Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.05.2003, Az. VI ZR 389/02

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2906

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[X.] ZR 389/02vom27. Mai 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaGlAufrG 1957 § 1; EVZ-StiftG § 16§ 1 [X.], § 16 EVZ-StiftG halten einer verfassungsrechtlichen Überprüfung [X.] schließen Ansprüche sog. "Zwangsarbeiter" gegen die [X.] Akti-engesellschaft in Abwicklung wirksam aus.[X.], Beschluß vom 27. Mai 2003 - [X.] - [X.] Frankfurt a.[X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 27. Mai 2003 durch die [X.] Richterin [X.] und [X.] [X.], Wellner, Pauge [X.]:Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der [X.] in dem Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] a.M. vom 25. September 2002 wird zurückgewiesen.Von den Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbe-schwerde haben die Kläger ihre eigenen außergerichtlichen Ko-sten je selbst zu tragen; von den Gerichtskosten und den außer-gerichtlichen Kosten der Beklagten habender Kläger zu 2) 23 %,der Kläger zu 3) 30 %,der Kläger zu 4) 17 % [X.] Kläger zu 5) 30 %zu tragen.Streitwert: 120.359,72 s-beschwerde des [X.] zu 2) 27.988,12 '[X.] zu [X.]) 20.860,38 5)35.567,92 -- 3 -Gründe:[X.] Kläger waren als [X.] Staatsbürger mosaischen Glaubens [X.] Auschwitz inhaftiert. [X.]n den Jahren zwischen 1942 und1945 mußten sie in dem [X.] der [X.] leisten, ohne dafür eine Vergütung zu erhalten. Sie verlangen vonder Beklagten Schadensersatz bzw. den Wert ihrer Arbeitsleistung, die sie nachdem indexierten üblichen Lohn [X.] Arbeiter in der [X.] bis 1945 [X.]. Zusätzlich begehren sie ein Schmerzensgeld von je 10.000 DM für die ih-nen widerfahrene Behandlung seitens der Beklagten.Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil den Ansprüchen § 16Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verant-wortung und Zukunft" entgegenstehe und die Ansprüche im übrigen [X.]. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückge-wiesen und die Revision nicht zugelassen. Zwar seien die Ansprüche der Klä-ger trotz Entschädigungsleistungen nach dem [X.] nicht auf die leistendenBundesländer übergegangen. Auch könne dahinstehen, ob die Kläger auf [X.] nach dem Abkommen zwischen der Beklagten und der [X.] vom 6. Februar 1957 gegenden Erhalt von Zahlungen verzichtet hätten. Die Ansprüche der Kläger seienferner nicht vollen Umfangs verjährt. Der Lauf der Verjährungsfrist sei zwar ge-mäß Art. 5 Abs. 2 des [X.] [X.] nur bis zum Abschlußdes Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12. September 1990 gehemmt gewesen;hinsichtlich der Ansprüche aus unerlaubter Handlung sei daher Verjährung ein-getreten. Dagegen seien Ansprüche der Kläger auf Ausgleich nach [X.] 4 -rungsrecht - in Abkehr von der ständigen Rechtsprechung des [X.] - nicht verjährt. Diese Ansprüche seien aber deshalb ausgeschlossen, weil§ 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verant-wortung und Zukunft" vom 2. August 2000 die Kläger auf Ansprüche gegen [X.] diesem Gesetz errichtete Stiftung beschränke und weitergehende [X.] gegen Unternehmen ausschließe. Zum selben Ergebnis führe die Anwen-dung von § 1 Abs. 3 des Gesetzes über den Aufruf der Gläubiger der [X.] Far-benindustrie Aktiengesellschaft in Abwicklung vom 27. Mai 1957.Die Kläger, die ihre Ansprüche mit der Revision in vollem Umfang weiter-verfolgen wollen, wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die [X.] Revision.[X.][X.] Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist statthaft (§ 26 Nr. 8 EG-ZPO) und zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn ein Grundzur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegt nicht vor.1. Die Nichtzulassungsbeschwerde sieht eine grundsätzliche Bedeutungder Fragen, ob § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung "Erinne-rung, Verantwortung und Zukunft" vom 2. August 2000 (- BGBl. [X.] 1263; künftig:EVZ-StiftG) und § 1 Abs. 3 Gesetz über den Aufruf der Gläubiger der [X.] Far-benindustrie Aktiengesellschaft in Abwicklung vom 27. Mai 1957 (- BGBl. [X.] 569;künftig: [X.]) verfassungsgemäß sind. Dem kann nicht zugestimmtwerden.- 5 -Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. [X.] eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und [X.] Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahlvon Fällen stellen kann (vgl. [X.], Beschluß vom 19. Dezember 2002- V[X.][X.] ZR 101/02 - NJW 2003, 831 m.w.[X.]). Sinn des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1ZPO ist es aber nicht, eine Entscheidung des [X.] zu einer Frageherbeizuführen, die sich in einer Bestätigung der angegriffenen Entscheidun[X.]chöpft. Vielmehr ist eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage auch dannnicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits entschieden ist (vgl. [X.], [X.] vom 20. November 2002 - [X.]V ZR 197/02 Œ NJW-RR 2003, 352). [X.] Bedeutung kommt daher dem vorliegenden Fall nicht zu, denndas Berufungsgericht hat aus revisionsrechtlicher Sicht beanstandungsfrei [X.]) Zu § 16 Abs. 1 EVZ-StiftG hat bereits der [X.][X.][X.]. Zivilsenat des [X.] (Beschluß vom 30. November 2000 - [X.][X.][X.] ZB 46/00 - NJW 2001, 1069,1070) dargelegt, daß der Gesetzgeber den in dieser Bestimmung enthaltenenAnspruchsausschluß unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG geprüft ([X.]. 14/3206 S. 17 f.) und in seine Überlegungen einbezogen hat, daß an [X.] vermeintlicher Ansprüche gegen vielerorts nicht mehr existierende An-spruchsgegner eine angemessen ausgestattete Stiftung trete, die auch denjeni-gen Personen offenstehe, deren früherer "Arbeitgeber" nicht mehr haftbar ge-macht werden könne. Dem schließt sich der Senat an. Die Vorschrift ist nachAnsicht des entscheidenden Senats nicht verfassungswidrig. Sie beinhaltet kei-nen Verzicht auf durchsetzbare erworbene Ansprüche, sondern verschafft dem"Zwangsarbeiter" an Stelle eines in aller Regel verjährten Anspruchs gegen ei-nen häufig nicht mehr existenten Schuldner einen leicht durchsetzbaren An-spruch gegen die ausreichend ausgestattete Stiftung. Das ist verfassungsrecht-lich nicht zu beanstanden (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 1976 Œ 1 BvL 19,- 6 -20/75, 1 BvR 148/75 Œ [X.]E 42, 263, 293 ff. [X.]). Hiernach ist dievon der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage der Verfassungsmä-ßigkeit dieser Bestimmung nicht von grundsätzlicher Bedeutung. [X.] jeder mit der angeblichen Verfassungswidrigkeit einer im gegebenen Fallanwendbaren Vorschrift begründeten Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzli-che Bedeutung zukommen.b) [X.]m Ergebnis Gleiches gilt für die von der [X.] gemachte, aber nicht näher begründete Verfassungswidrigkeit des § 1Abs. 3 [X.]. Hinzu kommt, daß das Berufungsgericht ohne [X.] davon ausgeht, daß die Ansprüche der Kläger weder verbriefte [X.] Ansprüche sind, die aus den Unterlagen der [X.] ersichtlich sindoder waren oder sonst der [X.] bekannt sind oder waren. Soweit ausheutiger Sicht [X.] von "Zwangsarbeitern" grundsätzlich anzuer-kennen sind, waren sie zur [X.] der Verkündung des [X.]es und [X.] der Ausschlußfrist weder verbrieft noch aus den Unterlagen der Gesell-schaft (etwa als fällige Lohnforderungen) ersichtlich oder der [X.] be-kannt. Umstände oder Vortrag der Kläger, aus denen Gegenteiliges zu entneh-men wäre, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf. Fahrlässige [X.] (bloßes Kennenmüssen) genügt nach dem Wortlaut, aber auch [X.] und Zweck des Gesetzes nicht, um eine Ausnahme von dem [X.] Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde - ausgehend von einer ange-nommenen Verfassungswidrigkeit der §§ 16 Abs. 1 EVZ-StiftG, 1 Abs. 3 Auf-rufG - eine grundsätzliche Bedeutung der Frage der Verjährung im Hinblick [X.] vom Berufungsgericht vertretene, von der Rechtsprechung des [X.] abweichende Ansicht annimmt, kann ihr gleichfalls nicht gefolgt wer-den. Allerdings vermag die von einer der Rechtsprechung des [X.] 7 -hofs abweichende Entscheidung eines Berufungsgerichts die Zulassung [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu begründen,wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen dargetan werden (vgl. dazu[X.], Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 - X[X.] ZR 71/02 - NJW 2003, 65, 66,demnächst [X.]Z 152, 182 ff., und vom 25. Juli 2002 - [X.] - [X.], 342, 343 - jeweils m.w.[X.]). Daran fehlt es vorliegend. Die Frage der [X.] von Ansprüchen der Kläger, zu der das Berufungsgericht von [X.] des [X.] abweichen will, war für die Entschei-dung des Berufungsgerichts nicht erheblich. Sie könnte allenfalls im Rahmender Prüfung eines Verfassungsverstoßes von §§ 16 Abs. 1 EVZ-StiftG, 1 Abs. 3AufrufG Bedeutung erlangen. [X.]nsoweit sieht der entscheidende Senat jedochkeine Veranlassung zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung des[X.] (vgl. [X.]Z 48, 125, 127).3. Nach allem liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revi-sion nicht vor. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist daher auf Kosten der Klägerzurückzuweisen (§§ 100 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO).Müller [X.] Wellner Pauge [X.]

Meta

VI ZR 389/02

27.05.2003

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.05.2003, Az. VI ZR 389/02 (REWIS RS 2003, 2906)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2906

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