Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.12.2013, Az. 10 W (pat) 17/14

10. Senat | REWIS RS 2013, 629

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Satz aus Mauersteinen" – zur Gebührenzahlung bei Mehrheit von Beschwerdeführern – keine gebührenrechtliche Privilegierung von Patentinhabern


Leitsatz

Satz aus Mauersteinen

Die Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses enthält bezogen auf den Fall einer Mehrheit von Beschwerdeführern die eindeutige und klare Festlegung, dass die Beschwerdegebühr entsprechend mehrfach zu zahlen ist. Eine Unterscheidung danach, ob es sich bei den Beschwerdeführern um die Schutzrechtsinhaber oder die Personen handelt, die mit dem Rechtsbehelf gegen das Schutzrecht vorgehen, hat der Gesetzgeber bei den Fallgruppen des Gebührentatbestandes Nr. 401 100 nicht vorgenommen. Damit scheidet auch eine gebührenrechtliche Privilegierung von Patentinhabern, die sich mit einer gemeinsamen Beschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, aus.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2006 002 825

hat der vormals 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] - nunmehr 10. Senat - auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]. [X.] sowie [X.], [X.] und [X.]. Großmann

beschlossen:

Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die [X.]eschwerdeführerinnen sind die Inhaberinnen des mit [X.]eschluss vom 27. Februar 2008 ihnen erteilten Patents 10 2006 002 825 mit der [X.]ezeichnung „Satz aus Mauersteinen“. Auf den zulässigen Einspruch zweier [X.] hin hat die [X.] des [X.] ([X.]) das Patent mit [X.]eschluss vom 7. Juli 2009 widerrufen. Gegen diesen [X.]eschluss haben die beiden Patentinhaberinnen mit Schriftsatz ihres gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten vom 9. Oktober 2009 - „Namens und im Auftrag der Patentinhaberinnen …“ - [X.]eschwerde eingelegt und hierzu die in der Rechtsmittelbelehrung genannte Gebühr in Höhe von 500,-- € entrichtet.

2

Sowohl die Patentinhaberinnen als auch die Einsprechende haben in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ([X.]) Anträge zur Sache gestellt. Die Einsprechende hat darüber hinaus sinngemäß beantragt, festzustellen, dass die [X.]eschwerde wegen fehlender bzw. nicht vollständiger Zahlung der [X.]eschwerdegebühr als nicht eingelegt gelte.

3

[X.] sind dagegen der Auffassung, dass die Zahlung der Gebühr in Höhe der entrichteten 500,-- € ausreichend gewesen sei. Dies folge bereits aus dem Umstand, dass sie als gemeinschaftliche Schutzrechtsinhaberinnen notwendige Streitgenoss(inn)en seien. Erstmals mit Schriftsatz vom 29. November 2013 haben sie zudem vorgetragen, sie seien - jedenfalls in der [X.]eschwerdeinstanz - als eine Rechtsperson, nämlich als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) anzusehen. Für den Fall, dass der Senat dennoch der Auffassung sei, dass eine [X.]eschwerdegebühr „fehle“, werde nachträglich die [X.]eschwerdeführerin zu 1.) als alleinige [X.]eschwerdeführerin benannt. Nur diese sei auch in der Einzugsermächtigung, die der [X.]eschwerdeschrift beigefügt gewesen sei, in der Rubrik „Name des Schutzrechtsinhabers“ genannt worden. Eine entsprechende Kopie der Einzugsermächtigung haben die Patentinhaberinnen in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.

4

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der [X.]eteiligten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

5

1. Gemäß § 6 Abs. 2 des Patentkostengesetzes ([X.]) war durch [X.]eschluss festzustellen, dass die vorliegende [X.]eschwerde als nicht erhoben gilt.

6

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem Umstand, dass die Patentinhaberinnen ihrer nach dem Patentkostengesetz ([X.]) obliegenden Zahlungsverpflichtung nicht in vollem Umfang nachgekommen sind, indem sie zu ihrer gemeinsam eingelegte [X.]eschwerde die Gebühr Nr. 401 100 gemäß dem Gebührenverzeichnis (Anlage zu § 2 Abs. 1 [X.]) in Höhe von 500,-- € nur einmal entrichtet haben.

7

a) [X.] sind zwei „Antragsteller“ im Sinne von Absatz 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil [X.] des als Anlage zu § 2 Abs. 1 [X.] erlassenen Gebührenverzeichnisses (im Folgenden: „die genannte Regelung“), wonach die [X.]eschwerdegebühr gemäß Nr. 401 100 „für jeden Antragsteller gesondert erhoben“ wird. Hiernach hätten die beiden Patentinhaberinnen zu ihrer am 9. Oktober 2009 gemeinsam beim [X.] erhobene [X.]eschwerde zwei [X.]eschwerdegebühren in Höhe von insgesamt 1.000,-- € zahlen müssen, was jedoch ersichtlich unterblieben ist.

8

aa) Nicht gefolgt werden kann den Patentinhaberinnen in der Auffassung, allein aus dem Umstand, dass sie als notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO gemeinsam das Rechtsmittel der [X.]eschwerde eingelegt hätten, folge, dass sie in der [X.]eschwerdeinstanz als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) anzusehen seien. Dieser Vortrag wäre grundsätzlich beachtlich, weil nach der neueren Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs eine GbR durchaus ein teilrechtsfähiges Gebilde darstellen kann, selbst Rechte erwerben sowie Verbindlichkeiten eingehen kann (vgl. z. [X.]. [X.]GH NJW 2009, 594, 595, Rz. 10 ff. - [X.]). Die gemeinsame Einlegung eines Rechtsmittels als notwendige Streitgenossen erfolgt aber nicht notwendigerweise in der Rechtsform einer GbR. Mangels anderweitiger Anhaltspunkt stellen die Patentinhaberinnen eine Schutzrechtsinhabergemeinschaft nach [X.]ruchteilen im Sinne von §§ 741 ff. [X.]G[X.] dar, der keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt (vgl. [X.], [X.]. 1999, 129 - [X.]). Damit sind die Patentinhaberinnen vorliegend auch in dieser Rechtsform Rechtsmittelführer.

9

bb) Im Übrigen wäre auch der Einwand der beiden Patentinhaberinnen, sie seien von Anfang an in der Rechtsform einer GbR organisiert, unbeachtlich. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass dieser Gesichtspunkt erstmals mit Schriftsatz vom 29. November 2013 und damit verspätet ins Feld geführt wurde. Das [X.]estehen einer gebührenrechtlich privilegierten Rechtsgemeinschaft muss innerhalb der [X.]eschwerdefrist vorgetragen worden sein, um [X.]erücksichtigung finden zu können (vgl. [X.]GH GRUR 1984, 36, 38 - „Transportfahrzeug“). Dabei wäre ein solcher mit Schriftsatz vom 29. November 2013 erfolgter Vortrag selbst dann als verspätet zu bewerten, wenn man die dem vorliegend angefochtenen [X.]eschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung wegen eines unvollständigen oder missverständlichen Gebührenhinweises als fehlerhaft ansehen müsste (vgl. hierzu [X.]GH GRUR 1982, 414, 416 f. - „Einsteckschloss“). Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 59 Abs. 5 [X.] wäre die [X.]eschwerdefrist in diesem Falle nicht völlig entfallen, sondern allenfalls auf ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Zustellung der [X.]eschlusses verlängert worden.

cc) Auch eine Auslegung der [X.]eschwerde dahingehend, nur die [X.]eschwerdeführerin zu 1.) sei Rechtsmittelführerin geworden, kommt nicht in [X.]etracht. Der eindeutige Wortlaut der [X.]eschwerdeschrift, wonach „Namens und im Auftrag der Patentinhaberinnen …“ [X.]eschwerde eingelegt werde, lässt eine solche Auslegung - auch unter [X.]erücksichtigung des Inhalts der beigefügten Einzugsermächtigung - nicht zu. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Person des [X.]eschwerdeführers innerhalb der [X.]eschwerdefrist erkennbar sein muss. Ist innerhalb dieser Frist nicht feststellbar, welchem der möglichen [X.]eschwerdeführer die Einzahlung der [X.]eschwerdegebühr zuzuordnen ist, gelten sämtliche [X.]eschwerden als nicht erhoben (vgl. [X.]GH GRUR 1984, 36, 38 - „Transportfahrzeug“; [X.]/

b) Die genannte Regelung enthält bezogen auf den Fall einer Mehrheit von [X.]eschwerdeführern die eindeutige und klare Festlegung, dass die [X.]eschwerdegebühr entsprechend mehrfach zu zahlen ist. Eine Unterscheidung danach, ob es sich bei den [X.]eschwerdeführern um die Schutzrechtsinhaber oder die Personen handelt, die mit dem Rechtsbehelf gegen das Schutzrecht vorgehen, hat der Gesetzgeber bei den Fallgruppen des [X.] Nr. 401 100 nicht vorgenommen. Damit scheidet auch eine gebührenrechtliche Privilegierung von [X.], die sich mit einer gemeinsamen [X.]eschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, aus.

aa) Die genannte Regelung ist durch das „Gesetz zur Änderung des patentamtlichen [X.] und des Patentkostengesetzes“ vom 21. Juni 2006 in das [X.] eingefügt worden und am 1. Juli 2006 in [X.] getreten ([X.]G[X.]l. I Nr. 28 vom 26. Juni 2006, S. 1318 ff.; [X.]l.f.[X.] 2006, 225 ff.). Durch die Verweisung von Absatz 1 innerhalb der genannten Regelung auf die Fallgruppen des [X.] ergibt sich, dass die Formulierung „für jeden Antragsteller“ den [X.]edeutungsinhalt „für jeden [X.]eschwerdeführer“ hat. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass für ein [X.]eschwerdeverfahren, das von mehreren [X.]eteiligten gemeinsam vor dem [X.] betrieben wird, jeder [X.]eteiligte die Gebühr für das [X.]eschwerdeverfahren zu zahlen hat (vgl. die Gesetzesbegründung: [X.]l.f.[X.] 2006, 225, 229, li. [X.]. oben, und 235, li. [X.].). Die genannte Regelung ordnet somit eine Mehrfachzahlung der [X.]eschwerdegebühr entsprechend der Anzahl der Rechtsmittelführer an - und zwar insbesondere auch für den Fall, dass eine [X.]eschwerde gemeinsam durch einen Vertreter eingelegt wird (vgl. hierzu auch: [X.]GH GRUR 2011, 509, 510, Rz. 14 ff. - „Schweißheizung“; [X.]usse/

bb) Entgegen der Auffassung der Patentinhaberinnen und wohl auch entgegen der Meinung einiger technischer [X.]eschwerdesenate des [X.] ist davon auszugehen, dass die genannte Regelung keine Rücksicht darauf nimmt, dass es sich bei einer Mehrheit von [X.] in prozessualer Hinsicht um notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO handelt.

aaa) Die genannte Gegenmeinung argumentiert - soweit ersichtlich - damit, der Gesetzgeber habe die Formulierung, dass die [X.]eschwerdegebühr „für jeden Antragsteller gesondert erhoben“ werde, möglicherweise bewusst gewählt, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass eine Mehrfachzahlung von Gebühren aus Gründen der [X.]illigkeit dann nicht geboten sei, wenn der prozessuale Erfolg der [X.]eschwerdeführer von einer einheitlichen Antragstellung abhängig sei und daher regelmäßig mit einer solchen Antragstellung gerechnet werden könne.

Zutreffend ist hieran, dass bei solchen [X.], die sich - wie vorliegend - als notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO mit dem Rechtsmittel der [X.]eschwerde gegen den Widerruf ihres Patents wehren, eine Obliegenheit zur einheitlichen Antragstellung besteht (vgl. [X.]/

bbb) Nebenbei bemerkt sind auch keine überzeugenden Sachargumente ersichtlich, weshalb die genannte Regelung eine Mehrheit von [X.] gegenüber einer Mehrheit von [X.] gebührenrechtlich privilegieren sollte. Auch bei notwendigen Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO gilt, dass jeder einzelne Genosse berechtigt ist, das gegebene Rechtsmittel einzulegen, und jeder für sich allein entscheiden kann, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchte. Legt nur einer der Genossen [X.]eschwerde ein, werden zwar auch die anderen Verfahrensbeteiligte (Partei), aber nicht [X.]eschwerdeführer - d. h. sie sind zwar im [X.]eschwerdeverfahren gemäß § 62 Abs. 2 ZPO zuzuziehen, können aber keine Anträge stellen (vgl. [X.]/

2. Der vorliegende Sachverhalt wirft eine Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung auf. Daneben ist eine Entscheidung des [X.]undesgerichtshofs auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die Rechtsbeschwerde war somit zuzulassen (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.]).

Meta

10 W (pat) 17/14

03.12.2013

Bundespatentgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 62 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.12.2013, Az. 10 W (pat) 17/14 (REWIS RS 2013, 629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 629


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZB 3/14

Bundesgerichtshof, X ZB 3/14, 18.08.2015.


Az. 10 W (pat) 17/14

Bundespatentgericht, 10 W (pat) 17/14, 03.12.2013.


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Referenzen
Wird zitiert von

8 W (pat) 14/16

21 W (pat) 53/12

23 W (pat) 18/14

29 W (pat) 118/12

23 W (pat) 2/11

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