Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. 5 StR 402/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 2811

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5 [X.]/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 26. September 2012
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 26. September 2012
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 15. März 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verur-teilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen
Rechts und beanstandet das Verfahren. Die Revision hat bereits mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfah-rensrügen kommt es nicht mehr an.

1. Nach den Feststellungen des [X.] kaufte und übernahm der Angeklagte am 9. Juli 2010 in seiner Wohnung von
dem Zeugen D.

i-genverbrauch (Fall II.1). Danach kaufte und übernahm der Angeklagte bis zum 22. Oktober 2010 zu den bereits angeführten Konditionen an zwei nicht genau bestimmbaren Tagen jeweils 1.500 g Marihuana, wobei jeweils 500 g zum Eigenkonsum und 1.000 g zum gewinnbringenden Weiterverkauf be-stimmt waren, sowie nochmals 500 g Marihuana zum Eigenkonsum an ei-1
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nem nicht mehr genau bestimmbaren Tag nach dem 16. September 2010 (Fälle II.2 bis 4).

2. Die vom [X.] vorgenommene Beweiswürdigung hält sach-lich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der teilgeständige Angeklagte hat lediglich das unter II.1 festgestellte Betäubungsmittelgeschäft vom 9. Ju-li
2010 insoweit eingeräumt, als er eine kleinere Merworben habe, einen Kontakt zwischen [X.]
und dem Drogeninteressen-ten L.
hergestellt und später einmal zur Unterstützung eines dann nicht zustande gekommenen [X.] mit einem Dritten, den er nicht benennen wolle, eine E-Mail an [X.]
gesandt habe. Im Übri-gen hat der Angeklagte die Taten bestritten. Das [X.] stützt die [X.] im Wesentlichen auf den Hauptbelastungszeugen [X.], der bereits wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe rechtskräftig ver-urteilt worden ist und dem im eigenen Strafverfahren eine Strafmilderung nach § 31 BtMG sowie Zeugenschutz gewährt worden ist.

Der Zeuge [X.]

, der in der Hauptverhandlung die Taten wie [X.] schilderte und angab, bei seiner ersten Fahrt in den Raum [X.] insgesamt 2 kg Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf mitgeführt zu haben, änderte in früheren Vernehmungen mehrfach seine Aussage. So-weit es die Urteilsgründe erkennen lassen, belastete er den Angeklagten mit einer Ende Januar 2011 in Vorbereitung zu seiner ersten Beschuldigtenver-.
[X.] ([X.]) regelmäßig 2 ke-nannte hingegen in den nachfolgenden Beschuldigtenvernehmungen im [X.] 2011 den Angeklagten nicht als einen seiner Abnehmer. Nach Mitteilung der Revision berichtete der Zeuge [X.]
erstmals im Juli 2011
von einem Verkauf an den Angeklagten. Dazu verhalten sich die Urteilsgründe nur inso-fern, als sie die Begründung des Zeugen [X.]
ohne nähere Bewertung als plausibel hinnehmen, wonach dieser sich frühere Angaben aus Januar 3
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und Februar 2011 nicht erklären könne, zu dieser Zeit jedoch wegen Dro-hungen gegen sich und seine Familie verwirrt gewesen sei und sich erst bei seinen späteren Aussagen im Juli 2011 mit dem Sachverhalt habe näher [X.] und intensiv auf die Vernehmung vorbereiten können ([X.]). Der nähere Inhalt der den Angeklagten belastenden früheren Angaben des Zeugen [X.]
wird nicht mitgeteilt. Weitere Abweichungen im [X.] finden sich darin, dass der Zeuge [X.]
den Gesamtumfang des von ihm gehandelten Marihuareduziert habe ([X.]) und im Rahmen einer Verständigung im eigenen Strafverfahren angegeben habe, nur 500 g Marihuana

statt wie in diesem Verfahren festgestellt 2 kg Marihuana

bei seiner ersten Fahrt in den Raum [X.]/[X.] mitgeführt zu haben ([X.]). Den Angaben des [X.], der zwar die Übergabe des [X.] an den Angeklagten bei dem Treffen am 9. Juli 2010 nicht mitbekommen haben will, jedoch be-

des Zeugen [X.] , der gesehen haben will, dass der Angeklagte bei diesem it-[X.] auf die früheren Widersprüche in der Vernehmung des Zeugen [X.]
eingegangen ist und zudem auch erörtert hat, warum die Angaben anderer Zeugen nicht geeignet seien, die Glaubhaftigkeit des Hauptbelas-tungszeugen zu erschüttern, begegnet die Beweiswürdigung durchgreifen-den Bedenken.

3. Bereits die unkonstanten Angaben des Zeugen [X.]
aus den früheren Vernehmungen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. November 2010

2 StR 497/10 und vom 17. Januar 2002

3 [X.], [X.], 524 und 2002, 470, 471), die das [X.] über Vorhalte eingeführt hat, hätten ebenso wie die dem Zeugen [X.]
gewährte Strafmilderung Anlass für eine besonders sorgfältige Würdigung seiner Aussage geben müssen. Hinzu
kommt, dass in einem Fall, in dem ein Angeklagter zwar nicht allein, aber 5
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doch überwiegend durch die Angaben eines selbst tatbeteiligten Zeugen überführt werden soll, die Urteilsgründe erkennen lassen müssen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung zu beeinflussen geeignet sind, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dazu hätte die [X.] die Entstehung und den Inhalt der den Angeklagten belasten-den Angaben sowie deren Entwicklung näher darlegen
und bewerten [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Mai 2008

2 [X.], [X.]R StPO §
261 Beweiswürdigung, unzureichende 19, vom 17. März 2009

4 [X.], [X.], 212, und vom 4. August 2004

5 StR 267/04). Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht.

a) Es fehlt bereits an einer ausreichenden Darlegung des näheren Verlaufs und der Inhalte früherer Vernehmungen. Es erschließt sich nicht ausreichend klar, in welcher Weise der Zeuge [X.]
den Angeklagten in früheren Vernehmungen belastet hat. Soweit in den Urteilsgründen darüber
e-gen. Die Urteilsgründe beschränken sich lediglich auf die pauschale Wider-gabe in den früheren Angaben des Zeugen aufgetretener Widersprüche. [X.] Auseinandersetzung mit den

ohnehin nur bruchstückhaft erwähnten

früheren Angaben des Zeugen [X.]
findet nicht statt. Solche Angaben vermögen deshalb weder ein verlässliches Bild über die Person des [X.] zu vermitteln noch darüber, ob und inwieweit in Betracht kommt, dass dessen Angaben durch Vorteile im eigenen Strafverfahren, ins-besondere denen der Strafmilderung nach § 31 BtMG veranlasst gewesen sein könnten.

b) Auch die Würdigung der Angaben des Zeugen [X.]
greift zu kurz. Sie erschöpft sich in der kritiklos hingenommenen Wiedergabe eigener Zeuge müsse er aber nun die

l-6
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S.
12) und um eine verlässliche Aussage bemüht gewesen sei ([X.]). i-.
gewährten [X.] und die Anwendung des § 31 BtMG lässt nur erkennen, dass sich das Tatgericht der Motivationslage des Zeugen bewusst war; eine tatsächli-che Würdigung ist den Urteilsgründen hingegen nur formelhaft zu entneh-men.

c) Der Senat verkennt nicht, dass die eigene Einlassung des Ange-klagten, die detailreichen Schilderungen des Zeugen [X.]
zur Tat II.1 so-wie
eine E-Mail vom 16. September 2009 gewisse objektive Anhaltspunkte für die Glaubwürdigkeit des Zeugen [X.]
darstellen können. Die insge-samt zu knappen Ausführungen zu dem Inhalt seiner Aussagen und ihrer Entstehungsgeschichte im Lichte der dem Zeugen im eigenen Strafverfahren gewährten Vorteile vermögen indes eine lückenlose, hinreichend kritische und für das Revisionsgericht nachvollziehbare Beweiswürdigung nicht wirk-sam zu gewährleisten.

4. Der Senat weist anhand erhobener Beweisantragsrügen darauf hin, dass Anträge auf Zeugenvernehmung von [X.] über be-stimmt behauptete frühere Angaben von Belastungs-
und Entlastungszeugen inhaltlich nach Maßgabe des §
244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 StPO und nicht nach § 244 Abs. 2 StPO zu bescheiden sind.

[X.] Raum Schaal

Dölp König

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Meta

5 StR 402/12

26.09.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2012, Az. 5 StR 402/12 (REWIS RS 2012, 2811)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2811

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