Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.08.2018, Az. 6 AZR 188/17

6. Senat | REWIS RS 2018, 5151

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Gegenstand

Dauer einer Regenerationskur für Fluglotsen


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 2. März 2017 - 7 [X.]/16 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der An- und Abreisetag zum tariflich bestimmten Umfang einer [X.] für Fluglotsen gehört.

2

Die Beklagte überwacht den Flugverkehr in [X.]. Der Kläger ist bei ihr seit dem 1. Januar 2002 als Fluglotse beschäftigt. Sein Einsatzort ist [X.].

3

Nach dem Arbeitsvertrag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die bei der [X.] beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Für Fluglotsen gelten die tariflichen Sonderregelungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den operativen [X.] ([X.]). Die Sonderregelungen 2012 vom 23. März 2012 lauteten in der Fassung vom 15. Dezember 2014 (im Folgenden [X.] aF) auszugsweise wie folgt:

        

§ 26 

        

[X.]en für [X.], Lotsen und Supervisors FVK

        

(1)     

[X.] und Lotsen mit Berechtigung im operativen Einsatz im Flugverkehrskontrolldienst und Supervisors FVK mit Berechtigung nehmen unter Fortzahlung ihrer Vergütung (§ 18 Abs. 1 Satz 2 des Manteltarifvertrages) an einer [X.] teil, sobald sie 26 Kurpunkte (Schwellenwert) erworben haben.

        

(2)     

Die Berechnung der [X.] in Kalendertagen und der Punkteerwerb ab dem vollendeten 25. Lebensjahr richten sich für jede Betriebseinheit und die Altersgruppe, der die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter jeweils angehört, nach den Tabellenwerten der Anlage 1. …

        

…       

        
        

(4)     

In der Schichtplanung ist der Beginn der [X.] innerhalb eines [X.]raums zwischen zwei Monaten vor dem Erreichen des Schwellenwerts und sechs Monaten nach dessen Erreichen (des [X.]) vorzusehen.

        

…       

        
        

(7)     

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zu einer Teilnahme an den vorgesehenen einzelnen [X.]maßnahmen verpflichtet. Sie dienen in ihrer Gesamtheit der Gesundheitsvorsorge, der Erhaltung der Einsatzfähigkeit und der Vermeidung eines späteren Tauglichkeitsverlusts.

                 

Für die Anreise zur und Abreise von der Kureinrichtung wird den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine pauschale Gutschrift in einer Gesamthöhe von 12 Stunden auf das Arbeitszeitkonto gewährt. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Anrechnung von Reisezeit (§ 9 Abs. 3 des Manteltarifvertrages) besteht nicht. Die Gutschrift bleibt bei der Anwendung der Obergrenze für [X.] (§ 14 Abs. 5 des Manteltarifvertrages oder § 7 Abs. 9 dieser Sonderregelungen) außer Betracht.

        

…“    

        

4

Nach der in § 26 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Bezug genommenen Anlage 1 war die „Dauer der [X.] in Kalendertagen“ für die einzelnen Betriebseinheiten unterschiedlich bemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten damit unterschiedlichen Belastungssituationen Rechnung tragen. Für die Betriebseinheit des [X.] in [X.] waren 26 Kalendertage als Dauer der [X.] vorgesehen.

5

Die Fluglotsen können bezüglich des Ortes der [X.] zwischen [X.], [X.] und [X.] ([X.]) wählen. In der [X.] vom 9. Juni 2015 bis zum 4. Juli 2015 nahm der Kläger an einer [X.] in [X.] ([X.]) teil. Das von der Beklagten erstellte [X.] sah für Dienstag, den 9. Juni 2015, die individuelle Anreise und ab 18:00 Uhr die Begrüßung aller Teilnehmer vor. Während der Kur hatte der Kläger an verpflichtenden [X.] teilzunehmen. Darüber hinaus wurde neben der Nutzung der Einrichtungen des [X.]otels (Schwimmbad, Sauna, etc.) ein fakultatives Programm angeboten. An zehn Kurtagen waren keine Kuranwendungen vorgesehen. Für Samstag, den 4. Juli 2015 war die Abreise geplant. Insgesamt beinhaltete das [X.] unter Berücksichtigung von An- und Abreise 26 Tage.

6

Der Kläger reiste [X.] am 9. Juni 2015 an und am 4. Juli 2015 ab. Für die Dauer der Kur erhielt er die tariflich geschuldete Vergütung. Zudem wurde gemäß § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] zu seinen Gunsten für die An- und Abreise eine Gutschrift von zwölf Stunden auf sein Arbeitszeitkonto vorgenommen.

7

Mit seiner Klage vom 28. Dezember 2015 hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass er nicht die tariflich vorgesehenen 26 Kalendertage als Kurtage erhalten habe, sondern nur 24. [X.] hätten auf die Dauer der Kur nicht angerechnet werden dürfen. Dies komme auch in § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] zum Ausdruck. Die pauschale Gutschrift von zwölf Stunden auf das Arbeitszeitkonto für die An- und Abreise mache deutlich, dass zwischen der Dauer der Kur, welche keine Arbeitszeit darstelle, und der Dauer der An- und Abreise unterschieden werden müsse. Da sich Kurzeit und Arbeitszeit gegenseitig ausschlössen, hätten für die Dauer der Kur volle 26 Kalendertage verbleiben müssen.

8

Die Berücksichtigung der Reisezeit bei der [X.] widerspreche auch dem Sinn und Zweck der [X.]. Diese diene der Erholung. Die Reisezeit sei zur Erholung aber nicht geeignet. Auch die Tarifgeschichte spreche für eine Trennung von Reisezeit und [X.]. Ursprünglich sei eine [X.] von 28 Tagen vorgesehen gewesen. Bis zum Jahre 2008 sei der 29. Tag als Reisetag gewertet worden. Durch eine Tarifänderung sei die [X.] auf 26 Tage verringert und die An- und Abreisezeit nach § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] eingeführt worden.

9

An den hier fraglichen Tagen des 9. Juni 2015 und 4. Juli 2015 sei durch die [X.] zudem keine Entbindung von der [X.] erfolgt, da er an diesen beiden Tagen schon nach dem [X.] frei gehabt hätte. Ein im [X.] vorgesehener freier Tag könne nicht Teil der [X.] sein.

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger zwei Kurtage gemäß § 26 Sonderregelungen 2012 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den operativen [X.] (SR FS-Dienste) in Verbindung mit der Anlage 1 gutzuschreiben.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Der tarifliche Anspruch des [X.] auf eine [X.] mit einer Dauer von 26 Kalendertagen sei in der [X.] vom 9. Juni 2015 bis zum 4. Juli 2015 erfüllt worden. Der tarifliche Anspruch sei auf eine Freistellung von der Arbeitspflicht für die Dauer von 26 Kalendertagen gerichtet. Es bestehe kein Anspruch auf eine tägliche Durchführung von aktiven Kurmaßnahmen, weshalb die [X.] die Reisezeit umfassen dürfe. Sinn und Zweck der [X.] stünden einer An- und Abreise innerhalb der [X.] nicht entgegen. Auch während der Reisezeit seien die Beschäftigten von ihrer Lotsentätigkeit befreit und könnten sich regenerieren. Auch die Tarifgeschichte spreche nicht für die Auffassung des [X.]. Es sei unzutreffend, dass in einer Vorgängerfassung der [X.] für die Betriebseinheit [X.] ein Kuranspruch von 28 Tagen vorgesehen gewesen sei. Es sei auch kein weiterer Tag für die Abreise gewährt worden. [X.] sei lediglich versehentlich ein zusätzlicher Kurtag eingeplant worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zur Begründung weist er ua. darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien am 1. März 2017 § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] neu gefasst hätten. Nunmehr sei geregelt, dass die Dauer der [X.] 26 Kalendertage zuzüglich eines Anreise- und eines Abreisetages betrage. Sofern die An- oder Abreise auf einen freien Tag falle, erhielten die Beschäftigten eine Stundengutschrift in [X.]öhe der individuellen durchschnittlichen Bruttoarbeitszeit. Die Tarifvertragsparteien hätten damit eine Klarstellung ihres Tarifverständnisses vorgenommen.

Die Beklagte stellt in Abrede, dass es sich bei der Neufassung um eine Klarstellung handelt. Die Neuregelung sei vor dem [X.]intergrund zu verstehen, dass die Einteilung der Betriebseinheiten in verschiedene Belastungsgruppen mit der Folge einer [X.] zwischen 24 und 30 Kalendertagen aufgegeben worden sei und nunmehr 26 Kurtage für alle Betriebseinheiten vorgesehen seien. Dies bedeute für viele Beschäftigte eine Reduzierung der ihnen zustehenden Kurtage. Zudem seien jetzt zwar die An- und Abreisetage gesondert zu zählen, dafür sei aber die bedingungslose Gutschrift von Reisezeiten entfallen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die [X.] des [X.] vom 9. Juni 2015 bis einschließlich 4. Juli 2015 umfasste einschließlich der An- und Abreisetage 26 Kalendertage und entsprach damit den Vorgaben des § 26 Abs. 2 Satz 1 iVm. Anlage 1 [X.] aF.

I. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung des Klageantrags zulässig.

1. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein. Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht an dem buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Bei Zweifeln ist der Antrag auszulegen. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sind für die Auslegung von [X.] heranzuziehen. Das gilt auch im Revisionsverfahren ([X.] 12. Dezember 2017 - 9 [X.]/17 - Rn. 14 mwN).

2. Bei einem wörtlichen Verständnis wäre der hier gestellte Antrag mangels Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig (vgl. hierzu [X.] 17. November 2016 - 6 [X.] - Rn. 19). Der Antrag ist auf eine Gutschrift von Kurtagen gerichtet. Die Beklagte führt in der Revisionserwiderung zu Recht an, es bleibe mangels einer Anspruchsgrundlage für eine [X.]gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto und mangels Führung eines „[X.]“ unklar, wie diese Gutschrift zu erfolgen hätte.

3. Der Klageantrag ist nach dem gesamten bisherigen Vorbringen des [X.] jedoch dahingehend zu verstehen, dass dieser bei der nächsten nach rechtskräftiger Zuerkennung der begehrten Tage gemäß § 26 [X.] durchzuführenden [X.] zwei zusätzliche Kurtage als Schadenersatz gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB erhalten will. Dieses [X.] hat der Prozessbevollmächtigte des [X.] in der Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Durch dieses Verständnis des Antrags werden schutzwürdige Belange der Beklagten nicht verletzt, weil ihre rechtlichen Argumente gewürdigt werden, ihre Möglichkeit der Rechtsverteidigung nicht eingeschränkt und kein Vertrauen in bereits erreichte [X.] verletzt wird (vgl. [X.] 19. November 2015 - 6 [X.] - Rn. 19, [X.]E 153, 271; 18. Juli 2013 - 6 [X.] - Rn. 36, [X.]E 146, 1; vgl. auch [X.] 23. März 2016 - 5 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.]E 154, 337). Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ob das Schadenersatzbegehren tatsächlich umgesetzt werden kann oder, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingewandt hat, bei der Schichtplanung nicht berücksichtigt werden könnte, ist keine Frage der Zulässigkeit der Klage, sondern der Begründetheit eines etwaigen Schadenersatzanspruchs.

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist ihren tariflichen Verpflichtungen bezüglich der [X.] vom 9. Juni 2015 bis zum 4. Juli 2015 nachgekommen. Demzufolge besteht keine Pflichtverletzung, welche einen Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen könnte.

1. Der Kläger hatte nach § 26 Abs. 2 Satz 1 iVm. Anlage 1 [X.] aF einen Anspruch auf die Teilnahme an einer [X.] mit einer Dauer von 26 Kalendertagen. Diesen Anspruch hat die Beklagte in der [X.] vom 9. Juni 2015 bis einschließlich 4. Juli 2015 erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Die beiden Tage der An- und Abreise waren Bestandteil der [X.] von 26 Kalendertagen.

a) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger nach § 26 Abs. 2 Satz 1 iVm. Anlage 1 [X.] aF die tariflichen Voraussetzungen für die Teilnahme an einer 26-tägigen [X.] im [X.]raum Juni/Juli 2015 erfüllte. Dies löste wechselseitige Rechte und Pflichten aus.

aa) Hat ein Lotse die erforderliche Anzahl von sog. Kurpunkten erworben, hat er das Recht zur Teilnahme an einer [X.] im tariflich vorgesehenen Umfang. Die Durchführung der [X.] liegt nicht allein im Interesse der Beklagten und dient auch nicht der Erfüllung von Arbeitsschutzbestimmungen, sondern stellt eine geldwerte Leistung dar, auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Während der Kur hat der Lotse keine Arbeitspflicht (vgl. [X.] 19. März 2008 - 5 [X.] - Rn. 15).

bb) Der Freistellung von der [X.] steht gemäß § 26 Abs. 7 Unterabs. 1 Satz 1 [X.] jedoch die Pflicht zur Teilnahme an den vorgesehenen einzelnen [X.]maßnahmen gegenüber. Auf diese Weise sollen die in § 26 Abs. 7 Unterabs. 1 Satz 2 [X.] formulierten Ziele der Gesundheitsvorsorge, der Erhaltung der Einsatzfähigkeit und der Vermeidung eines späteren Tauglichkeitsverlusts erreicht werden.

b) Hinsichtlich der hier allein streitigen Dauer der [X.] bestimmte § 26 Abs. 2 Satz 1 iVm. Anlage 1 [X.] aF bezogen auf die [X.], welcher der Kläger angehört, einen Umfang von 26 Kalendertagen. Es bestanden keine tariflichen Vorgaben, wonach die Tage der An- und Abreise nicht innerhalb dieser [X.] liegen durften. Dies ergibt die Auslegung der maßgeblichen Tarifnormen (vgl. hierzu [X.] 20. September 2017 - 6 [X.] - Rn. 33, [X.]E 160, 192). Die Beklagte war daher nicht gehindert, die beiden Reisetage als den ersten und den letzten Tag der [X.] einzuordnen.

aa) Der Tarifwortlaut lässt darauf schließen, dass die An- und Abreisetage von dem [X.]raum der Dauer der [X.] umfasst waren. Die Anlage 1 [X.] aF bestimmte diese Dauer in Kalendertagen. Nach allgemeinem Sprachverständnis umfasst die Dauer einer Kur in Kalendertagen den [X.], da diese Reisezeiten mit der Kur in untrennbarem Zusammenhang stehen und als Bestandteil der Kur erscheinen. Insoweit gilt nichts anderes als bei einer zweiwöchigen oder vierzehntägigen Pauschalreise, bei welcher typischerweise davon auszugehen ist, dass der erste und der letzte Tag die Anfahrt bzw. Rückfahrt beinhalten. Als erster „Reisetag“ wird der Tag der Abreise verstanden (vgl. [X.] [X.] [X.] 3. Aufl.). Im Normalfall ist daher bei einer nach Tagen oder Wochen festgelegten Dauer einer Kur oder [X.] vom Heimat- bzw. Kur- oder Reiseort von der Kur- bzw. Reisedauer umfasst. Hätten die Tarifvertragsparteien von diesem Normalfall abweichen wollen, hätten sie dies zum Ausdruck bringen müssen. Die Möglichkeit einer solchen Regelung zeigt die nach übereinstimmendem [X.] am 1. März 2017 beschlossene Neufassung des § 26 [X.], welche die Dauer der [X.] nunmehr einheitlich auf 26 Kalendertage festsetzt und bezüglich der An- und Abreise bestimmt, dass diese gesondert zu berücksichtigen sind („zuzüglich eines Anreise- und eines [X.]“).

bb) Bezogen auf die hier maßgebliche Fassung der [X.] lässt sich dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien schon vor der tariflichen Neuregelung die [X.]en für An- und Abreise nicht in die nach Kalendertagen bestimmte Dauer der [X.] legen wollten.

(1) Der Sinn der [X.], wie er in § 26 Abs. 7 Unterabs. 1 Satz 2 [X.] aF bezüglich der [X.]maßnahmen festgelegt wurde, gebietet keine gesonderte Berücksichtigung der Reisezeiten. Bei der [X.] handelt es sich um eine präventive Maßnahme, welche den besonderen Belastungen der [X.]tätigkeit gerecht werden will und mit Blick auf die Erhaltung der Einsatzfähigkeit der Gesundheitsvorsorge dient. Bei einer über dreiwöchigen [X.] kann davon ausgegangen werden, dass dieses Ziel auch bei Einschluss des An- und [X.] erreicht werden kann und zwar unabhängig davon, ob der Kurort innerhalb von drei oder neun Stunden Reisezeit erreichbar ist. Es bleibt jedenfalls genügend [X.] für die Durchführung der [X.]maßnahmen und zur sonstigen Erholung. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass die Reisezeiten für sich genommen durchaus eine Belastung darstellen können, obwohl die [X.] während der Reise von den Beschwernissen der [X.]tätigkeit entbunden sind. Eine Überbelastung der Beschäftigten, welche dem Sinn der Kurmaßnahme widersprechen würde, ist auch nicht durch eine etwaige Aneinanderreihung von [X.]dienst und Reisezeit indiziert. Nach den tariflichen Regelungen muss die Anreise nicht noch am [X.] einer Arbeitsschicht erfolgen. Folglich kann die von der Revision thematisierte Frage einer durch eine derartige Praxis bewirkten vermeintlichen Verletzung gesetzlicher und tariflicher Arbeitszeitregelungen nicht für die Auslegung der streitbefangenen Tarifnormen herangezogen werden.

(2) § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] aF ließ sich nicht entnehmen, dass die Tage der An- und Abreise außerhalb der [X.] stattfinden sollten. Die Regelung stand in keinem Zusammenhang mit der Dauer der [X.]. Sie gewährte für die Anreise zur und die Abreise von der Kureinrichtung unabhängig von [X.]punkt und tatsächlicher Dauer der Reise eine pauschale Gutschrift in einer Gesamthöhe von zwölf Stunden auf das Arbeitszeitkonto. Ferner stellte sie klar, dass kein darüber hinausgehender Anspruch auf die Anrechnung von Reisezeit nach § 9 Abs. 3 des Manteltarifvertrags bestand und die Gutschrift bei der Anwendung der Obergrenze für [X.] außer Betracht blieb. § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] aF trug damit erkennbar dem Umstand Rechnung, dass die An- und Abreise eine gesonderte Belastung darstellt, welche die Beschäftigten wegen ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an der Kur auf sich nehmen müssen. Diese sollte pauschalisiert ausgeglichen werden. Entgegen der Auffassung der Revision stand § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] aF daher einer Anrechnung von An- und Abreise auf die [X.] nicht entgegen. Hierin liegt, anders als die Revision annimmt, auch kein Widerspruch zu den Vorgaben der [X.] bezüglich der regulären Arbeitszeit der [X.] oder zur Rechtsprechung des [X.], wonach es sich bei einer [X.] nicht um tatsächliche Arbeitszeit im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit handelt (vgl. [X.] 19. März 2008 - 5 [X.] - Rn. 13 ff.). § 26 Abs. 7 Unterabs. 2 [X.] aF war eine auf die Anrechnung kurspezifischer Reisezeiten beschränkte Spezialregelung, die sich zu deren Ausgleich in technischer Hinsicht des [X.] bediente. Hierdurch wurde die Reisezeit aber nicht zur regelmäßigen Arbeitszeit.

cc) Wegen dieses unzweifelhaften Auslegungsergebnisses bedarf es keines Rückgriffs auf die zwischen den Parteien umstrittene Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags oder die praktische Tarifübung (vgl. [X.] 27. Juli 2017 - 6 [X.] - Rn. 19; 2. November 2016 - 10 [X.] - Rn. 14; kritisch bezüglich der Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte [X.] 19. Oktober 2016 - 4 [X.] - Rn. 28). Es kann auch nicht aus der am 1. März 2017 vereinbarten Neufassung des § 26 [X.] geschlossen werden, die Tarifvertragsparteien hätten die Einordnung der An- und Abreisetage schon bisher im Sinne der Neuregelung verstanden und nur eine Klarstellung vorgenommen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Neuregelung nicht auf die An- und Abreisetage beschränkt, sondern die [X.] für die Betriebseinheiten, für welche bislang mehr als 26 Kalendertage vorgesehen waren, reduziert und die Stundengutschrift für die Reisezeit ebenfalls neu gefasst hat. Damit haben die Tarifvertragsparteien eine vollständige Neuregelung und nicht nur die vom Kläger behauptete Klarstellung vorgenommen.

2. Der Kläger hat in der [X.] vom 9. Juni 2015 bis einschließlich 4. Juli 2015 tarifgemäß eine [X.] mit einer Dauer von 26 Kalendertagen - einschließlich der An- und Abreisetage - erhalten. Dabei ist ohne Belang, dass die Jahresplanung für den Kläger an den An- und Abreisetagen ohnehin keine Arbeitsleistung vorsah. Dies stand der Gewährung von Kurtagen nicht entgegen. Entscheidend ist, dass der Kläger an den Tagen, die von der Dauer der Kur umfasst waren, keine Arbeitsleistung zu erbringen hatte. Die Schichtplanung war dementsprechend zu gestalten (vgl. hierzu § 26 Abs. 4 [X.] aF). Dabei machte es keinen Unterschied, ob ein Kurtag ohnehin im Rahmen der [X.] bereits als arbeitsfrei eingebucht gewesen war oder ob sich die Erforderlichkeit zur Freistellung für die [X.] erst während des Jahres ergab und die Schichtplanung dementsprechend angepasst werden musste.

        

    Spelge    

        

    Heinkel    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Uwe Zabel    

        

    Augat    

                 

Meta

6 AZR 188/17

02.08.2018

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 22. Juni 2016, Az: 28 Ca 459/15, Urteil

§ 280 Abs 1 S 1 BGB, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.08.2018, Az. 6 AZR 188/17 (REWIS RS 2018, 5151)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5151

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