Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.10.2023, Az. VIII ZR 61/23

8. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 9491

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MIETERHÖHUNG MIETRECHT

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Gegenstand

Wohnraummiete: Rückzahlungsanspruch des Mieters bei Wohnflächenabweichung


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin ist seit dem 16. April 2014 Mieterin einer im dritten O[X.]ergeschoss gelegenen preisfreien Wohnung der Beklagten in [X.]. Die Wohnfläche ist im Mietvertrag vom 24. März 2014 mit 49,18 m² verein[X.]art; sie war [X.]ei Er[X.]auung des O[X.]jekts in den 1960er Jahren nach den damals gültigen Berechnungsgrundlagen ermittelt worden. Die monatliche Miete [X.]elief sich [X.]is einschließlich April 2017 auf 528 € und seit Mai 2017 auf 537,78 €.

2

Aus Anlass eines Mieterhöhungsverlangens der Beklagten im April 2021 ließ die Klägerin ihre Wohnung vermessen.

3

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin - gestützt auf ihre Behauptung, die Wohnfläche der Wohnung [X.]etrage tatsächlich nur 42,64 m² und weiche daher um 13,3 % von der verein[X.]arten Wohnfläche a[X.] - die Beklagte auf Rückzahlung ü[X.]erzahlter Miete für den Zeitraum vom 16. April 2014 [X.]is einschließlich Juni 2021 in Höhe von insgesamt 6.139,03 € sowie Ersatz der ihr für eine vorgerichtliche Wohnflächen[X.]erechnung entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 258,23 €, jeweils ne[X.]st Zinsen, in Anspruch genommen. Die Beklagte hat einen Mangel der Mietsache in A[X.]rede gestellt und die Verjährungseinrede erho[X.]en.

4

Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, welches in Anwendung der Vorschriften der Wohnflächenverordnung die Wohnfläche der Wohnung mit 43,3 m² [X.]erechnet hat; hierin enthalten ist die Fläche des Balkons der Wohnung mit einem Viertel (entspricht 1,069 m²). Auf der Basis der sich [X.]ei dieser tatsächlichen Wohnungsgröße erge[X.]enden Flächena[X.]weichung von 11,96 % zu der im Mietvertrag verein[X.]arten Wohnfläche hat das Amtsgericht der Klage in Höhe von insgesamt 5.779,21 € ne[X.]st Zinsen stattgege[X.]en. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.

5

Da[X.]ei hat das Berufungsgericht die hinsichtlich der Wohnfläche zwischen den Parteien allein noch streitige Frage, o[X.] der Balkon mit lediglich einem Viertel der Fläche anzurechnen sei und dadurch eine A[X.]weichung von der vertraglich verein[X.]arten Wohnfläche um mehr als 10 % - nämlich 11,96 % - vorliege, [X.]ejaht. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] sei der Begriff der "Wohnfläche" im frei finanzierten Wohnraum grundsätzlich anhand der für den preisge[X.]undenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen und vorliegend aufgrund der im Zeitpunkt des [X.] am 24. März 2014 geltenden Wohnflächenverordnung ([X.]) zu ermitteln. Entgegen der Auffassung der Beklagten folge aus der Ü[X.]erleitungsvorschrift des § 5 [X.] nicht, dass vorliegend die Zweite Berechnungsverordnung Anwendung finde, nach der die Grundfläche eines Balkons [X.]is zur Hälfte angerechnet werden könne. Die [X.] hätten stillschweigend die Berechnungsvorschriften im materiellen Sinne verein[X.]art, nicht hingegen die Anwendung einer Ü[X.]erleitungsvorschrift, die sonstige Normen heranziehe. Die [X.] sei vorliegend mit einem Viertel anzurechnen, wie es in § 4 Nr. 4 [X.] für den Regelfall vorgeschrie[X.]en sei. Anhaltspunkte für eine höhere Anrechnung seien nicht ersichtlich. Der vorhandene Balkon weise im Vergleich zu normalen Balkonen keinen [X.]eson[X.] hohen Wohnwert auf. Er sei aufgrund der ü[X.]lichen regionalen [X.]erungs[X.]edingungen und seiner Größe von gut 4 m² nur eingeschränkt nutz[X.]ar. Dass der Balkon zur straßena[X.]gewandten Seite gelegen, sonnenreich und [X.]ei Regen nutz[X.]ar sein und einen Blick ins [X.] [X.]ieten möge, [X.]egründe im Vergleich zu anderen Balkonen keine außergewöhnlichen Umstände. Außerdem sei der Balkon nach den vorgelegten Licht[X.]ildern von anderen Balkonen umliegender Häuser einseh[X.]ar und den Geräuschen vom Innenhof und anderer Balkone ausgesetzt.

6

Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin sei auch nicht teilweise verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist [X.]eginne gemäß § 199 A[X.]s. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläu[X.]iger von den den Anspruch [X.]egründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlange oder ohne gro[X.]e Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Eine solche Kenntnis ha[X.]e die Klägerin erst mit der im Jahr 2021 veranlassten Vermessung ihrer Wohnung erlangt, so dass die Verjährungsfrist [X.]ei Klageeinreichung im Dezem[X.]er 2021 noch nicht a[X.]gelaufen gewesen sei. Mit dem Bezug der Wohnung sei hingegen noch keine Kenntnis der genauen Größe der Wohnung ver[X.]unden. Die Größe der Wohnung lasse sich nur durch eine Vermessung feststellen, zu welcher häufig allein Fachleute in der Lage seien. Mangels einer den Mieter treffenden Untersuchungs- und Prüfungspflicht könne der Klägerin auch keine gro[X.] fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Eine [X.]esondere Veranlassung, das Mieto[X.]jekt auszumessen, ha[X.]e für die Klägerin nicht [X.]estanden.

7

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagea[X.]weisungsantrag weiter.

II.

8

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und es ist auch keiner der weiteren in § 543 A[X.]s. 2 Satz 1 ZPO genannten Revisionszulassungsgründe gege[X.]en.

9

a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen Grundsatz[X.]edeutung hinsichtlich des im Streitfall entscheidenden Gesichtspunkts zugelassen, o[X.] im frei finanzierten Wohnungs[X.]au [X.]ei nach dem 31. Dezem[X.]er 2003 geschlossenen Mietverträgen der Begriff der Wohnfläche grundsächlich nach der Wohnflächenverordnung ([X.]; BGBl. I S. 2346) ohne Heranziehung der Ü[X.]erleitungsvorschrift in § 5 [X.] auszulegen ist. Hierzu fehle [X.]isher eine höchstrichterliche Klärung. Dies trifft nicht zu.

aa) Der Senat hat [X.]ereits entschieden, dass für die [X.]ei frei finanziertem Wohnraum notwendige Auslegung des im Wohnraummietvertrag verwendeten Begriffs der "Wohnfläche" grundsätzlich auf diejenigen für den preisge[X.]undenen Wohnraum geltenden Bestimmungen zurückzugreifen ist, die im Zeitpunkt des [X.] gelten, so dass in den Fällen, in denen der Mietvertrag nach Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung am 1. Januar 2004 geschlossen wurde, die Wohnfläche nach den Vorschriften der Wohnflächenverordnung zu ermitteln ist (Senatsurteil vom 17. April 2019 - [X.], NJW 2019, 2464 Rn. 36, 40; e[X.]enso - nach Erlass des Berufungsurteils - Senatsurteil vom 27. Septem[X.]er 2023 - [X.], zur [X.] [X.]estimmt, Rn. 14). Aus diesen Grundsätzen folgt ohne Weiteres, dass in den genannten Fällen die Ü[X.]erleitungsvorschrift des § 5 [X.] nicht zur Anwendung kommt.

Nach dieser Bestimmung [X.]lei[X.]t es für [X.]is zum 31. Dezem[X.]er 2003 nach der [X.] Berechnungsverordnung vorgenommene [X.] [X.]ei dieser Berechnung, soweit nicht nach dem 31. Dezem[X.]er 2003 [X.]auliche Veränderungen an dem Wohnraum vorgenommen werden, die eine Neu[X.]erechnung der Wohnfläche erforderlich machen. Der Senat hat in den vorgenannten Entscheidungen im Rahmen der Auslegung des von den Mietparteien im frei finanzierten Wohnraum in einem a[X.] Januar 2004 geschlossenen Mietvertrag verwendeten Begriffs der "Wohnfläche" diese Ü[X.]erleitungsvorschrift nicht für anwend[X.]ar gehalten und deshal[X.] für die Frage, welche der für den preisge[X.]undenen Wohnraum geltenden Bestimmungen Anwendung finden, auf den Zeitpunkt des Vertragsa[X.]schlusses und nicht auf denjenigen der (erstmaligen) Berechnung der Wohnfläche a[X.]gestellt.

Dieser Reichweite des Aussagegehalts des [X.] vom 17. April 2019 ([X.], aaO) steht - an[X.] als die Revision meint - nicht entgegen, dass in diesem Verfahren keine Feststellungen dazu getroffen waren, o[X.] die Mietwohnung, welche der dortige Mieter im Januar 2007 angemietet hatte, [X.]ereits vor dem Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung am 1. Januar 2004 (erstmalig) vermessen worden war. Wie die Zurückweisung der den Rückzahlungsanspruch wegen infolge einer erhe[X.]lichen Wohnflächena[X.]weichung ü[X.]erzahlter Miete [X.]etreffenden Revision zeigt, hat der Senat derartige Feststellungen nicht für erforderlich gehalten, da es auf die Vorschrift des § 5 [X.] nicht ankam.

[X.][X.]) Angesichts dieser Rechtsprechung des Senats ist ein weitergehender Klärungs[X.]edarf nicht zu erkennen. Zwar kann sich auch nach der Klärung einer Rechtsfrage durch den [X.] ein für die Annahme einer Grundsatz[X.]edeutung im Sinne des § 543 A[X.]s. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ausreichender Klärungs[X.]edarf erge[X.]en. Dies setzt jedoch voraus, dass nicht nur einzelne Instanzgerichte oder Literaturstimmen der Auffassung des [X.] wi[X.]prechen oder dass neue Argumente ins Feld geführt werden, die den [X.] zu einer Ü[X.]erprüfung seiner Auffassung veranlassen können (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Novem[X.]er 2013 - [X.], NJW 2014, 456 Rn. 9; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 20. Aufl., § 543 Rn. 5a; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 543 Rn. 7).

So liegt es hier a[X.]er nicht. Soweit ersichtlich, wird die Ansicht, dass es für die Auslegung des Begriffs "Wohnfläche" im frei finanzierten Wohnraum anhand der Bestimmungen für den preisge[X.]undenen Wohnraum - entgegen der Rechtsprechung des Senats - in Anwendung des § 5 [X.] auf den Zeitpunkt der (erstmaligen) Berechnung der Wohnfläche ([X.]eziehungsweise auf den Zeitpunkt der Fertigstellung des Ge[X.]äudes) ankomme, lediglich noch von einer Stimme in der Literatur vertreten ([X.], [X.] 17/2019 [X.]. 1).

Der Maßge[X.]lichkeit allein des Zeitpunkts des A[X.]schlusses des Mietvertrags für die [X.]ei der Auslegung des Begriffs der Wohnfläche im Zweifel anzuwendenden Bestimmungen des preisge[X.]undenen Wohnraums steht auch das von der Revision angeführte Argument nicht entgegen, wonach im internationalen Privatrecht gemäß Art. 4 A[X.]s. 1 EGBGB die Verweisung [X.] Kollisionsnormen auf ausländisches Recht grundsätzlich nicht nur dessen Sachnormen, sondern auch seine Kollisionsnormen erfasse. Denn es geht vorliegend um die Auslegung des in einem Mietvertrag ü[X.]er [X.] verwendeten Begriffs der "Wohnfläche" nach §§ 133, 157 BGB und nicht um die Bestimmung des anzuwendenden Rechts in einem Sachverhalt mit Auslands[X.]erührung.

[X.]) Dass die Fort[X.]ildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revisionszulassung erforderten (§ 543 A[X.]s. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), hat das Berufungsgericht nicht angenommen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Klägerin sowohl ein [X.]ereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch (§ 812 A[X.]s. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) in Höhe von 11,96 % der gezahlten Miete für den geltend gemachten Zeitraum vom 16. April 2014 [X.]is einschließlich Juni 2021 (dazu nachfolgend unter a) als auch ein Anspruch nach § 536a A[X.]s. 1 Satz 1 BGB auf Zahlung der Sachverständigenkosten für eine vorgerichtliche Vermessung der Wohnung (dazu nachfolgend unter [X.]) zusteht.

a) Die Klägerin kann - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - gemäß § 812 A[X.]s. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB von der Beklagten die Rückzahlung der infolge einer Minderung in Höhe von 11,96 % ü[X.]erzahlten Miete für den geltend gemachten Zeitraum vom 16. April 2014 [X.]is einschließlich Juni 2021 in Höhe von insgesamt 5.520,98 € ne[X.]st Zinsen verlangen.

aa) Das Berufungsgericht ist zunächst rechtsfehlerfrei - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass die Anga[X.]e einer Wohnfläche im Mietvertrag (hier: 49,18 m²) als Beschaffenheitsverein[X.]arung anzusehen ist und dass eine A[X.]weichung hiervon um mehr als 10 % zum Nachteil des Mieters einen Mangel der Mietsache darstellt, welcher gemäß § 536 A[X.]s. 1 Satz 2 BGB zur Minderung der Miete in dem Verhältnis führt, in dem die tatsächliche Wohnfläche die verein[X.]arte Wohnfläche unterschreitet (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 10. März 2010 - [X.], NJW 2010, 1745 Rn. 8, 12; vom 18. Novem[X.]er 2015 - [X.], [X.]Z 208, 18 Rn. 9; vom 30. Mai 2018 - [X.]/17, NJW 2018, 2317 Rn. 16; vom 17. April 2019 - [X.], NJW 2019, 2464 Rn. 34 f.; vom 23. Septem[X.]er 2023 - [X.], aaO Rn. 12 f.).

[X.][X.]) Das Berufungsgericht hat e[X.]enso zu Recht angenommen, dass die Wohnfläche der vermieteten Wohnung im Streitfall anhand der materiellen Vorschriften der Wohnflächenverordnung zu ermitteln ist. Wie [X.]ereits o[X.]en (unter [X.]) ausgeführt, ist nach der Senatsrechtsprechung der Begriff der "Wohnfläche" im Wohnraummietrecht auch [X.]ei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für den preisge[X.]undenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen und vorliegend aufgrund der im Zeitpunkt des [X.] geltenden Wohnflächenverordnung zu ermitteln, wenn nicht - wovon hier jedoch nach den von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts nicht auszugehen ist - die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine a[X.]weichende Bedeutung [X.]eimessen oder ein anderer [X.] örtlich ü[X.]lich oder nach der Art der Wohnung naheliegender ist (vgl. Senatsurteile vom 17. April 2019 - [X.], aaO Rn. 36, 40; vom 23. Septem[X.]er 2023 - [X.], aaO Rn. 14). Da[X.]ei hat das Berufungsgericht im Rahmen der Auslegung des von den Parteien verwendeten Begriffs der "Wohnfläche" zu Recht nur auf die materiellen Vorschriften der Wohnflächenverordnung a[X.]gestellt und die Ü[X.]erleitungsvorschrift des § 5 [X.] nicht angewendet.

Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht ha[X.]e [X.]ei der Auslegung der Vorschrift des § 5 [X.] den zu Grunde liegenden gesetzge[X.]erischen Willen missachtet, wonach für Wohnflächen, die [X.]is zum 31. Dezem[X.]er 2003 auf der Grundlage der [X.] Berechnungsverordnung [X.]erechnet wurden, diese Berechnung ver[X.]indlich [X.]lei[X.]en solle und eine Neu[X.]erechnung der Wohnflächen nach der Wohnflächenverordnung nicht erforderlich sei (vgl. [X.]. 568/03, [X.]), greift nicht durch. Eine Ü[X.]ernahme dieser für den preisge[X.]undenen Wohnraum getroffenen gesetzge[X.]erischen Wertung in die mangels einer gesetzlichen Regelung für den [X.] erforderliche Auslegung des von den Parteien eines Mietvertrags verwendeten Begriffs der "Wohnfläche" gemäß §§ 133, 157 BGB ist weder nach Art. 20 A[X.]s. 3 GG noch in Anwendung anerkannter Auslegungsgrundsätze ge[X.]oten. Es entspricht vielmehr der typischen Interessenlage der Parteien eines Mietvertrags ü[X.]er [X.], den Begriff der Wohnfläche in Anlehnung an die materiellen Vorschriften der jeweils im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Vorschriften für preisge[X.]undenen Wohnraum zu [X.]estimmen, so dass es auf die Ü[X.]erleitungsregelung des § 5 [X.] nicht ankommt, deren Voraussetzungen (Vorliegen einer [X.]is zum 31. Dezem[X.]er 2003 erfolgten Berechnung der Wohnfläche nach der [X.] Berechnungsverordnung; Fehlen [X.]aulicher Änderungen, die eine Neu[X.]erechnung der Wohnfläche erforderlich machen) - worauf die Revisionserwiderung mit Recht hinweist - zumindest der Mieter in aller Regel nicht [X.]eurteilen kann. Auch ein Schutz[X.]edürfnis des Vermieters [X.]s, der [X.]is zum 31. Dezem[X.]er 2003 eine Berechnung der Wohnfläche nach der [X.] Berechnungsverordnung hat vornehmen lassen und die Kosten für eine Neu[X.]erechnung nach der Wohnflächenverordnung nicht aufwenden möchte, [X.]esteht nicht. Es steht ihm frei, auch in einem a[X.] Januar 2004 a[X.]geschlossenen Mietvertrag auf eine (ausdrückliche) Verein[X.]arung dahingehend hinzuwirken, dass die dort verein[X.]arte Wohnfläche (noch) nach den Vorschriften der [X.] Berechnungsverordnung zu [X.]erechnen ist.

cc) E[X.]enfalls rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass [X.]ei Zugrundelegung der Vorschriften der Wohnflächenverordnung die tatsächliche Wohnfläche der Wohnung lediglich 43,3 m² [X.]eträgt und damit um 11,96 % von der verein[X.]arten Wohnfläche a[X.]weicht, weil die Grundfläche des Balkons gemäß § 4 Nr. 4 [X.] mangels Vorliegens [X.]esonderer Umstände im Streitfall mit einem Viertel anzurechnen ist. Dies greift auch die Revision nicht an.

dd) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Anspruch der Klägerin nicht insoweit teilweise verjährt ist, als sie die Rückzahlung [X.]is zum Ende des Jahres 2017 geleisteter Mietzahlungen [X.]egehrt.

(1) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung unterfällt der dreijährigen [X.] des § 195 BGB (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 3573 Rn. 8). Die [X.] [X.]eginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Anspruch entstanden ist (§ 199 A[X.]s. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläu[X.]iger von den den Anspruch [X.]egründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne gro[X.]e Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 A[X.]s. 1 Nr. 2 BGB). Bei einem Anspruch aus ungerechtfertigter Leistung liegt die für den Verjährungs[X.]eginn erforderliche Kenntnis des Gläu[X.]igers im Sinne der letztgenannten Bestimmung vor, wenn er von der Leistung und von den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des [X.] ergi[X.]t. Eine zutreffende rechtliche Würdigung setzt § 199 A[X.]s. 1 Nr. 2 BGB - von Ausnahmefällen einer unü[X.]ersichtlichen oder zweifelhaften Rechtslage a[X.]gesehen - hingegen nicht voraus (vgl. [X.], Urteile vom 15. Juni 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1574 Rn. 12; vom 1. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 2570 Rn. 23; vom 26. Septem[X.]er 2012 - [X.], juris Rn. 45 f.; jeweils mwN).

(2) Es kann vorliegend dahinstehen, o[X.] eine hinreichende Tatsachenkenntnis in Bezug auf die tatsächliche Wohnfläche einer Mietwohnung [X.]ereits dann gege[X.]en ist, wenn der Mieter - jedenfalls in Fällen einfach gelagerter [X.] - die konkreten Kantenlängen sämtlicher Räume und anzurechnender Grundflächen der Wohnung kennt (so [X.], Mietrecht, 15. Aufl., § 548 BGB Rn. 65; vgl. auch [X.], NJW 2011, 3545, 3546; einschränkend [X.]., [X.], 177, 185 f. sowie [X.] 10/2012 [X.]. 1), oder o[X.] eine Kenntnis des Mieters von der tatsächlichen Wohnfläche seiner Wohnung weitergehendes Wissen, ins[X.]esondere das Vorliegen einer Wohnflächen[X.]erechnung erfordert (so wohl [X.], [X.], 457, 462).

(3) Denn hierauf kommt es im Streitfall nicht an. Eine konkrete Kenntnis der Klägerin von sämtlichen in die Wohnflächen[X.]erechnung einzustellenden Maßen ergi[X.]t sich - an[X.] als die Revision meint - jedenfalls nicht ohne Weiteres [X.]ereits durch den Bezug [X.]eziehungsweise die Nutzung der Wohnung (vgl. [X.], NJW 2013, 401; [X.], NJW-RR 2014, 710, 711; AG Ham[X.]urg, [X.] 2016, 895, 898; [X.], aaO; aA AG [X.], Urteil vom 18. April 2012 - 203 C 55/11, juris Rn. 27; [X.], NJW 2011, 3545, 3546; einschränkend [X.]., [X.], 177, 185 f. sowie [X.] 10/2012 [X.]. 1; vgl. auch [X.], [X.], 545, 552). Ein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass [X.]ei Bezug einer Wohnung ü[X.]licherweise sämtliche Wände und Raumhöhen durch den Mieter ausgemessen werden, existiert nicht. Allein der durch Nutzung vermittelte optische Eindruck oder das Ausmessen einzelner Wände vermittelt dem Mieter jedoch keine Kenntnis sämtlicher für eine Wohnflächen[X.]erechnung erforderlichen Tatsachen.

Das Berufungsgericht hat auf dieser Grundlage ohne Rechtsfehler eine Kenntnis der Klägerin erst mit der im Jahr 2021 veranlassten Vermessung der Wohnung angenommen. Ü[X.]ergangenen Sachvortrag zu einer vorherigen Kenntnis der Klägerin im vorgenannten Sinne zeigt die Revision nicht auf.

(4) Auch eine gro[X.] fahrlässige Unkenntnis der Klägerin liegt nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Eine solche setzt voraus, dass dem Gläu[X.]iger die Kenntnis deshal[X.] fehlt, weil er ganz naheliegende Ü[X.]erlegungen nicht angestellt und nicht [X.]eachtet hat, was im gege[X.]enen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer O[X.]liegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der [X.] vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch [X.]egründenden Umstände förmlich aufgedrängt ha[X.]en, er davor a[X.]er letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. [X.], Urteile vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 152 Rn. 28; vom 15. März 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 1187 Rn. 34). Da den Gläu[X.]iger generell keine O[X.]liegenheit trifft, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu [X.]etrei[X.]en ([X.], Urteile vom 8. Juli 2010 - [X.], aaO; vom 15. März 2016 - [X.], aaO), ist ein Mieter - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - grundsätzlich nicht verpflichtet, anlässlich des Bezugs der Wohnung diese vollständig auszumessen, um eine im Mietvertrag enthaltene Wohnflächenanga[X.]e zu ü[X.]erprüfen (vgl. [X.], aaO; AG Ham[X.]urg, aaO). Besondere Umstände, die eine Ausnahme hiervon rechtfertigen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ü[X.]ergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf.

[X.]) E[X.]enalls frei von [X.] ist das Berufungsgericht zu der Beurteilung gelangt, dass der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 536a A[X.]s. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der ihr für eine vorgerichtliche Vermessung der Wohnung entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 258,23 € ne[X.]st Zinsen zusteht.

3. Es [X.]esteht Gelegenheit zur Stellungnahme [X.]innen drei Wochen a[X.] Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Bünger     

      

Dr. Schmidt     

      

Wiegand

      

Dr. Reichelt     

      

Dr. Böhm     

      

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Rücknahme erledigt worden.

Meta

VIII ZR 61/23

17.10.2023

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Bonn, 23. Februar 2023, Az: 6 S 92/22

§ 4 WoFlV, § 5 WoFlV, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.10.2023, Az. VIII ZR 61/23 (REWIS RS 2023, 9491)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9491

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