Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2016, Az. 1 StR 629/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 12578

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten: Geltendmachung von sich nicht aus den Urteilsgründen ergebenden Erörterungsmängeln im Revisionsverfahren; Konkurrenzverhältnis bei mehreren Beschaffungsfahrten


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 25. August 2015 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.

2

Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

3

1. Am 24. Dezember 2014 verbrachte der Angeklagte gegen 16.50 Uhr mehr als 10,9 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.483,22 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) aus der [X.] in das Gebiet der [X.]. Er transportierte das Marihuana mit einem auf seinen Neffen [X.]       zugelassenen Pkw auf der [X.] über den ehemaligen Grenzübergang [X.]      nach [X.]. Die Betäubungsmittel waren geruchsdicht in [X.] verpackt, die sich zum Teil in einer anderen Tüte im Kofferraum und zum Teil im [X.] unter dem Kofferraum befanden. Der Angeklagte beabsichtigte, das Marihuana gewinnbringend im Raum München weiterzuverkaufen.

4

Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle wurden die Betäubungsmittel sichergestellt und der Angeklagte festgenommen. Bei der Kontrolle führte der Angeklagte weder ein Mobilfunkgerät noch andere Dokumente, welche Rückschlüsse auf seine Identität zuließen, mit sich. Er wies sich mit einem auf eine falsche Identität ausgestellten und vollständig gefälschten [X.] Führerschein aus.

5

2. Gleichzeitig bewahrte der Angeklagte in einer von ihm und seinem Neffen [X.]       genutzten Wohnung in [X.]      , welche von seiner Schwester angemietet worden war, knapp 1,7 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 216,82 Gramm THC auf. Auch diese Betäubungsmittel, die nicht aus der Einfuhr vom selben Tag stammten, waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Sie wurden am Folgetag unter dem Bett des Angeklagten neben Utensilien zum Drogenhandel (wie [X.], einem Laminiergerät, mehreren Mobiltelefonen, die zum Teil farbig markiert und von denen mehrere noch originalverpackt waren, sowie einer Packung Einmalhandschuhe und einer Digitalwaage) sichergestellt.

II.

6

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerfrei.

7

1. [X.] hält rechtlicher Nachprüfung stand.

8

a) Die Feststellungen werden von der Beweiswürdigung getragen.

9

aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 11. Februar 2016 – 3 [X.] und vom 14. Dezember 2011 – 1 [X.], [X.], 148; jeweils mwN).

bb) Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.

(1) Das [X.] hat sich rechtsfehlerfrei auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller für die Beweiswürdigung bedeutsamen Umstände von den Taten und der [X.]chaft des Angeklagten überzeugt.

Der Angeklagte hatte die Taten – nach einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO – auf der Grundlage einer Verteidigererklärung eingeräumt. Seine ergänzende Einlassung, nach der er jeweils für eine nicht näher bezeichnete andere Person gehandelt habe, hat das [X.] rechtsfehlerfrei als nicht glaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Die Würdigung des [X.]s, dies sei der bloße Versuch, die Tathandlungen als Beihilfehandlungen zu den Taten eines anderen erscheinen zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl für die Einlassung des Angeklagten, er habe im Fall II.1 der Urteilsgründe von einer Person, die er nicht namentlich nennen wollte, für die Einfuhr der Drogen aus [X.] 2.000 Euro in Aussicht gestellt bekommen, als auch für seine Einlassung, er habe im Fall II.2 der Urteilsgründe die unter seinem Bett aufgefundenen Drogen, Mobiltelefone und Utensilien von einer Person, die er ebenfalls nicht bezeichnen wollte, gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur Aufbewahrung erhalten.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] die Einlassung des Angeklagten, eine namentlich nicht bezeichnete Person habe ihm die in seiner Wohnung aufgefundenen und offensichtlich für einen Drogenverkauf genutzten Gegenstände mit Antragungen von THC, Kokain und Heroin gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur bloßen Verwahrung übergeben, als nicht glaubhaft gewertet hat. Das [X.] durfte aus der Auffindesituation den Schluss ziehen, dass der Angeklagte selbst und auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln handelte. Das [X.] hat zudem seine Behauptung, der (konspirativ geführte) [X.] über „2k“ bzw. „4k“ habe sich nicht auf Drogen, sondern auf [X.] am [X.] bezogen, rechtsfehlerfrei als widerlegt angesehen. Es durfte im Rahmen der Gesamtwürdigung auch in den Blick nehmen, dass von den unter dem Bett des Angeklagten sichergestellten Mobiltelefonen jeweils lediglich mit einer [X.] kommuniziert worden war und dass der Angeklagte bei der [X.] die aufgefundenen Drogen als ihm gehörend bezeichnet hatte. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Angeklagte bei der Einfuhr einen gefälschten und auf eine andere Identität lautenden [X.] Führerschein mit sich führte, während er auf das Mitführen eines Mobiltelefons verzichtete, und damit zur Verdeckung seiner wahren Identität einen erheblichen Aufwand betrieb.

(2) Die Beweiswürdigung des [X.]s ist auch nicht lückenhaft.

(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 1986 – 3 [X.]; [X.] in [X.], 7. Aufl., § 261 Rn. 81). [X.] ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. [X.], Urteil vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, [X.], 110; Beschluss vom 12. November 2015 – 2 [X.], Rn. 14; Urteile vom 22. Mai 2007 – 1 [X.] und vom 5. Dezember 2013 – 4 [X.], [X.], 87).

Im Übrigen liegt ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke nur dann vor, wenn sich das Tatgericht mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten für nahe liegende andere Möglichkeiten nicht auseinandergesetzt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 [X.], Rn. 14 und vom 30. April 1987 – 4 [X.], [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 6; Urteil vom 5. Dezember 1986 – 2 StR 566/86, [X.]R StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 4). Es ist aber weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27. April 2010 – 1 [X.], [X.], 310, 312 mwN; Beschluss vom 23. August 2011 – 1 [X.], Rn. 24, in [X.]St 57, 1 nicht abgedruckt; Urteil vom 23. März 1995 – 4 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Deshalb braucht das tatrichterliche Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern ([X.], Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 [X.], Rn. 14; vom 23. Mai 2012 – 1 [X.], Rn. 7, [X.], 355 und vom 23. August 2011 – 1 [X.], Rn. 24; Urteil vom 26. Mai 2011 – 1 [X.], [X.], 688), sondern muss sich nur mit nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. November 2015 – 2 [X.], Rn. 14; Urteil vom 11. Januar 2005 – 1 [X.], [X.], 147; Beschluss vom 29. August 1974 – 4 [X.], [X.]St 25, 365, 367; [X.] in [X.], 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Wenn sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige [X.] dieselbe Betäubungsmittelmenge betreffen, stellt es daher auch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht im Urteil die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (vgl. [X.], Urteil vom 23. März 1995 – 4 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 4).

Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht ist allein das tatrichterliche Urteil. Sollen daher Erörterungsmängel geltend gemacht werden, die sich nicht aus den Urteilsgründen selbst ergeben, sondern ihre Grundlage in Umständen außerhalb des Urteils finden, sind diese mit einer ausgeführten Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl. [X.] in [X.], 7. Aufl., § 261 Rn. 82). Dies gilt in gleicher Weise für die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung (vgl. [X.], Beschluss vom 23. August 2011 – 1 [X.], Rn. 24) wie für die Revision der Staatsanwaltschaft oder eines Nebenklägers gegen einen Freispruch (vgl. dazu [X.], Urteile vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, [X.], 110 und vom 5. Dezember 2013 – 4 [X.], [X.], 87).

(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Beweiswürdigung auch keine Erörterungsmängel und sonstigen Lücken.

Insbesondere ergibt sich allein aus der theoretischen Möglichkeit, der Angeklagte könnte das in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundene Rauschgift einerseits und die am 24. Dezember 2014 aus der [X.] eingeführten Betäubungsmittel andererseits aufgrund einer zuvor getroffenen Absprache, eine konkret bestimmte Gesamtmenge sukzessiv abzunehmen, im Rahmen mehrerer [X.] eingeführt haben, keine Lücke in der Beweiswürdigung des [X.]s. Die Möglichkeit eines solchen Geschehens hat weder der Angeklagte behauptet, noch ergeben sich dafür aus den Urteilsfeststellungen Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich das [X.] rechtsfehlerfrei sogar davon überzeugt, dass die von dem Angeklagten am 23. Dezember 2014, dem [X.], geführte [X.] ([X.]) der Absprache eines neuen [X.] und nicht bloß der Übergabe bereits bestellter Betäubungsmittel diente ([X.] 17).

Auch sonst sind Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den beiden [X.] ein Zusammenhang – etwa die Bezahlung einer ersten Lieferung anlässlich einer zweiten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. Januar 2016 – 4 [X.] und vom 22. Januar 2010 – 2 [X.], [X.], 97) – bestehen könnte, nicht erkennbar. Eine solche – hier ebenfalls rein theoretische und deshalb im Urteil nicht zu erörternde – Möglichkeit wird im Übrigen auch von der Revision nicht behauptet.

b) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.

aa) Das [X.] hat im Fall II.1 der Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gewertet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

(1) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 – [X.], [X.]St 50, 252 und vom 3. September 2015 – 3 [X.], [X.], 37; jeweils mwN). Dabei bilden verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit (vgl. [X.], Beschluss vom 3. September 2015 – 3 [X.], [X.], 37).

(2) Die aus [X.] eigenhändig eingeführte Wirkstoffmenge von 1.483,22 Gramm THC überschritt den Grenzwert für die nicht geringe Menge von 7,5 Gramm THC (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95 und vom 1. August 2006 – 4 StR 261/06) um mehr als das 197-fache.

(3) Die Urteilsfeststellungen belegen sowohl für die Einfuhr als auch für das Handeltreiben täterschaftliches Handeln des Angeklagten.

Er führte das Marihuana eigenhändig aus [X.] nach [X.] ein und war dabei auch nicht lediglich als Kurierfahrer tätig ([X.] 22). Somit war er Täter der Einfuhr. Die Wertung des [X.]s, der Angeklagte habe mit den eingeführten und nicht für den Eigenverbrauch bestimmten Betäubungsmitteln selbst Handel getrieben und sei nicht nur für eine andere Person unterstützend tätig geworden, hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.

bb) Auch im Fall II.2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen des [X.]s den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Die Wirkstoffmenge des in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen und nach [X.] Würdigung des [X.]s zum Verkauf bestimmten Marihuanas von 216,82 Gramm THC überschritt den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das 28-fache.

cc) Die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen Fall II.1 und Fall II.2 der Urteilsgründe wird ebenfalls von den Feststellungen getragen. Die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten bildeten keine einheitliche Tat.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann anzunehmen, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 23. März 1995 – 4 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies ist nach den Urteilsfeststellungen hier jedoch nicht der Fall.

(1) Die Feststellungen des [X.]s belegen, dass das in der vom Angeklagten benutzten Wohnung aufgefundene Marihuana nicht aus der am 24. Dezember 2014 eingeführten [X.] stammte. Der Angeklagte erlangte die Betäubungsmittel somit aufgrund unterschiedlicher Beschaffungsvorgänge.

(2) Beide Taten wurden auch nicht aufgrund einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat verbunden.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] werden mehrere [X.] durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie denselben Güterumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. April 2012 – 3 [X.] und vom 5. März 2002 – 3 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 21). Eine willkürliche Zusammenfassung kommt dagegen nicht in Betracht ([X.] aaO).

(b) Nach der Rechtsprechung des [X.] begründet der Besitz verschiedener und zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel, die zu keinem Zeitpunkt zu einem Depot verbunden waren, nicht bereits aufgrund einer zeitlichen Überschneidung eine Bewertungseinheit (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 [X.], Rn. 3, [X.], 113 und vom 23. Oktober 1996 – 5 [X.]; [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). So verhält es sich auch hier.

Zwar verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher [X.] den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 [X.], [X.], 82 und vom 25. Februar 2015 – 4 [X.], Rn. 5, [X.], 175; jeweils mwN). Dient aber der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 [X.], [X.], 82; vom 25. Februar 2015 – 4 [X.], Rn. 5, [X.], 175 und vom 16. Juli 2013 – 4 [X.], [X.], 162; jeweils mwN). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht [X.], selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 [X.], [X.], 82; vom 16. Juli 2013 – 4 [X.], Rn. 9, [X.], 162 und vom 17. Mai 1996 – 3 [X.], [X.]St 42, 162, 165 f.; [X.], BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380; jeweils mwN).

(c) Allerdings ist bei (teilweiser) Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen – etwa einheitlicher Verkaufsfahrten – Tateinheit anzunehmen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 [X.], Rn. 3, [X.], 113 mwN und vom 27. Januar 2016 – 5 StR 497/15).

Lässt sich eine vorherige Absprache feststellen, so kommt eine Bewertungseinheit dann in Betracht, wenn sie sich auf die Lieferung einer Gesamtmenge bezieht; denn in solchen Fällen ist der Tatbestand des Handeltreibens mit der Gesamtmenge bereits mit der Absprache erfüllt ([X.], BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 577; vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 [X.], Rn. 3, [X.], 113 und vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14, [X.], 642; jeweils mwN). Bei der Absprache über eine sukzessive Lieferung von Teilmengen sind die aufeinanderfolgenden Teilakte jedoch nur dann zu einer Tat zusammenzufassen, wenn vereinbart wurde, eine konkret bestimmte Gesamtmenge in Teilmengen zu liefern (vgl. [X.], Urteil vom 23. März 1995 – 4 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; [X.], BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 578).

Allein der Umstand, dass mehrere [X.] der gewinnbringenden Weiterveräußerung der Betäubungsmittel dienen, verklammert diese indes nicht zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 4 [X.], [X.], 82). Dies gilt selbst dann, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat des Lieferanten stammt (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 [X.], [X.], 25 mwN).

Ein einheitliches Handeltreiben könnte hier deshalb allenfalls dann vorliegen, wenn die vom Angeklagten am 24. Dezember 2014 eingeführte Menge an Marihuana und die bei ihm am Folgetag in der Wohnung sichergestellte Menge aufgrund einer vor der Beschaffung durch den Angeklagten getroffenen Vereinbarung über eine konkret bestimmte Gesamtmenge an denselben Abnehmer ausgeliefert werden sollten. Eine derartige Absprache hat das [X.] jedoch nicht festgestellt. Vielmehr tätigte der Angeklagte noch am Abend des 23. Dezember 2014, dem Vorabend der Einfuhrfahrt, als er bereits im Besitz der in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel war, per [X.] Verhandlungen über ein Drogengeschäft ([X.], 17). Daher lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung des Handeltreibens mit den beiden verfahrensgegenständlichen [X.] zu einer Bewertungseinheit nicht vor.

Auch der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ gebietet es nicht, zugunsten des Angeklagten von der Verbindung mehrerer [X.] zu einer Tat im Rechtssinne auszugehen. Grundsätzlich sind mehrere natürliche Handlungen auch mehrere Taten im Rechtssinne. Wenn sich – wie hier – in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige [X.] dieselbe [X.] betreffen, stellt es keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert ([X.], Urteil vom 23. März 1995 – 4 [X.], [X.]R BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Der [X.] bedeutet nämlich nicht, dass der [X.] von der günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Nur wenn Umstände bekannt geworden sind, nach denen die mehreren natürlichen Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden könnten, gebietet der [X.] die Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit ([X.] aaO mwN). Dies ist hier nicht der Fall.

(3) Selbst eine andere rechtliche Beurteilung des [X.] würde aber den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten insgesamt nicht beeinflussen (vgl. [X.], Beschluss vom 1. März 2004 – 2 BvR 2251/03, [X.]K 3, 20; [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 [X.], Rn. 5, [X.], 113 und vom 21. Januar 2014 – 2 [X.]; jeweils mwN).

2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 – 1 [X.], Rn. 17, [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 [X.], Rn. 12, [X.], 719; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur [X.] GS, Beschluss vom 10. April 1987 – [X.], [X.]St 34, 345, 349; [X.], Urteile vom 12. Januar 2005 – 5 [X.], wistra 2005, 144; vom 7. Februar 2012 – 1 [X.], Rn. 17, [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 [X.], Rn. 12, [X.], 719).

Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das [X.] hat das Vorliegen minder schwerer Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 BtMG) bzw. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 2 BtMG) mit tragfähigen Erwägungen verneint. Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Raum                             Graf                     Jäger

               Mosbacher                      Bär

Meta

1 StR 629/15

21.04.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Weiden, 25. August 2015, Az: 1 KLs - 24 Js 10739/14

§ 29 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 30 Abs 1 Nr 4 BtMG, § 52 StGB, § 53 StGB, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2016, Az. 1 StR 629/15 (REWIS RS 2016, 12578)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12578

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 629/15 (Bundesgerichtshof)


1 StR 49/16 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Voraussetzungen tateinheitlichen Handelns


1 StR 317/15 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Eigennützigkeit bei Abgabe von Marihuana zum Einkaufspreis; gewerbsmäßiges Handeln


4 StR 240/18 (Bundesgerichtshof)

Annahme einer Bewertungseinheit beim Betäubungsmittelhandel


3 StR 487/16 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Bewertungseinheit bei Besitz mehrerer verschiedenartiger Rauschgiftmengen; tateinheitlicher Besitz von Rauschgiftteilmengen


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.