Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.04.2012, Az. 8 C 9/11

8. Senat | REWIS RS 2012, 7484

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Gegenstand

Zur Maßgeblichkeit des Kausalgeschäfts bei Restitution wegen Schädigung während der NS-Zeit durch verfolgungsbedingten Vermögensverlust


Leitsatz

Hat ein Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG sich in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 rechtsgeschäftlich bindend verpflichtet, ein Grundstück auf Geheiß seines Vertragspartners an diesen oder einen Dritten zu übereignen, ist für die Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlusts auf das Verpflichtungsgeschäft und nicht auf die Übereignung abzustellen. Das gilt auch, wenn der Zeitpunkt und der Empfänger der Auflassung erst nachträglich vom Vertragspartner bestimmt werden und wenn der Verfolgte das Grundstück unmittelbar an einen vom Vertragspartner bestimmten Dritten übereignet, an den jener es weiterverkauft hat.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Rückübertragung des Grundstücks [X.]straße 38 in [X.] (Flur ...111, Flurstück ... mit 843 qm, eingetragen im Grundbuch von [X.], Blatt ...) sowie gegen die Verpflichtung, den durch dessen Veräußerung erzielten Erlös an die Beigeladene auszukehren.

2

Das Grundstück stand seit 1927 im Eigentum der Frau [X.], die ebenso wie ihr Ehemann [X.] im Verzeichnis der biografischen Daten der [X.] in [X.] aufgeführt war. Nach der Scheidung der Ehe schlossen beide zur einvernehmlichen Regelung von Darlehens- und Unterhaltsansprüchen am 23./28. Dezember 1934 einen notariellen Vergleich. Darin verzichtete [X.] auf die Befreiung von der auf dem Grundstück lastenden Grundschuld, übertrug den Besitz, die Verwaltung sowie Nutzungen und Lasten des Grundstücks mit dem 1. Januar 1935 auf [X.] und verpflichtete sich, das Eigentum daran auf sein Verlangen jederzeit auf ihn oder einen von ihm zu bezeichnenden [X.] zu übertragen. Als Gegenleistung wurde die [X.] Zahlung von 10 000 RM, beginnend frühestens zum 1. Januar 1945, vereinbart. Bei Abschluss des Vergleichs betrug der Einheitswert des Grundstücks 31 500 RM; zum 1. Januar 1935 wurde er auf 38 700 RM festgesetzt.

3

Mit notarieller Erklärung vom 19. Mai 1938 bot [X.] das Grundstück im eigenen Namen sowie unter Hinweis auf seine Rechte aus dem Vergleich der [X.] zum Kauf an. Deren Hauptaktionäre waren [X.] im Sinne der [X.]. Die Aktiengesellschaft nahm das Angebot am 20. August 1938 an. Am selben Tag erklärte [X.] die Auflassung des Grundstücks. Der Kaufpreis in Höhe von 35 000 RM wurde mit der Grundschuld der [X.] verrechnet. Am 14. September 1938 wurde die Aktiengesellschaft als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Anschließend emigrierte [X.] nach [X.].

4

Am 8. Dezember 1938 veräußerte die [X.] das Grundstück zum Preis von 37 000 RM an Herrn [X.] Dieser verstarb 1945 und wurde von seiner Witwe, Frau [X.], und den gemeinsamen Kindern [X.] und [X.], geborene [X.], beerbt. 1956 verließen [X.] und [X.] die [X.]. Der Miteigentumsanteil von [X.] wurde 1960 auf [X.] übertragen. Sie verstarb 1964 und wurde von [X.] allein beerbt. Am 16. April 1971 veräußerte der staatliche Verwalter das Grundstück an das Eigentum des Volkes.

5

Mit Schreiben vom 22. Januar 1991 machte Frau [X.] vermögensrechtliche Ansprüche wegen des Grundstücks geltend. Am 28. Dezember 1995 trat sie diese Ansprüche notariell an den Kläger ab.

6

Die Beigeladene meldete am 30. März 1991 [X.] auf das "Grundvermögen [X.], [X.]straße 38" an. Unter dem 13. Juli 1992 beantragte sie die Rückübertragung des Betriebsvermögens der ehemaligen [X.] in B. Dazu wies sie telefonisch auf die Grundstücksveräußerung vom November 1938 hin. Daraufhin gab das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] die Rückübertragungsverfahren der Beigeladenen und der Frau [X.] an das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen ab. Das [X.] gab das Verfahren der Beigeladenen - nicht jedoch das der Frau [X.] - im Januar 1994 an das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen B. weiter. Die Beigeladene teilte dem [X.] unter dem 1. Februar 1994 mit, das verfahrensgegenständliche Grundstück habe früher im Eigentum "der [X.] Verfolgten B." gestanden. Ob es sich auch dort um Betriebsvermögen gehandelt habe, sei nicht bekannt. Mit Schreiben vom 16. Februar 1994 informierte das [X.] die Beigeladene über die inzwischen ermittelten Grundstückveräußerungen vom August und Dezember 1938 sowie über den Stand der vermögensrechtlichen Verfahren.

7

Mit Schreiben vom 25. März 1996 erklärte die Beigeladene gegenüber dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen B. ([X.]), sie nehme ihren Antrag vom 13. Juli 1992 hinsichtlich des Betriebsvermögens der [X.] zurück, da die Rechtsnachfolger der Aktionäre inzwischen selbst Restitutionsanträge gestellt hätten. Davon benachrichtigte das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen B. im April 1997 das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] und erklärte, die Rechtsnachfolger der Aktionäre hätten nicht die Restitution des Grundstücks beantragt.

8

Nach Anhörung des [X.] und der verfügungsberechtigten ...gesellschaft mbH [X.] übertrug das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] das Grundstück mit Bescheid vom 16. Juli 1997 an den Kläger zurück und setzte einen [X.] von 2 000 DM fest. Diesen Bescheid stellte es der Beigeladenen nicht zu. Am 9. September 1997 wurde der Kläger nach Hinterlegung des [X.] als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Am 23. Dezember 1998 veräußerte er das Grundstück notariell zum Preis von 610 000 DM an Herrn Dr. [X.], auf den das Grundstück am 18. Mai 1999 umgeschrieben wurde.

9

Am 3. August 2000 teilte die Beigeladene dem [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen, Außenstelle [X.], telefonisch mit, das Grundstück [X.]straße 38 sei an Frau [X.] zurückübertragen, der Bescheid aber der Beigeladenen nicht zugestellt worden. Sie bitte deshalb, ihn per Telefax zu übersenden. Das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen übermittelte am 4. August 2000 aber nur das Schreiben des [X.]es zur Regelung offener Vermögensfragen B. vom 11. April 1997 und erläuterte, nach der [X.] sei die Beigeladene nicht mehr am Verfahren beteiligt gewesen. Die Beigeladene erklärte mit Schreiben vom 7. August 2000, die [X.] habe sich nur auf das Betriebsvermögen der [X.], nicht auf den Alteigentümer B. bezogen. Dazu verwies sie auf die Schreiben vom 1. und 16. Februar 1994 und bat, ihren Antrag betreffend das Grundstück zu bescheiden.

Mit Verfügung vom 30. September 2003 gab das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] die Akten zum Restitutionsverfahren des [X.] und zum Antrag der Beigeladenen auf Rückübertragung des Grundstücks an das [X.] offener Vermögensfragen ab. Dieses hörte den Kläger, die Beigeladene und die Lastenausgleichsbehörde mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 zur beabsichtigten Rücknahme des [X.] vom 16. Juli 1997, zur Ablehnung des Rückübertragungsantrags der Beigeladenen und zur Feststellung der Entschädigungsberechtigung des [X.] sowie eines Anspruchs der Beigeladenen auf Auskehr des [X.] an. Der Kläger wandte ein, die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG sei versäumt worden; außerdem zähle [X.] wegen ihres Austritts aus der [X.] Religionsgemeinschaft nicht zu den rassisch Verfolgten. Daraufhin teilte das [X.] dem Prozessbevollmächtigten des [X.] mit Schreiben vom 19. März 2008 mit, es halte nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Der [X.] sei nicht rechtswidrig. Ohne den Kläger zu benachrichtigen, informierte es mit Schreiben vom 7. Oktober 2008 jedoch die Beigeladene, nach erneuter Prüfung werde am Inhalt der beabsichtigten Entscheidung festgehalten. Es stellte ihr den [X.] vom 16. Juli 1997 förmlich zu, erkundigte sich, ob sie Widerspruch einlegen wolle, und wies auf die Frist des § 36 [X.] hin. Zum umgehend erhobenen Widerspruch der Beigeladenen wurde der Kläger laut Aktenvermerk des [X.]es vom 13. Oktober 2008 bewusst nicht angehört.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2008 hob das [X.] den Bescheid vom 16. Juli 1997 in Ziffern 1 und 2 auf (Nr. 1), lehnte die Rückübertragung des Grundstücks an die Beigeladene (Nr. 2) und den Kläger (Nr. 3) ab und stellte die vermögensrechtliche Berechtigung der Beigeladenen (Nr. 4) sowie einen Erlösauskehranspruch gegen den Kläger fest (Nr. 5). Außerdem stellte es fest, die Rechtsvorgängerin des [X.] sei geschädigt worden; diesem stehe der gezahlte [X.] zu (Nr. 6 und 7). Schließlich wurde nach § 7a Abs. 2 [X.] eine Gegenleistung in Höhe von 894,76 € festgesetzt (Nr. 8).

Zur Begründung führte das [X.] aus, die Rückübertragung an den Kläger sei rechtswidrig gewesen, da dieser nach § 3 Abs. 2 [X.] nicht Berechtigter sei. Eine frühere, zur Berechtigung der Beigeladenen führende Schädigung nach § 1 Abs. 6 [X.] liege in der Veräußerung des Grundstücks durch [X.] an die [X.] im Jahre 1938. Die Vermutung verfolgungsbedingten [X.] sei nicht nach Art. 3 Abs. 2 und 3 [X.] widerlegt, da der Kaufpreis unter dem Einheitswert gelegen habe und das Rechtsgeschäfts nicht ohne die [X.] abgeschlossen worden wäre. Mit der Rücknahme des [X.] betreffend das Betriebsvermögen der [X.] habe die Beigeladene nicht auch den Antrag betreffend das Grundstück zurückgenommen. Das Rücknahmeermessen sei auf Null reduziert. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da § 50 VwVfG einschlägig sei. Für den Fall, dass der Widerspruch der Beigeladenen unzulässig sein sollte, werde das Ermessen hilfsweise wie in der Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung vom 15. Oktober 2007 ausgeübt. Dort wurde das Vertrauen des [X.] zwar für schutzwürdig erklärt, aber ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes und der Wiedergutmachung des [X.] angenommen. Wegen des weit höheren Kaufpreises könne die Beigeladene nicht mit einem Entschädigungsanspruch abgefunden werden.

Am 12. November 2008 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben und geltend gemacht, die Beigeladene habe ihr Widerspruchsrecht verwirkt. Außerdem habe [X.] das Grundstück nicht verfolgungsbedingt, sondern durch den [X.] verloren. Die Weiterveräußerung des Grundstücks durch die [X.] stelle keinen Zwangsverkauf dar. Der Bescheid des [X.]es vom 15. Oktober 2008 überschreite die Rücknahmefrist gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG und weite den Anwendungsbereich des § 50 VwVfG unzulässig aus. Zu einer Erlösauskehr sei der Kläger wegen Investitionen in sein Unternehmen nicht in der Lage.

Mit Urteil vom 16. September 2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid sei, soweit er im Streit stehe, rechtmäßig. Der Widerspruch der Beigeladenen sei weder verfristet noch verwirkt. Ihre [X.] habe sich nur auf das Betriebsvermögen der [X.] bezogen; auf ihren Restitutionsanspruch bezüglich des Grundstücks habe sie nicht verzichtet. Dessen Rückübertragung an den Kläger sei rechtswidrig gewesen, da dieser als Zweitgeschädigter nach § 3 Abs. 2 [X.] nicht Berechtigter sei. Die Erstschädigung liege im Zwangsverkauf des Grundstücks durch [X.] im August 1938. Ihre für die Kollektivverfolgung maßgebliche [X.] Abstammung ergebe sich aus dem Eintrag im Verzeichnis der biografischen Daten der [X.] in [X.]. Die Vermutung verfolgungsbedingten [X.] sei nicht nach Art. 3 Abs. 2 und 3 [X.] widerlegt worden. Da [X.] unmittelbar nach der Grundstücksveräußerung nach [X.] emigriert sei, könne nicht angenommen werden, dass der Verkauf allein auf die Scheidung und nicht auch auf die Verfolgung zurückgehe. Außerdem sei der Kaufpreis von 35 000 RM nicht angemessen gewesen. Das Vertrauen des [X.] auf den Fortbestand des [X.] sei nicht schutzwürdig; § 48 Abs. 1 bis 4 VwVfG seien bei der Aufhebung eines Bescheides durch Widerspruchsbescheid nicht anzuwenden.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 1 Abs. 6 [X.], des § 2 Abs. 3 [X.] und des § 48 Abs. 1 VwVfG. Für die Anwendung der Vermutungsregel sei auf den [X.] abzustellen. Außerdem sei die Rücknahme des [X.] nach § 48 Abs. 1 VwVfG ausgeschlossen, weil er das Grundstück in Unkenntnis des [X.] und im Vertrauen auf die Bestandskraft der Rückübertragung veräußert habe.

Der Kläger beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2010 ergangene Urteil des [X.] zu ändern und den Widerspruchsbescheid des [X.]es für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 15. Oktober 2008 in den Ziffern 1, 3 bis 5 sowie 7 und 8 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und meint, der 1934 geschlossene Vergleich stelle lediglich eine vorvertragliche Regelung dar. Die fehlende Bestandskraft der Rückübertragung gegenüber der Beigeladenen rechtfertige eine Aufhebung auch nach relativ langer Zeit.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesre[X.]ht und erweist si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus anderen Gründen als ri[X.]htig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

1. Die Einbeziehung der Ziffern 7 und 8 des angegriffenen Widerspru[X.]hsbes[X.]heides in den Anfe[X.]htungsantrag stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageerweiterung na[X.]h § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO dar. Sie entspri[X.]ht vielmehr der sa[X.]hgemäßen Auslegung des Klagebegehrens gemäß § 88 VwGO, die das Revisionsgeri[X.]ht von Amts wegen zu prüfen hat. Die Ziffern 7 und 8 des Widerspru[X.]hsbes[X.]heides bes[X.]hweren zwar für si[X.]h genommen den Kläger ni[X.]ht, stehen aber als Folgeregelungen in untrennbarem Zusammenhang mit den ihn [X.] Ziffern 1 sowie 3 bis 5.

2. Zu Re[X.]ht hat das Verwaltungsgeri[X.]ht die isolierte Anfe[X.]htung des Widerspru[X.]hsbes[X.]heides ohne - no[X.]hmaliges - Vorverfahren na[X.]h § 79 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO für zulässig gehalten. Seine Klageabweisung beruht aber auf der unzutreffenden Annahme, der Widerspru[X.]hsbes[X.]heid sei re[X.]htmäßig und verletze den Kläger ni[X.]ht in dessen Re[X.]hten.

a) Das [X.] und offene Vermögensfragen hätte dem Widerspru[X.]h der Beigeladenen ni[X.]ht stattgeben dürfen, weil er unzulässig war. Bei [X.] am 8. Oktober 2008 hatte die Beigeladene ihr Widerspru[X.]hsre[X.]ht bereits verwirkt.

Im Ansatz zutreffend geht das angegriffene Urteil davon aus, dass das Widerspru[X.]hsre[X.]ht na[X.]h dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwirkt ist, wenn seit der Mögli[X.]hkeit der [X.] längere [X.] verstri[X.]hen ist ([X.]moment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete [X.] als treuwidrig ers[X.]heinen lassen (Umstandsmoment). Diese Anforderungen gelten au[X.]h im Vermögensre[X.]ht. Anders als im [X.] (dazu vgl. Urteil vom 25. Januar 1974 - BVerwG 4 C 2.72 - BVerwGE 44, 294 <300> = [X.] 406.11 § 31 BBauG Nr. 9 -; Bes[X.]hluss vom 16. März 2010 - BVerwG 4 B 5.10 - juris) genügt zur Verwirkung hier ni[X.]ht s[X.]hon ein längeres [X.] trotz si[X.]herer Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis eines Bes[X.]heides, da keine dem na[X.]hbarli[X.]hen [X.] verglei[X.]hbare Re[X.]htsbeziehung zum [X.] besteht (Urteil vom 27. Juli 2005 - BVerwG 8 C 15.04 - [X.] 428 § 36 [X.] Nr. 9 S. 12). Das neben dem [X.]moment erforderli[X.]he Umstandsmoment ist insbesondere erfüllt, wenn der Adressat eines Bes[X.]heides infolge eines bestimmten Verhaltens des [X.] durfte, dass dieser sein Widerspru[X.]hsre[X.]ht na[X.]h so langer [X.] ni[X.]ht mehr geltend ma[X.]hen würde (Vertrauensgrundlage), und wenn er si[X.]h infolge seines Vertrauens so eingeri[X.]htet hat, dass ihm dur[X.]h die verspätete Dur[X.]hsetzung des Re[X.]hts ein unzumutbarer Na[X.]hteil entstehen würde (Vertrauenstatbestand, vgl. Urteil vom 27. Juli 2005 a.a.[X.] f.; Bes[X.]hluss vom 13. Februar 1998 - BVerwG 7 [X.] - juris). Die Vertrauensgrundlage kann si[X.]h au[X.]h daraus ergeben, dass ein Verhalten des [X.] gegenüber der zuständigen Behörde darauf s[X.]hließen lässt, er sei mit der ihm na[X.]hteiligen Ents[X.]heidung einverstanden oder werde jedenfalls dagegen keinen Re[X.]htsbehelf einlegen (Urteil vom 27. Juli 2005 a.a.[X.]; Bes[X.]hluss vom 21. Januar 1999 - BVerwG 8 [X.] - [X.] 428 § 37 [X.] Nr. 19 S. 12).

Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat das [X.]moment zutreffend bejaht, da zwis[X.]hen der Kenntnis der Beigeladenen von der Rü[X.]kübertragung an einen konkurrierenden Anmelder und der [X.] mehr als a[X.]ht Jahre lagen. Na[X.]h seinen Tatsa[X.]henfeststellungen war der Beigeladenen spätestens im [X.] 2000 bekannt geworden, dass dem Rü[X.]kübertragungsantrag der Frau [X.] stattgegeben worden war. Der Anruf der Beigeladenen vom 3. August 2000 ließ erkennen, dass sie von der Rü[X.]kübertragung erfahren hatte und deshalb um Übersendung des ihr ni[X.]ht zugestellten Bes[X.]heides bat. Widerspru[X.]h erhob sie erst am 8. Oktober 2008.

Das angegriffene Urteil überspannt aber die Anforderungen an das Umstandsmoment, da es eine Vertrauensgrundlage mit der Begründung verneint, die Beigeladene habe weder ausdrü[X.]kli[X.]h no[X.]h konkludent erklärt, ihr liege ni[X.]hts mehr an einer Ents[X.]heidung über ihren [X.]. Ein sol[X.]her Verzi[X.]ht auf die Rü[X.]kübertragungsents[X.]heidung kann zwar Vertrauen in das Ausbleiben eines Widerspru[X.]hs we[X.]ken, ist dazu jedo[X.]h ni[X.]ht erforderli[X.]h. Vielmehr genügt jedes Verhalten, aus dem si[X.]h ergibt, dass eine dem Begehren entgegenstehende Ents[X.]heidung ni[X.]ht mit Re[X.]htsmitteln angegriffen werden wird. Ein sol[X.]hes Verhalten lag in der Reaktion der Beigeladenen auf das Telefax des Landesamtes vom 4. August 2000. Obwohl dieses S[X.]hreiben die Rü[X.]kübertragung bestätigte, ohne den Bes[X.]heid zu übermitteln, bestand die Beigeladene ni[X.]ht auf der zuvor erbetenen Übersendung. Sie begnügte si[X.]h in ihrem Antworts[X.]hreiben vom 7. August 2000 vielmehr mit der Klarstellung, ihre Antragsrü[X.]knahme habe si[X.]h ni[X.]ht auf die Alteigentümer B. bezogen, und mit der Bitte um Bes[X.]heidung ihres no[X.]h offenen Antrags. Das lässt si[X.]h au[X.]h bei Berü[X.]ksi[X.]htigung des Hinweises der Beigeladenen auf ihre Antragskonkretisierung vom 1. Februar 1994 und die Mitteilung zum Verfahrensstand vom 16. Februar 1994 ni[X.]ht als konkludenter Widerspru[X.]h auslegen, weil das S[X.]hreiben auf den vergebli[X.]h angeforderten [X.] ni[X.]ht einging. Die Beigeladene kam au[X.]h in der Folgezeit darauf ni[X.]ht mehr zurü[X.]k. Dieses Verhalten lässt si[X.]h nur dahin verstehen, dass die Beigeladene ihre ursprüngli[X.]he Absi[X.]ht, den Bes[X.]heid zu prüfen und gegebenenfalls Re[X.]htsbehelfe dagegen einzulegen, aufgegeben hatte. Ebenso wie die Behörde durfte der Kläger dana[X.]h annehmen, dass die Beigeladene nunmehr eine Bes[X.]heidung ihres eigenen Antrags begehrte und davon ausging, die Behörde werde den [X.] zugunsten des [X.] vom Amts wegen überprüfen und gegebenenfalls zurü[X.]knehmen. Angesi[X.]hts dessen musste der Kläger am 8. Oktober 2008 ni[X.]ht mehr mit einem Widerspru[X.]h der Beigeladenen re[X.]hnen. Er hatte zu diesem [X.]punkt sein Vertrauen au[X.]h s[X.]hon betätigt. In der Annahme, der [X.] sei bestandskräftig, hatte er über das Grundstü[X.]k verfügt und den Erlös für si[X.]h verwendet.

b) Die angegriffene Ents[X.]heidung beruht auf der fehlerhaften Anwendung des § 242 BGB, da sie die Klageabweisung allein auf die Re[X.]htmäßigkeit des Widerspru[X.]hsbes[X.]heides stützt. Das gilt au[X.]h, soweit sie die mit der Widerspru[X.]hsents[X.]heidung verbundenen Folgeregelungen bestätigt, insbesondere die Feststellung der vermögensre[X.]htli[X.]hen Bere[X.]htigung der Beigeladenen und ihres Anspru[X.]hs auf [X.] gegen den Kläger.

3. Das erstinstanzli[X.]he Urteil erweist si[X.]h ni[X.]ht aus anderen Gründen als im Ergebnis ri[X.]htig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Dazu müsste der re[X.]htswidrige Widerspru[X.]hsbes[X.]heid na[X.]h § 47 VwVfG in einen re[X.]htmäßigen [X.] umzudeuten sein. Das ist jedo[X.]h ni[X.]ht der Fall.

Offen bleiben kann, ob eine sol[X.]he Umdeutung s[X.]hon na[X.]h § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ausges[X.]hlossen ist, weil sie der erkennbaren Absi[X.]ht des [X.] widersprä[X.]he. Wie si[X.]h aus dem S[X.]hreiben an die Beigeladene vom 7. Oktober 2008 und dem Aktenvermerk vom 13. Oktober 2008 ergibt, hatte das [X.] si[X.]h für eine Aufhebung der Rü[X.]kübertragung dur[X.]h Widerspru[X.]hsbes[X.]heid ents[X.]hieden, um die si[X.]h abzei[X.]hnenden Probleme mit den Grenzen des [X.], insbesondere der Rü[X.]knahmefrist gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG und dem Vertrauenss[X.]hutz des [X.] na[X.]h § 48 Abs. 1 VwVfG, zu umgehen. Ob denno[X.]h eine Umdeutung zulässig ist, weil die Beklagte zumindest "hilfsweise" einen [X.] erlassen wollte, und ob das Verbot der Umdeutung eines gebundenen Verwaltungsakts (§ 68 Abs. 1 Satz 1, § 73 Abs. 1 VwGO) in eine Ermessensents[X.]heidung (§ 48 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 47 Abs. 3 VwVfG wegen der [X.] Ausübung des [X.] ni[X.]ht eingreift, muss ebenfalls ni[X.]ht geklärt werden. Selbst in diesem Fall würde die Umdeutung jedenfalls daran s[X.]heitern, dass der angefo[X.]htene Widerspru[X.]hsbes[X.]heid au[X.]h als [X.] re[X.]htswidrig wäre.

Na[X.]h § 47 Abs. 1 VwVfG ist eine Umdeutung nur mögli[X.]h, wenn die Behörde den anderen, auf das glei[X.]he Ziel geri[X.]hteten Verwaltungsakt formell und materiell re[X.]htmäßig hätte erlassen können. Dur[X.]h [X.] hätte die Rü[X.]kübertragung des Grundstü[X.]ks an den Kläger gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG nur aufgehoben werden dürfen, wenn sie re[X.]htswidrig war (a) und das Rü[X.]knahmeermessen fehlerfrei ausgeübt wurde (b). Außerdem müssten die über die Aufhebung der Rü[X.]kübertragung hinausgehenden, daran anknüpfenden Regelungen im Widerspru[X.]hsbes[X.]heid vom 15. Oktober 2008 re[X.]htmäßig sein, insbesondere die Feststellung der Bere[X.]htigung der Beigeladenen und ihres Anspru[X.]hs auf [X.] ([X.]). Keine dieser Voraussetzungen ist auf der Grundlage der Tatsa[X.]henfeststellungen des Verwaltungsgeri[X.]hts zu bejahen.

a) Aus diesen Feststellungen ergibt si[X.]h ni[X.]ht, dass der Rü[X.]kübertragungsanspru[X.]h des [X.] na[X.]h § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] dur[X.]h eine vorrangige Rü[X.]kübertragungsbere[X.]htigung der Beigeladenen als Re[X.]htsna[X.]hfolgerin jüdis[X.]her Ges[X.]hädigter gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.] wegen einer früheren S[X.]hädigung na[X.]h § 1 Abs. 6 [X.] ausges[X.]hlossen wäre.

aa) Allerdings hat die Beigeladene Rü[X.]kübertragungsansprü[X.]he bezügli[X.]h des Grundstü[X.]ks re[X.]htzeitig angemeldet und ihren Antrag insoweit au[X.]h ni[X.]ht zurü[X.]kgenommen. Die Rü[X.]knahme betraf nur Ansprü[X.]he wegen einer S[X.]hädigung des Betriebsvermögens der [X.], ni[X.]ht jedo[X.]h Ansprü[X.]he wegen der außerdem geltend gema[X.]hten, zwis[X.]henzeitli[X.]h konkretisierten S[X.]hädigung des Grundstü[X.]kseigentums der [X.] oder ihres früheren Ehemannes. Aus den verwaltungsgeri[X.]htli[X.]hen Feststellungen ergibt si[X.]h jedo[X.]h ni[X.]ht, dass die Beigeladene na[X.]h § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.] Re[X.]htsna[X.]hfolgerin von Frau oder [X.] geworden wäre. Dazu genügt ni[X.]ht, dass beide na[X.]h den Feststellungen des Verwaltungsgeri[X.]hts wegen ihrer Abstammung [X.] im Sinne der [X.] waren. Die Re[X.]htsna[X.]hfolgefiktion des § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.] setzt außerdem voraus, dass die Ges[X.]hädigten oder ihre Re[X.]htsna[X.]hfolger selbst ihre vermögensre[X.]htli[X.]hen Ansprü[X.]he ni[X.]ht re[X.]htzeitig wirksam angemeldet haben. Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Das Fehlen sol[X.]her Anmeldungen ergibt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus den Akten. Laut Mitteilung des [X.] vom 3. März 1997 ([X.] der Beiakte 2) lagen neben den Anträgen der Re[X.]htsvorgängerin des [X.] und der Beigeladenen drei weitere vermögensre[X.]htli[X.]he Anträge vor, die dem verfahrensgegenständli[X.]hen Grundstü[X.]k zuzuordnen waren. Ob mindestens einer dieser Anträge wirksam war und von einem Re[X.]htsna[X.]hfolger der Frau oder des [X.] abgegeben wurde, ist ni[X.]ht geklärt. Eine Klärung erübrigt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht etwa, weil der Rü[X.]kübertragungsanspru[X.]h des [X.] bei einer Ersts[X.]hädigung jedenfalls untergegangen wäre. Falls eine Ersts[X.]hädigung vorlag und dur[X.]h die Ges[X.]hädigten oder ihre Re[X.]htsna[X.]hfolger wirksam angemeldet worden war, deren Antrag si[X.]h aber nur auf Ents[X.]hädigung ri[X.]htete oder später entspre[X.]hend umgestellt wurde, wäre der Kläger au[X.]h als Zweitges[X.]hädigter rü[X.]kübertragungsbere[X.]htigt (vgl. Urteil vom 1. Dezember 1995 - BVerwG 7 C 13.94 - [X.] 428 § 3 [X.] Nr. 10 S. 6).

bb) Unabhängig davon tragen die Feststellungen der Vorinstanz ni[X.]ht die Annahme, Frau oder [X.] seien in Bezug auf das Grundstü[X.]k na[X.]h § 1 Abs. 6 [X.] ges[X.]hädigt worden.

Ohne weitere Sa[X.]haufklärung lässt si[X.]h ni[X.]ht beurteilen, ob [X.] das Eigentum am Grundstü[X.]k dur[X.]h einen Zwangsverkauf im Sinne dieser Vors[X.]hrift verlor. Für die Anwendung der Vermutungsregel des § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] ist bei entgeltli[X.]hen Veräußerungen ni[X.]ht auf die dingli[X.]he Übereignung des Vermögenswerts abzustellen. Maßgebli[X.]h ist vielmehr das Kausalges[X.]häft, mit dem der Veräußerer si[X.]h in bindender Weise wirts[X.]haftli[X.]h des Vermögensgegenstandes entäußert hat, denn dies vers[X.]hafft dem Erwerber bereits einen dur[X.]hsetzbaren Anspru[X.]h auf die Übereignung (Urteile vom 16. Dezember 1998 - BVerwG 8 C 14.98 - BVerwGE 108, 157 <162> = [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 167 und vom 24. Februar 1999 - BVerwG 8 C 15.98 - BVerwGE 108, 301 <304> = [X.] 428 § 1 Abs. 6 [X.] Nr. 1; Diets[X.]he/[X.], in: [X.], Offene Vermögensfragen, § 1 Abs. 6 [X.], Stand: Juni 2007, Rn. 6.53). Für die S[X.]hädigung der [X.] ist daher ni[X.]ht - erst - auf die Übereignung des Grundstü[X.]ks an die [X.] im August 1938 abzustellen, sondern auf den S[X.]heidungsfolgenverglei[X.]h vom Dezember 1934, mit dem sie si[X.]h zur Übereignung des Grundstü[X.]ks auf Geheiß ihres früheren Ehemannes verpfli[X.]htete. Diese Abrede ers[X.]höpfte si[X.]h ni[X.]ht in einer vorvertragli[X.]hen Regelung und ging au[X.]h über eine bloße Bevollmä[X.]htigung hinaus. Sie begründete eine unbedingte Pfli[X.]ht zur Übereignung an [X.] oder einen von diesem bestimmten [X.]. Dass die Erfüllung der Pfli[X.]ht aufges[X.]hoben wurde und die Person des Auflassungsempfängers no[X.]h ni[X.]ht bestimmt war, s[X.]hließt die Annahme eines dur[X.]hsetzbaren Anspru[X.]hs ni[X.]ht aus. Na[X.]h der Verglei[X.]hsregelung konnte [X.] den [X.]punkt der Erfüllung jederzeit frei festlegen und den Auflassungsempfänger benennen. Dementspre[X.]hend handelte er bei Abs[X.]hluss des Kaufvertrags mit der [X.] ni[X.]ht als Stellvertreter, sondern im eigenen Namen. Mit ihrer Auflassungserklärung erfüllte [X.] sowohl ihre Verpfli[X.]htung ihm gegenüber aus dem S[X.]heidungsfolgenverglei[X.]h als au[X.]h seine vertragli[X.]he Verpfli[X.]htung gegenüber der Käuferin.

Da der S[X.]heidungsfolgenverglei[X.]h vor dem 15. September 1935 ges[X.]hlossen wurde, ist die Vermutung der Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlusts na[X.]h § 1 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Bu[X.]hst. b [X.] dur[X.]h den Na[X.]hweis zu widerlegen, dass der Kaufpreis angemessen war und der Veräußerer frei darüber verfügen konnte, wenn ni[X.]ht sonstige Anhaltspunkte für eine Verfolgungsbedingtheit bestehen. Die freie Verfügbarkeit ist ni[X.]ht s[X.]hon wegen der Stundung der Ratenzahlung zu verneinen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 8 C 3.06 - [X.] 428 § 1 Abs. 6 [X.] Nr. 39 Rn. 30, 32). Die Angemessenheit des Preises lässt si[X.]h ohne weitere Aufklärung aber ni[X.]ht abs[X.]hließend beurteilen. Die Grundstü[X.]ksveräußerung war Bestandteil einer einvernehmli[X.]hen, nur auszugsweise vorgelegten Regelung von Darlehens- und Unterhaltsansprü[X.]hen, deren Höhe si[X.]h weder aus den verwaltungsgeri[X.]htli[X.]hen Feststellungen no[X.]h aus den vorgelegten Akten ergibt. Sonstige Anhaltspunkte für eine Verfolgungsbedingtheit, die eine weitere Aufklärung der Angemessenheit des Kaufpreises erübrigen würden, sind ni[X.]ht festgestellt.

[X.] wurde dur[X.]h die Weiterveräußerung des Grundstü[X.]ks 1938 ni[X.]ht im Sinne des § 1 Abs. 6 [X.] ges[X.]hädigt, da er mit dem Verkauf keinen restitutionsfähigen Vermögenswert verlor. Dazu zählt bei Grundstü[X.]ken na[X.]h § 2 Abs. 2 [X.] ni[X.]ht der s[X.]huldre[X.]htli[X.]he Anspru[X.]h auf Übereignung, sondern nur ein dingli[X.]hes Re[X.]ht wie das Eigentum oder die Anwarts[X.]haft des Auflassungsempfängers (Urteil vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 C 11.02 - [X.] 428 § 2 [X.] Nr. 77 S. 92; Bes[X.]hluss vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 8 [X.] - [X.] 428 § 1 Abs. 7 [X.] Nr. 12). [X.] hatte dur[X.]h den S[X.]heidungsfolgenverglei[X.]h nur einen s[X.]huldre[X.]htli[X.]hen Übereignungsanspru[X.]h erworben. Ein Dur[X.]hgangserwerb dingli[X.]her Re[X.]hte fand ni[X.]ht statt, da die Auflassung unmittelbar an die [X.] erklärt wurde.

b) Sollte zumindest der [X.] der [X.] mangels na[X.]hweisli[X.]her Angemessenheit des Kaufpreises auf einen Zwangsverkauf zurü[X.]kzuführen sein und die Re[X.]htsna[X.]hfolgefiktion des § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.] zugunsten der Beigeladenen eingreifen, wäre die Aufhebung des [X.]es - au[X.]h als Rü[X.]knahme - jedenfalls re[X.]htswidrig, weil die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Ihre Hilfserwägungen werden dem Sinn und Zwe[X.]k der Ermä[X.]htigung zur Rü[X.]knahme ni[X.]ht gere[X.]ht und wahren ni[X.]ht die gesetzli[X.]hen Grenzen des Ermessens (§§ 40, 48 Abs. 1 VwVfG).

Entgegen dem angegriffenen Bes[X.]heid wären die Vors[X.]hriften über den Vertrauenss[X.]hutz bei einer Rü[X.]knahme uneinges[X.]hränkt anzuwenden. § 50 VwVfG greift wegen der Unzulässigkeit des Widerspru[X.]hs ni[X.]ht ein (vgl. Urteile vom 4. August 1982 - BVerwG 4 C 42.79 - [X.] 406.19 Na[X.]hbars[X.]hutz Nr. 49 und vom 13. November 1997 - BVerwG 3 C 33.96 - BVerwGE 105, 354 <360> = [X.] 451.513 Sonstiges Marktordnungsre[X.]ht Nr. 4; zum [X.] in der Literatur vgl. Sa[X.]hs, in: [X.]/Bonk/Sa[X.]hs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 50 Rn. 93 ff.).

Ob die Rü[X.]knahmefrist des § 48 Abs. 4 VwVfG missa[X.]htet wurde, kann offen bleiben. Insbesondere muss ni[X.]ht geklärt werden, ob der Beklagten bereits sämtli[X.]he für die Rü[X.]knahme erhebli[X.]hen Umstände bekannt waren, als sie eine Ersts[X.]hädigung mit ihrem S[X.]hreiben vom 9. Oktober 2006 verneinte, sodass die zwölfmonatige Ents[X.]heidungsfrist s[X.]hon vor der Anhörung des [X.] mit S[X.]hreiben vom 15. Oktober 2007 abgelaufen war und dadur[X.]h ni[X.]ht erneut in Lauf gesetzt werden konnte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Beklagte andernfalls die Ermittlung der erhebli[X.]hen Tatsa[X.]hen und die Anhörung des [X.] dur[X.]h das behördeninterne Hin- und Hers[X.]hieben der Akten willkürli[X.]h hinauszögerte und ihre Rü[X.]knahmebefugnis dadur[X.]h verwirkte. Offen bleiben kann s[X.]hließli[X.]h, ob eine Verwirkung jedenfalls wegen der Mitteilung vom 19. März 2008, eine Rü[X.]knahme sei ni[X.]ht mehr beabsi[X.]htigt, und wegen der na[X.]hfolgenden Einladung der Beigeladenen zur [X.] und der bewussten Missa[X.]htung des Anhörungsre[X.]hts des [X.] aus § 71 VwGO eingetreten war.

Die Rü[X.]knahme dur[X.]h den angegriffenen Bes[X.]heid wäre jedenfalls ermessensfehlerhaft, weil die Hilfserwägungen der Beklagten ni[X.]ht den Anforderungen des § 48 Abs. 1 VwVfG an eine Abwägung von Bestands- und [X.] entspre[X.]hen und von sa[X.]hwidrigen Erwägungen bestimmt sind. Entgegen der Annahme der Beklagten ist § 48 Abs. 2 VwVfG ni[X.]ht eins[X.]hlägig, weil die Rü[X.]kübertragung keine Geld- oder teilbare Sa[X.]hleistung zum Gegenstand hat und au[X.]h ni[X.]ht Voraussetzung einer sol[X.]hen Leistung ist. Vielmehr muss na[X.]h § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG geprüft werden, ob das Vertrauen des [X.] in den Bestand der Rü[X.]kübertragungsents[X.]heidung in Abwägung mit dem öffentli[X.]hen Interesse s[X.]hutzwürdig ist. Die Hilfserwägung im angefo[X.]htenen Bes[X.]heid, die auf die Begründung der beabsi[X.]htigten Ents[X.]heidung in der Anhörung vom 15. Oktober 2007 verweist, bejaht die S[X.]hutzwürdigkeit des [X.], geht aber denno[X.]h von einem überwiegenden Rü[X.]knahmeinteresse aus. Dabei stützt sie si[X.]h auf teils unzutreffende und teils unsa[X.]hli[X.]he Erwägungen. Die Begründung mit dem Wiedergutma[X.]hungsinteresse der Beigeladenen lässt unberü[X.]ksi[X.]htigt, dass eine Naturalrestitution wegen der wirksamen Veräußerung des Grundstü[X.]ks ausges[X.]hlossen ist und dass der finanzielle Ausglei[X.]h des der Beigeladenen etwa entstandenen S[X.]hadens ni[X.]ht von der Rü[X.]knahme abhängt. Aus der Ents[X.]heidung für oder gegen die Rü[X.]knahme ergibt si[X.]h nur, ob der S[X.]hadensausglei[X.]h na[X.]h Maßgabe eines etwaigen [X.]- oder Herausgabeanspru[X.]hs vom Kläger finanziert werden muss oder ob er na[X.]h Maßgabe der Amtshaftung vom Fiskus zu leisten ist. Wie si[X.]h aus den Hilfserwägungen der Beklagten ergibt, ließ sie si[X.]h bei ihrer Ermessensausübung maßgebli[X.]h davon leiten, Amtshaftungsansprü[X.]he zu vermeiden. Der Aktenvermerk vom 13. Oktober 2007 bestätigt dies nur. Die Berü[X.]ksi[X.]htigung fiskalis[X.]her Gesi[X.]htspunkte ist zwar zulässig, soweit gesetzwidrige Leistungen vermieden oder rü[X.]kgängig gema[X.]ht werden sollen (dazu vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - [X.] 428 § 2 [X.] Nr. 92 Rn. 46 und vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 50.09 - [X.] 316 § 51 VwVfG Nr. 58 Rn. 17). Sie re[X.]htfertigt jedo[X.]h ni[X.]ht, den Ausglei[X.]h eines dur[X.]h re[X.]htswidriges Handeln der Behörde entstandenen Dritts[X.]hadens auf den na[X.]h Eins[X.]hätzung der Behörde s[X.]hutzwürdigen Begünstigten abzuwälzen. Andernfalls ließe si[X.]h dessen Ausglei[X.]hsanspru[X.]h na[X.]h § 48 Abs. 3 VwVfG ni[X.]ht erklären.

Im Übrigen hat die Beklagte bei der Interessenabwägung unberü[X.]ksi[X.]htigt gelassen, dass die mögli[X.]he Re[X.]htswidrigkeit der Rü[X.]kübertragungsents[X.]heidung ni[X.]ht in den Verantwortungsberei[X.]h des [X.] fällt. Das Übergehen des Rü[X.]kübertragungsantrags der Beigeladenen wegen einer - hier unterstellten - S[X.]hädigung der [X.] erklärt si[X.]h vielmehr daraus, dass das S[X.]hreiben der Beigeladenen, mit dem diese ihren Antrag konkretisierte, trotz der Abgabena[X.]hri[X.]ht des [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen vom 7. Januar 1994 ni[X.]ht an die inzwis[X.]hen sa[X.]hbearbeitende Stelle geri[X.]htet oder dorthin weitergeleitet wurde und dass die Rü[X.]knahme des Antrags betreffend das Betriebsvermögen der [X.] keinen Hinweis darauf enthielt, dass der [X.] wegen einer früheren S[X.]hädigung des Grundstü[X.]ks vor dessen Zuführung zum Betriebsvermögen aufre[X.]hterhalten werde.

[X.]) Mit der Re[X.]htswidrigkeit des Widerspru[X.]hsbes[X.]heides und der Unzulässigkeit seiner Umdeutung in eine Rü[X.]knahme entfällt au[X.]h die Re[X.]htsgrundlage für die Bere[X.]htigtenfeststellung zugunsten der Beigeladenen und die Feststellung des [X.]anspru[X.]hs, die jeweils eine wirksame Aufhebung der Rü[X.]kübertragung an den Kläger voraussetzen. Ob ein [X.]anspru[X.]h gegebenenfalls aus § 3 Abs. 4 Satz 3 [X.] - unmittelbar oder in entspre[X.]hender Anwendung - aus § 816 BGB oder einer anderen Vors[X.]hrift abzuleiten wäre, bedarf daher keiner Ents[X.]heidung.

4. Na[X.]h § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO kann der Senat in der Sa[X.]he selbst ents[X.]heiden, weil die Re[X.]htswidrigkeit der angefo[X.]htenen Aufhebung des [X.]es si[X.]h jedenfalls aus den dargelegten [X.] ergibt. Eine Zurü[X.]kverweisung zur Klärung einer mögli[X.]hen Ersts[X.]hädigung und einer Re[X.]htsna[X.]hfolge der Beigeladenen erübrigt si[X.]h damit.

Meta

8 C 9/11

04.04.2012

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Gera, 16. September 2010, Az: 6 K 2175/08, Urteil

§ 242 BGB, Art 3 Abs 2 REAO BE, Art 3 Abs 3 REAO BE, § 1 Abs 6 VermG, § 2 Abs 1 S 3 VermG, § 3 Abs 2 VermG, § 47 VwVfG, § 48 Abs 1 VwVfG, § 48 Abs 3 VwVfG, § 48 Abs 4 VwVfG, § 50 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.04.2012, Az. 8 C 9/11 (REWIS RS 2012, 7484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7484

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