Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.09.2013, Az. 5 AZR 617/13 (F)

5. Senat | REWIS RS 2013, 2475

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Gegenstand

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay") - Darlegungslast - Gehörsrüge


Tenor

1. Die Rüge des Klägers gegen das Urteil des [X.] vom 13. März 2013 - 5 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Die Parteien haben über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay gestritten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Der [X.] hat die Revision des [X.] mit Urteil vom 13. März 2013 (- 5 [X.] -) zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützte Rüge des [X.].

2

II. Die nach § 78a Abs. 2 ArbGG zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Der [X.] hat den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

3

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die vom Fachgericht zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben ([X.] 14. Dezember 2010 - 6 [X.] - Rn. 25 mwN). Außerdem darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung der Vielzahl von vertretenen Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte ([X.] 17. Februar 2004 - 1 BvR 2341/00 - zu [X.] 2 a der Gründe). Denn die Parteien müssen bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt erkennen können, auf welche Gesichtspunkte es für die Entscheidung ankommt. Ansonsten ist das Gericht vor Schluss der mündlichen Verhandlung grundsätzlich nicht zur Offenlegung seiner Rechtsauffassung verpflichtet. Ein Prozessbevollmächtigter muss, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und bei seinem Sachvortrag berücksichtigen (vgl. [X.] 31. Mai 2006 - 5 [X.]) - Rn. 5, [X.]E 118, 229). Ferner muss er schon in den Tatsacheninstanzen bedenken, dass das [X.] als Revisionsgericht den Bindungen des Revisionsrechts unterliegt und neuer Sachvortrag in der Revisionsinstanz nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 559 ZPO grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig ist (vgl. statt aller [X.] 22. Mai 2012 - 1 [X.] - Rn. 23 f.).

4

2. Der [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 23. März 2011 (- 5 [X.] - Rn. 36, [X.]E 137, 249) darauf hingewiesen, der Leiharbeitnehmer sei für den Anspruch aus § 10 Abs. 4 [X.] darlegungs- und beweispflichtig. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss. Der Leiharbeitnehmer kann sich dazu auf eine ihm nach § 13 [X.] erteilte [X.] berufen und diese in den Prozess einführen. Bestreitet jedoch der Verleiher die maßgeblichen Umstände der [X.] in erheblicher Art und im Einzelnen, verbleibt es bei der [X.] und Beweislast des Leiharbeitnehmers.

5

Der Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigte mussten deshalb damit rechnen, dass dem Kläger, gerade wenn er davon absieht, eine [X.] nach § 13 [X.] einzuholen und in den Prozess einzuführen, die volle Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Anspruchs auf Differenzvergütung nach § 10 Abs. 4 [X.] obliegt. Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter hätte in den Tatsacheninstanzen alle ihm bekannten, für die Anspruchshöhe relevant sein könnenden Tatsachen substantiiert vorgetragen, insbesondere eine [X.] nach § 13 [X.] eingeholt und in den Prozess eingeführt, zumal die Beklagte schon erstinstanzlich bestritten hatte, in den [X.] Unternehmen würden vergleichbaren Stammarbeitnehmern die vom Kläger seiner Forderungsberechnung zugrunde gelegten Tariflöhne gezahlt.

6

Die Vorinstanzen haben ihre die Klage abweisende Entscheidung zwar auf einen Verfall des - möglichen - Anspruchs nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gestützt und dabei zu diesem Zeitpunkt höchstrichterlich noch ungeklärte Rechtsfragen beantwortet. Weder das Arbeitsgericht noch das [X.] haben sich aber, aus ihrer Sicht konsequent, mit der Frage beschäftigt (geschweige denn diese bejaht), ob der Kläger die Höhe des geltend gemachten Anspruchs überhaupt ausreichend substantiiert dargelegt hat. Der Kläger durfte nicht - auch nicht aufgrund der erstinstanzlich nach § 11a ArbGG gebotenen Beiordnung einer Rechtsanwältin und der Gewährung von Prozesskostenhilfe in der Berufungs- und Revisionsinstanz, die nur eine hinreichende Erfolgsaussicht voraussetzt (§ 114 Satz 1 ZPO) - darauf vertrauen, in einem weiteren Berufungsverfahren Gelegenheit zu erhalten, in den [X.] zurückgehaltenen Sachvortrag oder eine erst nach der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] eingeholte [X.] nach § 13 [X.] in das Verfahren einführen zu können.

7

Ob der [X.] die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Leiharbeitnehmers zur Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] überspannt hat, ist eine Frage der - vermeintlich - fehlerhaften Rechtsanwendung, die nicht geeignet ist, den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör zu verletzen. Art. 103 Abs. 1 GG schützt nicht davor, dass den Gerichten Rechtsfehler unterlaufen und gewährt kein Anrecht auf eine aus Sicht der Parteien „richtige“ Entscheidung (vgl. [X.] 19. Februar 2008 - 9 [X.] 1085/07 - Rn. 5).

8

[X.]. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Meta

5 AZR 617/13 (F)

25.09.2013

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Chemnitz, 31. März 2011, Az: 4 Ca 3529/10, Urteil

§ 78a Abs 2 ArbGG, Art 103 Abs 1 GG, § 10 Abs 4 AÜG, § 13 AÜG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.09.2013, Az. 5 AZR 617/13 (F) (REWIS RS 2013, 2475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2475

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