Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2015, Az. IV ZR 405/14

4. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3176

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Gegenstand

Verjährungshemmende Wirkung eines Güteverfahrens: Ausreichende Individualisierung der geltend gemachten Ansprüche; Ende der Hemmungswirkung nach Mitteilung des Schuldners über seine Nichtteilnahme am Verfahren


Leitsatz

1. Zur ausreichenden Individualisierung der geltend gemachten Ansprüche in einem Güteantrag durch ein beigefügtes Anspruchsschreiben.

2. Endet ein Güteverfahren im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB dadurch, dass der Schuldner mitteilt, am Verfahren nicht teilzunehmen, so endet die Hemmung der Verjährung sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe dieser Mitteilung an den Gläubiger veranlasst.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] - 1. Zivilsenat - vom 9. Oktober 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres im August 2011 verstorbenen [X.] (im Folgenden: Erblasser) von der [X.], einem [X.] Lebensversicherer, die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber dem Erblasser im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages. Diese Versicherung war Bestandteil eines als "[X.]" bezeichneten [X.] und Kapitalanlagemodells.

2

Geworben durch einen Untervermittler schloss der Erblasser bei der [X.] einen Lebensversicherungsvertrag "W.          "mit Versicherungsbeginn zum 3. August 2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrages in Höhe von 217.280 DM schloss der Erblasser einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 224.000 DM ab. Zudem zahlte er einen Betrag in Höhe von 56.000 DM in Form von Wertpapieren an die kreditgebende Bank. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Daneben investierte der Erblasser im Rahmen des "[X.]" in ein Wertpapierdepot, das bei Endfälligkeit zur Tilgung des Darlehens verwendet werden sollte. Im Februar 2005 wurden die vertraglichen Ansprüche aus der Lebensversicherung im Zuge einer Umfinanzierung an eine andere Bank abgetreten.

3

Am 31. Dezember 2009 reichte der Erblasser über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators [X.]     in [X.] ein, von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17. März 2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, eingegangen bei der Gütestelle am 25. oder 26. März 2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Erblassers am 21. April 2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: "Das Verfahren endet, (…) wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird."

4

Am 16. Oktober 2012 hat die Klägerin beim [X.] Klage eingereicht, die der [X.] am 4. Januar 2013 zugestellt worden ist. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass ihr die Beklagte den ihr und dem Erblasser entstandenen und den ihr noch entstehenden Schaden im Zusammenhang mit dem vom Erblasser abgeschlossenen [X.] und Kapitalanlagemodell zu ersetzen habe; hilfsweise sei der Schadensersatz an die kreditgebende Bank zu leisten.

5

Das [X.] hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7

I. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage für zulässig, jedoch unbegründet erachtet. In Bezug auf die Quersubventionierung und das Glättungsverfahren lägen zwar durch das [X.] zutreffend festgestellte Aufklärungspflichtverletzungen der [X.] vor, der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei aber kenntnisunabhängig verjährt. Die hierfür zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die neue zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F. abgelöst worden und hätte damit ohne Hemmung am 31. Dezember 2011 geendet. Zwar habe das vom Erblasser eingeleitete Güteverfahren eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt, diese habe aber am 25. September 2010 geendet, also sechs Monate nach Eingang des Ablehnungsschreibens der [X.] bei der Gütestelle. Nach der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle ende das Güteverfahren und damit auch die Hemmung der Verjährung, wenn eine [X.] erkläre, dass sie an einem Mediationstermin nicht teilnehmen werde; in der Mitteilung, am gesamten Verfahren nicht teilzunehmen, sei diese Erklärung enthalten. Auf die Kenntnis des Antragstellers von der Erklärung der Gegenseite komme es nicht an. Die Klageeinreichung sei mithin in [X.] erfolgt.

8

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Eine Verjährung des Anspruchs lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht feststellen.

9

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief (hier am 2. Januar 2012, weil der 31. Dezember 2011 ein Samstag war), sofern nicht vorher eine Hemmung der Verjährung eintrat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB.

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass am 31. Dezember 2009 zunächst eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB eintrat, als der Erblasser seinen Güteantrag bei der staatlich anerkannten Gütestelle einreichte, der der [X.] sodann "demnächst" bekanntgegeben wurde.

a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war der geltend gemachte Anspruch in dem Güteantrag bestimmt genug bezeichnet, um eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

aa) Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden ([X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - [X.], NJW 2015, 2407 Rn. 17 m.w.N.).

Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte ([X.] aaO Rn. 21 f.). Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Streits ab und führt erst im Falle einer Einigung der [X.]en zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss ([X.] aaO Rn. 23 f. m.w.N.).

bb) Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Erblassers.

(1) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands ([X.], Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das dem Antrag beigefügt war.

Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte (vgl. [X.]/[X.], [X.], 89, 95).

(2) Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.

Zwar ist in [X.] regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen ([X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - [X.], NJW 2015, 2407 Rn. 25), und im Streitfall fehlen Angaben zum [X.], das dem Vertragsabschluss zugrunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der [X.] angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des [X.]s abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der [X.] unstreitig nicht geschuldet.

Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten [X.] vom 28. Dezember 2009, in welchem [X.], Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der [X.] problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten ([X.] aaO).

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des [X.] vom 20. August 2015 ([X.], [X.], 1807) zugrunde lag. Anders als dort (vgl. dazu [X.] aaO Rn. 22) war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen, dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Kapitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag (Seite 2 Absatz 3 des Antrags), und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den [X.] und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und [X.] begehrte (Seite 3 Absatz 4). Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf Seite 7 des beigefügten und in Bezug genommenen [X.].

Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der [X.] unter Umständen vom - im Güteantrag nicht mitgeteilten - Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beklagte konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne weiteres aufgrund der ihr mitgeteilten [X.] ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der [X.] zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Beklagte mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.

b) Das Berufungsgericht hat für den Beginn des [X.] auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31. Dezember 2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des [X.] erst am 17. März 2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 BGB. Auch im Revisionsverfahren werden insoweit keine Einwendungen erhoben.

c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung vermögen die von der [X.] vorgetragenen Umstände auch keine rechtsmissbräuchliche Einleitung des [X.] zu begründen, die einer Berufung der Klägerin auf die Hemmung der Verjährung nach § 242 BGB entgegenstehen könnte.

aa) So stellt es keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des [X.] dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Erblassers insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete [X.] gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden, weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Erblassers waren daher nicht gehalten, die [X.] auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.

bb) Es ist ferner grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft ([X.], Urteil vom 6. Juli 1993 - [X.], [X.]Z 123, 337, 345). Gesichtspunkte, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen würden (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage IV ZR 526/14, zur [X.] bestimmt Rn. 34 f.), hat die Beklagte im Streitfall in den Tatsacheninstanzen nicht mit ausreichender Substanz vorgebracht und auch keinen Beweis angetreten.

3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, Anknüpfungspunkt für den Beginn der [X.] des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sei bereits der 25. März 2010, als die Mitteilung der [X.] bei der Gütestelle einging, dass sie nicht am Güteverfahren teilnehme, so dass die Verjährungshemmung mit Ablauf des 25. September 2010 geendet habe. Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB vielmehr erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe dieser Mitteilung der [X.] an die Prozessbevollmächtigten des Erblassers veranlasste.

a) In § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB wird für alle Ziffern des ersten Absatzes der genannten Vorschrift bestimmt, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Grundsätzlich endet ein Güteverfahren i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch Abschluss eines Vergleiches, die Rücknahme des [X.] oder durch die Einstellung des Verfahrens wegen Scheitern des [X.] ([X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1, 67; Urteile vom 22. September 2009 - [X.], [X.]Z 182, 284, 291; vom 6. Juli 1993 - [X.], [X.]Z 123, 337, 346). Die konkrete Beendigung des Verfahrens kann nur innerhalb der Verfahrensordnung der jeweiligen Gütestelle festgestellt werden ([X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1, 67).

Umstritten ist jedoch, ob im Falle eines [X.] i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der [X.] des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB - wie das Berufungsgericht angenommen hat - der Tag der Verfahrenseinstellung bzw. Beendigung des [X.] nach der Verfahrensordnung ist ([X.], Urteil vom 24. November 2014 - 21 U 5058/13, juris Rn. 28 ff.; [X.], Urteil vom 14. November 2014 - 1 U 39/14, nicht veröffentlicht) oder der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einstellungsverfügung an den Gläubiger maßgeblich ist ([X.], Urteil vom 8. Januar 2015 - 7 U 224/13, nicht veröffentlicht; [X.], Urteil vom 16. Januar 2007 - 16 U 160/06, juris Rn. 68).

Der [X.] hat diese Frage im Jahre 2009 ausdrücklich offen gelassen ([X.], Urteil vom 22. September 2009 - [X.], [X.]Z 182, 284 Rn. 21). Im Beschluss vom 21. Oktober 2014 hat er sich insbesondere mit der Frage befasst, ob ein Scheitern des Verfahrens festgestellt werden kann, nicht aber mit dem Zeitpunkt, wann nach festgestelltem Scheitern die [X.] beginnt ([X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 160). In einem Urteil vom 26. November 2013, das die Vorschrift des § 35 ArbnErfG betraf, hat der [X.] allerdings bei Berechnung des Hemmungsendes ohne nähere Begründung - und ohne dass es tragend hierauf ankam - auf die Abgabe der Widerspruchserklärung der [X.] gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle [X.] ([X.], juris Rn. 31). Demgegenüber hat der [X.]. Zivilsenat - ebenso wenig tragend und ohne nähere Begründung - im Fall einer Vereinbarung eines Stillhalteabkommens durch Anrufung einer Schiedsstelle ein Ende der Hemmung erst mit dem Zugang einer ablehnenden Entscheidung des Vorsitzenden angenommen (Urteil vom 28. Februar 2002 - [X.] ZR 455/00, NJW 2002, 1488 unter [X.] b).

b) Der Senat entscheidet die Streitfrage dahingehend, dass im Anwendungsbereich des § 204 BGB im Regelfall auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle an den Gläubiger abzustellen ist. Entscheidend hierfür sprechen der Zweck der [X.] des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB, der darin besteht, dass dem Gläubiger insbesondere dann, wenn im Verfahren keine Sachentscheidung ergeht, in jedem Falle eine Frist bleibt, in der er weitere Rechtsverfolgungsmaßnahmen einleiten kann (BT-Drucks. 14/6040, [X.]. [X.]), sowie die Regelung zum Beginn der Hemmung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB.

aa) Die Gewährleistung des vorstehend genannten Zwecks setzt die Kenntnis des Gläubigers von der [X.] voraus. Ähnlich hat der [X.] zur Vorschrift des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift argumentiert: Es komme im Falle der Beendigung der Unterbrechungswirkung durch Nichtbetrieb des Prozesses darauf an, dass die [X.], die die Verjährung erneut unterbrechen wolle, die letzte Prozesshandlung des Gerichts und damit die Notwendigkeit kenne, den Prozess weiter zu betreiben ([X.], Urteil vom 20. Februar 1997 - [X.] ZR 227/96, [X.]Z 134, 387, 390 f.).

Das gilt ebenso für die Beendigung des [X.]. Auch hier ist im Grundsatz eine Kenntnisnahme des Gläubigers vom [X.] geboten, damit er die vom Gesetzgeber eingeräumte [X.] nutzen kann. Daher ist § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen, dass es in dem Ausnahmefall, in dem die Beendigung eines Hemmungstatbestandes vom Gläubiger nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, für den Lauf der sechsmonatigen [X.] darauf ankommt, dass dieser Umstand dem Gläubiger zur Kenntnis gebracht wird.

bb) Dieser Auslegung stehen die vom Berufungsgericht aufgezeigten Fälle, in denen die Beendigung der Hemmung ebenfalls nicht von einem Ereignis in der Sphäre des Gläubigers abhänge, nicht entscheidend entgegen.

Im Fall der Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung, die mit Zustimmung des [X.] oder Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schriftsatzes an ihn wirksam wird, liegt der Ausgangspunkt in einem Verhalten des [X.] selbst, von dem er zwangsläufig Kenntnis hat, so dass er sich auf den bevorstehenden Beginn der [X.] vorbereiten kann. Die Beendigung der Hemmung bei Stillstand des Verfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht vergleichbar, da hier der Beginn der 6-Monatsfrist gerade nicht von einer Erklärung, sondern von einem Untätigbleiben der [X.]en abhängt.

cc) Soweit sich die Revisionserwiderung unter Hinweis auf einen Beschluss des [X.] ([X.], Beschluss vom 14. Juni 1954 - [X.], [X.]Z 14, 39) darauf beruft, dass der Gläubiger vom [X.] keine Kenntnis haben müsse, so stellt der zitierte Beschluss lediglich klar, dass in einem Fall des Verstoßes gegen die zwingenden Vorschriften über die Verkündung von Urteilen zwar ein schwerwiegender Verfahrensmangel, aber aus Gründen der Rechtssicherheit kein Scheinurteil vorliegt.

dd) Die aufgezeigte Auslegung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung zu § 203 BGB. Im dort geregelten Fall endet die Hemmung durch Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen. Diese muss grundsätzlich durch ein klares und eindeutiges Verhalten einer [X.] zum Ausdruck kommen ([X.], Urteil vom 30. Juni 1998 - [X.], NJW 1998, 2819, 2820). Ein Beginn der [X.] des § 203 Satz 2 BGB ist demnach ohne Kenntnis oder Kennenmüssen des Gläubigers nicht möglich.

ee) Anzuknüpfen ist im Güteverfahren allerdings nicht an den - wegen der nicht vorgeschriebenen förmlichen Zustellung (vgl. auch § 15a EGZPO) oftmals nicht nachweisbaren - Zugang der Erfolglosigkeitsbescheinigung beim Gläubiger, sondern an die bei der Gütestelle aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung ihrer Bekanntgabe.

Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB sachgerecht. Zwar gilt diese Bestimmung unmittelbar nur für die Frage, wann eine Hemmung der Verjährung durch Einreichung eines [X.] beginnt. Der Gesetzgeber hat aber für diese Frage gerade deshalb auf die Veranlassung der Bekanntgabe des [X.] anstatt auf die Bekanntgabe selbst abgestellt, wie es noch im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war, weil auch dort mangels vorgeschriebener Zustellung des Antrags anderenfalls zu besorgen sei, dass der Zugang im Falle des Bestreitens nicht nachgewiesen werden könne (BT-Drucks. 14/7052 S. 181). Dieser Gesichtspunkt trifft in gleicher Weise auf die Situation bei Beendigung des [X.] durch eine Mitteilung an den Gläubiger zu, für die der Gesetzgeber den maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausdrücklich geregelt hat. Es erscheint deshalb angemessen, auch hier auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe abzustellen, zumal der tatsächliche Zugang in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle binnen kurzer Frist erfolgen wird. Da der Gläubiger den maßgeblichen Zeitpunkt sodann bei der Gütestelle in Erfahrung bringen kann, besteht für ihn auch keine unzumutbare Unklarheit über den Beginn der ihm zur Verfügung stehenden [X.]. Die Anknüpfung an die aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle trägt damit zum einen dem Umstand Rechnung, dass der Gläubiger ausreichend Kenntnis von der [X.] erhalten muss, und vermeidet andererseits, dass Unklarheit über den Lauf der Verjährungsfrist entsteht; zugleich wird eine Verlängerung der Verjährungsfrist über Gebühr vermieden.

c) Da das Berufungsgericht zum Zeitpunkt, in dem das auf den 20. April 2010 datierte Schreiben der Gütestelle an den Erblasser veranlasst worden ist, keine Feststellungen getroffen hat, ist es offen, ob die Einreichung der Klage am 16. Oktober 2012 noch in nicht [X.] erfolgte. Die Sache ist daher zwecks Nachholung der erforderlichen Feststellung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[X.]                                 [X.]                                 [X.]

               Dr. Brockmöller                      Dr. Bußmann

Meta

IV ZR 405/14

28.10.2015

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Bamberg, 9. Oktober 2014, Az: 1 U 39/14

§ 204 Abs 1 Nr 4 BGB, § 204 Abs 2 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2015, Az. IV ZR 405/14 (REWIS RS 2015, 3176)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 236 REWIS RS 2015, 3176

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