Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.02.2012, Az. 27 W (pat) 12/11

27. Senat | REWIS RS 2012, 8926

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Komm zum Punkt" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung  30 2008 073 478.7

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin [X.] am  22. Februar 2012

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. 

1

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat die Anmeldung der Wortmarke

2

Komm zum Punkt

3

mit Beschlüssen vom 23. Juli 2009 und vom 14. Dezember 2010, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, für die Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 16: [X.], Unterrichts- und Lehrmaterial,

5

Klasse 35: Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form) für Werbezwecke,

6

[X.]: Ausbildung; Erziehung und Unterricht; Training; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Seminare auf dem Gebiet Rhetorik; Persönlichkeitsentwicklung; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke,

7

nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Markenstelle aus, das angemeldete Zeichen habe in seiner Gesamtheit die Bedeutung von „[X.] auf das Wesentliche der Sache". Es handle sich hierbei um eine beliebte Sprachformel. Das angesprochene Publikum werde die hierin enthaltene Aussage, dass so bezeichnete Dienstleistungen eine bessere Kommunikationsfähigkeit zum Ziel hätten, ohne Weiteres erkennen, wie entsprechende Seminarangebote (Anlagen zu den Beschlüssen) zeigten.

8

Aus der Eintragung von angeblich vergleichbaren Marken könne der Anmelder keinen Anspruch auf Eintragung ableiten; im Übrigen seien die von ihm genannten Marken „Unter uns", „Zeig der Welt [X.]" sowie „Früher an Später denken" wesentlich offener in ihren Aussagen.

9

Der Beschluss im Erinnerungsverfahren ist dem Anmelder am 20. Dezember 2010 zugestellt worden.

Dagegen wendet er sich mit seiner Beschwerde vom 18. Januar 2011.

Er ist der Auffassung, die angemeldete Bezeichnung sei unterscheidungskräftig. Sie sei nicht beschreibend, sondern mehrdeutig schillernd und lasse unterschiedlichste Assoziationen zu. Auch als anpreisende Werbeaussage treffe sie keine Aussage über eine angebotene Dienstleistung. Unklar bleibe, ob der Markeninhaber für sich in Anspruch nehme, sich klar auszudrücken, oder ob er andere dazu befähigen wolle.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] vom 23. Juli 2009 und vom 14. Dezember 2010 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.

[X.] 

Die nach § 66, § 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1.

Das [X.] entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 [X.]).

Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da der Anmelder keinen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat diese auch nicht für erforderlich hält.

2.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die Markenstelle hat dies zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, angenommen.

a)

Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, von denjenigen anderer zu unterscheiden sowie deren Ursprungsidentität zu gewährleisten (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027, 1029 - Das Prinzip der Bequemlichkeit; [X.], 949, Rn. 28 - My World).

Die Unterscheidungskraft ist zum Einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zum Anderen im Hinblick auf das beteiligte Publikum zu beurteilen, wobei die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen maßgeblich ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 943 - SAT.2).

Bei der hier gebotenen Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Wortfolge ist auf deren Gesamtheit abzustellen ([X.], 162 - Rational Software Corporation). Wortfolgen haben keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] 2002, 85 – Individuelle).

b)

Ausgehend hiervon fehlt der Wortkombination „Komm zum Punkt“ jegliche Unterscheidungseignung und Unterscheidungskraft, weil sie für die strittigen Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres erkennbar lediglich eine sachliche Aussage enthält und sie nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

Das hier angesprochene - durchaus allgemeine - Publikum versteht „Komm zum Punkt" als Aufforderung, sich kurz zu fassen bzw. das Wesentliche darzustellen. Das ist eine allgemein gebräuchliche, übliche Aussage, die im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen - auch ohne jeden beschreibenden Anklang - keinen Herkunftshinweis vermittelt.

Soweit der Anmelder Dienstleistungen beansprucht, die Fähigkeiten vermitteln, kommt eine beschreibende Bedeutung hinzu. Die Markenstelle hat zutreffend dargestellt, dass Kommunikationsfähigkeiten vermittelt werden können, die es der so geschulten Person ermöglichen sollen, sich kurz, prägnant auszudrücken. In der Bedeutung „Komm zum Wesentlichen" liegt zudem eine übertragene Aussage in der Art, sich auf das Wichtige im Leben zu konzentrieren. Insoweit ist „Komm zum Punkt" auch für Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung eine thematische Aussage und kein Herkunftshinweis. Dies gilt auch für Druckereierzeugnisse, Unterrichts- und Lehrmaterial, die dieses Thema zum Inhalt haben können.

Ferner kann die angemeldete Wortfolge als werbeübliche Aufforderung wirken, (endlich) eine (Kauf- ) Entscheidung zu treffen und zu tätigen bzw. das (richtige) Geschäft aufzusuchen.

c)

Abgesehen davon, dass auch der Senat die vom Anmelder zum Vergleich herangezogenen Marken in ihren Aussagen für wesentlich offener und diffuser hält, kann der Anmelder selbst aus der Schutzgewährung für andere ähnlich gebildete Marken keinen Anspruch auf Eintragung ableiten.

Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen trotz des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes nicht zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben ([X.] BIPMZ 1998, 248 - [X.]). Solche Entscheidungen sind keine Ermessens- sondern Rechtsfragen (vgl. [X.] MarkenR 2009, 201 - Schwabenpost).

3.

Ob und inwieweit der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

4.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass.

Eine falsche Sachbehandlung im vorliegenden Verfahren durch die Markenstelle und sonstige Gründe für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr sind ebenso wenig erkennbar wie Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Der vorliegende Fall wirft keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf. Die Entscheidung erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.

Meta

27 W (pat) 12/11

22.02.2012

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.02.2012, Az. 27 W (pat) 12/11 (REWIS RS 2012, 8926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8926

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