - gung finden (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO). Zwar wäre der Grenzübertritt mangels gültiger Papiere illegal gewesen; auch hätte sich der Betroffene wegen des unerlaubten Aufenthalts in der [X.] nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] strafbar gemacht. Aber das rechtfertigte nicht die Anordnung der [X.], die ausschließlich der Sicherstellung der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht (vgl. [X.] [X.] 2007, 290, 291; [X.], [X.]Z 98, 109, 112 f.; Beichel-Benedetti/[X.], NJW 2004, 3015, 3016) und nicht der allgemeinen Gefahrenabwehr dient. 4. Die von der Rechtsbeschwerde erstrebte Feststellung, dass die Inhaf-tierung rechtswidrig war, sieht die Regelung in § 62 Abs. 1 FamFG nicht vor. Eines solchen Ausspruchs bedarf es auch nicht. Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung der Vorschrift an der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts vom 5. Dezember 2001 ([X.]E 104, 220, 234 f.) orientiert (Gesetzent-wurf vom 7. September 2007 zu einem [X.], BT-Drucks. 16/6308, [X.]). Danach bezieht sich das Interesse an der Feststellung, dass die Entscheidung des Gerichts den Beschwerdeführer in seinen Rechten ver-letzt hat, auch auf die Rechtswidrigkeit der Inhaftierung (vgl. [X.]E, aaO, [X.] ff.). Aus der Feststellung, dass die Haftanordnung des Amtsgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, folgt, dass die freiheitsentziehende Maßnahme hierauf nicht gestützt werden durfte und somit bis zur Entscheidung des [X.] rechtswidrig war. 27 - 13 - 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, 83 Abs. 2, 84 FamFG, 128c Abs. 3 Satz 2 [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 29. April 2010, [X.] 218/09, juris, Rdn. 27); die Festsetzung des [X.] folgt aus § 128c Abs. 2 [X.]. 28 [X.] [X.] Lemke
Schmidt-Räntsch [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.11.2009 - 11 XIV 4246 B - [X.], Entscheidung vom 22.12.2009 - 11 T 796/09 -

Meta

V ZB 13/10

17.06.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2010, Az. V ZB 13/10 (REWIS RS 2010, 5790)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5790

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZA 9/10 (Bundesgerichtshof)

Abschiebehaftverfahren: Haftanordnung bei vollziehbarer Ausreisepflicht wegen unerlaubter Einreise trotz Asylfolgeantrags; Verlängerung der Haftdauer über drei …


V ZA 9/10 (Bundesgerichtshof)


V ZB 127/10 (Bundesgerichtshof)

Rechtsbeschwerde im Freiheitsentziehungsverfahren: Rechtswidrigkeit einer Haftanordnung ohne Anhörung des staatenlosen Betroffenen; persönliche Anhörung des Betroffenen …


7 T 70/21 (Landgericht Krefeld)


V ZB 183/11 (Bundesgerichtshof)

Asylantragstellung bei Anordnung der Sicherungshaft: Aufenthaltsgestattung und deren Erlöschen; Fortdauer der Sicherungshaft bei nachträglichem Austausch …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 172/09

V ZB 184/09

V ZB 79/10

V ZA 9/10

V ZB 205/09

V ZB 218/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.