Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2009, Az. IV ZR 195/08

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 101

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[X.] BESCHLUSS IV ZR 195/08vom 16. Dezember 2009 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin-nen Dr. Kessal-Wulf und [X.] am 16. Dezember 2009 beschlossen: Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilse-nats des [X.] vom 27. Juni 2008 gemäß § 552a zurückzuweisen. Gründe: [X.] Der Kläger nimmt die Beklagte, bei der er eine private Kranken-versicherung hält, auf Schadensersatz wegen Verschuldens beim [X.] in Anspruch. Er war als angestellter Lehrer aus eigenem Recht zu 50% beihilfeberechtigt und bei der [X.] ergänzend kran-kenversichert. Im Mai 1994 ließ sich der Kläger aus Anlass seiner bevor-stehenden Verrentung zum 1. September 1994 von einem Versiche-rungsagenten der [X.] über den dann erforderlichen Krankenversi-cherungsschutz beraten. Daraufhin schloss der Kläger bei der [X.] eine Vollversicherung beginnend mit dem 1. September 1994 ab. 1 Im August 2004 erfuhr der Kläger im Zusammenhang mit der Pen-sionierung seiner Ehefrau, einer beamteten Lehrerin, dass er über diese 2 - 3 -

schon 1994 zu 70% beihilfeberechtigt gewesen wäre, weil seine [X.] nicht über der maßgeblichen Schwelle des § 2 Abs. 2 EStG la-gen. Zum 1. Januar 2005 stellte die Beklagte den Vertrag mit dem Kläger auf eine Beihilfeergänzungsversicherung von 30% um.
Der Kläger macht eine Falschberatung durch den [X.] der [X.] geltend und verlangt von ihr Erstattung der infol-ge der falschen Tarifeinstufung zuviel gezahlten Versicherungsprämien. 3 Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelas-senen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag wei-ter. 4 I[X.] Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision im [X.] nach § 552a Satz 1 ZPO sind gegeben. 5 1. Die vom Berufungsgericht uneingeschränkt zugelassene, [X.] nicht wirksam auf die Frage der Verjährung beschränkte Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. 6 a) Die von der [X.] erhobene Verjährungseinrede hat das Berufungsgericht - allerdings nur - im Ergebnis zu Recht nicht durchgrei-fen lassen. 7 aa) Das Berufungsgericht hat die Klageforderung der zweijährigen Verjährung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. unterworfen. Da dem Klä-ger die falsche Tarifeinstufung im August 2004 anlässlich der [X.] - 4 -

rung seiner Ehefrau bekannt geworden sei, habe er erst zu diesem Zeit-punkt den Schadensersatzanspruch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F. geltend machen können, so dass die Verjährung mit Schluss des Jahres 2004 zu laufen begonnen habe und durch die im Juni 2006 zugestellte Klage gehemmt worden sei.
bb) Die Klageforderung unterliegt indessen der Verjährungsrege-lung des § 12 Abs. 1 [X.] a.F. nicht. 9 (1) Diese Vorschrift erfasst nach ihrem klaren und unzweideutigen Wortlaut nur "die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag". Damit [X.] nach allgemein gültigem juristischem Sprachgebrauch nur solche Ansprüche gemeint sein, die ihre rechtliche Grundlage in dem Versiche-rungsvertrag haben, also nach ihrer rechtlichen Natur auf dem Versiche-rungsvertrag beruhen. Dazu gehören grundsätzlich nicht bereicherungs-rechtliche Rückgewähransprüche, weil sie weder in dem durch den [X.] begründeten Versicherungsverhältnis ihre rechtliche Grundlage haben noch einen rechtswirksamen Versicherungsvertrag voraussetzen (BGHZ 32, 13, 15). Demgemäß hat der [X.] § 12 Abs. 1 [X.] a.F. auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des [X.] auf Rückzahlung von Versicherungsprämien nicht [X.] ([X.]surteil vom 10. März 2004 - [X.]/03 - [X.], 893 unter [X.]). Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Bereicherungsaus-gleich auf vertraglicher Grundlage erfolgt ([X.]surteil vom 25. Oktober 1989 - [X.] - [X.], 189 unter 3 a). 10 (2) Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers aus cul-pa in contrahendo und aus der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung des Versicherers hat der [X.] dann der Verjährungsfrist des § 12 11 - 5 -

Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. unterstellt, wenn ein vorvertragliches Verschul-den des Versicherers oder seines Agenten zwar nicht das [X.] des späteren Versicherungsvertrages verhindert, aber zu einem Vertrag geführt hat, der im Inhalt hinter den Vorstellungen des [X.] zurückbleibt oder von ihnen abweicht ([X.]surteil vom 21. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.], 361 unter II 1 c; ähnlich [X.] VersR 1999, 477). Denn in einem solchen Fall besteht ein enger rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Ersatzanspruch aus culpa in contrahendo und dem ursprünglich vom [X.] angestrebten Vertrag. Der Anspruch aus culpa in [X.] kann dem Geschädigten hinsichtlich der Verjährung keine stärkere Rechtsstellung verschaffen als ein vertraglicher Erfüllungsanspruch ([X.] vom 21. Januar 2004 aaO). Dies entspricht dem allgemein für Ansprüche aus Verschulden beim Vertragsschluss entwickelten Rechts-gedanken, wonach die für vertragliche Erfüllungsansprüche maßgebli-chen kurzen Verjährungsfristen auch für solche Ansprüche gelten sollen, die wirtschaftlich die Stelle der vertraglichen [X.] und sich insoweit als der "Ersatzwert des ursprünglich Bedun-genen" erweisen ([X.], 191, 195; [X.]surteil vom 21. Januar 2004 aaO unter II 1 b m.w.N.).
(3) Dies bedeutet allerdings nicht, dass § 12 Abs. 1 [X.] a.F. auf jedweden Schadensersatzanspruch, den der Versicherungsnehmer auf Verschulden beim Vertragsschluss stützt, anwendbar ist. Maßgeblich ist, ob der Schadensersatzanspruch wirtschaftlich die Stelle des vertragli-chen Erfüllungsanspruchs einnimmt und sich insoweit als "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen" darstellt. Dies gilt für den hier streitigen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo nicht. Der Kläger macht die Beklagte deshalb haftbar, weil er durch ihren Versicherungs-12 - 6 -

agenten vor Abschluss des Versicherungsvertrages falsch beraten [X.] sei und deshalb einen Vertrag abgeschlossen habe, der ihm einen über seine Bedürfnisse hinausgehenden Versicherungsschutz gewährte und für den er höhere Prämien zu zahlen hatte als bei Abschluss eines bedarfsgerechten Vertrages. Damit begehrt der Kläger gerade nicht den Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen; er macht keinen Anspruch gel-tend, der wirtschaftlich die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs einnimmt. Vielmehr ist sein Begehren von dem zustande gekommenen Versicherungsvertrag noch weiter entfernt als ein bereicherungsrechtli-cher Anspruch auf Rückgewähr einer nach Maßgabe des [X.] nicht geschuldeten Leistung. Der Kläger hat die Prämien, die er teilweise mit der Klage zurückverlangt, nach dem mit der [X.] geschlossenen Versicherungsvertrag geschuldet. Sein Rückforderungs-anspruch setzt indessen vor Vertragsschluss an. Denn der Kläger will so gestellt werden, wie er stünde, wenn er diesen Vertrag gar nicht abge-schlossen hätte. [X.]) Da auf die Klageforderung § 12 Abs. 1 [X.] a.F. keine Anwen-dung findet, unterliegt sie den [X.] [X.]. Bis zum 31. Dezember 2001 galt die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. Für den bis dahin entstandenen Teil des [X.] war nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 die dreijährige Regel-verjährung des § 195 BGB n.F. maßgeblich. Diese begann gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. mit dem Schluss des Jahres 2004, nachdem der Kläger im August 2004 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Um-ständen erlangt hatte, und war bei Zustellung der Klage im Juni 2006 noch nicht abgelaufen. Nach Maßgabe des neuen Verjährungsrechts war 13 - 7 -

auch der Anspruch auf Erstattung der ab dem 1. Januar 2002 zuviel ge-zahlten Prämien bei Klagezustellung noch nicht verjährt. b) Das Berufungsgericht hat auch ohne durchgreifende [X.] ein vorvertragliches Beratungsverschulden des Versicherungsagenten der [X.] bejaht. 14 aa) Ohne Erfolg verweist die Beklagte auf das Urteil des [X.] vom 25. August 1999 ([X.], 204). Das [X.] Hamm verneinte einen Beratungsfehler eines [X.], der einen Lehrer, der wegen Wegfalls seiner Beihilfe-berechtigung bei Ausscheiden aus dem Schuldienst eine Änderung des [X.]s wünschte, nicht darauf hingewiesen hatte, dass er über seine Ehefrau noch beihilfeberechtigt war. Dies wurde [X.] begründet, dass der Agent nicht ungefragt über die Möglichkeit abge-leiteter Beihilfeansprüche belehren müsse, wenn er von deren Voraus-setzungen keine Kenntnis habe. Davon unterscheidet sich der [X.] schon dadurch, dass dem Agenten der [X.] nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Beihilfeberechtigung der Ehefrau des [X.] bekannt war. Darin, dass der Versicherungsagent gleichwohl nicht den an den abgeleiteten Beihilfeanspruch des [X.] angepassten [X.] ermittelte, hat das Berufungsgericht die Falschberatung gesehen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 15 bb) Schließlich greift die Rüge nicht durch, das Berufungsgericht hätte ein Mitverschulden des [X.] prüfen müssen, weil ihm unstreitig mit Vorliegen des Einkommensteuerbescheides 1994 bekannt gewesen sei, dass seine Rente allein mit ihrem Ertragsanteil besteuert wurde. 16 - 8 -

Daraus musste sich für den Kläger nicht ergeben, dass dies auch für seine Beihilfeberechtigung und damit für die Wahl des [X.] Bedeutung hatte. Er war daher nicht gehalten, bereits zu die-sem Zeitpunkt der [X.] mitzuteilen, dass die von ihm angegebene Höhe seiner zukünftigen [X.] nur zu einem Bruchteil für die Beihilfeberechtigung relevant sei.
2. Auch ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Insbesondere kommt der Rechtssache nicht die vom Berufungsgericht angenommene grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, wann für den [X.] wegen zuviel gezahlter [X.] die kurze Verjährung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] a.F. beginnt, ist nicht entscheidungserheblich, weil diese - nur noch auf Altfälle anwendbare - Vorschrift hier nicht einschlägig ist. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO geboten. 17 - 9 -

18 Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22. Januar 2010.
Terno [X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf

[X.] Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch [X.]

erledigt worden. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.12.2006 - 3 O 187/06 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 1 U 8/07 -

Meta

IV ZR 195/08

16.12.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2009, Az. IV ZR 195/08 (REWIS RS 2009, 101)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 101

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