Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.04.2018, Az. 5 C 4/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 10030

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Gegenstand

Voraussetzungen einer Beihilfe zu pflegebedingten Aufwendungen unmittelbar aus dem Fürsorgegrundsatz


Leitsatz

Ein Beamter kann über die Beihilfevorschriften hinausgehende Beihilfe zu pflegebedingten Aufwendungen nicht unmittelbar aus dem Fürsorgegrundsatz beanspruchen, wenn er oder sein berücksichtigungsfähiger Ehegatte es unterlassen haben, zumutbare Eigenvorsorge durch den Abschluss einer Pflegezusatzversicherung zu betreiben.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer (weiteren) Beihilfe zu den Aufwendungen für die vollstationäre Pflege der Ehefrau des [X.] in den Monaten Januar bis März 2015.

2

Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand als Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe [X.]) im Dienst des beklagten [X.]. Seine 1943 geborene Ehefrau ist in der [X.] Pflegeversicherung versichert, lebt seit Mai 2011 in einem zugelassenen Pflegeheim und war im streitbefangenen [X.]raum der [X.] zugeordnet. Für ihre vollstationäre Pflege stellte das Heim - aufgeschlüsselt nach den Kosten für Pflege, Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten - für die Monate Januar und März 2015 insgesamt jeweils 3 058,15 € und für den Monat Februar 2015 insgesamt 2 762,20 € in Rechnung. Hiervon entfielen auf die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der [X.] Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege in den Monaten Januar und März 2015 jeweils 2 104,59 € und im Februar 2015  1 900,92 €, für die der Träger der [X.] Pflegeversicherung der Ehefrau den pauschalen Leistungsbetrag in Höhe von monatlich 1 330 € bewilligte.

3

Der Beklagte gewährte bis zum 31. Dezember 2014 für die von der Pflegeversicherung nicht gedeckten Kosten der Heimpflege Leistungen nach dem Siebten Kapitel des [X.] in Form der Hilfe zur Pflege im vollstationären Bereich, die er für die nachfolgende [X.] unter Hinweis auf vorrangig geltend zu machende beamtenrechtliche Beihilfeansprüche einstellte. Auf die daraufhin seitens des [X.] gestellten Beihilfeanträge bewilligte der Beklagte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens im Vorgriff auf eine Neuregelung des § 39 Abs. 3 und des § 47 Abs. 6 [X.] [X.] für die Monate Januar und März 2015 Beihilfe in Höhe von jeweils 435,79 € und für Februar 2015 in Höhe von 136,84 €. Die darüber hinausgehenden Widersprüche wies er zurück.

4

Auf die mit dem Ziel weitergehender Beihilfegewährung erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von jeweils 438,04 € für die Monate Januar und März 2015 und in Höhe von 441,04 € für den Monat Februar 2015 zu bewilligen.

5

Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg gehabt. Der Kläger habe für den streitigen [X.]raum weder einen Anspruch auf Beihilfe gemäß § 39 Abs. 1 oder Abs. 3 [X.] [X.] noch unmittelbar aus der Fürsorgepflicht, weil diese nicht in ihrem Wesenskern verletzt sei. Der Ehefrau des [X.] sei es möglich und zumutbar gewesen, Eigenvorsorge für die seit dem Eintritt ihrer Pflegebedürftigkeit anfallenden ungedeckten Pflegekosten durch Abschluss einer Pflegezusatzversicherung zu treffen. Sie habe sich als berücksichtigungsfähige Angehörige eines Beamten bzw. Versorgungsempfängers nicht darauf verlassen dürfen, bei vollstationärer Pflege auch nach dem 1. Juli 1996 Beihilfe für Kosten zu erhalten, die über die pauschalen Leistungsbeträge des [X.] hinausgingen. Aufgrund der vorliegenden Auskünfte des [X.] vom 20. Juli 2016 und des [X.] vom 26. Juli 2016 sei davon auszugehen, dass Personen, die wie die Ehefrau des [X.] mit 52 Jahren zu diesem [X.]punkt das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, im Regelfall zumutbar eine Pflegezusatzversicherung hätten abschließen können. Andere Gründe, weshalb ihr dies nicht möglich gewesen sein sollte, seien weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Das gefundene Ergebnis unterliege auch nicht im Hinblick darauf verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Kläger und seine Ehefrau wegen der ungedeckten Pflegekosten Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des [X.] in Anspruch nehmen müssten.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des [X.]. Das Urteil beruhe auf einer Verletzung der bundesrechtlichen Fürsorge- und Alimentationspflicht aus Art. 33 Abs. 5 [X.] und § 54 BeamtStG, weil eine Eigenvorsorge nicht zumutbar gewesen sei. Das Oberverwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil er mit der getroffenen Entscheidung nach dem bisherigen Gang des Verfahrens nicht habe rechnen müssen. Ferner habe das Berufungsgericht seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es die tatsächlichen Möglichkeiten der Eigenvorsorge nicht aufgeklärt habe.

7

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

[X.]ie Revision des [X.] hat keinen Erfolg.

9

[X.]as angefochtene Urteil steht sowohl mit [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) als auch mit revisiblem Landesrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 [X.]. § 63 Abs. 3 Satz 2 [X.]eamtStG; vgl. dazu etwa [X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - 5 [X.] 32.12 - [X.]E 148, 106 Rn. 8) in Einklang. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch über die von dem [X.]eklagten für die vollstationäre Pflege seiner Ehefrau in einem Pflegeheim in den Monaten Januar bis März 2015 bereits erbrachte [X.]eihilfe hinaus hat. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 39 der Verordnung über die Gewährung von [X.]eihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und sonstigen Fällen (Landesbeihilfeverordnung [X.] - [X.] [X.]) vom 8. September 2009 (GV[X.]l. S. 436) in der - hier maßgeblichen (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 8. November 2012 - 5 [X.] 4.12 - [X.] § 22 [X.] Rn. 12) - Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 9. Juli 2014 (GV[X.]l. [X.]) (1.) noch unmittelbar aus dem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten [X.] (2.).

1. [X.]er Kläger hat - wovon auch die [X.]eteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend ausgegangen sind - keinen Anspruch auf weitere [X.]eihilfe für die vollstationäre Pflege seiner Ehefrau aus § 39 [X.] [X.]. Hinsichtlich der Aufwendungen für Pflegeleistungen folgt dies aus § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.], wonach die Leistungen der [X.] Pflegeversicherung in Höhe von 1 330 € von den insoweit beihilfefähigen Aufwendungen in gleicher Höhe abzuziehen sind. [X.]eihilfe zu den Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten kann er nicht beanspruchen, weil diese Aufwendungen den nach § 39 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 [X.]uchst. a [X.] [X.] maßgeblichen Eigenanteil von 40 Prozent der Einnahmen im Sinne des § 39 Abs. 3 Satz 3 [X.] [X.] nicht übersteigen. [X.]abei kann offenbleiben, ob insoweit auch die Rente des [X.] als Einnahme in Ansatz zu bringen ist, weil dies am Ergebnis nichts ändert.

2. Ein Anspruch des [X.] auf eine weitere [X.]eihilfe ergibt sich auch nicht unmittelbar aus dem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten [X.].

[X.]ie Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des [X.]ienstherrn. Sie fordert, dass der [X.]ienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt des [X.]eamten bzw. Versorgungsempfängers und seiner Familie auch in besonderen [X.]elastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende [X.]emessung der [X.]ienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von [X.] wegen seiner Entscheidung überlassen. Für die genannten besonderen [X.]elastungssituationen wird die Fürsorgepflicht grundsätzlich abschließend durch die [X.]eihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. z.[X.]. [X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - 5 [X.] 32.12 - [X.]E 148, 106 Rn. 24 f. m.w.N.). Im Ausnahmefall kann sich unmittelbar aus dem verfassungsrechtlich verbürgten [X.] ein [X.]eihilfeanspruch ergeben. [X.]ies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn anderenfalls dem [X.]eamten eine auch unter [X.]erücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden [X.]harakters der [X.]eihilfevorschriften nicht mehr zumutbare [X.]elastung abverlangt würde und die Ablehnung der [X.]eihilfe die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt. [X.]ie verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des [X.]ienstherrn unter anderem verletzt, wenn der [X.]eihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die [X.] oder eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (stRspr, vgl. z.[X.]. [X.], Urteil vom 26. März 2015 - 5 [X.] 9.14 - [X.]E 151, 386 Rn. 36 m.w.N.). Für Aufwendungen im Fall der Pflegebedürftigkeit gilt nichts anderes (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 2012 - 2 [X.] 24.10 - [X.] 238.927 § 12 [X.] Rn. 16 und 19). Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere [X.]eihilfe.

Es kann dahinstehen, in welcher Höhe der Kläger mit nicht gedeckten Aufwendungen für die Pflege seiner Ehefrau belastet ist und inwieweit er diese aus seiner [X.] hätte aufbringen können. [X.]enn der Wesenskern der Fürsorgepflicht ist hier schon deshalb nicht verletzt, weil der Kläger aus seiner Alimentation zumutbar Eigenvorsorge treffen konnte (a) und jedenfalls deshalb eine weitere [X.]eihilfe auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer etwa drohenden Sozialhilfebedürftigkeit beansprucht werden kann (b).

a) [X.]as Oberverwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass für [X.]eamte seit dem 1. Juli 1996 eine Obliegenheit bestand, für den Fall der Pflegebedürftigkeit im Rahmen der zumutbaren Eigenvorsorge eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen (aa). [X.]iese Obliegenheit erstreckt sich auch auf die Absicherung der gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes [X.] (L[X.]G [X.]) und § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] berücksichtigungsfähigen Ehegatten ([X.]). Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die das [X.] gebunden ist, war es der Ehefrau des [X.] möglich und zumutbar, aus der Alimentation des [X.] für den Fall der Pflegebedürftigkeit durch Abschluss einer Pflegezusatzversicherung vorzusorgen (cc).

aa) [X.]as Oberverwaltungsgericht nimmt zutreffend an, dass für [X.]eamte seit dem 1. Juli 1996 eine Obliegenheit bestand, für den Fall der Pflegebedürftigkeit im Rahmen der zumutbaren Eigenvorsorge eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen. Mit der [X.]urchführung der zweiten Stufe des Gesetzes zur [X.] Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ([X.] - [X.]) vom 26. Mai 1994 ([X.] 1014), mit der gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Regelung in § 43 [X.] über die vollstationäre Pflege zum 1. Juli 1996 in [X.] gesetzt wurde, durfte der [X.]eamte - auch vor dem Hintergrund der seit Mitte der 70er Jahre geführten öffentlichen [X.]iskussion über die Lösung der Pflegeproblematik - nicht mehr darauf vertrauen, dass der [X.]ienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht wie bisher [X.]eihilfen zu Pflegeaufwendungen bei vollstationärer Pflege leisten würde, die über die pauschalen Leistungsbeträge des [X.] hinausgehen. [X.]as gilt auch für das Land [X.], das in der [X.] zur Änderung der [X.]eihilfevorschriften vom 4. Juli 1996 ([X.]. S. 3443) mit Wirkung vom 1. Juli 1996 erstmals für die [X.]eihilfefähigkeit pflegebedingter Aufwendungen auf das [X.] verwies. [X.]eihilfe zu Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten wurde danach nur noch gewährt, wenn die Aufwendungen einen bestimmten Anteil des Einkommens überstiegen. [X.] der [X.]eamte nicht das Risiko tragen, im Fall der Pflegebedürftigkeit mit Kosten belastet zu werden, die aus der laufenden Alimentation und ergänzenden [X.]eihilfe nicht bestritten werden können, gebietet es der Gedanke ausreichender Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, Eigenvorsorge in Form einer Pflegezusatzversicherung zu betreiben.

[X.]) [X.]ie Obliegenheit, für den Fall der Pflegebedürftigkeit zur Eigenvorsorge eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen, bezieht sich nicht auf die Person des [X.]eihilfeberechtigten, sondern auf den [X.]eihilfeanspruch und erstreckt sich deshalb auch auf die Absicherung der berücksichtigungsfähigen Ehegatten der beihilfeberechtigten [X.]eamten. [X.]as folgt aus dem Zweck der durch die [X.]eihilfevorschriften konkretisierten Fürsorgepflicht. [X.]ereits die Alimentationspflicht des [X.]ienstherrn ist auf [X.]esoldung und Versorgung des [X.]eamten und seiner Familie gerichtet ([X.], [X.]eschluss vom 11. April 1967 - 2 [X.]vL 3/62 - [X.]E 21, 329 <344 ff.>). Nichts anderes gilt für die Fürsorgepflicht, die die Alimentationspflicht in Fällen erheblicher wirtschaftlicher [X.]elastungen durch Krankheit, aber auch durch Pflegebedürftigkeit ergänzt und in solchen [X.]elastungssituationen nicht nur den amtsangemessenen Lebensunterhalt des [X.]eamten, sondern auch seiner Familienangehörigen sichern soll (vgl. bereits [X.], Urteil vom 20. Oktober 1976 - 6 [X.] 187.73 - [X.]E 51, 193 <198 f.>). [X.]iesem Schutzzweck entspricht es, die Obliegenheit der Eigenvorsorge auch auf dessen Familienangehörige zu erstrecken und die Gewährung von über die in den [X.]eihilfevorschriften geregelten Ansprüchen hinausgehender [X.]eihilfe unmittelbar aus dem [X.] für Aufwendungen, die für berücksichtigungsfähige Angehörige entstanden sind, ebenfalls davon abhängig zu machen, ob diese die insoweit zumutbare Eigenvorsorge getroffen haben.

Aus dem Zweck der [X.], den amtsangemessenen Lebensunterhalts nicht nur des [X.]eamten, sondern auch seiner Familienangehörigen zu sichern (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 11. April 1967 - 2 [X.]vL 3/62 - [X.]E 21, 329 <344 ff.>; [X.], Urteil vom 20. Oktober 1976 - 6 [X.] 187.73 - [X.]E 51, 193 <198 f.>), ergibt sich im Übrigen, dass diese Eigenvorsorge nur dann finanziell zumutbar ist, wenn die dem [X.]eamten gewährte [X.] betragsmäßig so bemessen ist, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des [X.]eamten und seiner Familie auch nach Abzug der Kosten für die Eigenvorsorge (Versicherungsprämien) gewahrt bleibt ([X.], Urteil vom 24. Januar 2012 - 2 [X.] 24.10 - [X.] 238.927 § 12 [X.] Rn. 17).

cc) Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] war es der Ehefrau des [X.] möglich und zumutbar, ab dem 1. Juli 1996 für den Fall ihrer Pflegebedürftigkeit durch Abschluss einer Pflegezusatzversicherung vorzusorgen ([X.]). An diese tatrichterlichen Feststellungen ist das [X.] gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind ([X.]b).

[X.]) Nach den Feststellungen des [X.] konnten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der zweiten Stufe des [X.]es am 1. Juli 1996 und danach Personen, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, im Regelfall zumutbar eine Pflegezusatzversicherung abschließen. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat außerdem festgestellt, dass die Ehefrau des [X.] eine private Pflegezusatzversicherung hätte abschließen können. [X.]amit ist gleichzeitig festgestellt, dass die Ehefrau zu dem zuvor angesprochenen Regelfall gehörte, bei dem der Abschluss einer solchen Versicherung nicht nur möglich, sondern auch zumutbar war. [X.]abei handelt es sich auch um eine Tatsachenfeststellung. Aus der auf den Einzelfall bezogenen Erwägung, dass "andere Gründe, weshalb ihr dies nicht möglich gewesen sein sollte (...), weder geltend gemacht worden noch ersichtlich" sind, folgt, dass das Oberverwaltungsgericht dabei nicht nur von der abstrakten Möglichkeit einer Versicherbarkeit ausgegangen ist, sondern seine Feststellung im Hinblick darauf getroffen hat, ob es der Ehefrau des [X.] konkret möglich war, eine solche Versicherung unter zumutbaren [X.]edingungen abzuschließen. [X.]iese Feststellungen zur Zumutbarkeit beziehen sich auch auf die Frage, ob die Kosten einer solchen Pflegezusatzversicherung für die Ehefrau des [X.] gemessen an dessen [X.] zumutbar waren. [X.]ies wird zwar im Urteil nicht ausdrücklich thematisiert, ergibt sich aber mit hinreichender [X.]eutlichkeit aus der ausdrücklichen [X.]ezugnahme im ersten Absatz auf Seite 13 des [X.]erufungsurteils auf das Urteil des [X.]s vom 24. Januar 2012 - 2 [X.] 24.10 - ([X.] 238.972 § 12 [X.]). [X.]ort wird dargelegt, dass die für die Eigenvorsorge entstehenden Kosten nicht dazu führen dürfen, dass der aus der [X.] zu gewährleistende amtsangemessene Lebensunterhalt gefährdet wird.

[X.]b) [X.]ie im Hinblick auf diese tatsächlichen Feststellungen erhobenen [X.] der Verletzung des rechtlichen Gehörs (1) und der Pflicht zur umfassenden Ermittlung des Sachverhalts (2) haben keinen Erfolg.

(1) [X.]ie Rüge, das [X.]erufungsgericht habe den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, weil es seine Entscheidung ohne konkrete Erörterung auf die Zumutbarkeit der Eigenvorsorge gestützt und dem Kläger die diesbezüglich eingeholten Auskünfte ohne einen entsprechenden Hinweis lediglich zur Kenntnis gegeben habe, ist nicht begründet.

[X.]as Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. [X.]ie [X.]eteiligten müssen demgemäß auch Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend erklären zu können ([X.], [X.]eschluss vom 30. März 2016 - 5 [X.] 11.16 - juris Rn. 20). [X.]er Anspruch auf rechtliches Gehör begründet indessen grundsätzlich keine Pflicht des Gerichts, den [X.]eteiligten seine Auffassung jeweils vor dem Ergehen einer Entscheidung zu offenbaren. Ein Gericht muss die [X.]eteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des [X.] hinweisen und offenlegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. [X.]enn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden [X.]eratung. [X.]er Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet aber, dass ein [X.]eteiligter durch die angegriffene Entscheidung im Rechtssinne überrascht wird. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter [X.]erücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte. [X.]agegen kann von einer Überraschungsentscheidung nicht gesprochen werden, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die [X.]eteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt oder aus ihnen Schlussfolgerungen zieht, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entsprechen oder von ihm für unrichtig gehalten werden (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.]eschlüsse vom 21. Juni 2012 - 5 [X.] - juris Rn. 6 und vom 5. Juni 2014 - 5 [X.] 75.13 - juris Rn. 12, jeweils m.w.N.).

Gemessen daran ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht festzustellen. [X.]ereits das erstinstanzliche Urteil hat den Gesichtspunkt der zumutbaren Eigenvorsorge angesprochen und das Oberverwaltungsgericht war nicht gehalten darauf hinzuweisen, dass es diese Frage anders als das Verwaltungsgericht beantworten könnte.

(2) Eine Verletzung der Pflicht des [X.] zur umfassenden Ermittlung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.

[X.]ie Aufklärungsrüge setzt die substantiierte [X.]arlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in [X.]etracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des [X.]s zu einer für den [X.]eschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Überdies muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 26. September 2016 - 5 [X.] 1.16 [X.] - juris Rn. 9 m.w.N.).

[X.]anach hat der Kläger eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nicht ausreichend bezeichnet. Er benennt nur die aus seiner Sicht noch zu klärenden Tatsachen, ohne zugleich anzugeben, mit welchen konkreten Aufklärungsmaßnahmen sie hätten ermittelt werden können und was sich dabei ergeben hätte.

b) Schließlich kann der Kläger unmittelbar aus dem [X.] weitere [X.]eihilfe auch nicht mit [X.]lick auf eine etwa drohende Sozialhilfebedürftigkeit beanspruchen. [X.]er [X.] verlangt jedenfalls dann nicht, den [X.]eamten und seine Angehörigen vor der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zwölften [X.]uch Sozialgesetzbuch zu bewahren, wenn diese - wie hier - zumutbare Eigenvorsorge unterlassen haben (vgl. auch [X.], Urteil vom 27. Oktober 1988 - 2 [X.] 62.86 - [X.]E 80, 328 <333 f.>).

3. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

5 C 4/17

26.04.2018

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 26. Januar 2017, Az: OVG 4 B 6.16, Urteil

Art 33 Abs 5 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 86 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 137 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 154 Abs 2 VwGO, § 191 Abs 2 VwGO, § 127 Nr 2 BRRG, § 63 Abs 3 S 2 BeamtStG, Art 69 Abs 1 S 1 PflegeVG, § 43 SGB 11, § 4 Abs 1 S 1 BhV BE, § 9 Abs 1 S 1 BhV BE, § 76 Abs 1 S 3 LbG BE, § 39 Abs 3 S 2 Nr 2 Buchst a BhV BE vom 08.05.2012, § 39 Abs 3 S 3 BhV BE vom 08.05.2012

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.04.2018, Az. 5 C 4/17 (REWIS RS 2018, 10030)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10030

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 K 326/18.NW

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