Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2016, Az. III ZR 100/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11844

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:040516BIIIZR100.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 100/15
vom

4. Mai 2016

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 204 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1
a)
Zur Auslegung einer Regelung in einer von einer staatlich anerkannten Güte-stelle erlassenen Verfahrensordnung, wonach die schriftliche Vollmacht beizu-fügen oder auf Antrag nachzureichen ist (Abgrenzung gegenüber [X.], Urteil vom 22. Februar 2008 -
V [X.], BeckRS 2008, 04680).
b)
Für die konkrete Beendigung eines [X.] im Sinne des § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] kommt es in erster Linie auf den Inhalt der Verfahrensordnung der Gütestelle an (im [X.] an [X.], Urteil vom 28. Oktober 2015 -
IV ZR 405/14, [X.], 2288).
[X.], Beschluss vom 4. Mai 2016 -
III ZR 100/15 -
[X.] [X.]

[X.]

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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat 4. Mai 2016 durch [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin Dr. Liebert

beschlossen:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 34.
Zivilsenats des [X.] vom 3. März 2015 -
I-34 [X.] -
wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§
97 Abs.
1 ZPO).

Streitwert:

Gründe:

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fort-bildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung er-forderlich (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr. 2 ZPO).

1.
Die Auslegung der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 9 der von der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators F.

X. R.

erlas-senen Verfahrensordnung ("Die schriftliche Vollmacht ist beizufügen oder auf Antrag nachzureichen") durch das Berufungsgericht dahingehend, dass bei an-1
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waltlicher
Vertretung des Antragstellers -
in Parallele zu §§ 80, 88 ZPO -
eine Prüfung der Vollmacht regelmäßig nur auf "Antrag des Antragsgegners"
erfolgt, lässt (zumal zulassungsrelevante) Rechtsfehler nicht erkennen. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die Auslegung der Verfahrensordnung im dritten Rechtszug vollständig zu überprüfen ist.

a) Das Berufungsgericht hat zutreffend gesehen, dass der Güteantrag die formalen Anforderungen erfüllen muss, die von den für die Tätigkeit der [X.] Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden, um die Hemmungswirkung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 [X.] herbeizuführen (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni 2015
-
III [X.], NJW 2015, 2407 Rn. 21 und vom 20. August 2015 -
III ZR 373/14, [X.], 1807 Rn. 16; [X.], Urteil vom 28. Oktober 2015 -
IV ZR 405/14, [X.], 2288 Rn. 13).

b) Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung der Verfahrensordnung einen zutreffenden Maßstab angelegt. Grundsätzlich gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (Wortbedeutung, Bedeutungszusammenhang, Entste-hungsgeschichte, Gesetzeszweck, vgl. [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., [X.]. Rn.
40 ff) auch im Verfahrensrecht. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Verfahrensvorschriften keinen Selbstzweck haben und deshalb in Zweifelsfällen so auszulegen sind, dass sie eine Verwirklichung des materiellen Rechts er-möglichen und nicht verhindern. Dementsprechend ist bei der Auslegung von Verfahrensnormen ein übermäßiges Haften am Wortlaut regelmäßig [X.]. Formale Voraussetzungen dürfen nicht zu "förmlichen Stolpersteinen"
oder "Fallstricken"
werden. Entscheidend ist allein, welcher Grad von Formen-strenge nach den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften sinnvoll zu fordern ist (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., [X.]. Rn. 92 ff m zahlr. wN).

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c) Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 9 der Verfahrensordnung für unergiebig gehalten hat, um zu bestimmen, welche [X.] den "Antrag"
auf Vollmachtsvorlage zu stellen hat. Zu Recht hat das Berufungsgericht bei "verständiger Auslegung"
auf die sich aufdrängende Parallele zu §§ 80, 88 ZPO abgestellt.

Hat sich im Zivilprozess ein Rechtsanwalt für die [X.] bestellt, lässt die Nichteinreichung einer Vollmachtsurkunde zu den Akten (§ 80 Satz 1 ZPO) noch keinen Schluss auf einen Vollmachtsmangel zu (arg. §
88 Abs. 2 Halb-satz
2 ZPO). Bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt erfolgt eine Prüfung der Vollmacht in der Regel nicht von Amts wegen, sondern grundsätzlich nur auf Rüge des Gegners (§ 88 Abs. 1, 2 ZPO; [X.]/[X.] aaO § 80 Rn. 11 und § 88 Rn. 2). Wie sich aus der Entstehungsgeschichte der vorliegenden [X.] ergibt, orientierte sich die hier maßgebliche Neufassung vom März 2011 an den Vorschriften der Zivilprozessordnung. Danach sollte der [X.] seine Vollmacht dem Gegner nur nachweisen müssen, wenn die-ser es verlangt. Ein Nachweis der Vollmacht
sollte gegenüber der Gütestelle nur erforderlich sein, wenn sein Fehlen bemängelt wurde beziehungsweise der Gegner einen solchen verlangte (siehe das erläuternde Schreiben des [X.] R.

vom 11. Oktober 2013).

Die Neufassung der Verfahrensordnung erfolgte in bewusster Abkehr von der früheren, der Entscheidung des [X.] vom 22. Februar 2008 (V [X.], BeckRS 2008, 04680 Rn. 3) zugrunde liegenden Fassung "Der Antrag ist von der antragstellenden Person oder ihrem Bevollmächtigten
zu unterschreiben, die schriftliche Vollmacht ist beizufügen."
Nur für diesen Fall hat der [X.] entschieden, dass auf Grund des klaren Wortlauts der Verfahrensordnung a.F. eine entsprechende Anwendung von §
88 Abs. 2 5
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ZPO ausscheidet (aaO Rn. 12, 14). Gerade im Hinblick auf diese restriktive Auslegung hat Rechtsanwalt R.

sodann seine Verfahrensordnung überarbei-tet und der Regelung der §§ 80, 88 ZPO nachgebildet. Nach alledem ist es ge-mäß § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung unschädlich, wenn dem Güteantrag des anwaltlich vertretenen Klägers vom 29. Dezember 2011 eine Vollmacht nicht beigefügt war und später auch nicht nachgereicht wurde, da die Beklagte einen Mangel der Vollmacht zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht ("gerügt") hat.

2.
Die von
der Beschwerde ferner aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein Güte-verfahren bereits mit der Ablehnung eines Güteversuchs durch den Antrags-gegner oder erst mit der Bekanntgabe des Scheiterns des [X.] durch die Gütestelle gegenüber dem Antragsteller endet, ist nicht klärungsbe-dürftig.

a) § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] legt für die in Absatz 1 geregelten [X.] fest, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräf-tigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfah-rens endet. Grundsätzlich endet ein Güteverfahren im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 4 [X.] durch Abschluss eines Vergleichs, die Rücknahme des Güteantrags oder durch die Einstellung des Verfahrens wegen Scheiterns des Einigungsver-suchs. Dabei kann die konkrete Beendigung des Verfahrens nur innerhalb der Verfahrensordnung der jeweiligen Gütestelle festgestellt werden ([X.], [X.] vom 21. Oktober 2014 -
XI [X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 160; Urteil vom 28. Oktober 2015 -
IV ZR 405/14, [X.], 2288 Rn. 27; s. auch [X.] Mün-chen Urteil vom 24. November 2014 -
21 [X.], juris Rn. 31). Im Streitfall ist somit in erster Linie der Inhalt der Verfahrensordnung der Gütestelle R.

vom März 2011 maßgebend. Nach § 7 Buchst. b der Verfahrensordnung endet das Verfahren, wenn eine [X.] erklärt, dass sie nicht an einem Mediations-8
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termin teilnimmt und dies der anderen [X.] mitgeteilt wird. Damit steht fest, dass die [X.] erst mit der "Mitteilung"
des Scheiterns des Güteversuchs an die andere [X.] beginnt. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall für den Fristbeginn auf den Zugang der Mitteilung (8. August 2012) oder die [X.] (7. August 2012) abgestellt wird (für Letzteres [X.], Urteil vom 28. Oktober 2015 aaO Rn. 37), war zum Zeitpunkt der Klageeinrei-chung am 31. Januar 2013 die sechsmonatige [X.] des § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] in jedem Fall gewahrt.

b) Es kommt hinzu, dass der [X.] inzwischen mit Urteil vom 28. Oktober 2015 für eine frühere Fassung der Verfahrensordnung der Gü-testelle R.

("Das Verfahren endet, wenn eine [X.] erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird") entschieden hat, dass § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen ist, dass es auch in dem Fall, in dem die Beendigung eines Hemmungstatbestands vom Gläubiger nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, für den Lauf der sechsmonatigen Nachlauf-frist darauf ankommt, dass dieser Umstand dem Gläubiger zur Kenntnis ge-bracht wird (aaO Rn. 32). Dies bedeutet, dass selbst dann, wenn nach der [X.] das Güteverfahren bereits mit Eingang der ablehnenden Stel-lungnahme des Gegners beendet ist, der Beginn der [X.] davon ab-hängt, dass die Bekanntgabe der Weigerung an die Gegenpartei durch die Gü-testelle veranlasst wird (aaO Rn. 26, 30, 32, 37 f). Dies muss selbstverständlich erst recht gelten, wenn bereits die Verfahrensordnung die Bekanntgabe vor-schreibt.

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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs.
4 Satz
2 Halb-satz
2 ZPO abgesehen.

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]

Liebert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.12.2013 -
2 O 30/13 -

[X.] [X.], Entscheidung vom 03.03.2015 -
I-34 [X.] -

11

Meta

III ZR 100/15

04.05.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2016, Az. III ZR 100/15 (REWIS RS 2016, 11844)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11844

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 100/15

IV ZR 405/14

III ZR 198/14

III ZR 373/14

XI ZB 12/12

34 U 14/14

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