Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2006, Az. III ZR 10/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1033

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 2. November 2006 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 233 [X.], 234 B Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zur Antragsfrist, wenn die [X.] in erster Linie geltend macht, die Rechtsmittelschrift fristgemäß in den Nachbriefkasten des Gerichts geworfen zu haben. [X.], Urteil vom 2. November 2006 - [X.]/06 - OLG Frankfurt am Main

LG Limburg - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 2006 durch [X.] und [X.] [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des [X.] - 4. Zivilsenat - vom 7. Dezember 2005 aufgehoben. Dem [X.]n wird gegen die Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 11. März 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Sache wird zur Entscheidung über die Begründetheit der [X.] sowie über die Kosten des [X.] an das [X.]sgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz in Höhe von 366.300 • in Anspruch. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das Urteil ist dem [X.]n am 17. März 2005 zugestellt worden. Hiergegen 1 - 3 - hat er unter dem 18. April 2005 Berufung eingelegt. Der Schriftsatz trägt den Eingangsstempel "Nachtbriefkasten" der Justizbehörden [X.]) vom 19. April 2005. Nach Hinweis auf das Eingangsdatum hat der [X.] am [X.] vorsorglich Wiedereinsetzung beantragt und erneut Berufung einge-legt. Er hat, gestützt auf eidesstattliche Versicherungen seines [X.] und dessen Angestellter [X.]

, vorgetragen, die bei dem Pro-zessbevollmächtigten tätige Rechtsanwalts- und Notargehilfin [X.] habe die Berufungsschrift bereits am 18. April 2005 gegen 18.00 Uhr in den Nacht-briefkasten eingeworfen. Das Berufungsgericht hat den [X.] zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden [X.] zugelassene Revision des [X.]n. Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg. 2 [X.] Nach der Überzeugung des Berufungsgerichts hat der [X.] die Beru-fungsfrist versäumt. Die Berufungsschrift hätte bis zum Montag, dem 18. April 2005, bei Gericht eingehen müssen. Eine fristgerechte Einlegung habe der [X.] jedoch nicht bewiesen. Der Eingangsstempel weise den 19. April 2005 als Tag des Eingangs aus. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der gemäß § 418 Abs. 2 ZPO zulässige Gegenbeweis auch unter Berücksichtigung der die Darstellung des [X.]n bestätigenden Aussage der Zeugin [X.] nicht geführt. Der Wiedereinsetzungsantrag enthalte keine zusätzli[X.] [X.] - 4 - [X.] und sei deswegen unzulässig, mindestens aber unbegründet. Es sei nach der Beweisaufnahme nicht ausrei[X.]d glaubhaft gemacht, dass der [X.] alles getan habe, um von einem ordnungsgemäßen Eingang der [X.] ausgehen zu können. I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punk-ten stand. 4 1. Ohne Erfolg wendet sich allerdings die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der [X.] habe den ihm obliegenden Beweis, dass die Berufungsschrift noch vor Ablauf der Berufungsfrist am 18. April 2005 bei Gericht eingegangen sei, nicht geführt. Der Eingangsstempel vom 19. April 2005 erbringt, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis für einen (verspäteten) Einwurf des Schriftsatzes in den Nachtbriefkasten der Justizbehörden erst an diesem Tage. Der Beweis ei-ner Unrichtigkeit der darin bezeugten Tatsa[X.] - zur vollen Überzeugung des Gerichts - ist zwar zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO), und hieran dürfen nach ständi-ger Rechtsprechung auch keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. etwa [X.], Urteil vom 14. Oktober 2004 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 75; [X.]sbeschluss vom 15. September 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 3501). Gleichwohl ist es auch bei vollständiger Überprüfung durch den [X.] nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht sich durch die als in jeder Hinsicht glaubhaft angesehene Aussage der für die Leerung des [X.] und die Führung der Fristenbücher zuständigen Justizange-stellten, der Zeugin [X.]

, gehindert sieht, den gleichfalls als glaubhaft 5 - 5 - bezeichneten Angaben der Zeugin [X.] zu folgen, und - ohne es ausdrück-lich zu sagen - auch den vom [X.]n vorgetragenen Indizien einschließlich des von der Zeugin [X.] nachträglich gefertigten Aktenvermerks keine ausschlaggebende Bedeutung beimisst. Zu einer weiteren Sachaufklärung war das Berufungsgericht nicht verpflichtet. Das vom [X.]n für denkbare Feh-lerquellen beantragte Sachverständigengutachten konnte angesichts dessen, dass auf der Grundlage der Aussage der Zeugin [X.]eine Fehlfunktion des [X.] nicht festzustellen war, allenfalls eine trotzdem gegebene Möglichkeit technischer Fehler aufzeigen, ohne dass damit indes eine sichere Erkenntnis über die Funktionsweise des Briefkastens während der maßgeben-den Zeiträume verbunden gewesen wäre. 2. a) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist demgegenüber die Annahme des [X.]sgerichts, dem [X.]n könne wegen des [X.] auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 233 ZPO). In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass eine [X.] die Rechtzeitigkeit ihrer Prozesshandlung behaupten und zugleich für den Fall, dass sie zur Beweisführung nicht in der Lage ist, hilfsweise Wiedereinsetzung beantragen kann (Beschluss vom 27. November 1996 - [X.] 117/96 - NJW 1997, 1312, 1313; Beschluss vom 16. März 2000 - [X.] 36/99 - NJW 2000, 2280; Urteil vom 30. März 2000 - [X.] - NJW 2000, 1872, 1873; [X.] vom 27. Februar 2002 - [X.] - NJW-RR 2002, 1070 f.). Ein sol-cher Antrag muss zwar grundsätzlich die Angabe der eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsa[X.] enthalten (§ 236 Abs. 2 Satz 1, [X.]. 1 ZPO). Die Antragsfrist beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO aber erst mit dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Davon kann hier erst dann ausgegangen werden, als dem Prozessbevollmächtigten des [X.]n aufgrund der ihm am 19. Mai 2005 zugestellten Stellungnahme der [X.] erstmals begründete 6 - 6 - Zweifel an der Richtigkeit der von seiner Angestellten geschilderten Sachdar-stellung kommen mussten. b) Nach diesen Maßstäben ist der vom [X.]n gestellte [X.] zulässig und begründet. Der [X.] hatte bereits in seinem Wiedereinsetzungsgesuch vom 22. April 2005 durch Vorlage einer entspre-[X.]den eidesstattli[X.] Versicherung der Rechtsanwaltsgehilfin [X.] gel-tend gemacht, nach Unterzeichnung der Berufungsschrift habe diese das Büro am 18. April 2005 gegen 17.45 Uhr verlassen und den Briefumschlag kurz nach 18.00 Uhr in den Nachbriefkasten eingeworfen. Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2005, bei Gericht eingegangen am selben Tage, hat er dieses Vorbringen [X.] und dahin ergänzt, im vorliegenden Fall sei die Berufungsschrift wegen später Freigabe durch die Haftpflichtversicherung nicht mit der übli[X.] Ge-richtspost eingereicht worden, sondern die Sekretärin seines [X.] habe sich bereit erklärt, den am Nachmittag des 18. April 2005 ge-fertigten Schriftsatz nach Dienstschluss in den Fristenbriefkasten einzuwerfen. Der Prozessbevollmächtigte könne sich auch selbst daran erinnern, dass sich seine Sekretärin zwis[X.] 17.30 Uhr und 17.45 Uhr verabschiedet und das Büro mit dem Briefumschlag in der Hand verlassen habe. Dies hat er zusätzlich durch eine eigene eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwalts sowie durch eine Vorlage des [X.] vom 18. April 2005 glaubhaft gemacht. Der [X.] hat keine Bedenken, dem - soweit es sich um die dafür maßgebenden Geschehnisse vor 18.00 Uhr handelt - zu folgen. Dann aber lässt sich ein Schuldvorwurf gegen den Prozessbevollmächtigten des [X.]n, der seiner Fachangestellten lediglich einen einfa[X.] und im [X.] zudem überwachten Botendienst übertragen hat, schlechterdings nicht erheben. Ein Verschulden allein der Zeugin [X.] bei der Beförderung 7 - 7 - des Briefs oder bei dessen Einwurf in den Briefkasten wäre aber dem [X.]n nicht anzulasten (§ 85 Abs. 2 ZPO). Infolgedessen ist das angefochtene Urteil aufzuheben, dem [X.]n Wiedereinsetzung zu erteilen und die Sache zur Entscheidung über die Be-gründetheit der Berufung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 8 [X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.03.2005 - 4 O 352/04 - [X.], Entscheidung vom [X.] -

Meta

III ZR 10/06

02.11.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2006, Az. III ZR 10/06 (REWIS RS 2006, 1033)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1033

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 242/19 (Bundesgerichtshof)

(Rechtliches Gehör: Berufungsverwerfung ohne Zeugenvernehmung des Instanzbevollmächtigten zum fristgemäßen Einwurf der Berufungsschrift in den gerichtlichen …


IX ZR 471/00 (Bundesgerichtshof)


V ZR 254/10 (Bundesgerichtshof)

Beweiskraft öffentlicher Urkunden: Nachweis der Unrichtigkeit eines gerichtlichen Eingangsstempels auf einem Schriftstück


V ZR 254/10 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 80/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.