Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2017, Az. V ZB 40/16

5. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8834

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Abschiebungshaftsache: Umfang der amtswegigen Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf den rechtzeitigen Erlass einer Befristungsentscheidung


Leitsatz

Im Rahmen der amtswegigen Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 26 FamFG sind Nachforschungen, ob der rechtzeitige Erlass einer Befristungsentscheidung sichergestellt ist, nur veranlasst, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zuständigen Stellen die Befristung des Einreiseverbots erwägen oder der Betroffene auf eine solche Befristung dringt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 18. Februar 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beschwerde gegen die Haftanordnung des [X.] vom 6. Januar 2016 für die Zeiträume bis zum 17. Februar 2016 und ab dem 12. März 2016 zurückgewiesen worden ist.

Es wird festgestellt, dass der Betroffene durch die vorgenannten Beschlüsse insoweit in seinen Rechten verletzt worden ist, als Sicherungshaft bis zum 17. Februar 2016 und nach dem 12. März 2016 angeordnet worden ist.

Von den gerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Betroffene 25 %. Die [X.] und die übrigen Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der [X.] trägt 75 % der außergerichtlichen Kosten aller Instanzen des Betroffenen. Im Übrigen trägt dieser sie selbst.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein [X.] Staatsbürger, reiste am 30. Oktober 2003 in das [X.] ein und stellte am 30. Dezember 2005 einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 17. Januar 2006 wies das zuständige [X.] den Antrag als offensichtlich unbegründet zurück, forderte den Betroffenen auf, das [X.] innerhalb einer Woche seit Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung die Abschiebung an. Eine gegen diesen Bescheid gerichtete Anfechtungsklage wies das [X.] mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 10. Mai 2006 zurück. Der Betroffene tauchte unter und wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Er meldete sich unter verschiedenen Aliasnamen bei [X.] Behörden und wurde seit 2008 auch mehrfach wegen Verstößen gegen das [X.] und wegen Vermögensdelikten erkennungsdienstlich behandelt.

2

Am 4. November 2014 reiste er bei [X.] in das [X.] ein und wies dazu einen [X.] Reisepass vor, in welchem ein [X.] Schengenvisum eingeklebt war. Eine Prüfung ergab, dass der Reisepass echt, das Visum aber gefälscht war. Der Pass wurde von den [X.] sichergestellt und verwahrt.

3

Am 24. August 2015 wurde der Betroffene von den [X.] Polizeibehörden festgenommen, als er versuchte, bei [X.] mit einem entwendeten Pass nach [X.] auszureisen. Die [X.] Polizeibehörden schoben ihn nach [X.] zurück. Die [X.] Polizeibehörden gaben dem Betroffenen auf, sich alsbald bei der beteiligten Behörde zu melden. Das tat der Betroffene nicht. Er wurde vielmehr am 18. Dezember 2015 in [X.] festgenommen und durch die örtliche Ausländerbehörde am 21. Dezember 2015 entlassen, wiederum mit der Auflage, sich umgehend bei der beteiligten Behörde zu melden. Als sich der Betroffene dort am 6. Januar 2016 vorstellte, wurde er festgenommen.

4

Die beteiligte Behörde hat am gleichen Tag bei dem Amtsgericht Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen nach [X.] beantragt und zwar zunächst Haft bis zum 8. Februar 2016 und in der mündlichen Anhörung des Betroffenen Haft für drei Monate. Auf den geänderten Antrag hin hat das Amtsgericht am 6. Januar 2016 gegen den Betroffenen [X.] bis zum 5. April 2016 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der Betroffene die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Haft erreichen.

II.

5

Das [X.] hält die angeordnete Haft für rechtmäßig. Die Haftgründe nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1, 2 u. 5 [X.] lägen vor. Der Betroffene sei am 4. November 2014 ohne Aufenthaltserlaubnis in das [X.] wieder eingereist. Er habe die Behörden unter Verwendung von Aliasnamen über seine Identität getäuscht und sie auch nicht über den Wechsel seines Aufenthalts unterrichtet. Die beteiligte Behörde habe die Abschiebung mit der gebotenen Beschleunigung betrieben. Der mit dem Fall befasste Mitarbeiter der beteiligten Behörde sei am Tag der Anhörung mit der Erkenntnis überrascht worden, dass auch die in den echten [X.] Reisepass eingestempelte Verlängerung bis zum 6. September 2025 gefälscht und dieser Pass tatsächlich mit dem 7. September 2010 ausgelaufen sei. Als Folge dessen habe sie sich um [X.] bemühen müssen und auch bemüht. Dass die dafür erforderlichen Anträge bei dem zuständigen [X.] erst am 13. Januar 2016 eingegangen seien, sei nicht zu beanstanden. Der Antrag habe auch nicht als besonders dringlich gekennzeichnet werden müssen, da das auf die Tätigkeit der ausländischen Behörden keinen Einfluss habe. Es bestünden auch keine Anzeichen dafür, dass die Abschiebung nicht innerhalb von drei Monaten gelingen werde. Nach den Erkenntnissen der zuständigen Mitarbeiterin würden in einem Fall wie dem des Betroffenen eineinhalb bis zwei Monate für die Beschaffung der [X.] benötigt.

III.

6

Diese Erwägungen halten zum größten Teil einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die gegen den Betroffenen angeordnete Haft war zum überwiegenden Teil rechtswidrig.

7

1. Die Haftanordnung des Amtsgerichts war rechtswidrig, weil es an einem zulässigen Haftantrag der beteiligten Behörde fehlt.

8

a) [X.] darf nur angeordnet werden, wenn der Haftantrag den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG genügt. Denn ein diesen Anforderungen nicht entsprechender Haftantrag versetzt weder den [X.] noch den Betroffenen in die Lage, die Rechtmäßigkeit des [X.] zu prüfen (Senat, Beschlüsse vom 16. Juli 2014 - [X.]/13, [X.] 2014, 384 Rn. 15 und vom 20. Oktober 2016 - [X.] 167/14, NVwZ 2017, 733 [Ls.] = juris Rn. 6 f.). In dem Haftantrag muss nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG unter anderem die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung dargelegt werden. Die Darlegung darf knapp gehalten sein, muss aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - [X.] 123/11, [X.] 2011, 317 f. Rn. 9). Sie muss auf den konkreten Fall zugeschnitten sein; Leerformeln und Textbausteine genügen nicht (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - [X.] 311/10, [X.] 2012, 82 Rn. 13).

9

b) Diesen Anforderungen entsprach der Haftantrag der beteiligten Behörde nicht.

aa) Die von dem Amtsgericht ausgesprochene Haft von drei Monaten gegen den Betroffenen hat die Behörde erst in dessen mündlicher Anhörung durch den Haftrichter beantragt. Ausweislich des über die Anhörung erstellten Protokolls hatte sie diesen Antrag nur damit begründet, dass „derzeit unklar (sei), ob die Ausreisedokumente rechtzeitig beigebracht werden können“. Welche Erkenntnisse sie zur Änderung ihres ursprünglich nur auf die Anordnung von [X.] für die Dauer eines Monats gerichteten Antrags bewogen haben und aus welchen konkreten Gründen sie jetzt eine [X.] von drei Monaten für erforderlich hielt, hat die Behörde nach dem Inhalt des Protokolls und nach den Feststellungen in der Haftanordnung des Amtsgerichts nicht ausgeführt. Ihre allgemein gehaltenen Ausführungen sind, für sich genommen, vor dem Hintergrund, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist (§ 62 Abs. 1 Satz 2 [X.]; Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - [X.] 246/11, [X.] 2012, 225 Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 10. Oktober 2013 - [X.] 67/13, juris Rn. 9), unzureichend (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Oktober 2016 - [X.] 8/15, juris Rn. 7, vom 31. März 2017 - [X.] 74/17, juris Rn. 2 und vom 1. Juni 2017 - [X.] 39/17, juris Rn. 14).

bb) Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Ausführungen der beteiligten Behörde in ihrem ursprünglichen Haftantrag hinzunimmt. In diesem Antrag hatte sie die Anordnung von [X.] zur Abschiebung des Betroffenen nach [X.] bis zum 8. Februar 2016 beantragt, diese Haftdauer aber mit Ausführungen begründet, die ersichtlich keinen Bezug zum vorliegenden Fall haben. Sie beziehen sich infolge einer Verwechslung auf den Fall eines [X.] Betroffenen namens [X.]in einem anderen Abschiebungshaftverfahren. Die beteiligte Behörde stellt auf die Verhältnisse bei der Abschiebung in die [X.] ab und geht zudem davon aus, dass der echte Pass des Betroffenen ausgelaufen sei, wohingegen der Pass des Betroffenen [X.], um den es im vorliegenden Fall geht, nach der dem Antrag beigefügten Kopie noch bis zum 6. September 2025 gültig war. Diese Angaben genügen als Darlegungen der erforderlichen Dauer der Haft im Fall des Betroffenen [X.]nicht. Die Zulässigkeit des [X.] stellt es zwar nicht in Frage, wenn er sachliche Fehler enthält (Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - [X.] 167/14, NVwZ 2017, 733 [Ls.] = juris Rn. 7). Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich die - wenn auch fehlerhaften - Ausführungen auf den Fall des Betroffenen beziehen.

2. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Haft durch das Beschwerdegericht ist auch nur für den [X.]raum vom 18. Februar 2016 bis zum 11. März 2016 gerechtfertigt. Für den hierüber hinausgehenden [X.]punkt hätte die Haft dagegen aufgehoben werden müssen.

a) Der Haftantrag der beteiligten Behörde ist, was - für die Zukunft - möglich ist (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - [X.]/13, [X.] 2014, 384 Rn. 23), durch ergänzenden Vortrag der Behörde und entsprechende Feststellungen des [X.] mit Wirkung vom 18. Februar 2016 geheilt worden.

Diese Heilung ist allerdings noch nicht durch das ergänzende Schreiben der beteiligten Behörde vom 17. Februar 2016 an das Beschwerdegericht eingetreten. Darin hat diese nämlich nur erläutert, dass ihr Vertreter auf der Fahrt zum Anhörungstermin von der Mitteilung überrascht worden sei, dass auch der zweite Verlängerungsstempel in dem ansonsten echten Reisepass des Betroffenen manipuliert worden und deshalb davon auszugehen sei, dass dieser Pass mit dem 6. September 2010 ausgelaufen sei. Eine konkrete Erläuterung, in welchem [X.]raum die nun erforderlichen [X.] für den Betroffenen bei den [X.] Behörden zu erlangen sind, enthält diese Stellungnahme jedoch nicht. Die Heilung des Antragsmangels ist aber durch die von dem Beschwerdegericht eingeholte ergänzende Auskunft der beteiligten Behörde vom 18. Februar 2016, die am gleichen Tag erfolgte erneute Anhörung des Betroffenen und die hierauf gestützte Feststellung des [X.] geheilt worden, dass in Fällen wie dem des Betroffenen mit einer Bearbeitungszeit für die Beschaffung der [X.] von eineinhalb bis zwei Monaten zu rechnen sei.

b) Für die [X.] vom 18. Februar bis zum 11. März 2016 ist die Anordnung der Fortdauer der Haft nicht zu beanstanden.

aa) Der Betroffene ist, was er nicht in Zweifel zieht, vollziehbar ausreisepflichtig. Die von der beteiligten Behörde geltend gemachten Haftgründe nach § 62 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 5 [X.] liegen vor. Aufgrund der Angaben der beteiligten Behörde und des Umstands, dass der Pass des Betroffenen bis auf das gefälschte Visum und die manipulierte Verlängerung echt ist, ist die Feststellung des [X.] nicht zu beanstanden, dass die Beschaffung der [X.] eineinhalb bis zwei Monaten dauert.

bb) Entgegen der Ansicht des Betroffenen musste sich das Beschwerdegericht bei seiner Prognose nicht mit der Frage einer Befristung des unbefristeten Einreiseverbots befassen, das die Ausweisungsverfügung vom 17. Januar 2006 ausgelöst hat.

(1) Richtig ist der Ausgangspunkt des Betroffenen. Nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/[X.] (vom 16. Dezember 2008, [X.]. [X.] Nr. L 348 S. 98 - sog. Rückführungsrichtlinie) darf ein Einreiseverbot im Regelfall nicht länger als 5 Jahre dauern. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] gilt diese Regel auch für Einreiseverbote aufgrund von Verfügungen, die - wie die genannte Ausweisungsverfügung gegen den Betroffenen - vor dem Ablauf der Frist zur Umsetzung der genannten Vorschrift der Richtlinie am 24. Dezember 2010 erlassen worden sind. Auch ist danach die Befristung nicht nur auf Antrag, sondern von Amts wegen vorzunehmen ([X.], Urteil vom 19. September 2013, [X.] und [X.], [X.]/12, [X.]:C:2013:569 Rn. 34, 45). Die Entscheidung muss so frühzeitig ergehen, dass der Betroffene noch in [X.] Rechtsschutz hiergegen organisieren kann (Nachweise bei Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - [X.] 194/14, [X.] 2016, 33 Rn. 5).

(2) Das bedeutet aber weder, dass Abschiebungshaft nur angeordnet werden dürfte, wenn ein unbefristetes Einreiseverbot aus einer altrechtlichen Ausweisung oder Abschiebung befristet worden ist, noch, dass der Haftrichter in jedem Fall zu prüfen hätte, ob die beteiligten Behörden ihren geschilderten ausländerrechtlichen Pflichten nachkommen. Das ist in erster Linie Aufgabe der Aufsichtsbehörden und, wenn der Betroffene um Rechtsschutz nachsucht, Aufgabe der Verwaltungsgerichte. Im Abschiebungshaftverfahren ist dagegen nur zu prüfen, ob Maßnahmen zur Befristung unbefristeter Einreiseverbote oder ihr Fehlen ein Abschiebungshindernis erwarten lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - [X.] 194/14, [X.] 2016, 33 Rn. 9). Im Rahmen der amtswegigen Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 26 FamFG sind Nachforschungen, ob der rechtzeitige Erlass einer Befristungsentscheidung sichergestellt ist, nur veranlasst, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zuständigen Stellen die Befristung des Einreiseverbots erwägen oder der Betroffene auf eine solche Befristung dringt. Bleibt die Behörde, die das unbefristete Einreiseverbot befristen müsste, untätig, hat der Haftrichter Veranlassung zu weiteren Nachforschungen nur, wenn sich der Betroffene bei den ([X.] oder den Verwaltungsgerichten um eine Befristung bemüht oder entsprechende Maßnahmen aus einem anderen Grund zu erwarten sind. Fehlt es daran, muss der Haftrichter diesen Gesichtspunkt nicht in seine Prognose einbeziehen.

cc) Einen Verstoß gegen das [X.] hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.

Die beteiligte Behörde ist von der Mitteilung, dass die zweite Verlängerung im Reisepass des Betroffenen manipuliert worden ist, wie ausgeführt, am Tag der persönlichen Anhörung des Betroffenen und des Erlasses der Haftanordnung überrascht worden. Sie brauchte [X.], um das weitere Vorgehen zu prüfen und vorzubereiten. In diesem Rahmen haben sich die beteiligten Dienststellen nach den Feststellungen des [X.] gehalten.

Es verstößt auch nicht gegen das Beschleunigungsgebot, dass die beteiligte Behörde die Vorlage des Antrags auf Erteilung der [X.] nicht mit einem Hinweis auf die Dringlichkeit versehen hat. Auf das Verfahren der ausländischen Stellen haben die [X.] Dienststellen keinen Einfluss (Senat, Beschluss vom 1. März 2012 - [X.] 206/11, [X.] 2012, 133 Rn. 16). Dessen ungeachtet müssen sie aber durch Nachfragen oder in anderer geeigneter Weise auf die ausländischen Dienststellen einwirken, um eine beschleunigte Abwicklung der [X.] zu erreichen. Welche Maßnahmen in welchem zeitlichen Abstand von der Einreichung des Antrags an geboten sind, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - [X.] 25/13, juris Rn. 8 f.). Danach steht es mit dem Beschleunigungsgebot in Einklang, wenn die beteiligte Behörde im vorliegenden Fall den Weg einer Nachfrage bei der [X.] Botschaft gewählt und diese Nachfrage am 8. Februar 2016 gehalten hat. Denn die [X.] Botschaft in [X.] konnte die Frage nicht allein entscheiden, sondern musste das [X.] Generalkonsulat in [X.] beteiligen, das die Verlängerung des Passes des Betroffenen verfügt haben soll. Unter diesen Umständen war eine frühere Anfrage nicht zweckmäßig.

c) Die Aufrechterhaltung der Haft über den 11. März 2016 hinaus war rechtswidrig.

Die Haft ist nach § 62 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf den kürzest möglichen [X.]raum zu begrenzen. Stellt sich im Beschwerdeverfahren heraus, dass die Abschiebung, deren Sicherung die angeordnete Haft dient, in einem kürzeren [X.]raum als dem ursprünglich ermittelten zu erreichen ist, ist die Haft nach § 62 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. dem Rechtsgedanken von § 426 Abs. 1 FamFG von Amts wegen auf den nach dem Ergebnis der Feststellungen im Beschwerdeverfahren benötigten [X.]raum zu begrenzen und im Übrigen aufzuheben (Senat, Beschlüsse vom 20. Oktober 2016 - [X.] 167/14, NVwZ 2017, 733 [Ls.] = juris Rn. 13 u. vom 1. Juni 2017 - [X.] 39/17, juris Rn. 8). Das hat das Beschwerdegericht hier nicht beachtet. Nach seinen Feststellungen war die Beschaffung der [X.] für den Betroffenen in einem [X.]raum von eineinhalb bis zwei Monaten zu erreichen. [X.] war Vorbereitungszeit von mindestens einer Woche, so dass nach den Feststellungen des [X.] die Durchführung der Abschiebung bis zum 11. März 2016 erwartet werden konnte. Es hätte deshalb die Haft für den [X.]raum danach aufheben müssen. Da das Beschwerdegericht keine Feststellungen getroffen hat, die eine längere Haft rechtfertigten, ist unerheblich, dass sich die Haft - wie sich dem Rechtsbeschwerdeverfahren [X.] 64/16 entnehmen lässt - später als zu kurz erwiesen hat und eine Verlängerung erforderlich wurde.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass die Beschwerde des Betroffenen im Umfang von etwa 3/4 der angeordneten Haft erfolgreich war. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann     

       

Schmidt-Räntsch     

       

Kazele

       

Haberkamp     

       

Hamdorf     

       

Meta

V ZB 40/16

29.06.2017

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Gera, 18. Februar 2016, Az: 5 T 70/16

§ 11 Abs 2 S 3 AufenthG, § 26 FamFG, Art 11 Abs 2 EGRL 115/2008

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2017, Az. V ZB 40/16 (REWIS RS 2017, 8834)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8834

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 40/16 (Bundesgerichtshof)


V ZB 167/14 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaft: Inhaltliche Anforderungen an den Haftantrag; rechtsstaatliche Anforderungen an den Haftbefehl; zulässige Dauer der Abschiebungshaft; …


V ZB 159/17 (Bundesgerichtshof)

Haftanordnung bei vollziehbarer Abschiebungsandrohung


V ZB 64/14 (Bundesgerichtshof)

Abschiebungshaftverfahren zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger: Überprüfung der Anordnung der Haft zur Sicherung der Zurückschiebung …


V ZB 64/14 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.