Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2016, Az. 1 StR 629/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 12592

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:210416U1STR629.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR
629/15

vom
21. April 2016
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
-
2
-
Der
1.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 20. April 2016,
in der Sitzung am 21. April 2016, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender [X.] am [X.]
Dr. Raum
und die [X.] am [X.]
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Mosbacher,
[X.],

Staatsanwalt

in der Verhandlung vom 20. April 2016 ,
Oberstaatsanwältin beim [X.]

bei der Verkündung vom 21. April 2016 ,

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung vom 20. April 2016

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung vom 20. April 2016 ,
Justizobersekretärin

bei der Verkündung vom 21. April 2016

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Die
Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land-gerichts Weiden in der Oberpfalz
vom 25. August
2015
wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit uner-laubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die
Verletzung mate-riellen Rechts
gestützte Revision
des Angeklagten hat keinen Erfolg.
I.

Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

1. Am 24. Dezember 2014 verbrachte der Angeklagte gegen 16.50 Uhr mehr als 10,9 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.483,22 Gramm Tetrahydrocannabinol
(THC)
aus der [X.] in das 1
2
3
-
4
-
Gebiet der [X.]. Er transportierte das Marihuana
mit einem auf seinen Neffen D.

zugelassenen Pkw auf der Bundes-autobahn
6 über den ehemaligen Grenzübergang W.

nach [X.]. Die Betäubungsmittel waren geruchsdicht in [X.] verpackt, die sich zum Teil in einer anderen Tüte im Kofferraum und zum Teil im [X.] unter dem Kofferraum befanden. Der Angeklagte beabsichtigte,
das Marihuana gewinnbringend im Raum [X.] weiterzuverkaufen.

Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle wurden die Betäubungsmittel si-chergestellt
und der Angeklagte festgenommen. Bei der Kontrolle führte der Angeklagte weder ein Mobilfunkgerät noch andere Dokumente, welche
Rück-schlüsse auf seine Identität zuließen, mit sich. Er wies sich mit einem auf eine falsche Identität ausgestellten und vollständig gefälschten [X.] Führer-schein aus.

2. Gleichzeitig bewahrte der Angeklagte in einer von ihm und seinem Neffen D.

genutzten Wohnung
in G.

, welche von seiner Schwester angemietet worden war, knapp 1,7 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 216,82 Gramm THC
auf. Auch diese
Betäubungsmittel, die
nicht aus der Einfuhr vom selben
Tag stammten, waren
zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt.
Sie wurden am Folgetag unter dem Bett des Angeklagten neben Utensilien zum Drogenhandel
(wie [X.], einem Laminiergerät, mehreren Mobiltelefonen, die zum Teil farbig markiert und von denen mehrere noch originalverpackt waren, sowie einer Pa-ckung Einmalhandschuhe und einer Digitalwaage)
sichergestellt.
4
5
-
5
-
II.

Die auf die Rüge
der Verletzung materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerfrei.

1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Die Feststellungen werden von der Beweiswürdigung getragen.

aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu wür-digen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder
lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile
vom 11. Februar 2016

3 [X.]/15
und
vom 14. Dezember 2011

1 [X.], [X.], 148;
jeweils mwN).

bb) Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.

(1) Das [X.] hat sich rechtsfehlerfrei auf der Grundlage einer Ge-samtwürdigung aller für die Beweiswürdigung bedeutsamen Umstände von den Taten und der [X.]chaft des Angeklagten überzeugt.

Der Angeklagte hatte
die Taten

nach einer Verständigung im Sinne von §
257c StPO

auf
der Grundlage einer Verteidigererklärung eingeräumt.
Seine 6
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-
6
-
ergänzende Einlassung, nach der er jeweils für eine nicht näher bezeichnete andere Person
gehandelt habe, hat das [X.] rechtsfehlerfrei als nicht glaubhafte Schutzbehauptung
gewertet. Die Würdigung des [X.]s, dies
sei der bloße Versuch, die Tathandlungen als Beihilfehandlungen zu den
Taten
eines anderen
erscheinen zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Dies gilt sowohl für die Einlassung des Angeklagten, er habe im Fall II.1 der Urteils-gründe von einer Person, die er nicht namentlich nennen wollte, für die Einfuhr der Drogen aus [X.] 2.000 Euro in Aussicht gestellt bekommen, als auch für seine Einlassung, er habe im Fall II.2 der Urteilsgründe die unter sei-nem Bett aufgefundenen Drogen, Mobiltelefone und Utensilien
von einer Per-son, die er ebenfalls nicht bezeichnen wollte, gegen ein nicht näher vereinbar-tes Entgelt zur Aufbewahrung erhalten.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] die
Einlas-sung des Angeklagten, eine namentlich nicht bezeichnete Person habe ihm die in seiner Wohnung aufgefundenen und offensichtlich für einen Drogenverkauf genutzten Gegenstände
mit Antragungen von THC, Kokain und Heroin gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur bloßen Verwahrung übergeben, als nicht glaubhaft gewertet hat. Das [X.]
durfte aus der Auffindesituation den Schluss ziehen, dass der Angeklagte selbst und auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln handelte.
Das [X.] hat zudem seine
Behauptung, der (konspirativ geführte)
SMS-Drogen, sondern auf [X.] am [X.] bezogen, rechtsfehlerfrei als widerlegt angesehen. Es durfte im Rahmen der Gesamtwür-digung auch in den Blick nehmen, dass von den unter dem Bett des Angeklag-ten sichergestellten Mobiltelefonen
jeweils lediglich mit einer Empfängernum-mer kommuniziert worden war
und dass der Angeklagte bei der Haftbefehlser-öffnung die aufgefundenen Drogen als ihm gehörend bezeichnet hatte. [X.]
-
7
-
be gilt für
den Umstand, dass der Angeklagte bei der Einfuhr einen gefälschten und auf eine andere Identität lautenden [X.] Führerschein mit sich führte,
während er auf das Mitführen eines Mobiltelefons verzichtete, und damit zur Verdeckung seiner wahren Identität einen erheblichen Aufwand betrieb.

(2) Die Beweiswürdigung des [X.]s ist auch nicht lückenhaft.

(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweis-stoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 1986

3
StR 500/86; [X.] in [X.], 7.
Aufl., § 261 Rn.
81). [X.] ist eine Be-weiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. [X.], Urteil
vom 3. Dezember 2015

4 [X.], Rn.
13, [X.], 110;
Beschluss vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14; Urteile vom 22. Mai 2007

1 [X.] und
vom 5.
Dezember 2013

4
StR 371/13, [X.], 87).

Im Übrigen liegt ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke nur dann vor, wenn sich das Tatgericht mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten für nahe liegende andere Möglichkeiten
nicht auseinandergesetzt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14 und
vom 30.
April 1987

4 [X.], [X.]R StPO §
261 Beweiswürdigung, unzureichende
6; Urteil vom 5.
Dezember 1986

2 StR 566/86, [X.]R StPO §
261 Beweiswürdi-gung, unzureichende
4). Es ist aber weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27.
April 2010

1 [X.], [X.], 310, 312 mwN;
Beschluss vom 23.
August 2011

1 [X.], Rn.
24,
in [X.]St 57, 1 nicht 14
15
16
-
8
-
abgedruckt; Urteil vom 23.
März 1995

4 [X.], [X.]R BtMG §
29 Be-wertungseinheit
4). Deshalb braucht das tatrichterliche Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch
nicht zu erörtern
([X.], Beschlüsse vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14; vom 23.
Mai 2012

1 [X.], Rn.
7, [X.], 355
und
vom 23.
August 2011

1
[X.], Rn.
24; Urteil vom 26. Mai 2011

1
StR 20/11, [X.], 688), sondern muss sich nur mit nach der Sachlage naheliegenden
Möglichkeiten auseinandersetzen (vgl. [X.], [X.]
vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14; Urteil vom 11. Januar 2005

1 [X.], [X.], 147; Beschluss vom 29.
August 1974

4 [X.], [X.]St 25, 365, 367; [X.] in [X.], 7.
Aufl., §
261 Rn.
49 mwN). Wenn sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige
Betäubungsmittelgeschäfte dieselbe [X.] betreffen, stellt es daher auch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht im Urteil die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (vgl. [X.], Urteil vom 23.
März 1995

4 [X.], [X.]R BtMG §
29 Bewer-tungseinheit
4).

Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das [X.] ist allein das tatrichterliche
Urteil. Sollen daher Erörterungsmängel geltend gemacht werden, die sich nicht aus den Urteilsgründen selbst ergeben, sondern ihre Grundlage in Umständen außerhalb des Urteils finden, sind diese mit einer ausgeführten Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl.
[X.] in [X.], 7.
Aufl., §
261 Rn.
82). Dies gilt in gleicher Weise für die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
August 2011

1
[X.], Rn.
24) wie für die Revision der Staatsanwaltschaft oder eines [X.] gegen einen Freispruch (vgl. dazu [X.], Urteile vom 3.
Dezember 2015

4 [X.], Rn.
13, [X.], 110
und vom 5.
Dezember 2013

4
StR 371/13, [X.], 87).
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-
9
-

(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Beweiswürdigung auch keine Erörterungsmängel
und sonstigen
Lücken.

Insbesondere ergibt sich allein aus der
theoretischen
Möglichkeit, der Angeklagte könnte das
in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundene Rauschgift einerseits und die am 24. Dezember 2014 aus der [X.] eingeführten Betäubungsmittel andererseits aufgrund einer zuvor ge-troffenen Absprache, eine konkret bestimmte Gesamtmenge sukzessiv abzu-nehmen, im Rahmen mehrerer [X.] eingeführt haben, keine Lücke
in der Beweiswürdigung des [X.]s. Die Möglichkeit eines solchen Geschehens
hat weder der Angeklagte behauptet, noch ergeben sich dafür aus den Urteilsfeststellungen Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich das [X.] rechtsfehlerfrei sogar davon überzeugt, dass die von dem Angeklagten am 23.
Dezember 2014, dem [X.], geführte [X.] (UA S.
10) der Absprache eines neuen [X.] und nicht bloß der Übergabe bereits bestellter Betäubungsmittel diente (UA S.
17).

Auch sonst sind Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den beiden [X.]n ein Zusammenhang

etwa die Bezahlung einer ersten Lie-ferung anlässlich einer zweiten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13.
Januar 2016

4
StR 322/15 und
vom 22.
Januar 2010

2
StR 563/09, [X.], 97)

[X.] könnte, nicht erkennbar. Eine solche

hier ebenfalls rein theoretische und deshalb im Urteil nicht zu erörternde

Möglichkeit wird
im Übrigen auch von der Revision nicht behauptet.

b) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.
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10
-

aa) Das [X.] hat im Fall II.1 der Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
30 Abs.
1 Nr.
4 BtMG) in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

29a Abs. 1 Nr.
2 BtMG) ge-wertet.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

(1) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des §
29 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 26.
Oktober 2005

[X.], [X.]St 50, 252 und vom 3.
September 2015

3 StR 236/15, [X.], 37; jeweils mwN). Dabei bilden verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungs-einheit (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
September 2015

3 StR 236/15, [X.], 37).

(2) Die
aus [X.] eigenhändig
eingeführte Wirkstoffmenge von 1.483,22 Gramm THC überschritt den Grenzwert für die nicht geringe Menge von 7,5 Gramm THC (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. Dezember 1995

3 StR 245/95 und vom 1.
August 2006

4 StR 261/06) um mehr als das 197-fache.

(3) Die Urteilsfeststellungen
belegen sowohl für die
Einfuhr als auch für das Handeltreiben täterschaftliches Handeln
des Angeklagten.

Er
führte das Marihuana eigenhändig aus [X.] nach [X.] ein und war dabei auch nicht lediglich als Kurierfahrer tätig (UA S.
22). Somit war er Täter der Einfuhr. Die Wertung des [X.]s, der Angeklagte habe 22
23
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mit den eingeführten und nicht für den Eigenverbrauch bestimmten Betäu-bungsmitteln selbst Handel getrieben
und sei nicht nur für eine andere Person unterstützend tätig geworden, hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.

bb) Auch im Fall II.2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen des [X.]s
den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten [X.]s mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG). Die Wirkstoffmenge des in der Wohnung des Angeklagten aufgefunde-nen und nach [X.] Würdigung des [X.]s zum Verkauf be-stimmten Marihuanas
von 216,82
Gramm THC überschritt
den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das 28-fache.

cc) Die Annahme von Tatmehrheit (§
53 StGB) zwischen Fall II.1 und Fall II.2 der Urteilsgründe wird ebenfalls von den Feststellungen getragen. Die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten bildeten keine einheitliche Tat.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine [X.] Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann anzu-nehmen, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 23.
März 1995

4 [X.], [X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
4). Dies ist nach den Urteilsfeststellungen hier jedoch nicht der Fall.

(1) Die Feststellungen des [X.]s belegen, dass das in der vom Angeklagten benutzten Wohnung aufgefundene Marihuana nicht aus der am
24. Dezember 2014 eingeführten [X.] stammte. Der Angeklagte erlangte die Betäubungsmittel somit aufgrund unterschiedlicher Beschaffungs-vorgänge.
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12
-

(2) Beide Taten wurden
auch nicht aufgrund einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat verbunden.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] werden mehrere [X.] durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie denselben Gü-terumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit [X.] Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer ein-heitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 11.
April 2012

3 StR 81/12
und vom 5.
März 2002

3 [X.], [X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
21). Eine willkürliche Zusammenfassung kommt dagegen nicht in Betracht ([X.] aaO).

(b) Nach der Rechtsprechung des [X.] begründet der Besitz verschiedener und zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäu-bungsmittel, die zu keinem Zeitpunkt zu einem Depot verbunden waren, nicht bereits aufgrund einer zeitlichen Überschneidung eine Bewertungseinheit (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 14. Januar 2015

4 [X.], Rn.
3, [X.], 113
und vom 23.
Oktober 1996

5 StR 505/96; [X.]R BtMG § 29 Bewertungs-einheit
9). So verhält es sich auch hier.

Zwar verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungs-mittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln
nur einmal (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 3.
Dezember 2015

4 [X.], [X.], 82
und
vom 25.
Februar 2015

4
StR 516/14, Rn.
5, [X.], 175; jeweils
mwN). Dient aber der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen 31
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Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück
(st.
Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 3.
Dezember 2015

4 [X.], [X.], 82;
vom 25.
Februar 2015

4
StR 516/14, Rn.
5, [X.], 175 und
vom 16.
Juli 2013

4 [X.], [X.], 162; jeweils mwN). Der [X.] hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht [X.], selbständige, die Vo-raussetzungen des §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3.
Dezember 2015

4
[X.], [X.], 82;
vom 16.
Juli 2013

4 [X.], Rn.
9, [X.], 162 und
vom 17.
Mai 1996

3 StR
631/95, [X.]St 42, 162, 165
f.; [X.], BtMG, 4.
Aufl., §
29 Rn.
1380; jeweils mwN).

(c) Allerdings ist bei (teilweiser) Identität der tatbestandlichen Ausfüh-rungshandlungen

etwa einheitlicher Verkaufsfahrten

Tateinheit anzuneh-men (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 14. Januar 2015

4 [X.], Rn.
3, [X.], 113
mwN und
vom 27.
Januar 2016

5 StR 497/15).

Lässt
sich eine vorherige Absprache
feststellen, so kommt eine Bewer-tungseinheit dann in Betracht, wenn sie sich auf die Lieferung einer Gesamt-menge bezieht; denn in solchen Fällen ist der Tatbestand des Handeltreibens mit der Gesamtmenge bereits mit der Absprache erfüllt ([X.], BtMG, 4.
Aufl., Vor §§
29
ff., Rn.
577; vgl. auch [X.],
Beschlüsse vom 14. Januar 2015

4
[X.], Rn.
3, [X.], 113 und vom 16. September 2014

3 [X.], [X.], 642; jeweils mwN). Bei der Absprache über eine sukzessive Lieferung von Teilmengen sind die aufeinanderfolgenden Teilakte jedoch nur dann zu einer Tat zusammenzufassen, wenn vereinbart wurde, eine konkret bestimmte Gesamtmenge in Teilmengen zu liefern (vgl. [X.], Urteil vom
35
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14
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23. März 1995

4
[X.], [X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
4; [X.], BtMG, 4.
Aufl., Vor §§
29
ff., Rn.
578).

Allein der Umstand, dass mehrere [X.] der gewinnbrin-genden Weiterveräußerung der Betäubungsmittel dienen, verklammert diese indes nicht zu einer
einheitlichen Tat des Handeltreibens
(vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Dezember 2015

4 [X.], [X.], 82). Dies gilt selbst dann, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat des Lieferanten stammt (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Januar 2010

1 StR 587/09, [X.], 25 mwN).

Ein
einheitliches
Handeltreiben
könnte hier deshalb allenfalls dann [X.], wenn die vom Angeklagten am 24. Dezember 2014 eingeführte Menge an Marihuana
und die bei ihm am Folgetag in der Wohnung sichergestellte Menge aufgrund einer vor der Beschaffung durch den Angeklagten getroffenen Vereinbarung über eine konkret bestimmte Gesamtmenge an denselben [X.] ausgeliefert werden sollten.
Eine derartige Absprache hat das [X.] jedoch nicht festgestellt. Vielmehr tätigte der Angeklagte noch am Abend des 23. Dezember 2014, dem Vorabend der Einfuhrfahrt, als er bereits im [X.] der in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel war, per [X.] Verhandlungen über ein Drogengeschäft (UA S.
10, 17). Daher lagen die Voraussetzungen für
eine Zusammenfassung des Handeltreibens mit den beiden verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel-mengen zu einer Bewertungseinheit nicht
vor.

Auch dzugunsten des Angeklagten von der Verbindung mehrerer [X.] zu einer Tat im Rechtssinne auszugehen. Grundsätzlich sind mehrere 37
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-
natürliche Handlungen auch mehrere Taten im Rechtssinne. Wenn sich

wie hier

in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige [X.] dieselbe [X.] betreffen, stellt es keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert ([X.], Urteil vom 23.
März 1995

4 [X.], [X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
4). Der [X.] bedeutet nämlich nicht, dass der [X.] von der günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Nur wenn Umstände [X.] geworden sind, nach denen die mehreren natürlichen Handlungen zu [X.] zusammengefasst werden könnten, gebietet der [X.] die Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit ([X.] aaO
mwN).
Dies ist hier nicht der Fall.

(3) Selbst eine andere rechtliche Beurteilung des [X.] würde aber den materiellen Unrechts-
und Schuldgehalt der Taten insge-samt nicht beeinflussen (vgl. [X.], Beschluss vom 1.
März 2004

2 BvR 2251/03, [X.]K 3, 20; [X.], Beschlüsse
vom 14. Januar 2015

4 [X.], Rn.
5, [X.], 113
und
vom 21.
Januar 2014

2 [X.]; jeweils mwN).

2. Der Strafausspruch
hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es
in der [X.] von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu [X.] und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.]s in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, 40
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-
wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldaus-gleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile
vom 17. September 1980

2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, 320;
vom 7. Februar 2012

1 [X.], Rn.
17, [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016

1 [X.], Rn.
12, [X.], 719; jeweils

1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne ge-hende [X.] ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur [X.] GS, [X.] vom 10. April 1987

GSSt
1/86,
[X.]St 34, 345, 349; [X.], Urteile
vom 12.
Januar 2005

5 StR 301/04, wistra
2005, 144;
vom 7. Februar 2012

1
[X.], Rn.
17, [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016

1 [X.], Rn. 12, [X.], 719).
Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das [X.] hat das [X.] minder schwerer Fälle der unerlaubten Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

30 Abs. 2 BtMG) bzw. des unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

29a Abs. 2 BtMG)
mit tragfä-higen Erwägungen verneint. Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfeh-lerfrei.
43
-
17
-
III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
473 Abs.
1 StPO.
Raum

Graf Jäger

Mosbacher Bär
44

Meta

1 StR 629/15

21.04.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2016, Az. 1 StR 629/15 (REWIS RS 2016, 12592)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12592

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