Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2016, Az. VI ZR 302/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17534

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:190116UVIZR302.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

VI [X.]
Verkündet am:

19. Januar 2016

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 823 Abs. 1 [X.], § 1004; [X.] Art. 2 Abs. 1
Die mit der Darstellung der Haltungsbedingungen von Tieren verbundene, an eine Bank gerichtete Aufforderung auf der [X.]seite eines Tierschutzvereins, das Konto eines [X.] zu kündigen, kann ein mit einer Meinungsäußerung verbundener zulässiger Boykottaufruf sein.
[X.], Urteil vom 19. Januar 2016 -
VI [X.] -
OLG Oldenburg

LG Osnabrück

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2016
durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und die Richterinnen Dr. [X.], Dr. Roloff
und Müller
für Recht erkannt:
Auf die Revision des
[X.]
wird das Urteil des 13. Zivil-senats des [X.]s Oldenburg
vom 12. Mai
2015
aufgehoben.
Die Berufung des
[X.]
gegen das Urteil der 12. Zivilkam-mer des [X.] vom 14. November 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger
hat
die Kosten der [X.] zu tra-gen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der klagende Verein, der die Interessen von [X.] vertritt,
nimmt
den beklagten Verein, der sich für Belange des Tierschutzes einsetzt, auf Unterlassung einer
im [X.] veröffentlichten
Meldung betreffend einen
Aufruf
zur [X.] in Anspruch.
1
-

3

-

Am 18. Oktober 2013 stellte
der Beklagte auf seiner [X.]seite, auf der er über seine Aktivitäten berichtet, zu Spenden aufruft und auf seinen Online-shop hinweist,
unter der Überschrift: "Volksbank -
kündigt die Konten der [X.], jetzt"
einen Beitrag ein, der eine Fotomontage aus [X.] und dem Logo der Volksbank mit der Inschrift: "Stoppt die Zusammenarbeit mit [X.]n"
enthält
und in dem es unter anderem heißt: "Heute haben wir die [X.] aufgefordert, dem Z. [[X.]] das Konto zu kündigen. Eine genossenschaftliche Bank, die mit Werten wie Respekt und Verantwortung wirbt,
darf nach unserer Auffassung keine Geschäfte mit Tierquälern machen. Das Leben von Zuchtnerzen ist kurz und leidvoll. Während ihre in Freiheit [X.] Artgenossen Reviere von bis zu 20 km2
durchstreifen, fristen Nerze auf [X.] ihre wenigen Lebensmonate in winzigen Drahtgitterkäfigen. Vor rund sieben Jahren wurde vom Bundesrat eine neue Tierschutz-[X.] festschreibt. Für die Umsetzung wurde den [X.] eine Übergangsfrist von 5 Jahren eingeräumt. Diese lief bereits am 11.12.2011 aus. Umgesetzt wurde sie auf den allermeisten [X.] nicht.

So werben gerade die Volksbanken mit genossenschaftlichen Werten wie Solidarität, Nähe, Partnerschaftlichkeit, Respekt und Verantwortung. Wer sich solchen Werten ernsthaft verpflichtet fühlt, der darf keine Geschäfte mit undurchsichtigen Vereinigungen machen, die tierquälerische Haltungsbedin-Eine Antwort der [X.]
steht noch aus. Sollte sich die Bank nicht klar positionieren, erwägen wir, die Bankkunden zu [X.], denn man könnte auch formulieren, dass an dem Geld der [X.] klebt."
Unmittelbar neben
oder unter
dem Artikel wurde um Spenden geworben.
Der Kläger sieht in der öffentlichen Aufforderung an seine
Hausbank, ihre Vertragsbeziehungen mit ihm durch Kündigung des Kontos zu beenden, einen 2
3
-

4

-

rechtswidrigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht. Er
beantragt, den [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, die [X.] öffentlich unter Verwendung der Fotomontage
und der Bezeichnung des [X.] als
"[X.]"
und unter Hinweis darauf, gegebenenfalls die Bankkunden zu informieren, weil formuliert werden könne, dass am Geld der [X.] klebt,
dazu aufzufordern, das Konto des [X.] zu kündigen. Das [X.] hat die
Klage abgewiesen. Auf die Berufung des
[X.]
hat das [X.] der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Beklagte
die Wiederherstellung des
landgerichtlichen
Urteils.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs.
1, §
1004 [X.] für begründet erachtet
und dazu
im Wesentlichen ausge-führt:
Der Beklagte sei zwar nicht gehindert, Protestaktionen zu starten und öf-fentlich seine Meinung auf
verschiedene Weise zu verbreiten. Auch wenn ein Boykottaufruf grundsätzlich dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 [X.]) unterfalle, überschreite vorliegend der mit drastischen Darstellungen ver-sehene gezielte Boykottaufruf die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung und stelle daher einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeits-recht des [X.] dar.
Nach der Rechtsprechung des [X.] hänge die Frage, ob ein Boykottaufruf durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt sei, von 4
5
6
-

5

-

einer Abwägung der wechselseitig
betroffenen Interessen ab.
Auch wenn die Ziele und Motive des [X.] durchaus nachvollziehbar und grundsätzlich nicht zu beanstanden seien, ergebe die Abwägung, dass die Interessen des [X.] gegenüber dem
Recht des [X.] auf freie Meinungsäußerung überwögen. Der Aufruf zur [X.] übersteige das Maß einer [X.] und noch zulässigen Beeinträchtigung des [X.], weil sich der Beklagte nicht nur auf die geistige Einflussnahme beschränkt habe. Etwas [X.] ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des [X.] vom 6.
Februar 2014 -
I
[X.], wo der Aufruf eines Verbraucherverbandes an eine Sparkasse, das Konto eines
Inkassounternehmens
zu kündigen, weil die-ses sich offenkundig wettbewerbswidrig verhalte, als noch zulässige Meinungs-äußerung angesehen worden sei. Anders als dort habe der Beklagte im [X.] zusätzliche Machtmittel eingesetzt und den
Kläger an den Pranger gestellt, indem er den Boykottaufruf nicht nur an die Bank gerichtet, sondern im [X.] verbreitet habe. In dem öffentlichen Aufruf werde hervorgehoben, dass an den Geldanlagen des [X.] und damit letztlich auch der Volksbank "Blut klebe". Zudem werde dem Kläger mit dem Vorwurf der Tierquälerei zumindest Unter-stützung strafbaren, jedenfalls ordnungswidrigen Verhaltens der [X.] vorgeworfen.
Schließlich verknüpfe der Beklagte mit seinem Boykottaufruf eigene wirt-schaftliche Interessen. Auch wenn nicht zu verkennen sei, dass der Beklagte als Verein generell
auf Spenden angewiesen sei, solle mit dem Boykottaufruf medienwirksam Aufmerksamkeit erzielt und ein höheres Spendenaufkommen generiert werden, indem in unmittelbarem Zusammenhang mit dem [X.] zu Spenden aufgerufen und auf die [X.] hingewiesen [X.]. Dabei gehe es dem [X.] nicht nur darum, ganz allgemein durch Spendenaufrufe und die Schaltung der Hinweise auf die [X.] [X.]
-

6

-

nahmequellen zu erzielen, sondern gezielt darum, mit den Spenden gerade derartige Aktionen wie den vorliegenden Boykottaufruf zu unterstützen.

II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen
Nachprüfung nicht
stand.
Der
Kläger hat
gegen den
[X.]
keinen Anspruch
aus § 823 Abs. 1, § 1004 [X.]
darauf, die öffentliche Aufforderung an die Volksbank, das Konto des [X.] zu kündigen, zu unterlassen.
1. Das Berufungsgericht ist
allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass diese Aufforderung
in den Schutzbereich des allgemeinen
Persönlichkeits-rechts
des [X.] eingreift.
a) Gegenstand des Unterlassungsantrags ist der
mit einer bestimmten Darstellung verbundene öffentliche Aufruf
an die Volksbank, das Konto des [X.] zu kündigen. Wie sich schon aus der Überschrift der streitgegenständli-chen Meldung ergibt, wird nicht nur über ein zuvor erfolgtes
Schreiben
an die Bank
berichtet, sondern es wird der Aufruf an die Bank zur [X.], nunmehr öffentlich, wiederholt.
b) Der Kläger kann sich auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 [X.]) berufen. Es ist anerkannt, dass juristische Personen, auch
eingetragene Vereine, Persönlichkeitsschutz genießen, soweit sie aus
ihrem
Wesen als Zweckschöpfung des Rechts
und ihren Funktionen dieses [X.] bedürfen.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn und soweit sie in ihrem [X.] Geltungsanspruch
in ihrem Aufgabenbereich
betroffen sind (vgl. Se-natsurteile vom 3.
Juni 1975 -
VI
ZR 123/74, NJW 1975, 1882, 1884;
8
9
10
11
-

7

-

vom 3. Juni 1986 -
VI
ZR 102/85, [X.]Z 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 -
VI
ZR 286/93, [X.], 570, 571; [X.], NJW-RR 2014, 487, 489; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 393; [X.], [X.], 625, 631; [X.], [X.], 110, 112).
c) Die Bezeichnung als "[X.]"
betrifft den Kläger in seinem sozia-len Geltungsanspruch. Dasselbe gilt für die Formulierung, dass "an dem Geld der [X.] klebt", da dies
dem Kontext
der streitgegenständlichen Darstel-lung
zufolge
auch für das Geld des [X.] gelten
soll. Der öffentliche
Aufruf an die
Bank, das Konto des [X.] zu kündigen, zielt ebenfalls
auf den [X.] Geltungsanspruch des [X.] ab. Denn mit der
[X.] soll die Volksbank zum Ausdruck bringen, dass der Kläger angesichts der vom [X.] erhobenen Vorwürfe kein würdiger Geschäftspartner sei. Zugleich ist die durch Art. 2 Abs. 1 [X.] geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des [X.] betroffen. Ob und inwieweit auch diese
Teil seines
Persönlichkeitsrechts ist (vgl. hierzu [X.], NJW 1994, 1784
mwN;
Hubmann, [X.], 2.
Aufl., [X.] ff., 333
ff.; [X.], [X.], 1497 f.; [X.]/[X.], [X.], 75.
Aufl., § 823 Rn. 91; [X.]/[X.], [X.], Bearb. 1999, § 823 Rn. [X.], 29),
kann hier offen bleiben.
2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung
des Berufungsgerichts, die beanstandete
öffentliche
Aufforderung zur Kündigung des Kontos des
[X.]
sei unter Abwägung der betroffenen Interessen als rechtswidrig anzusehen. Die grundrechtlich geschützte Position des [X.] überwiegt hier die des [X.] nicht.
a) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, auf das sich der Kläger stützt,
als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht ab-solut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grund-12
13
14
-

8

-

rechtlich geschützten Belange bestimmt
werden, bei der die besonderen Um-stände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistun-gen der [X.] interpretationsleitend zu be-rücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechts-widrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 15. September 2015 -
VI
ZR 175/14, [X.], 1437
Rn.
20; vom 28. Juli 2015 -
VI
[X.], [X.], 1295 Rn. 29; vom
17.
Dezember 2013 -
VI
ZR 211/12, [X.]Z 199, 237 Rn. 22; jeweils mwN).
b) Im Streitfall ist das Schutzinteresse
des [X.] mit dem in Art. 5 Abs.
1
Satz 1
[X.], Art. 10 Abs. 1 [X.] verankerten Recht des [X.] auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
Bei der vom Kläger angegriffenen öffentlichen Aufforderung zur [X.]
in Verbindung mit der angegriffenen Darstel-lung im [X.] handelt es sich um eine durch Art.
5 Abs.
1
Satz 1
[X.] ge-schützte Meinungsäußerung
und nicht um eine Tatsachenbehauptung, für de-ren Zulässigkeit es grundsätzlich auf die Wahrheit der Behauptung ankäme.
[X.]) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil ein-zustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die [X.] Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegen-über werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Bezie-hung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des [X.] gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteile 15
16
-

9

-

vom 16. Dezember 2014 -
VI [X.], [X.], 247 Rn. 8 mwN; vom 28.
Juli 2015 -
VI
[X.], [X.], 1295 Rn. 24). Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stel-lungnahme, des [X.] oder [X.] geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] geschützt. Das gilt insbeson-dere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29.
Januar 2002 -
VI
ZR 20/01, VersR
2002, 445, 446; vom 16. Dezember 2014 -
VI [X.], [X.], 247 Rn. 8; vom 28. Juli 2015 -
VI [X.], [X.], 1295 Rn. 24; [X.], Urteil vom 24. Januar 2006 -
XI ZR 384/03, [X.]Z 166, 84 Rn. 70; [X.]E 85, 1, 15; [X.], NJW 1993, 1845 f.; NJW 2008, 358, 359). Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als aus-schlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungs-freiheit wesentlich verkürzt werden (Senatsurteile vom 16. Dezember 2014 -
VI [X.], [X.], 247 Rn. 8; [X.]E 85, 1, 15 f. mwN; [X.], NJW 1993, 1845, 1846).
Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachen-behauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (vgl. Senatsurteile vom 11.
März 2008 -
VI [X.], VersR
2008, 793
Rn. 15; vom 22. September 2009 -
VI ZR 19/08, VersR
2009, 1545
Rn. 11; vom 16. Dezember 2014 -
VI
[X.], [X.], 247 Rn. 9; [X.]K 10, 485, 489; jeweils mwN). Bei der Sinndeutung ist
von dem Verständnis auszugehen, das ein unvoreingenomme-nes und verständiges Publikum dem Begriff unter Berücksichtigung des allge-meinen Sprachgebrauchs zumisst (Senatsurteil vom 11. März 2008 -
VI
[X.], [X.], 793 Rn. 15). Dabei ist
die Äußerung stets in dem [X.] zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie be-treffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt 17
-

10

-

werden (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 -
VI
ZR 386/94, [X.]Z 132, 13, 20; vom 27. Mai 2014 -
VI [X.], VersR
2014, 970
Rn. 13; vom 16. [X.] -
VI [X.], [X.], 247 Rn. 9; [X.], NJW 2013, 217, 218; jeweils mwN).
bb) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Aussagen als Mei-nungsäußerungen zu qualifizieren. Die Äußerungen, die Volksbank solle die Zusammenarbeit mit [X.]n beenden, an ihrem Geld klebe Blut, sind ent-scheidend durch das Element des [X.] und
[X.] geprägt. Sie brin-gen die Missbilligung des geschäftlichen Verhaltens der [X.] und damit auch mittelbar des sie vertretenden, selbst keine [X.] betreiben-den
Verbandes zum Ausdruck und enthalten damit eine subjektive Wertung, die
mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist.
Dies gilt
auch für die
Verwendung des
vom Unterlassungsantrag erfass-ten
Begriffs "[X.]".
Tierquälerei
-
hier das Quälen von Nerzen
-
ist nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Lesers nicht auf die
straf-
oder bußgeldbewehrten Vorwürfe der §§ 17, 18 des [X.] beschränkt, sondern findet auch im allgemeinen Sprachgebrauch Ver-wendung. Dabei
steht unabhängig von der rechtlichen
Einordnung
des Vorwurfs
die Ansicht im Vordergrund, dass
der
in dem Artikel näher beschriebene Um-gang mit Pelztieren unverantwortlich
und daher moralisch verwerflich sei.

Selbst wenn aber die Bedeutung
des Begriffs "[X.]" bzw. "Tier-quäler" auf einen
straf-
oder bußgeldbewehrten Vorwurf reduziert
würde, würde dies an der
Einordnung als Meinungsäußerung nichts ändern. Es gehört zu den Garantien der Meinungsfreiheit, dass ein Kritiker prinzipiell auch seine
(straf-)rechtliche Bewertung von Vorgängen als seine
Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen kann, selbst wenn diese objektiver Beurteilung nicht stand-18
19
20
-

11

-

hält. Als Tatsachenmitteilung sind solche Angaben nur zu qualifizieren, wenn und soweit die Beurteilung im Gesamtzusammenhang ihrer Verwendung nicht als Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten tatsächlichen [X.] hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des [X.] zugänglich sind (Senatsurteile
vom 22. Juni 1982 -
VI [X.], [X.], 906, 907; vom 27.
April 1999 -
VI [X.], NJW-RR 1999, 1251, 1252
f.; [X.], Urteil vom 6.
Februar 2014 -
I
[X.], [X.], 717 Rn. 20; [X.], NJW 2008, 358, 359). Ob einem Tier erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden im Sinne von
§ 17 Nr. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Tierschutzgeset-zes zugefügt werden, erfordert eine umfassende
und
durch Wertungen gepräg-te
Subsumtion. [X.] dies
deutet aber auf eine subjektive Beurteilung hin (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Februar 2014 -
I [X.], [X.], 717 Rn. 20). Auf die Unterlassung der
Schilderung der tatsächlichen Gegebenheiten, insbeson-dere der Haltung von Zuchtnerzen, auf die der Vorwurf der Tier-
bzw. Nerzquä-lerei
in dem veröffentlichten Artikel gestützt wird, erstreckt sich der Antrag auf Unterlassung
indes nicht.
Die
Subsumtion dieses Sachverhalts unter den Be-griff der Nerz-
bzw. Tierquälerei
ist zudem erkennbar durch ein Dafürhalten des [X.] geprägt und fällt
als Werturteil in den Schutzbereich des Art. 5
Abs. 1 Satz 1 [X.].
cc) Den angegriffenen Äußerungen
ist der grundrechtliche Schutz nicht deshalb entzogen, weil
sie die öffentliche Aufforderung zu einer Kontokündi-gung zum Gegenstand und damit den Charakter einer Boykottmaßnahme ha-ben. Auch der Aufruf zu einer Boykottmaßnahme, dem eine bestimmte [X.] zu Grunde liegt, kann in den Schutzbereich des Art.
5 Abs.
1 Satz 1 [X.] fallen ([X.]E 25, 256, 264 -
Blinkfüer; 62, 230, 243 f.; [X.]K 12, 272, 275; [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
I [X.], [X.], 717 21
-

12

-

Rn. 17). Das ist hier der Fall. Der auf der [X.]seite des [X.] veröffent-lichte Artikel ist nicht auf die Aufforderung zur Kündigung des Kontos des [X.] beschränkt, sondern führt zur Begründung
wertende Elemente
an, mit de-nen
der
Beklagte der Volksbank
und der Öffentlichkeit seine ablehnende [X.] gegenüber der [X.] und damit dem Kläger als Interessenverband der [X.] deutlich macht.
c) Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts überwiegt
bei der er-forderlichen Abwägung das
Schutzinteresse
des [X.] das
Recht des [X.] auf Meinungsfreiheit nicht.
Bei einem Aufruf zu Boykottmaßnahmen sind für die Abwägung
zunächst die Motive und
damit verknüpft
das Ziel und der Zweck des Aufrufs
wesent-lich. Findet dieser seinen Grund nicht in eigenen Interessen wirtschaftlicher Art, sondern in der Sorge um politische, wirtschaftliche, [X.] oder kulturelle Be-lange der Allgemeinheit, dient er also der Einwirkung auf die öffentliche Mei-nung, dann spricht dies dafür, dass der Schutz durch Art.
5 Abs.
1
Satz 1
[X.] regelmäßig Vorrang hat, auch wenn dadurch private und namentlich wirtschaft-liche Interessen beeinträchtigt werden
([X.]E 25, 256, 264 -
Blinkfüer; 62, 230, 244; [X.], NJW 1992, 1153, 1154; [X.]K 12, 272, 276; [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
I [X.], [X.], 717 Rn. 24; vgl. auch Senatsur-teil vom 21. Juni 1966 -
VI [X.], [X.]Z 45, 296, 308 -
Höllenfeuer). Die Verfolgung der Ziele des [X.]n darf allerdings das Maß der nach den Umständen notwendigen und angemessenen Beeinträchtigung des Angegriffe-nen oder betroffener Dritter nicht überschreiten ([X.]E 7, 198, 215 -
Lüth; 62, 230, 244; [X.]K 12, 272, 276). Schließlich
dürfen
die Mittel der Durchset-zung des Boykottaufrufs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
sein. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn der [X.] sich gegenüber dem Adressaten auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung, also auf Mittel be-22
23
-

13

-

schränkt, die den geistigen Kampf der Meinungen gewährleisten, nicht aber, wenn zusätzlich Machtmittel eingesetzt werden, die der eigenen Meinung
etwa
durch Androhung oder Ankündigung schwerer Nachteile und Ausnutzung sozia-ler oder wirtschaftlicher Abhängigkeit Nachdruck verleihen sollen und so die innere Freiheit der Meinungsbildung zu beeinträchtigen drohen ([X.]E 25, 256, 264
f. -
Blinkfüer; 62, 230, 244 f.; [X.]K 12, 272, 276; [X.], Urteil vom 6.
Februar 2014 -
I [X.], [X.], 717 Rn. 24).
[X.]) Der Umstand, dass der Beklagte
mit den gleichzeitig
mit dem Artikel erfolgten
Spendenaufrufen
auf der [X.]seite
seinerseits
eigene [X.] Interessen verfolgt, während
die [X.], zu der öffentlich aufgeru-fen wird,
nachteilige wirtschaftliche Folgen für den Kläger haben kann, führt nicht dazu, dass das Recht des [X.] auf
Meinungsfreiheit in der Abwä-gung hinter dem Schutzinteresse
des [X.] zurückzutreten hat. Die Recht-sprechung
misst den Interessen des vom Boykottaufruf Betroffenen dann eher Vorrang
zu, wenn die Meinungsäußerung nicht dem geistigen Meinungskampf dient, sondern als Mittel zum Zweck
der Förderung
privater [X.]inte-ressen eingesetzt wird, wenn es also um die Durchsetzung wirtschaftlicher Inte-ressen gegen andere wirtschaftliche Interessen im Rahmen des wirtschaftlichen [X.] geht (vgl. [X.]E 25, 256, 264 -
Blinkfüer; 62,
230, 247; [X.], NJW 1992, 1153, 1154; [X.], Urteile vom
24. November 1983 -
I [X.], NJW 1985, 62, 63; vom
2. Februar 1984 -
I ZR
4/82, NJW 1985, 60, 62; vom 6.
Februar 2014 -
I [X.], [X.], 717 Rn. 25; Dreier/Schulze-Fielitz, [X.], 3. Aufl., Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 163; [X.], [X.], 1374, 1375; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des Persönlichkeitsrechts,
2008, § 32 Rn.
159;
Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl., [X.]. 42
Rn.
60a). Wird mit der Meinungsäußerung hingegen ein die Öffentlichkeit we-sentlich berührendes Anliegen verfolgt, kommt der Meinungsfreiheit
grundsätz-24
-

14

-

lich das größere Gewicht zu, auch wenn als Nebeneffekt eines Boykottaufrufs wirtschaftliche Folgen eintreten können, selbst wenn diese mitbeabsichtigt sind. Meinungsäußerungen, sei es in der Form eines Boykottaufrufs, sei es in [X.] Form, tragen das Risiko in sich, für bestimmte Personenkreise wirtschaftlich nachteilige Wirkungen mit sich bringen zu können, wenn die angesprochenen Kreise auf Grund der Meinungsäußerung ihr bisheriges Verhalten ändern und dadurch wirtschaftliche Folgen auslösen ([X.]E 7, 198, 219 -
Lüth; [X.]K 12, 272, 277; [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
I [X.],
[X.], 717 Rn. 25).
Der öffentliche Aufruf
des [X.] zur Kündigung des Kontos bezweckt
nicht die Förderung eigenen oder fremden [X.].
Das
grundsätzliche
wirtschaftliche Interesse des [X.]
an der Unterstützung durch Spenden und das
wirtschaftliche Interesse des [X.], ein Konto bei der Volksbank zu führen,
konkurrieren nicht miteinander und
sind
auch sonst
nicht miteinander verknüpft.
Der Aufruf
des [X.]
zur [X.] ist
nicht Selbstzweck, sondern
verbunden mit der
Schilderung
und Bewertung
der Haltung von Pelz-tieren. Der Beklagte befasst sich mit einem in der Öffentlichkeit kontrovers dis-kutierten Thema und setzt sich aus Sicht eines unbefangenen Lesers
dem Ver-einszweck entsprechend
für eine Verbesserung der Haltungsbedingungen für Pelztiere ein. Es geht nicht, auch nicht hintergründig,
um
konkurrierende
wirt-schaftliche Interessen
der Parteien, sondern um gegenläufige
Ansichten im Be-reich der
Pelztierzüchtung.
Das Interesse des [X.] an Spenden, zu denen auf der [X.]seite des [X.] nicht nur im Zusammenhang mit dem ange-griffenen Artikel aufgerufen wird, ändert nichts daran, dass sich dieser
inhaltlich
mit einem die Öffentlichkeit berührenden Anliegen befasst
und
hierzu
eine Mei-nung kundtut.
Sollten
sich Leser des Artikels
infolge der Lektüre
zu einer [X.] an den [X.] veranlasst
sehen, dann in der Regel
deshalb, weil sie
sich 25
-

15

-

mit der Haltung des [X.] identifizieren können.
Dies belegt aber die [X.] der angegriffenen Darstellung als Mittel im Meinungskampf und nicht als Mittel zur eigennützigen Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen. Es wäre deshalb unschädlich, sollte
der
Beklagte
mit dem Artikel neben dem in den [X.] gestellten Ziel des Tierschutzes auch die Förderung der Spendenbe-reitschaft verfolgen.

bb) Entgegen der Ansicht des [X.] richtet sich der Aufruf, der [X.] -
wenn überhaupt
-
nur unter besonderen Umständen von Art. 5 Abs. 1
Satz 1
[X.] gerechtfertigt sein könnte (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1985 -
VI
[X.], [X.], 453, 454; [X.], NJW 1989, 381, 382),
nicht auf ein rechts-
oder vertragswidriges Verhalten. Der Beklagte hat die Volksbank nur zur Kündigung der Vertragsbeziehung aufgefordert, nicht hingegen zum Ver-tragsbruch.
cc) Der Beklagte hat
keine verfassungsrechtlich nicht zu billigenden zu-sätzlichen Machtmittel eingesetzt.
(1) Verfassungsrechtlich nicht zu billigende zusätzliche Machtmittel [X.]n eingesetzt, wenn sie den Bereich freier geistiger Auseinandersetzung ver-lassen und den
Angesprochenen die Möglichkeit nehmen, anhand einer freien Willensentschließung darüber zu befinden, ob sie
dem Aufruf folgen wollen. Die
Androhung oder Ankündigung schwerer Nachteile und Ausnutzung [X.]r
oder wirtschaftlicher Abhängigkeit
sind
daher unzulässig. Denn dies führt dazu, dass die Angesprochenen darauf beschränkt sind, die Vor-
und Nachteile einer Nichtbefolgung des Appells gegeneinander abzuwägen und auf Grund dieser ausschließlich wirtschaftlichen Erwägungen zu handeln. Durch die Ausübung von Druck
soll ihre Entscheidungsfreiheit in Wahrheit aufgehoben und die
ge-wünschte
Meinung erzwungen werden ([X.]E 25, 256, 265 und 266 26
27
28
-

16

-

-
Blinkfüer; 62, 230, 246 und 248; [X.], [X.], 213, 215;
Drei-er/Schulze-Fielitz, [X.], 3. Aufl., Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 73; [X.] in [X.] Kommentar zum [X.], Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 152 [Stand: Juli 2006];
[X.], Festschrift [X.], 1970, S. 197, 209; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
823 Rn. 505 und 506; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008,
§ 32 Rn. 159). Dabei spielt es keine Rolle, ob der zum Boykott [X.]
selbst seine Aufforderung mit unzulässigem wirt-schaftlichem Druck durchsetzen will oder ob er Dritte -
insoweit mit dem Mittel freier Überzeugung
-
dazu zu veranlassen sucht, solchen Druck auszuüben, um die eigentlichen Adressaten des Aufrufs zu bewegen, die angestrebten Boy-kottmaßnahmen durchzuführen (vgl. [X.]E 62, 230, 246). Umgekehrt [X.]n unzulässige Machtmittel nicht eingesetzt, wenn dem Aufrufer keinerlei Zwangsmittel zur Verfügung stehen, um seiner Aufforderung Nachdruck zu ver-leihen,
und
er sich nur an das Verantwortungsbewusstsein und die sittliche [X.] der Angesprochenen wenden kann ([X.]E 7, 198, 221 -
Lüth; 25, 256, 267 -
Blinkfüer).
Nicht jede druckvolle Einflussnahme auf die Meinungsbildung, auch nicht jede Ausübung von (mittelbarem) wirtschaftlichen Druck, ist von vornherein -
also ohne weitere Interessenabwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeits-prüfung
-
als verfassungsrechtlich nicht zu billigendes zusätzliches Machtmittel zu qualifizieren. In dem Beschluss vom 8. Oktober 2007 (1 [X.], [X.] 12, 272) hat das [X.] eine öffentliche Ankündigung, die Namen von Plakatflächenvermietern
zu veröffentlichen, die ihre Flächen
für Werbung für
Scientology zur Verfügung stellen, trotz des damit verbundenen wirtschaftlichen Drucks nicht von vornherein als unzulässiges Machtmittel an-gesehen, sondern im Hinblick auf die
damit möglicherweise verbundene Pran-gerwirkung eine
weitere
Interessenabwägung für notwendig
gehalten. Mit Blick 29
-

17

-

auf die Eigenart
und Eindeutigkeit
der Fälle, in denen das Bundesverfassungs-gericht den
Einsatz unzulässiger Machtmittel angenommen hat
([X.]E 25, 256, 265 und 266 -
Blinkfüer; 62, 230, 246 und 248), ist für die Einordnung des Machtmittels als von vornherein unzulässig
maßgeblich, ob es sich um [X.] innerhalb
oder außerhalb des geistigen Meinungskampfes handelt, ob es also die Macht der Argumente
oder die Macht und die Intensität des ausgeüb-ten Drucks sind, durch die
die Willensentschließung des [X.] wesent-lich bestimmt wird
(vgl. [X.], Festschrift [X.], 1970, S. 197, 209; [X.], Der nichtwettbewerbliche Boykott,
1998,
S. 414 ff.).
(2) Das
der Veröffentlichung
vorangegangene Schreiben des [X.] unmittelbar an die Volksbank
mit der Aufforderung, die Vertragsbeziehungen zum Kläger zu kündigen, ist nicht Gegenstand der Klage. Angegriffen ist (erst) der öffentliche Aufruf
im [X.], mit der der
Aufforderung Nachdruck verliehen
wird, einschließlich der Ankündigung, die Kunden der Volksbank zu informieren, sollte sich die Bank nicht "klar positionieren". Streitgegenstand ist auch
nicht der später tatsächlich erfolgte weitere Aufruf an die Kunden der Volksbank, ihre Konten bei der Volksbank zu kündigen. Bereits die Mitteilung an die
Volksbank, gegebenenfalls deren Kunden zu informieren, geht über einen bloßen Appell hinaus und soll als Ankündigung eines verdeckten weiteren Boykottaufrufs Druck erzeugen, die Vertragsbeziehung zum Kläger zu beenden (vgl. [X.]K 12, 272, 277).
Dies stellt
hier
kein
verfassungsrechtlich
nicht zu billigendes zu-sätzliches Machtmittel dar.
Gegenüber der Öffentlichkeit einschließlich der Bankkunden entfaltet der öffentliche Aufruf keinerlei Druck. Aber auch gegenüber der Volksbank wird kein unzulässiger Druck erzeugt. Zwar
muss die Volksbank
damit rechnen, dass ihre Reaktion auf den Aufruf
ebenso wie
das Unterlassen einer Reaktion öffentlich
und auf den angekündigten
Hinweis
des [X.]
insbesondere von ihren 30
31
-

18

-

Kunden
wahrgenommen und je nach Sichtweise unterschiedlich
bewertet wird. Sie muss weiter damit rechnen, dass es Personen
gibt, die sich der Sichtweise des [X.] anschließen und
möglicherweise
für den Fall, dass die Volks-bank
das Konto des [X.] nicht kündigt,
daraus für ihre geschäftlichen Kon-takte mit der Bank Konsequenzen ziehen. Es ist aber einem öffentlichen [X.], der sich an ein Wirtschaftsunternehmen als Adressaten richtet, im-manent, dass die Entscheidung, ob
es dem Aufruf Folge leistet oder nicht, Rückwirkungen auf sein Ansehen in der Öffentlichkeit im Allgemeinen und auf das Verhalten der eigenen Kunden im Besonderen haben kann, zumal dann, wenn es sich bei den Kunden um Verbraucher handelt. Es
bleibt hier
dennoch
der freien Willensentschließung der Volksbank überlassen, ob sie sich über-haupt der Diskussion aussetzt und wie sie sich gegebenenfalls positioniert. Es ist
schon
nicht festgestellt oder sonst ersichtlich, dass der Beklagte über solche Einflussmöglichkeiten verfügt und einen solchen Druck erzeugt, dass der Bank die Entscheidung gleichsam vorgegeben wäre.
dd)
Das vom [X.] mit dem öffentlichen
Boykottaufruf gewählte [X.] ist zur Erreichung des Zwecks nicht unverhältnismäßig.
Dabei ist, wie darge-legt, zu berücksichtigen, dass dem Schutz der
Meinungsäußerung trotz der Be-einträchtigung
privater und
wirtschaftlicher Interessen ein besonderes Gewicht zukommt, weil der Aufruf seinen Grund in der Sorge um ein die Öffentlichkeit wesentlich berührendes
Anliegen hat.
Dennoch darf auch die Verfolgung unei-gennütziger
Ziele des [X.]n das Maß der nach den Umständen notwen-digen und angemessenen Beeinträchtigung des Betroffenen
nicht überschreiten
([X.]E 7, 198, 215 -
Lüth; 62, 230, 244; [X.]K 12, 272, 276; [X.], NJW 1992, 1153, 1154; [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
I
[X.], [X.], 717 Rn. 25). Dies ist hier nicht der Fall.
32
33
-

19

-

(1) Dem öffentlichen Aufruf fehlt nicht deshalb die Eignung, weil er sich gegen den Kläger
richtet, der
nicht selbst Pelztiere züchtet, sondern die Inte-ressen der Züchter vertritt. Opfer eines [X.] und damit Boykottierter kann wegen des hohen Rangs der Meinungsfreiheit zulässigerweise auch der-jenige sein, über den das [X.]
(hier die Verbesserung der
Haltungsbe-dingungen für Pelztiere)
aus der Sicht des objektiven Empfängerhorizonts des [X.] zumindest mittelbar verwirklicht werden kann. Das kann der-jenige sein, der rechtlich oder faktisch Einfluss auf das [X.] (und damit den eigentlichen Gegner) nehmen kann
([X.], [X.], 1374, 1377; Stau-dinger/[X.], [X.], Bearb. 1999, § 823 Rn. [X.]). Das ist beim Kläger der Fall.
(2) Das Maß der nach den Umständen notwendigen Beeinträchtigung wird nicht deshalb überschritten, weil der Beklagte auf den öffentlichen
[X.] hätte verzichten und sich auf eine Veröffentlichung seiner Meinung über die Pelztierhaltung hätte beschränken können. Da der auf Grundlage einer sachlichen Auseinandersetzung erfolgte Boykottaufruf
dem Schutz der Mei-nungsfreiheit
unterfällt, ist
er nicht nur als äußerstes Mittel im geistigen Mei-nungskampf zulässig (vgl. Senatsurteile
vom 21.
Juni 1966 -
VI [X.], [X.]Z 45, 296, 307 f. -
Höllenfeuer; vom 18. Juni 1974 -
VI [X.], NJW 1974, 1762; vom 29. Januar 1985 -
VI [X.], [X.], 453, 454; [X.], NJW 1969, 2095, 2096; [X.], [X.], 1971, S. 167 f.; Kreuzpointner, Boykottaufrufe durch Verbraucherorganisationen, 1980, [X.] ff., 228; [X.],
[X.], 1374, 1377; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 823 Rn.
506; [X.]/[X.], [X.], Bearb. 1999, § 823 Rn. D. 40; RGRK/[X.], [X.], 12. Aufl., § 823 Rn. 58; [X.]/[X.], Presserecht, 6. Aufl., §
6 LPG Rn.
149).
Abgesehen davon wäre die Veröffentlichung
allein
der
Meinung
des [X.]
zur Pelztierhaltung
als Beitrag zur öffentlichen Auseinandersetzung
weitaus weniger wirksam [X.]
-

20

-

wesen als die Verbindung mit der öffentlichen
Aufforderung zur [X.] gegenüber der Bank
des [X.]. Der Beklagte muss sich allenfalls
dann auf weniger belastende Möglichkeiten des Vorgehens verweisen lassen, wenn sie
der von ihm gewählten Maßnahme
gleichwertig sind (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 2014 -
I [X.], [X.], 717 Rn. 28
ff. zur Frage, ob die Inte-ressen eines Verbraucherverbandes auch im Klagewege hätten durchgesetzt werden können).

(3) Schließlich ist auch das Maß der nach den Umständen angemesse-nen Beeinträchtigung nicht überschritten. Die mit dem öffentlichen Aufruf für den Kläger verbundenen Folgen stehen nicht außer Verhältnis zu dem mit dem Aufruf verfolgten Zweck.

Sollte es, wie vom [X.] beabsichtigt, tatsächlich zu einer [X.] durch die Volksbank kommen, so würde dies den Kläger
zunächst spürbar treffen, da ein Interessenverband zur Durchführung seiner Aufgaben auf eine Kontoverbindung angewiesen ist. Dabei ist auch
an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass das Aufforderungsschreiben an die Volksbank als [X.] nicht angegriffen ist. Angegriffen ist der öffentliche
Aufruf, der dem Schrei-ben Nachdruck verleiht
und die Reaktion der Bank mit den möglichen Auswir-kungen auf den [X.] Geltungsanspruch des [X.] unter öffentliche
Be-obachtung stellt. Tatsächlich droht
die [X.] jedoch nur, wenn die Volksbank zu dem Ergebnis kommen sollte, dass das in der Öffentlichkeit [X.] diskutierte Thema der Pelztierhaltung überhaupt auf die Frage, wer das Konto des [X.] führt, Einfluss hat.

Der Aufruf des [X.] kann auch nicht deshalb als unangemessen angesehen werden, weil er darauf zielte, dem Kläger überhaupt die Möglichkeit zu nehmen, ein Bankkonto zu führen. Es sind
keine konkreten Anhaltspunkte 35
36
37
-

21

-

dafür vorgetragen, dass
dann, wenn die Volksbank dem Aufruf nachkäme,
der Beklagte seinen Boykottaufruf auf andere Banken ausweiten würde.
Auch der [X.] Geltungsanspruch des [X.] wird durch den öffentli-chen Aufruf
nicht unangemessen beeinträchtigt. Die Bezeichnung des [X.] als "[X.]", an dessen Geld "Blut klebt", muss der Kläger als Äußerung einer Meinung im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung über die [X.] von Pelztieren hinnehmen. Denn es ist gerade seine Funktion, als Sprach-rohr der [X.] im öffentlichen Meinungsstreit zu wirken. Die Pelztier-zucht ist nicht erst seit der
Veröffentlichung des Artikels des [X.] ein um-strittenes Thema. Da, wie ausgeführt, die Verwendung der Begriffe "Tierquäler"
und "[X.]"
ersichtlich Ausdruck dessen ist, was der Beklagte für einen nicht zu billigenden Umgang mit Tieren hält, hat die Meinungsfreiheit hier [X.] vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des [X.]. Das gilt trotz des Umstands, dass der Kläger als Interessenverband selbst unstreitig keine Pelz-tiere züchtet. Bei der insoweit erforderlichen Auslegung des Aufrufs ergibt
sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass der Beklagte dem Kläger nicht vorwirft, selbst Pelztiere zu züchten,
sondern als Interessenverband von
Pelztierzüch-tern
für deren Methoden einzutreten.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts entfaltet der Aufruf im In-ternet keine unzulässige Prangerwirkung
gegenüber dem Kläger. Zwar trifft es zu, dass mit einer öffentlichen Personalisierung des Angriffs eine Prangerwir-kung verbunden sein kann, die regelmäßig in besonderem Maße in die Rechte der auf diese Weise kritisierten Person eingreift und deshalb erhöhte [X.] an die Prüfung stellt, ob den Belangen der Meinungsfreiheit ein höheres Gewicht zukommt (vgl. [X.]K 12, 272, 277 f.
mwN; [X.], Urteil vom 6. [X.] 2014 -
I
[X.], [X.], 717 Rn. 29). Eine solche kommt
in Be-tracht, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlich-38
39
-

22

-

keit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Per-sönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (Senatsurteil vom 13. Januar 2015 -
VI [X.], [X.], 336 Rn. 18
mwN).
Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Kläger tritt nach außen als Interessenverband der
[X.] auf. Damit ist er ebenso wie [X.] selbst schon seit längerem der öffentli-chen Diskussion ausgesetzt, ob der Umgang mit Pelztieren, insbesondere Zuchtnerzen, beanstandungswürdig ist
oder nicht.
Schließlich hat der Beklagte den öffentlichen Aufruf
und seine Meinungs-äußerung zur Tier-
und [X.]ei
nicht mit
unrichtigen
Tatsachenbehaup-tungen unterlegt
(vgl.
hierzu
Senatsurteil
vom 16. Dezember 2014 -
VI [X.], [X.], 247 Rn. 21 mwN; [X.], NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2008, 358, 359 mwN). Dies gilt auch für die Mitteilung, der Bundesrat habe vor sieben Jahren eine neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beschlossen, die größere Käfige für Tiere auf [X.] vorschreibe. Diese Tatsache ist nicht dadurch unrichtig geworden, dass -
nach Veröffentlichung des Artikels
-
das OVG Schleswig
mit Urteil vom 4. Dezember 2014
(AuR 2015, 71,
76 f.)
die Verordnung wegen Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt für unwirksam gehalten hat, zumal in dem Artikel angegeben
wurde, dass sich [X.] mit Widersprüchen und Klagen gegen die Umsetzung der [X.] wehren.
Die
Unterlassung der Behauptung dieser Tatsachen hat der Kläger auch nicht verlangt.

III.
Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen [X.] bei der Anwendung des Gesetzes auf den
festgestellten Sachverhalt er-40
41
-

23

-

folgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO). Die Berufung gegen das Urteil des [X.]s ist zurückzuweisen.
Galke
Offenloch
[X.]

Roloff
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.11.2014 -
12 O 625/14 -

OLG Oldenburg, Entscheidung vom 12.05.2015 -
13 [X.] -

Meta

VI ZR 302/15

19.01.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2016, Az. VI ZR 302/15 (REWIS RS 2016, 17534)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17534

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 302/15 (Bundesgerichtshof)

Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet: Boykottaufruf gegen einen Interessenverband der Pelztierzüchter durch einen Tierschutzverein


I ZR 75/13 (Bundesgerichtshof)

Eingriff in den Gewerbebetrieb einer Sparkasse: Aufforderung eines Verbraucherschutzverbandes zur Kündigung des Girokontos eines Inkassounternehmens …


I ZR 75/13 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 123/16 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 372/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 302/15

VI ZR 39/14

VI ZR 340/14

VI ZR 153/13

I ZR 75/13

VI ZR 386/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.