Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2008, Az. 2 StR 147/08

2. Strafsenat | REWIS RS 2008, 3995

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[X.] vom 14. Mai 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung [X.] und der Beschwerdeführer am 14. Mai 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO be-schlossen: Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. November 2007 mit den Feststellungen aufge-hoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: [X.] Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und seinen Bruder, den Angeklag-ten S. K. , wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jah-ren verurteilt und hat beide Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Gegen den Angeklagten [X.]hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 100.000 •, gegen den Angeklagten S. K. in Höhe von 14.000 • ange-ordnet. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen, der Angeklagte S. K. auch die Verletzung formellen Rechts. 1 - 3 - I[X.] Die Revisionen der Angeklagten haben bereits mit der Sachrüge in vol-lem Umfang Erfolg. 2 Die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil weist erhebliche Mängel auf (§ 337 StPO). Sie ist zwar Sache des Tatrichters und als solche vom [X.] grundsätzlich hinzunehmen. Das gilt aber nicht, wenn sie lücken-haft oder unklar ist (vgl. [X.], 161; 2007, 538). Dies ist hier der Fall. 3 1. Das [X.] hat festgestellt: 4 Im Zeitraum zwischen Juni 2003 und Dezember 2006 erwarb der Ange-klagte [X.] in insgesamt 16 Einzelfällen Haschisch sowie in einem die-ser Fälle daneben eine kleinere Menge Marihuana zum gewinnbringenden Wei-terverkauf in der Umgebung seines [X.] Wohnortes. Die von ihm er-worbenen Haschischmengen beliefen sich im ersten Fall auf 1 kg und in der Mehrzahl der weiteren Fälle auf jeweils zwischen 3 und 5 kg, in einem der Fälle auf 10 kg. Bei den letzten fünf dieser Taten im Zeitraum zwischen Oktober oder November 2005 und November oder Dezember 2006 erfolgte die Beschaffung des Rauschgifts im bewussten und gewollten Zusammenwirken beider [X.]. In diesem Zeitraum führte der Angeklagte [X.]die [X.] während mehrerer mehrwöchiger Auslandsabwesenheiten sei-nes Bruders als dessen Vertreter weiter. Die aus dem [X.] in diesen fünf Fällen erwirtschafteten Gewinne wurden in einem nicht genau ermittelbaren Verhältnis zwischen beiden Angeklagten aufgeteilt. Im Januar 2007 erwarb der Angeklagte S. K. außerdem allein und auf eigene Rechnung 2 kg [X.] zum gewinnbringenden Weiterverkauf in [X.], von welchem bei einem Unterabnehmer am 7. Februar 2007 noch 510 g polizeilich sichergestellt werden konnten. 5 - 4 - 2. Die Angeklagten haben sich in der Hauptverhandlung nur zu einem geringen Teil zu den ihnen zur Last gelegten Taten geständig eingelassen und haben dabei zu ihren Gunsten von den Feststellungen des [X.] abwei-chende Angaben zu Art und Menge des von ihnen gehandelten Rauschgifts gemacht. Das [X.] stützt die Verurteilung im Wesentlichen auf die [X.] der Zeugen [X.]und [X.]. , die nach ihrer eigenen Bekundung Erwerber und Weiterverkäufer des von den Angeklagten veräußerten [X.] und Marihuana waren. Die Darstellung und Würdigung der Aussagen dieser beiden Zeugen, die nach ihren eigenen Schilderungen bei den jeweiligen Beschaffungshandlungen der beiden Angeklagten nicht anwesend waren, lässt jedoch ebenso wenig wie diejenige der übrigen Beweismittel erkennen, worauf die Feststellungen des [X.] zu den Mengen des in den insgesamt 17 einzelnen Fällen von den Angeklagten beschafften Rauschgifts überhaupt be-ruhen. 6 a) So fehlt es schon an einer ausreichenden Darstellung der Aussagen der beiden Belastungszeugen. In einem Fall, in dem ein Angeklagter zwar nicht allein, aber doch überwiegend durch die Angaben selbst tatbeteiligter Zeugen überführt werden soll, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der [X.] alle Umstände, die die Entscheidung zu beeinflussen geeignet sind, er-kannt und in seine Überlegungen einbezogen hat ([X.] NStZ-RR 1996, 300). Dazu ist es jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden zur Würdigung der widersprüchlichen Aussagen der in ein Geflecht illegalen Rauschgifthandels verwickelten Auskunftspersonen, deren Motivation möglicherweise auf eigene Vorteile oder auf die Abwehr weiterer Beschuldigungen ausgerichtet war, erfor-derlich, die Umstände der Entstehung und den näheren Inhalt der die Angeklag-ten belastenden Aussagen sowie deren Entwicklung darzustellen und zu bewer-ten (vgl. [X.], [X.]. v. 4. August 2004, 5 [X.]). Dies gilt um so mehr, wenn sich nicht von selbst versteht, auf welchen eigenen Wahrnehmungen der 7 - 5 - Auskunftspersonen Feststellungen zu zentralen Einzelheiten des Hergangs der Taten, wie hier zum Umfang der in den verschiedenen Fällen beschafften Rauschgiftmengen, beruhen könnten. Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe, die schon den Inhalt der Aussagen beider Zeugen in der Hauptverhandlung nicht im [X.], sondern nur bruchstückhaft und in [X.] Weise wiedergeben, nicht gerecht. In Bezug auf den Zeugen [X.] wird zwar mitgeteilt, dieser Zeuge sei am 18. Dezember 2006 festgenommen und sogleich befragt worden, in Folge einer starken Entzugssymptomatik aber erst in einer späteren Verneh-mung vom 26. Februar 2007 zu einer wirklich geordneten Zusammenfassung des [X.] in der Lage gewesen ([X.]). Nähere Angaben zum Inhalt und Verlauf der verschiedenen Vernehmungen des Zeugen im Zuge der Ermittlungen finden sich nicht; das Urteil beschränkt sich vielmehr auf die An-gabe, es sei in deren Verlauf zu vereinzelten Abweichungen bezüglich der Wei-terveräußerungshandlungen gekommen, ohne mitzuteilen, worin diese liegen. 8 Auch in Bezug auf den Zeugen [X.]. ist den Urteilsgründen lediglich zu entnehmen, es habe im Verlauf seiner Aussagen Abweichungen zum Beginn der Geschäftsbeziehung gegeben, und erst später habe der Zeuge dann "rei-nen Tisch gemacht" ([X.]). Diese Angaben lassen weder erkennen, um welche Abweichungen es sich dabei im Einzelnen gehandelt hat, noch unter welchen Umständen und mit welchem konkreten Ergebnis der Zeuge im Zuge der Ermittlungen vernommen worden war, noch welche Feststellungen zum Nachteil der Angeklagten auf seine Aussage gestützt werden konnten. 9 Darüber hinaus ist die pauschale Angabe, auch zwischen den Aussagen beider Zeugen habe es "zwar nicht im Kern, aber doch in [X.]" gering-fügige Abweichungen gegeben, "die zwar ihre Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel 10 - 6 - ziehen, aber die Möglichkeit einer Abstimmung fern liegend erscheinen lassen" ([X.]), in Ermangelung näherer Ausführungen zum Inhalt dieser Abwei-chungen einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich. b) Schließlich ist auch die Würdigung der Aussage des Zeugen [X.]. nicht frei von Mängeln: Für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung gerade bei [X.] im Bereich des [X.] ist es regelmäßig ein wichtiger Gesichtspunkt, ob sich der Zeuge durch seine Aussage in dem gegen ihn selbst gerichteten Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG entlasten wollte; für diesen Fall besteht nämlich die nicht fern liegende Gefahr, dass der "[X.]", der sich durch seine Aussage Vorteile verspricht, den [X.] zu Unrecht belastet ([X.] NStZ-RR 2003, 245). Ist ein tatbeteiligter Zeuge, auf dessen belastende Aussage die Überführung des Angeklagten entscheidend gestützt wird, bereits wegen seiner Beteiligung an derselben [X.] verurteilt worden, muss die Beweiswürdigung deshalb erkennen lassen, ob sich der Betreffende eine Strafmilderung als Aufklärungsgehilfe verdient hat oder nicht ([X.] NStZ 2004, 691, 692). Obschon der Angeklagte [X.]in seiner eigenen Einlassung erklärt hat, [X.].
sei seines Wissens "für 23 kg ver-urteilt worden unter Anwendung von § 31 BtMG", und gemeint hat, es sei dem Zeugen deshalb wohl nicht darauf angekommen, was er im Einzelnen einräume ([X.]), teilen die Urteilsgründe im Zuge der Würdigung der Aussage [X.]. s nur mit, der Zeuge sei für seine sehr erheblichen Selbstbelastungen "auch verurteilt worden" ([X.]), enthalten aber keine näheren Angaben da-zu, wegen welcher Taten er selbst verurteilt worden war und ob und in welcher Weise dem Zeugen dabei die Regelung des § 31 BtMG zu [X.] gebracht [X.] war. 11 - 7 - II[X.] 1. Im Hinblick auf den weiteren Gang des Verfahrens merkt der Senat an, dass der neue Tatrichter neben einer umfassenden und in sich geschlosse-nen Darstellung der relevanten Aussagen im Falle einer erneuten Verurteilung auch Feststellungen zu den Mindestwirkstoffgehalten der von den Angeklagten beschafften Rauschgiftmengen wird treffen müssen; den Urteilsgründen sind solche Feststellungen lediglich für das "[X.]" zu entnehmen ([X.]), nicht aber für das ebenfalls gehandelte Haschisch höherer Qualität. 12 2. Der Senat weist zudem darauf hin, dass eine Einführung von Erkennt-nissen aus der psychiatrischen Begutachtung des Zeugen H. in dem gegen diesen selbst gerichteten Strafverfahren jedenfalls dann nur im Wege des [X.] zulässig sein wird, wenn diese Erkenntnisse für Zwecke einer inhaltlichen Würdigung einer Aussage dieses Zeugen verwer-tet werden sollten. 13 [X.] Fischer Appl Cierniak

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2 StR 147/08

14.05.2008

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2008, Az. 2 StR 147/08 (REWIS RS 2008, 3995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3995

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