Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.12.2017, Az. XII ZB 214/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 733

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Versorgungsausgleich bei externer Teilung: Wahl des Ausgleichs in die Versorgungsausgleichskasse innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist; anderweitige Ausübung des Wahlrechts innerhalb der gesetzten Frist


Leitsatz

1. Wählt die hinsichtlich eines Anrechts im Sinne des Betriebsrentengesetzes ausgleichsberechtigte Person innerhalb einer vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist den Ausgleich in die Versorgungsausgleichskasse, liegt darin kein Verzicht auf die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG, sondern lediglich ein Verzicht auf den Ablauf der vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist.

2. Informiert die ausgleichsberechtigte Person, die auf den Ablauf der nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist zunächst verzichtet hatte, das Gericht vor einer Entscheidung und innerhalb der Frist darüber, dass sie das Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 VersAusglG nunmehr anderweitig ausgeübt habe, muss das Gericht ihr Gelegenheit geben, bis zum Ablauf der nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist die Zustimmung des ausgewählten Versorgungsträgers gemäß § 222 Abs. 2 FamFG nachzuweisen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 21. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 17. März 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 1.095 €

Gründe

I.

1

Auf den am 13. Juni 2015 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 15. August 1997 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.

2

Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Mai 2015 (§ 3 Abs. 1 [X.]) hat der Antragsgegner unter anderem bei dem [X.] (Beteiligter zu 7) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil in Höhe von 89.684,58 € erworben.

3

[X.] hat das Familiengericht dieses Anrecht extern geteilt und zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Beteiligten zu 7 ein Anrecht in Höhe von [X.] €, bezogen auf den 31. Mai 2015, zu Gunsten der Antragstellerin auf deren Versicherungskonto bei der [X.] (Beteiligte zu 4) begründet sowie den Beteiligten zu 7 verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 2,25 % p.a. und Zinseszinsen ab dem 1. Juni 2015 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an die Beteiligte zu 4 zu zahlen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das [X.] die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass die Versorgungsausgleichskasse (Beteiligte zu 8) als Zielversorgungsträger bestimmt und der Beteiligte zu 7 verpflichtet wird, an diese [X.] € nebst Zinsen in Höhe von 2,25 % ab dem 1. Juni 2015 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu zahlen; eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinseszinsen hat es abgelehnt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Familiengerichts mit der Maßgabe begehrt, dass die [X.] zur Zielversorgung bestimmt wird.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

5

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Antragstellerin habe einen Ausgleich in der Beteiligten zu 8 als aufnehmenden Versorgungsträger angeregt. Auch wenn deren Aufnahmebereitschaft nicht nachgewiesen sei, fungiere sie nach § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] ohnehin als Zielversorgungsträger. Der an die Beteiligte zu 8 zu zahlende Kapitalbetrag sei zwar zu verzinsen, nicht aber um Zinseszinsen zu erhöhen.

6

2. Dies hält der Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde nicht stand.

7

a) Zwar ist das [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass der gemäß §§ 222 Abs. 3 FamFG, 14 Abs. 4 [X.] zu zahlende Kapitalbetrag zur Berücksichtigung der Wertsteigerung des auszugleichenden Anrechts zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit dem zur Ermittlung des [X.] verwendeten Rechnungszins zu verzinsen ist ([X.]sbeschlüsse [X.], 36 = [X.], 1785 Rn. 17 ff. und vom 6. Februar 2013 - [X.] 204/11 - FamRZ 2013, 773 Rn. 20 ff.).

8

Auch hat das [X.] zutreffend angenommen, dass in der [X.] insoweit lediglich eine einfache Verzinsung ausgesprochen werden kann, nicht aber eine den Zinseszins beinhaltende Aufzinsung (vgl. den nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen [X.]sbeschluss vom 19. Juli 2017 - [X.] 201/17 - FamRZ 2017, 1655 Rn. 34 ff. mwN).

9

b) Zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde indessen, dass das [X.] die innerhalb der vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist von der Antragstellerin ausgewählte [X.] nicht als Zielversorgung benannt hat.

aa) Verlangt der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 [X.] die externe Teilung eines Anrechts im Sinne des Betriebsrentengesetzes, steht der ausgleichsberechtigten Person gemäß § 15 Abs. 1 [X.] ein Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung zu. Nach § 222 Abs. 1 FamFG ist dieses Wahlrecht in einer vom Gericht zu setzenden Frist auszuüben. Wird das Wahlrecht ausgeübt, hat die ausgleichsberechtigte Person gemäß § 222 Abs. 2 FamFG innerhalb der Frist zugleich nachzuweisen, dass der ausgewählte Versorgungsträger mit der vorgesehenen Teilung einverstanden ist. Übt die ausgleichsberechtigte Person dagegen ihr Wahlrecht nicht aus, so erfolgt die externe Teilung eines Anrechts im Sinne des Betriebsrentengesetzes nach § 15 Abs. 5 [X.] durch Begründung eines Anrechts bei der Versorgungsausgleichskasse.

bb) Das [X.] hatte der Antragstellerin durch Verfügung des Berichterstatters vom 25. Februar 2016 eine Frist zur Ausübung ihres Wahlrechts bis zum 30. März 2016 gesetzt. Die Antragstellerin hat ihr Wahlrecht durch einen am 29. März 2016 beim [X.] eingegangenen [X.] vom gleichen Tag, in dem die [X.] als Zielversorgung benannt wurde, nach § 222 Abs. 1 und 2 FamFG wirksam ausgeübt, denn dem Schriftsatz war eine entsprechende Einverständniserklärung der [X.] vom 22. März 2016 beigefügt.

cc) Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zuvor mit [X.] vom 8. März 2016 mitgeteilt hatte, dass der Ausgleich in der Versorgungsausgleichskasse gewünscht und angeregt werde, die externe Teilung in der Versorgungskasse vorzunehmen. Denn dabei handelt es sich schon nicht um die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 [X.], sondern lediglich um den Verzicht auf den Ablauf der vom [X.] nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist. Ein solcher Verzicht steht der späteren Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 [X.] jedenfalls nicht entgegen, solange das Gericht eine Entscheidung in der Sache noch nicht getroffen hat.

Zwar ist die angefochtene Entscheidung ausweislich des [X.] bereits am 21. März 2016 zur Geschäftsstelle gelangt (§ 38 Abs. 3 FamFG). [X.] rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass die Antragstellerin vor Erlass des Beschlusses mehrfach, unter anderem am 14. und 15. März 2016, auf der Geschäftsstelle des [X.]s angerufen und um den Ausgleich in der [X.] gebeten habe. Diesem Vorbringen ist das [X.] in seinem Beschluss vom 20. April 2016, durch den es eine Berichtigung des hier angefochtenen Beschlusses abgelehnt hat, nicht entgegen getreten. Damit ist dieses Vorbringen für das Rechtsbeschwerdeverfahren als wahr zu unterstellen.

Nachdem die Antragstellerin das [X.] über die anderweitige Ausübung ihres Wahlrechts informiert hatte, durfte das Gericht im Hinblick auf das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (vgl. dazu [X.] NJW 2014, 205 Rn. 20) nicht mehr vor Ablauf der gemäß § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist entscheiden. Unabhängig davon bedarf es selbst für die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 [X.] gemäß § 114 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 7 FamFG nicht der Vertretung durch einen Rechtsanwalt.

c) Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG).

3. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden, da eine fehlende Verfahrensbeteiligung der [X.] als Zielversorgungsträger im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden kann.

Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin: Gemäß §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 219 Nr. 3 FamFG hat das Gericht diejenigen Versorgungsträger am Verfahren zu beteiligten, bei denen ein Anrecht zum Zweck des Ausgleichs begründet werden soll. Auf den zwingenden Charakter dieser Verfahrensvorschriften hat der [X.] nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich hingewiesen ([X.]sbeschluss vom 15. Februar 2017 - [X.] 405/16 - FamRZ 2017, 727 Rn. 7). Für eine Beteiligung in diesem Sinne reicht es nicht aus, wenn der Versorgungsträger in der Endentscheidung benannt und ihm diese zugestellt wird. Denn Art. 103 Abs. 1 GG gewährt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor deren Erlass zu äußern. Daher muss grundsätzlich zu jedem dem Gericht unterbreiteten Vortrag Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, soweit er für die Entscheidung erheblich ist. Das Gericht darf nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse verwenden, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten vorher äußern konnten (vgl. [X.] FamRZ 1994, 493, 494 f.).

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 214/16

13.12.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Celle, 17. März 2016, Az: 21 UF 8/16

§ 15 Abs 1 VersAusglG, § 15 Abs 5 VersAusglG, § 222 Abs 1 FamFG, § 222 Abs 2 FamFG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 4 BetrAVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.12.2017, Az. XII ZB 214/16 (REWIS RS 2017, 733)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 802 REWIS RS 2017, 733

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 437/18 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichsverfahren: Voraussetzungen einer Abänderung des vom Zielversorgungsträger erklärten Einverständnisses mit der vorgesehenen externen Teilung; Neuausübung …


XII ZB 214/16 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 230/16 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Externe Teilung rückstellungsfinanzierter Versorgungsanrechte; Gegenüberstellung der in der externen Zielversorgung zu erlangenden Versorgungsleistung mit …


XII ZB 204/11 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichsverfahren: Bewertung eines auf beitragsorientierter Leistungszusage beruhenden betrieblichen Versorgungsanrechts; Erklärungspflicht des ausgleichsberechtigten Ehegatten hinsichtlich der …


XII ZB 631/12 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Verzinsungspflicht für den bei externer Teilung vom Versorgungsträger zu zahlenden Ausgleichsbetrag


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.