Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.02.2024, Az. 9 B 28/23

9. Senat | REWIS RS 2024, 876

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Gegenstand

Errichtung einer Bushaltestelle ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] für das [X.] vom 30. August 2023 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 25 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

3

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint.

4

a) Dies zugrunde gelegt, verleiht die von der Klägerin als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,

in welchem flächigen Ausmaß die Widmung einer Straße, die hinsichtlich ihrer tatsächlichen Flächeninanspruchnahme nicht durch Bezeichnung der konkreten Flurstücke im [X.] inhaltlich hinreichend bestimmt abgegrenzt und auch in den in Bezug genommenen Karten und Bebauungsplänen zur Widmung nicht konkretisiert ist, frei expandieren kann und darf,

der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

5

Es handelt sich schon nicht um eine Frage des revisiblen Rechts. Die Widmung einer Kreisstraße, um die es hier geht, ist in § 6 des [X.] des [X.] ([X.]) geregelt. Gemäß dessen § 6 Abs. 8 Satz 1 [X.] gilt ein neuer Straßenteil als gewidmet, wenn eine Straße verbreitert, begradigt oder unerheblich verlegt oder ergänzt wird. In welchem flächigen Ausmaß die Widmung frei expandieren kann, beurteilt sich nach dieser nicht revisiblen landesrechtlichen Regelung.

6

Auch ist nicht ersichtlich, dass die Frage für die Entscheidung des [X.] von Bedeutung gewesen wäre. [X.] war danach lediglich die - vom Berufungsgericht bejahte - Frage, ob die Grundstücke ... und ... der Klägerin und die auf ihnen in den Jahren 2009 und 2010 errichtete Bushaltestelle von der Widmung der M.-Straße zur Kreisstraße vom 3. Februar 2014 umfasst waren. Soweit die Frage darauf abzielt, dass die Bushaltestelle zunächst nicht auf den Grundstücken ... und ... der Klägerin, sondern auf den Flurstücken ... und ... errichtet werden sollte, stellte sie sich dem Berufungsgericht hingegen nicht. Denn die Widmung vom 3. Februar 2014 bezog sich nach dessen Feststellung allein auf den zum Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung vorhandenen Ausbauzustand, der von vornherein nicht die Flurstücke ... und ..., sondern nur die Flurstücke ... und ... erfasste, auf denen sich die Bushaltestelle bereits seit mindestens drei Jahren tatsächlich befand.

7

b) Aus diesem Grund kann auch die Frage,

welches rechtliche oder tatsächliche Korrektiv in einem solcherart gegebenen Fall einer "unkonkreten" Widmung die tatsächliche Flächenausdehnung beschränkt,

die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht rechtfertigen.

8

Sie war für die Entscheidung des [X.] ebenfalls ohne Bedeutung. Denn wenn sich dem Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung schon nicht die Frage stellte, in welchem Ausmaß die Widmung einer Straße "frei expandieren" und sich dadurch auf andere als die ursprünglich erfassten Flurstücke erstrecken darf, kam es für seine Entscheidung auch nicht darauf an, welches rechtliche oder tatsächliche Korrektiv eine solche Flächenausdehnung beschränkt.

9

2. Die Revision ist auch nicht wegen einer Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz kommt nur in Betracht, wenn das Berufungsgericht sich in Anwendung derselben Rechtsvorschrift des revisiblen Rechts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der herangezogenen Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat.

a) Die Klägerin sieht eine Divergenz zur Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts in der Ansicht des [X.], es seien alle Grundstücke gewidmet worden, die für die Straße eine dienende Funktion hätten. Damit [X.] das Berufungsgericht Art. 14 GG aus und stelle [X.] des Faktischen über grundlegende verfassungsrechtliche Rechte der Klägerin. Der Bürger werde so der Willkür hoheitlichen Handelns schutzlos ausgesetzt und jeglichen effektiven Rechtsschutzes beraubt.

Ein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist damit nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 VwGO entsprechend dargelegt. Die Entscheidung, von der das Urteil des [X.] abweichen soll, ist mit der allgemeinen Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts nicht bezeichnet. Es wird auch kein inhaltlich bestimmter, die Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts tragender abstrakter Rechtssatz benannt, zu dem sich das Berufungsgericht in Widerspruch gesetzt hätte.

b) Gleiches gilt für das Vorbringen der Klägerin, das Berufungsgericht setze sich in Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, soweit es die Nichtigkeit der bewusst ohne die nach § 6 Abs. 5 [X.] zwingende Zustimmung des Grundstückseigentümers vorgenommenen Widmung verneine. Auch insoweit wird weder die höchstrichterliche Entscheidung, von der abgewichen worden sein soll, noch der abstrakte Rechtssatz bezeichnet, mit dem das Berufungsurteil nicht im Einklang stehen soll.

Eine Divergenz zu dem Rechtssatz, dass bei einer bewusst rechtswidrig ohne Zustimmung des Eigentümers vorgenommenen Widmung von einem gravierenden Fehler auszugehen ist, der nach § 44 Abs. 1 VwVfG [X.] deren Nichtigkeit zur Folge haben kann (vgl. [X.], Urteil vom 13. September 2012 - 7 LB 84/11 - juris Rn. 30 ff.), auf den die Klägerin offenbar abzielt, ist auch nicht ersichtlich. Denn das Oberverwaltungsgericht hat diesen Rechtssatz seiner Entscheidung zugrunde gelegt ([X.]). Die Frage, ob dieser richtig angewendet wurde, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

3. Die Revision ist schließlich nicht wegen eines [X.] nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

a) Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht gegen seine Pflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO verstoßen hätte, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen.

§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO verpflichtet das Gericht lediglich, den nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Er verlangt hingegen nicht, dass ein [X.] Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil deren Ergebnis nach seinem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 - [X.] 232.01 § 26 BeamtStG [X.] Rn. 19 m. w. N.). Ob das Gericht seiner Aufklärungspflicht genügt hat, ist dabei selbst dann von dessen [X.] Standpunkt aus zu beurteilen, wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - 9 [X.] 3.16 - NVwZ-RR 2017, 1037 Rn. 4 m. w. N.). Ein Aufklärungsmangel ist deshalb nur dann den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend bezeichnet, wenn substantiiert dargelegt worden ist, inwiefern die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts auf der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung beruhen kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - 9 [X.] 3.16 - NVwZ-RR 2017, 1037 Rn. 4 m. w. N.). Eine ordnungsgemäße Bezeichnung eines Aufklärungsmangels erfordert darüber hinaus die substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Außerdem muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung durch entsprechende Beweisanträge, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.; Urteile vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> und vom 29. April 2009 - 1 C 6.08 - [X.] 451.901 Assoziationsrecht Nr. 52, jeweils m. w. N.).

aa) Dies zugrunde gelegt, lässt sich dem Vorbringen, das Berufungsgericht habe nicht ermittelt, aus welchen Gründen eine Errichtung der Bushaltestelle nicht an anderer Stelle oder auf Grund eines anderen Haltestellenkonzepts ohne Beeinträchtigung der Klägerin erfolgt sei, kein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht entnehmen. Weder bezeichnet die Beschwerdebegründung die Beweismittel, derer sich das Oberverwaltungsgericht hätte bedienen sollen, noch legt sie dar oder ist ersichtlich, inwiefern die Gründe dafür, dass die Bushaltestelle nicht unter Verzicht auf eine Inanspruchnahme der Grundstücke der Klägerin an anderer Stelle errichtet wurde, für die Entscheidung des Berufungsgerichts erheblich gewesen wären.

Das Oberverwaltungsgericht hat einen Folgenbeseitigungsanspruch der Klägerin mit der Begründung verneint, der durch die Errichtung der Bushaltestelle auf ihren Grundstücken geschaffene Zustand sei nicht rechtswidrig, weil sie zu dessen Duldung auf Grund der wirksamen Widmung vom 3. Februar 2014 verpflichtet sei. Diese erstrecke sich auf die klägerischen Grundstücke; sie sei weder bewusst ohne deren Zustimmung erfolgt noch verstoße sie gegen die guten Sitten. Auch das Fehlen einer planungsrechtlichen Grundlage begründe keine Nichtigkeit der Widmung. Weshalb die Haltestelle nicht auf anderen Grundstücken errichtet wurde, war danach für die Berufungsentscheidung nicht erheblich und bedurfte folglich keiner gerichtlichen Aufklärung.

bb) Das angefochtene Urteil verstößt auch nicht gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO, soweit die Klägerin geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe Umstände, die zu einer Verneinung der sich aus der Widmung ergebenden Duldungspflicht hätten führen können, ohne weitere Amtsermittlung außer Acht gelassen.

aaa) Die Klägerin führt insoweit aus, das Oberverwaltungsgericht habe in seine Entscheidung nicht den Umstand einfließen lassen, dass die Klägerin wegen der Unbestimmtheit der Widmungsverfügung vom 3. Februar 2014 keinen Anlass zu der Annahme gehabt habe, durch die Widmung werde in ihr Grundeigentum eingegriffen, so dass sich ihr Rechtsbehelfe dagegen nicht aufgedrängt hätten.

Eine Verletzung von § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO ist damit nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend bezeichnet. Die Klägerin legt nicht dar, warum dieser nicht weiter aufgeklärte Umstand nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts für dessen Entscheidung erheblich gewesen ist. Vielmehr geht sie insoweit von ihrer eigenen Rechtsauffassung aus, der Umfang der Widmung sei in seiner flächigen Ausdehnung unbestimmt und auch durch Auslegung nicht zu ermitteln.

bbb) Ein Aufklärungsmangel lässt sich der Beschwerdebegründung auch nicht entnehmen, soweit die Klägerin geltend macht, das Berufungsgericht habe nicht ermittelt, ob und in welchem Umfang "Kartenunterlagen mit Darstellung der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßenteilstrecken" existierten und tatsächlich bei der [X.] zur Einsichtnahme ausgelegen hätten und ob aus diesen Kartenunterlagen die Grundstücksflächen der Klägerin erkennbar seien.

Die Beschwerdebegründung genügt auch insoweit nicht den [X.]. Sie weist lediglich darauf hin, dass die Beklagte durch das Oberverwaltungsgericht mehrfach vergeblich zur Vorlage aussagefähiger Karten aufgefordert worden sei, ohne die Beweismittel zu benennen, auf die das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung noch hätte zurückgreifen können.

ccc) Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO ist auch nicht dargetan, soweit die Klägerin rügt, das Berufungsgericht habe den Umstand, dass die Widmungsverfügung nicht ordnungsgemäß ausgefertigt und mit Datum rechtsverbindlich unterschrieben worden sei, nicht ausermittelt und insoweit weitere Beweise erheben müssen.

Abgesehen davon, dass die Beschwerdebegründung keine Beweismittel benennt, derer sich das Oberverwaltungsgericht zur weiteren Sachaufklärung hätte bedienen können, war es vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts aus für die Entscheidung unerheblich, dass der Unterschrift unter der Widmungsverfügung kein Datum beigefügt war. Denn maßgeblich für die wirksame Bekanntgabe war nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts allein die [X.] im Amtlichen Mitteilungsblatt der [X.].

ddd) Ein Aufklärungsmangel liegt schließlich auch nicht vor, soweit die Klägerin rügt, es sei nicht zu erkennen, auf welche Fakten und Erkenntnisse das Oberverwaltungsgericht seine Erkenntnis stütze, dass die Widmung vom 3. Februar 2014 sich auf die im Eigentum der Klägerin stehenden Flurstücke ... und ... erstrecke.

Die Beschwerdebegründung legt weder dar, welche Sachverhaltsfragen im Zusammenhang mit der Frage der Erstreckung der Widmung auf die Grundstücke der Klägerin noch zu klären gewesen wären, noch zeigt sie auf, welche Beweismittel dem Berufungsgericht dazu zur Verfügung gestanden hätten. Die Erforderlichkeit weiterer Sachaufklärung ist auf der Grundlage des Rechtsstandpunkts des Berufungsgerichts auch nicht ersichtlich. Danach galt die Widmung vom 3. Februar 2014, die keinerlei flächenmäßige Einschränkungen enthielt, im Zweifel für die gesamte hergestellte Straßenanlage und umfasste deshalb die Flurstücke der Klägerin und die darauf errichtete, nach den vorgelegten Lichtbildern mit der Fahrbahn eine Einheit bildende Bushaltestelle.

cc) Die Klägerin rügt außerdem, das Berufungsgericht habe nicht vollständig durch [X.], Einbeziehung interner Korrespondenz auch mit dem Insolvenzverwalter oder Zeugeneinvernahme ermittelt, ob es für die Beklagte evident gewesen sei, dass die Klägerin keine Zustimmung zur Verlegung der Bushaltestelle und zum Erwerb der dazu erforderlichen Grundstücke erteilt habe. Auch mit diesem Vorbringen ist ein Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung jedoch nicht hinreichend bezeichnet.

Der Beschwerdebegründung lässt sich weder entnehmen, welche tatsächlichen Umstände im Einzelnen hätten aufgeklärt werden müssen und zu welchen Feststellungen dies geführt hätte, noch werden die für geeignet gehaltenen Beweismittel substantiiert benannt. Der pauschale Hinweis auf [X.], interne Korrespondenz und Zeugeneinvernahme ohne konkrete Angabe der betreffenden Aktenbestandteile, Schreiben und Zeugen reicht dazu nicht aus.

b) Die Revision ist darüber hinaus auch nicht wegen einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO zuzulassen.

Diese Regelungen verpflichten das Gericht, aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch dazu, sich deren Rechtsauffassung anzuschließen (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 3. Juni 1987 - 1 BvR 313/85 - [X.]E 75, 369 <381 f.>; BVerwG, Beschluss vom 14. November 2017 - 10 B 4.17 - juris Rn. 10, in [X.] 428.2 § 11 [X.] nicht abgedruckt). Dass das Oberverwaltungsgericht gegen diese Verpflichtung verstoßen hätte, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

aa) Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht habe in seine Entscheidung nicht einbezogen, dass sie keinen Anlass zu der Annahme gehabt habe, durch die Widmung werde in ihr Grundeigentum eingegriffen, so dass sich ihr Rechtsbehelfe dagegen nicht aufgedrängt hätten.

Eine Gehörsverletzung ist damit jedoch nicht in einer den Begründungsanforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet. Der Verfahrensmangel muss danach sowohl in den ihn vermeintlich begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 21. Februar 2023 - 9 B 1.23 - juris Rn. 5). Daran fehlt es.

Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, dass die Frage, ob die Klägerin Anlass hatte, gegen die Widmungsverfügung mit Rechtsbehelfen vorzugehen, aus Sicht des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre. Sie kritisiert vielmehr der Sache nach lediglich, dass das Gericht ihrer hiervon abweichenden Rechtsauffassung nicht gefolgt ist.

bb) Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sieht, dass sich die Widmung vom 3. Februar 2014 nach Auffassung des [X.] auf die Flurstücke der Klägerin erstreckt, obwohl diese weder in der Widmungsverfügung noch in der zugehörigen Übersichtskarte oder sonstigen Belegen bezeichnet sind, trifft dies nicht zu.

Das Oberverwaltungsgericht geht offensichtlich davon aus, dass die Flurstücke ... und ... in der Widmung nicht ausdrücklich genannt werden. Nur deshalb legt es die Widmungsverfügung aus und gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass diese von der Bushaltestelle überbauten Flurstücke als Teil der "gebauten" Straße von der Widmung erfasst werden. Die Klägerin macht dementsprechend der Sache nach auch nicht geltend, dass das Berufungsgericht die fehlende Nennung der Flurstücke nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte, sondern dass es sich ihrer Auffassung nicht angeschlossen hat, die flächenmäßige Ausdehnung der Widmung sei unbestimmt und lasse sich auch durch Auslegung nicht ermitteln.

cc) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt auch nicht vor, soweit die Klägerin geltend macht, das Oberverwaltungsgericht sei nicht darauf eingegangen, dass die Widmungsverfügung vom 3. Februar 2014 nicht mit Datum unterzeichnet sei.

Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Berufungsgericht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, dass der Unterschrift unter der Widmungsverfügung kein Datum beigefügt war. Dieser Umstand war für das Gericht jedoch nicht entscheidungserheblich, weil nach seiner Rechtsauffassung für die wirksame Bekanntgabe der Widmung allein die [X.] im Amtlichen Mitteilungsblatt der [X.] maßgeblich war.

dd) Eine Gehörsverletzung lässt sich der Beschwerdebegründung schließlich auch nicht entnehmen, soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe den Umstand, dass sich aus der Widmung und dem Kartenmaterial dazu keine Anhaltspunkte für die Einbeziehung dieser Flurstücke ergäben, nicht in seine Betrachtung einbezogen.

Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Umstand bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Es geht offensichtlich davon aus, dass sich aus der Übersichtskarte zur Widmung, die nur eine grobe Darstellung des [X.] enthält, weder Anhaltspunkte für noch gegen eine Erstreckung der Widmung auf die Grundstücke der Klägerin ergeben. Dementsprechend leitet es deren Einbeziehung auch nicht aus der Übersichtskarte, sondern aus der Widmungsverfügung ab, die zwar nicht die erfassten Flurstücke im Einzelnen bezeichnet, nach der aber die "gebaute" Kreisstraße ohne Beschränkung dem öffentlichen Verkehr gewidmet wird. Dass das Oberverwaltungsgericht sich hinsichtlich der Auslegung der Widmungsverfügung der Ansicht der Klägerin nicht angeschlossen hat, begründet keinen Gehörsverstoß.

c) Die Revision ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Recht auf ein faires Verfahren zuzulassen.

Dieses Recht gewährleistet jenseits des von Art. 103 Abs. 1 GG erfassten Schutzbereichs einen Mindestbestand an aktiven verfahrensrechtlichen Befugnissen. Es enthält dabei keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote, sondern bedarf vielmehr je nach den sachlichen Gegebenheiten der Konkretisierung. Diese ist zunächst Aufgabe des Gesetzgebers und sodann, in den vom Gesetz gezogenen Grenzen, Pflicht der zuständigen Gerichte bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.] vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 2055/14 - juris Rn. 14 m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2015 - 9 [X.] - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 47 Rn. 5).

Die Beschwerdebegründung legt jedoch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht substantiiert dar, inwieweit der Klägerin über die geltend gemachten Gehörsverletzungen hinaus die Möglichkeit genommen worden sein soll, auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen.

4. Soweit die Klägerin schließlich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ins Feld führt, kann dies die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Anders als die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann die Revision nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen werden.

Im Übrigen genügt das bloße Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Rechtsanwendung auch nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil abweicht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 21. Februar 2023 - 9 B 1.23 - juris Rn. 4). Da das Vorliegen von [X.] selbst dann vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen ist, wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - 9 [X.] 3.16 - NVwZ-RR 2017, 1037 Rn. 4 m. w. N.), lassen sich schließlich auch Verfahrensmängel nicht auf ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung stützen.

5. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

9 B 28/23

06.02.2024

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 30. August 2023, Az: 11 A 3130/20, Urteil

§ 86 Abs 1 S 1 Halbs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 133 Abs 3 S 3 VwGO, Art 103 Abs 1 GG, § 6 Abs 5 StrG NW 1995, § 6 Abs 8 S 1 StrG NW 1995, § 44 Abs 1 VwVfG NW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.02.2024, Az. 9 B 28/23 (REWIS RS 2024, 876)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 876

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