Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.07.2021, Az. 8 C 5/20

8. Senat | REWIS RS 2021, 4287

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Gegenstand

Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur Überprüfung des mit der erneuten Sachentscheidung verbundenen Wiederaufgreifens des Verfahrens


Leitsatz

1. Die mit der Sachentscheidung in einem Bescheid verbundene Entscheidung zugunsten des Wiederaufgreifens stellt keine selbständige, der Bestandskraft fähige Regelung dar.

2. Hat die Behörde das Wiederaufgreifen des Verfahrens zu einem Verpflichtungsbegehren mit der ablehnenden Sachentscheidung in einem Bescheid verbunden, darf das Verwaltungsgericht sie nur dann zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts verpflichten, wenn nicht allein dessen Voraussetzungen, sondern auch diejenigen für ein Wiederaufgreifen gegeben sind. Deren gerichtliche Prüfung erfordert kein darauf gerichtetes Begehren eines Prozessbeteiligten.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Wege der Wiederaufnahme die Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung ihres 1986 an die Beigeladenen verkauften und von diesen an Dritte weiterverkauften [X.] ... in [X.]

2

Anfang 1986 holten die Kläger als damalige Eigentümer des Grundstücks ein Gutachten ein, das den Wert des Grundstücks auf 63 620 [X.] schätzte. Im Juni 1986 stellten sie für ihre Familie einen Ausreiseantrag. Am 5. November 1986 verkauften die Kläger das Grundstück an die Beigeladenen zu dem ermittelten Schätzwert. Sie vereinbarten zudem ein kostenfreies Wohnrecht bis zu ihrer Ausreise, die im Mai 1987 erfolgte.

3

Im September 1990 beantragten die Kläger die Rückübertragung des Grundstücks mit der Begründung, die Beigeladenen seien bei dessen Erwerb durch das [X.] unterstützt worden. Daraufhin übertrug ihnen das Amt zur Regelung von offenen Vermögensfragen des [X.] das Eigentum am Grundstück zurück. Auf den Widerspruch der Beigeladenen hob das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen den Bescheid auf, lehnte den Restitutionsantrag der Kläger ab und stellte deren Entschädigungsberechtigung fest. Mit Urteil vom 16. Juni 1993 wies das [X.] die Klage hiergegen ab. Die Beigeladenen hätten am Grundstück redlich Eigentum erworben. Sie hätten sich die durch den Ausreiseantrag entstandene Zwangslage der Kläger nicht zunutze gemacht und keinen über den [X.] Vorteil hinausgehenden Vorteil erlangt. Sie hätten den Schätzpreis sowie bis 15 000 [X.] für Haushaltsgegenstände gezahlt. Auch für ein Ausnutzen einer persönlichen Machtstellung lägen keine Tatsachen vor. Der Erwerb habe im Einklang mit den Rechtsvorschriften der [X.] und deren ordnungsgemäßer Verwaltungspraxis gestanden. Die Wohnraumlenkungsverordnung sei auf den Verkauf von Eigenheimen nicht anwendbar gewesen. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft; eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde nicht erhoben.

4

Im März 2003 beantragten die Kläger, das Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen und ihnen das Grundstück zurück zu übertragen. Zur Begründung bezogen sie sich auf drei Dokumente, die sie erst nach einer Akteneinsicht beim [X.] am 13. Dezember 2002 zur Kenntnis hätten nehmen können. Sie machten geltend, diese neuen Dokumente begründeten Zweifel an der Redlichkeit der Beigeladenen beim Grundstückserwerb.

5

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2009 gab die Beklagte dem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens statt (Ziff. 1) und lehnte den Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks erneut ab (Ziff. 2). Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2017 wies die [X.] den nur gegen Ziffer 2 des [X.] gerichteten Widerspruch der Kläger zurück.

6

Das Verwaltungsgericht hat die auf Ziffer 2 des [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides beschränkte Klage abgewiesen. Die Kläger hätten bereits keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens. Das Gericht könne die Rechtmäßigkeit des [X.] auf den entsprechenden Antrag der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung hin überprüfen. Diesen gegenüber sei die [X.]entscheidung noch nicht bestandskräftig geworden. Weil der Bescheid vom 1. Dezember 2009 sie wegen der erneuten Ablehnung der Rückübertragung in Ziffer 2 nicht materiell beschwere, hätten sie gegen das Wiederaufgreifen in Ziffer 1 keinen Widerspruch erheben können und müssen. Insoweit gelte nichts Anderes als bei einer Feststellung der Restitutionsberechtigung mit gleichzeitiger Ablehnung des [X.]. Es hätten keine Gründe für ein Wiederaufgreifen vorgelegen. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG seien nicht gegeben, weil die von den Klägern vorgelegten Dokumente nach dem rechtlichen Maßstab des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 16. Juni 1993 keine Unredlichkeit der Beigeladenen beim Grundstückserwerb belegten.

7

Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, das Verwaltungsgericht hätte die Entscheidung über das Wiederaufgreifen nicht überprüfen dürfen. Sie sei ein selbstständiger, bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt, der den Weg für eine erneute Sachentscheidung öffne. Den Beigeladenen fehle das Rechtsschutzbedürfnis dafür, sie erst im Klageverfahren zur Überprüfung zu stellen. Das Urteil sei auch nicht aus anderen Gründen richtig. Das Verwaltungsgericht habe den Anspruch der Kläger auf Rückübertragung des Grundstücks nach der heutigen objektiven Rechtslage überprüfen müssen. Danach seien die Beigeladenen beim Erwerb des Grundstücks unredlich gewesen.

8

Erst im Revisionsverfahren haben die Kläger Kenntnis davon erlangt, dass die Beigeladenen das Grundstück im Jahr 2019 an Dritte verkauft haben, die im März 2020 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden sind.

9

Die Kläger beantragen nunmehr,

das Urteil des [X.] vom 29. Mai 2019 zu ändern, Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 1. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der [X.] vom 7. Februar 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass den Klägern ein Anspruch auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung des [X.] ... in [X.], Flurstück ... der Gemarkung [X.], gegen die Beigeladenen zusteht.

Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen jeweils,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts.

Der Vertreter des [X.] beteiligt sich am Verfahren und verteidigt ebenfalls das vorinstanzliche Urteil.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 137 Abs. 1 und § 144 Abs. 4 VwGO).

Die Klage ist mit dem in der Revisionsverhandlung gestellten Antrag zulässig, da der nunmehr geltend gema[X.]hte Anspru[X.]h auf [X.] (§ 3 Abs. 4 Satz 3 [X.]) an die Stelle des dur[X.]h die Veräußerung des Grundstü[X.]ks erlos[X.]henen Restitutionsanspru[X.]hs tritt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 1997 - 7 C 63.96 - [X.] 428 § 3 [X.] Nr. 20 Rn. 8). Den für die Begründetheit der Klage erforderli[X.]hen Rü[X.]kübertragungsanspru[X.]h im [X.]punkt der Weiterveräußerung des Grundstü[X.]ks verneint das Verwaltungsgeri[X.]ht aufgrund teils unri[X.]htiger Erwägungen. Seine Annahme, es habe das Wiederaufgreifen des Verfahrens nur auf entspre[X.]henden Antrag der Beigeladenen überprüfen dürfen, widerspri[X.]ht § 42 Abs. 1 und § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (1). Das Urteil erweist si[X.]h aber aus anderen Gründen als ri[X.]htig (2). Die Anforderungen des § 51 VwVfG waren als Voraussetzung des begehrten [X.] au[X.]h ohne entspre[X.]henden Antrag zu prüfen; einer ([X.] war die [X.]ents[X.]heidung s[X.]hon wegen ihrer Verbindung mit der erneuten Antragsablehnung ni[X.]ht fähig. [X.]gründe hat das Verwaltungsgeri[X.]ht zu Re[X.]ht verneint. Damit hat die re[X.]htskräftige Ablehnung der Rü[X.]kübertragung weiterhin Bestand (3).

1. Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat angenommen, es dürfe die von den Klägern ni[X.]ht angegriffene [X.]ents[X.]heidung in Ziffer 1 des Bes[X.]heides vom 1. Dezember 2009 ebenso wie eine mit der Ablehnung der Rü[X.]kübertragung verbundene Bere[X.]htigtenfeststellung - nur - auf Antrag der beigeladenen Verfügungsbere[X.]htigten prüfen. Diesen müsse mangels eigener Widerspru[X.]hsbefugnis ein sol[X.]hes, hier im Sa[X.]hantrag zu sehendes Überprüfungsbegehren zur Wahrung ihres Re[X.]hts auf effektiven Re[X.]htss[X.]hutz (Art. 19 Abs. 4 GG) offenstehen, weil andernfalls die [X.]ents[X.]heidung - wie eine Bere[X.]htigtenfeststellung - bestandskräftig werde. Beide Annahmen stehen ni[X.]ht mit Bundesre[X.]ht in Einklang.

Eine Eins[X.]hränkung der geri[X.]htli[X.]hen Überprüfungsbefugnis auf Fälle eines ausdrü[X.]kli[X.]h darauf geri[X.]hteten Begehrens eines Beteiligten widerspri[X.]ht § 42 Abs. 1 und § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dana[X.]h dürfen die Verwaltungsgeri[X.]hte die Verwaltung nur dann zur Vornahme eines Verwaltungsakts verpfli[X.]hten, wenn si[X.]h dem zur [X.] der Verurteilung geltenden Re[X.]ht ein Anspru[X.]h hierauf entnehmen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. April 1980 - 4 C 90.77 - [X.] 406.16 Eigentumss[X.]hutz Nr. 17 S. 26; Bes[X.]hluss vom 21. März 2012 - 2 B 101.11 - juris Rn. 7). Dies erfordert grundsätzli[X.]h, dass das Verwaltungsgeri[X.]ht das Vorliegen aller Voraussetzungen des geltend gema[X.]hten Anspru[X.]hs bejaht, und gilt daher au[X.]h im Hinbli[X.]k auf § 51 Abs. 1 VwVfG (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1987 - 9 C 285.86 - BVerwGE 78, 332 <338>). Hat die Behörde ihre Ents[X.]heidung für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens mit der ablehnenden Sa[X.]hents[X.]heidung in einem Bes[X.]heid verbunden, darf das Verwaltungsgeri[X.]ht sie nur dann zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts verpfli[X.]hten, wenn neben dessen Voraussetzungen au[X.]h diejenigen für das Wiederaufgreifen gegeben sind. Diese geri[X.]htli[X.]he Überprüfung von einem darauf geri[X.]hteten Begehren eines Prozessbeteiligten abhängig zu ma[X.]hen, findet weder im Prozessre[X.]ht no[X.]h in sonstigen Vors[X.]hriften eine Stütze.

Die geri[X.]htli[X.]he Überprüfungsbefugnis ist ferner ni[X.]ht dadur[X.]h einges[X.]hränkt, dass die positive Ents[X.]heidung über das Wiederaufgreifen ni[X.]ht mit dem Widerspru[X.]h angegriffen wurde. Jedenfalls dann, wenn diese Ents[X.]heidung gemeinsam mit der Ablehnung des Antrags in der Sa[X.]he in einem Bes[X.]heid getroffen wird, stellt sie keine selbstständige, der Bestandskraft fähige Regelung dar. Dies ergibt si[X.]h aus der gesetzli[X.]hen Ausgestaltung des [X.] eines abges[X.]hlossenen Verwaltungsverfahrens. Der Weg zu der begehrten erneuten Sa[X.]hents[X.]heidung kann nur dur[X.]h eine Dur[X.]hbre[X.]hung der Bestands- oder Re[X.]htskraft der vorangegangenen Ents[X.]heidung eröffnet werden. Dies erfordert zunä[X.]hst eine positive Ents[X.]heidung über das Wiederaufgreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 25). Jedenfalls bei einer Verbindung mit der zuglei[X.]h getroffenen Sa[X.]hents[X.]heidung stellt eine sol[X.]he [X.]ents[X.]heidung indessen nur ein Element des Verfahrens dar und unterliegt daher der geri[X.]htli[X.]hen Überprüfung s[X.]hon im Rahmen eines dagegen geri[X.]hteten, zulässigen Re[X.]htsbehelfs. Das gilt au[X.]h dann, wenn die Behörde die [X.]ents[X.]heidung wie hier in den Tenor des angegriffenen Verwaltungsakts aufgenommen und zur Verdeutli[X.]hung der Ents[X.]heidungselemente mit einer eigenen Ziffer versehen hat. Ein gesonderter Re[X.]htsbehelf gegen die Ents[X.]heidung über das Wiederaufgreifen ist zur Eröffnung der geri[X.]htli[X.]hen [X.] ni[X.]ht erforderli[X.]h.

Ob und in wel[X.]hem Umfang diese Grundsätze au[X.]h dann gelten, wenn die Ents[X.]heidung über das Wiederaufgreifen gesondert vor der Sa[X.]hents[X.]heidung ergeht, bedarf im vorliegenden Fall keiner Ents[X.]heidung.

2. Das angegriffene Urteil beruht auf dem unzutreffend verengten Verständnis der geri[X.]htli[X.]hen [X.]. Es erweist si[X.]h indessen aus anderen Gründen als ri[X.]htig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Wegen der Verbindung des [X.] und der ablehnenden Sa[X.]hents[X.]heidung in dem angegriffenen Bes[X.]heid vom 1. Dezember 2009 durfte das Verwaltungsgeri[X.]ht die Beklagte s[X.]hon na[X.]h § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO nur dann zu der Vornahme des begehrten Verwaltungsaktes verpfli[X.]hten, wenn au[X.]h die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorlagen. Letzteres hat das Verwaltungsgeri[X.]ht ohne Verstoß gegen Bundesre[X.]ht verneint. Der allein in Betra[X.]ht kommende [X.]grund des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ist ni[X.]ht gegeben.

a) Na[X.]h § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfe[X.]htbaren Verwaltungsaktes zu ents[X.]heiden, wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Ents[X.]heidung herbeigeführt haben würden. Die Regelung setzt voraus, dass die zulässigerweise geltend gema[X.]hten neuen Beweismittel auf der Grundlage der den bestandskräftigen Bes[X.]heid tragenden Re[X.]htsauffassung zu einer günstigeren Ents[X.]heidung geführt hätten. Dazu müssen si[X.]h aus der neuen Beweislage Tatsa[X.]hen ergeben, die na[X.]h der Re[X.]htsauffassung, die die bestandskräftige Ents[X.]heidung im Erstverfahren trägt, zu einer günstigeren Ents[X.]heidung zwingen. Die dana[X.]h maßgebli[X.]he Re[X.]htsauffassung ergibt si[X.]h zunä[X.]hst aus der Begründung des Verwaltungsaktes, gegebenenfalls in der Gestalt des Widerspru[X.]hsbes[X.]heides. Wurde der Verwaltungsakt geri[X.]htli[X.]h bestätigt, ist die diese Bestätigung tragende Re[X.]htsauffassung maßgebli[X.]h (BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2017 - 8 C 7.16 - BVerwGE 159, 136 Rn. 26).

b) Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat die von den Klägern mit ihrem [X.]antrag vorgelegten Unterlagen zutreffend als neu im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG eingeordnet. Neu sind Beweismittel, soweit sie bis zum Abs[X.]hluss der vorangegangenen Verfahren - eins[X.]hließli[X.]h der daran ans[X.]hließenden geri[X.]htli[X.]hen Verfahren - no[X.]h ni[X.]ht existierten oder vom Kläger unvers[X.]huldet ni[X.]ht oder ni[X.]ht re[X.]htzeitig beigebra[X.]ht werden konnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2017 - 8 C 7.16 - BVerwGE 159, 136 Rn. 24). Letzteres ist hier zu bejahen. Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat - für den Senat na[X.]h § 137 Abs. 2 VwGO bindend - festgestellt, dass die vorgelegten Unterlagen bis kurz vor der Akteneinsi[X.]ht der Kläger beim [X.] des [X.] der ehemaligen [X.] am 13. Dezember 2002 au[X.]h dieser Behörde ni[X.]ht bekannt gewesen seien. Sie konnten daher unvers[X.]huldet früher ni[X.]ht beigebra[X.]ht werden.

[X.]) Diese Unterlagen belegen aber auf der Grundlage der bindenden Tatsa[X.]henfeststellungen der Vorinstanz keinen neuen Sa[X.]hverhalt, der na[X.]h der von der Vorinstanz zutreffend zugrunde gelegten Re[X.]htsauffassung des [X.] in dessen Urteil vom 16. Juni 1993 eine den Klägern günstigere Ents[X.]heidung zur Folge gehabt hätte.

aa) Das Verwaltungsgeri[X.]ht hat den Grundstü[X.]kserwerb der Beigeladenen in jener Ents[X.]heidung als redli[X.]h im Sinne von § 4 Abs. 3 [X.] angesehen, weil keines der Regelbeispiele der Norm erfüllt sei. Als unredli[X.]h hat es einen Erwerbsvorgang angesehen, der auf einer sittli[X.]h anstößigen Manipulation beruht. Das Vorliegen des Regelbeispiels einer Unredli[X.]hkeit na[X.]h § 4 Abs. 3 Bu[X.]hst. a [X.] wegen Verstoßes gegen zum Erwerbszeitpunkt in der [X.] geltende allgemeine Re[X.]htsvors[X.]hriften, Verfahrensgrundsätze oder eine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis hat es verneint, weil es davon ausging, die Vors[X.]hriften der Verordnung über die Lenkung des Wohnraums der [X.] - Wohnraumlenkungsverordnung - hätten Wohnraum in Eigenheimen ni[X.]ht erfasst. Diese Re[X.]htsauffassung stimmt zwar ni[X.]ht mit der später ergangenen Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] überein (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2012 - 8 C 10.11 - [X.] 428 § 4 Abs. 3 [X.] Nr. 25 Rn. 18). Na[X.]h § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ist sie für die geri[X.]htli[X.]he Überprüfung des [X.] aber glei[X.]hwohl maßgebli[X.]h. Der von der Vorinstanz festgestellte Verstoß des Grundstü[X.]kserwerbs der Beigeladenen gegen die Wohnraumlenkungsverordnung hätte dana[X.]h keine den Klägern günstigere Ents[X.]heidung des [X.] zur Folge gehabt.

bb) Tatsä[X.]hli[X.]he Anhaltspunkte für eine Unredli[X.]hkeit im Sinne von § 4 Abs. 3 Bu[X.]hst. b [X.] hat das Verwaltungsgeri[X.]ht bereits im Urteil vom 16. Juni 1993 ni[X.]ht gesehen. Sie lassen si[X.]h na[X.]h den bindenden Feststellungen der Vorinstanz au[X.]h den nunmehr vorgelegten Unterlagen ni[X.]ht entnehmen.

[X.][X.]) Entspre[X.]hendes gilt im Hinbli[X.]k auf eine Unredli[X.]hkeit na[X.]h § 4 Abs. 3 Bu[X.]hst. [X.] [X.]. Das für diesen Unredli[X.]hkeitsgrund na[X.]h dem Urteil vom 16. Juni 1993 erforderli[X.]he manipulative Element des Erwerbsvorgangs ergibt si[X.]h na[X.]h den Feststellungen der Vorinstanz aus den nunmehr vorgelegten Unterlagen ebenfalls ni[X.]ht. Verfahrensrügen haben die Kläger dagegen ni[X.]ht erhoben.

dd) Für eine über die Regelbeispiele des § 4 Abs. 3 [X.] hinausgehende sonstige Unredli[X.]hkeit im Sinne einer sittli[X.]h anstößigen Manipulation des Erwerbsvorgangs hat das Verwaltungsgeri[X.]ht in den neu vorgelegten Dokumenten ebenfalls keine Belege erkannt.

ee) Die Voraussetzungen eines [X.] im weiteren Sinne (§§ 48 f. VwVfG) sind ebenfalls ni[X.]ht gegeben. Eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge einer Verpfli[X.]htung der Behörde, trotz Fehlens von [X.]gründen na[X.]h § 51 VwVfG erneut in der Sa[X.]he zu ents[X.]heiden und dem Antrag der Kläger stattzugeben, ist aus dem vom Verwaltungsgeri[X.]ht bindend festgestellten Sa[X.]hverhalt ni[X.]ht zu begründen. Die mit Urteil vom 16. Juni 1993 re[X.]htskräftig bestätigte Ablehnung der Rü[X.]kübertragung ist ni[X.]ht s[X.]hle[X.]hthin unerträgli[X.]h, weil den Klägern eine Wiedergutma[X.]hung in Gestalt eines Ents[X.]hädigungsanspru[X.]hs zuerkannt wurde und sie keine Re[X.]htsmittel gegen das genannte, weitere Ansprü[X.]he verneinende Urteil eingelegt haben.

3. Fehlt es damit s[X.]hon an den re[X.]htli[X.]hen Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens, hat das Verwaltungsgeri[X.]ht die Klage zu Re[X.]ht abgewiesen, sodass die Revision keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenents[X.]heidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Meta

8 C 5/20

07.07.2021

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Dresden, 29. Mai 2019, Az: 6 K 2666/17, Urteil

§ 3 Abs 4 VermG, § 4 Abs 3 Buchst a VermG, § 4 Abs 3 Buchst b VermG, § 4 Abs 3 Buchst c VermG, § 42 Abs 1 VwGO, § 113 Abs 5 S 1 VwGO, § 51 Abs 1 Nr 2 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.07.2021, Az. 8 C 5/20 (REWIS RS 2021, 4287)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4287

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