Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.03.2022, Az. 2 StR 302/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2022, 4829

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverurteilung u.a. wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge: Notwendige Feststellungen zum Teilnehmervorsatz


Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. Dezember 2020, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen „Beihilfe zum Mord in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Mord in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen“ unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Den Angeklagten [X.]hat es wegen „Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen“ – ebenfalls unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es [X.] getroffen.

2

Gegen das Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die sie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützen. Der Angeklagte [X.]hat zudem Verfahrensbeanstandungen angebracht und die Kostenbeschwerde nach § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO erhoben. Die Rechtsmittel haben auf die Sachrüge hin Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an.

I.

3

Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

4

1. Nachdem bei einem Einbruch in eine durch den [X.] [X.]betriebene Bar mehrere tausend Euro entwendet worden waren, lobte dieser zur Ergreifung der Täter eine Belohnung aus. Hierauf wurde der Angeklagte [X.]aufmerksam, der zusammen mit den später Geschädigten [X.], [X.].   und [X.]    an einem weiteren Einbruch beteiligt gewesen war und aus deren Gesprächen geschlossen hatte, dass diese zuvor in die Bar des [X.]eingedrungen gewesen sein mussten. [X.]teilte [X.]mit, dass er wisse, wer für den Einbruch bei ihm verantwortlich sei und dass von den betreffenden Personen beabsichtigt sei, das Diebesgut für eine Nacht in der Kneipe des Zeugen [X.](„  N.   “) zu lagern. Der Nichtrevident entschloss sich zusammen mit seinem Bruder, dem gesondert verfolgten [X.]  , die Geschädigten für ihre „Verfehlung zu bestrafen“. Hierzu gewannen sie auch den gesondert verfolgten    [X.].  , Präsident einer regionalen Abteilung („Chapter“) der „[X.]“, sowie den Angeklagten S.  .

5

Die Gruppe um den [X.] traf sich entsprechend einer Verabredung am 20. November 2015 gegen 2.40 Uhr vor dem „   N.  “ mit [X.]. Dieser bestätigte, dass sich die gesuchten Einbrecher im zu dieser [X.] geschlossenen „   N.   “ befänden und verließ anschließend die Örtlichkeit. In diesem Moment traf – nicht ausschließbar zufällig – der Zeuge [X.]ein, den die Gruppe in ihre Gewalt brachte, indem ihm von I.    [X.]eine nach Absprache mit [X.].   mitgeführte Schusswaffe an den Kopf gehalten und er von den Beteiligten in den Vorraum des „  N.  “ gedrängt wurde. Die Geschädigten [X.].   – [X.] – und [X.] wurden im Inneren auf Geräusche an der Tür aufmerksam und gingen von einer Rückkehr [X.]s aus; mit einem körperlichen Angriff rechnete niemand der Geschädigten.

6

Während der Angeklagte [X.]mit dem Zeugen [X.]zunächst im Eingangsbereich verblieb und diesen von einem Eingreifen abhielt, drangen die anderen aus der Gruppe um den [X.] schreiend in die Kneipe ein. I.      [X.]fügte dem Geschädigten [X.].   durch einen Schlag mit der Pistole einen Schädel-Impressionsbruch zu, so dass dieser bewusstlos zu Boden ging. Die Geschädigten [X.]und [X.]   wurden durch Schüsse in die Oberarme bzw. die Leistengegend ebenso verletzt wie durch den Einsatz stumpfer Gewalt. Der Nichtrevident [X.]hielt währenddessen den am Ende des Raums sitzenden Geschädigten [X.].   von einer Flucht ab. Trotz dessen flehender Bitte, ihn zu verschonen, schoss [X.].   – dem die Schusswaffe zwischenzeitlich übergeben worden war – [X.].   aus kurzer Distanz in den Oberkörper, so dass dieser innerhalb kurzer [X.] verstarb. Nachdem der Versuch I.    [X.]s, weitere Schüsse auf die am Boden liegenden übrigen Geschädigte abzugeben, aus technischen Gründen misslungen war, floh die Gruppe aus dem „   N.   “.

7

2. Der Nichtrevident [X.]habe sich, so das [X.], in Mittäterschaft mit seinem Bruder sowie dem [X.].   wegen Heimtückemords zum Nachteil des Geschädigten [X.].   sowie – jeweils tateinheitlich – eines versuchten Heimtückemords und einer gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten [X.] und [X.]   sowie schließlich wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten [X.].   strafbar gemacht. Zu diesen Taten habe der Angeklagte [X.]Beihilfe geleistet, indem er den [X.]zum [X.] gefahren und dort den Zeugen [X.]von einem Eingreifen abgehalten habe. Ein entsprechender [X.] läge vor. Das überfallartige nächtliche Eindringen der Gruppe in das beengte „   N.  “ spreche für eine bewusste Gewalteskalation. Zudem sei dem Angeklagten die Gewaltbereitschaft seines Bruders und    [X.].  s bekannt gewesen. Er habe gewusst, dass [X.].   kurz vor der Tat an einem anderen Überfall beteiligt gewesen sei; hierbei sei ebenfalls eine Schusswaffe verwendet worden, um so den [X.] erhebliche Verletzungen zuzufügen. Dass auch bei der hiesigen Tat eine Schusswaffe zum Einsatz kommen würde, habe er spätestens erkannt, als dem Zeugen eine solche an den Kopf gehalten worden sei. Schließlich habe der Angeklagte den Zeugen selbst dann noch unbeirrt weiter bewacht, als die ersten Schüsse auf die Geschädigten gefallen seien, was dafür spreche, dass er sich mit deren Tötung von Anfang an abgefunden habe.

8

3. Auch der Angeklagte [X.]habe Beihilfe zu den Taten des [X.] geleistet, indem er diesem den Aufenthaltsort der für den Einbruch verantwortlichen Geschädigten mitgeteilt habe. Jedoch sei bei ihm lediglich ein [X.] in Bezug auf [X.] gegeben, da er zwar von der Gewaltbereitschaft der Beteiligten gewusst habe, nicht jedoch habe festgestellt werden können, dass er Kenntnis vom Mitführen einer Schusswaffe gehabt habe. Deren Einsatz sei aber für ihn vorhersehbar gewesen, weswegen ihm in Bezug auf den Tod des Geschädigten [X.].   Fahrlässigkeit im Sinne der § 227, § 18 StGB zur Last falle.

II.

9

Das Urteil hält einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Hinsichtlich des Angeklagten [X.]erweist sich die Beweiswürdigung des [X.]s zum [X.] – auch eingedenk des nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs (vgl. nur Senat, Urteile vom 1. Februar 2017 – 2 [X.], [X.], 183, 184; vom 1. Juli 2020 – 2 [X.] Rn. 8; [X.], Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, [X.], 178, 179 jeweils mwN) – als lückenhaft.

a) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe setzt danach in objektiver Hinsicht eine von einem anderen vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat sowie deren Förderung durch den Gehilfen voraus. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite muss sich der Vorsatz des Gehilfen auf die Haupttat beziehen und sowohl die Verwirklichung der hinreichend konkretisierten Tat des anderen als auch die Förderung dieser Tat durch einen eigenen [X.] umfassen. Einzelheiten der Haupttat braucht der Teilnehmer nicht zu kennen; indes muss er jedenfalls den wesentlichen Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der Haupttat erfassen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 1. August 2000 – 5 [X.], [X.]St 46, 107, 109; vom 13. Januar 2015 – 1 [X.], [X.], 75, 76; Beschlüsse vom 20. Januar 2011 – 3 [X.], [X.], 399, 400; vom 16. Dezember 2020 – 4 [X.], NStZ-RR 2021, 78, 79; vgl. auch [X.]/Schröder-StGB/[X.], 30. Aufl., § 27 Rn. 29).

b) Hiervon ausgehend hat das [X.] bei der Beurteilung des [X.]es wesentliche Umstände nicht erörtert, die gegen die Annahme sprechen können, der Angeklagte [X.]habe Beihilfe zu Tötungsdelikten leisten wollen.

aa) Die durch das [X.] im Rahmen seiner Würdigung herangezogenen Beweisanzeichen wie die Uhrzeit des Überfalls, die räumlichen Begebenheiten sowie das überfallartige Eindringen weisen weder für sich betrachtet noch in der Gesamtschau eine solche Besonderheit auf, dass ohne Weiteres aus ihnen nicht nur auf einen Vorsatz des Angeklagten auf (bloße) [X.], sondern auch auf [X.] geschlossen werden kann. Hiervon ist auch das [X.] noch zutreffend ausgegangen.

bb) Soweit das [X.] folgerichtig dem Verhalten des Angeklagten [X.]während der Tat im Rahmen der Beweiswürdigung maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, hat es entscheidend auf den Umstand abgestellt, dass der Angeklagte auch nach den ersten Schüssen auf die Geschädigten den Zeugen [X.]unbeirrt weiter bewachte und hieraus abgeleitet, dass der Angeklagte die Tötung der Geschädigten billigend in Kauf genommen habe. Dies greift indes zu kurz.

(1) Das [X.] hat nicht in den Blick genommen und erörtert, dass der Angeklagte nach den Feststellungen das „  N.   “ nicht wie die übrigen Beteiligten gestürmt hatte, sondern er zunächst mit dem Zeugen im Eingangsbereich verblieben war und erst im Laufe des Überfalls hineingerufen wurde. Dies hätte zur Erörterung drängen müssen, welche Schussabgaben der Angeklagte optisch oder akustisch wahrnahm oder warum er auch ohne optische Wahrnehmung von tödlichen Schüssen ausgegangen ist, zumal sich der Angeklagte dahingehend eingelassen hat, nur gesehen zu haben, wie – zum Ende des Geschehens – auf den Geschädigten [X.].   geschossen worden sei. Zwar hat sich der Angeklagte auch dahingehend eingelassen, dass ein Schalldämpfer seiner Einschätzung nach nicht verwendet worden sei, was nahelegt, dass er sämtliche Schüsse jedenfalls hörte. Dies trägt indes die Annahme des [X.]s, der Angeklagte [X.]habe die Tötung eines Geschädigten billigend in Kauf genommen, nicht ohne Weiteres. Anders als bei optischer Wahrnehmung lässt sich allein aus der Geräuschentwicklung eines Schusses regelmäßig nicht dessen Zielrichtung ableiten.

(2) [X.] Erörterung hätte auch die Frage bedurft, welche Reaktion von dem Angeklagten in der Kürze der [X.] – auch mit Blick auf die Gewaltbereitschaft der übrigen Beteiligten – zu erwarten gewesen wäre, sollte er mit den [X.] nicht einverstanden gewesen sein. Denn in den Urteilsgründen wird in anderem Zusammenhang die Dynamik des [X.] betont; auch hat die [X.] festgestellt, dass das gesamte Geschehen zwischen Eintreffen am [X.] und der Flucht der Angreifer nach den tödlichen Schüssen auf [X.].   nur ca. zwei Minuten gedauert hat. Die Möglichkeiten des Angeklagten [X.], sich vom Handeln der anderen zu distanzieren, waren damit in einem Umfang begrenzt, der es nicht ohne Weiteres nahelegt, dass aus fehlender Distanzierung auf einen [X.] im Hinblick auf ein Tötungsdelikt geschlossen werden könnte, insbesondere, wenn er lediglich den Schuss auf den Geschädigten [X.].   optisch wahrgenommen haben sollte. Für das, was schon vollständig abgeschlossen ist, vermag das nachträgliche Einverständnis eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Gehilfen nicht mehr zu begründen (vgl. [X.], Beschluss vom 8. November 2011 – 3 [X.], [X.], 264 mwN).

cc) Die im Übrigen getroffenen Feststellungen und Wertungen tragen für sich genommen die Annahme eines [X.]es im Hinblick auf ein Tötungsdelikt ebenfalls nicht. Einen über die bloße Abrede der Gruppe um den [X.], die Geschädigten „bestrafen“ und hierfür im „   N.   “ mit einer körperlichen Auseinandersetzung „überfallartig“ beginnen zu wollen, hat die [X.] keinen weiteren – ausdrücklichen – [X.] festgestellt, in den der Angeklagte [X.]eingebunden gewesen wäre; die [X.]anung des Überfalls war vorwiegend durch den [X.] und dessen Bruder zusammen mit    [X.].   vorgenommen worden. Auch vermochte die [X.] nicht zu klären, aus welchen Beweggründen sich der Angeklagte [X.]an der Tat beteiligte. Er war jedenfalls – nach den Urteilsgründen – bei Betreten der Gaststätte möglicherweise von dem Gedanken geleitet, bei den Geschädigten solle Furcht vor weiteren Repressalien aufgebaut werden (vgl. zum Tötungsvorsatz bei „[X.], Urteil vom 8. März 2017 – 2 [X.], [X.], 243, 244; Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 2 [X.], NJW 2016, 1970, 1971; [X.], Urteile vom 9. September 1986 – 5 [X.], [X.]R StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 4). Nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich – dieses Tatmotiv als gegeben unterstellt – die [X.] innerhalb des „   N.   “ aus Sicht des Angeklagten [X.] als ein spontanes Entgleiten der Situation darstellte (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 8. November 2011 – 3 [X.], [X.], 264). Hierzu verhalten sich die Urteilsgründe nicht.

2. Auch die Verurteilung des Angeklagten [X.]wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Diese ist durch die getroffenen Feststellungen nicht belegt.

a) Allerdings wird bei erfolgsqualifizierten Delikten – wie dem des § 227 StGB – die strafrechtliche Haftung des Teilnehmers für den von ihm weder gewollten noch gebilligten Erfolg nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass der Täter diesen vorsätzlich herbeigeführt hat (vgl. Senat, Urteil vom 3. Juni 1964 – 2 StR 14/64, [X.]St 19, 339, 341). Sofern der Täter dem Misshandelten, insoweit über den Vorsatz des Teilnehmers hinausgehend, mit Tötungsvorsatz eine Verletzung zufügt, die auch zum Tode des Opfers führt, kann sich daraus eine Strafbarkeit wegen Teilnahme an einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 1. April 1952 – 1 StR 867/51, [X.]St 2, 223, 226). Aber ausgehend von dem Grundsatz, dass der Teilnehmer für eine entsprechende Strafbarkeit jedenfalls den wesentlichen Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der Haupttat erfassen muss, haftet er nur für die Folgen derjenigen Handlungen des [X.], die er in seine entsprechenden Vorstellungen einbezogen hatte.

Dies bedarf indes nicht der Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden [X.], so dass eine Verurteilung wegen Teilnahme an einer Körperverletzung mit Todesfolge auch dann in Betracht kommen kann, wenn der Teilnehmer zwar keine Kenntnis vom Mitführen eines später zur Tötung eingesetzten Messers durch den Täter hatte, in Bezug auf die Körperverletzung der Vorsatz des Teilnehmers aber auch auf die Verwendung von Schlagwerkzeugen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2009 – 2 [X.], [X.], 309, 310) oder die Intensivierung der Verletzungshandlungen im Falle der Gegenwehr (vgl. [X.], Urteil vom 23. Juni 2004 – 5 StR 15/04, [X.], 684) bezogen war. Ausreichend für eine Verurteilung eines Teilnehmers nach § 227 StGB – hierzu aber auch erforderlich – ist, dass die von dem Täter dem Opfer mit Tötungsvorsatz zugefügten Körperverletzungen nicht gänzlich von anderer Art und Beschaffenheit sind, als der Teilnehmer wollte und es sich vorstellte (vgl. [X.], Urteil vom 1. April 1952 – 1 StR 867/51, [X.]St 2, 223, 226; vom 20. Mai 1986 – 1 [X.], NJW 1987, 77 f.; vom 25. November 2015 – 1 [X.], [X.], 43, 45; vgl. auch BeckOK-StGB/[X.], 53. Edition, § 227 Rn. 20).

b) Ausgehend hiervon belegen die Feststellungen nicht, dass der durch den [X.] hervorgerufene Tod des Geschädigten [X.].   dem Angeklagten [X.]im Sinne der § 227 Abs. 1, § 18, § 27 Abs. 1 StGB zugerechnet werden kann.

Zwar erkannte der Angeklagte [X.]– wie die [X.] festgestellt hat – die Gefahr von [X.]. Aus der Gesamtschau der Urteilsgründe wird auch deutlich, dass er von einer gemeinschaftlichen und daher nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB qualifizierten Begehungsweise ausging. Dies allein trägt indes nicht die Annahme, der Angeklagte [X.]habe den Tod eines Geschädigten als spezifische Folge der Gewalteinwirkung voraussehen können. Die [X.] hat ausdrücklich nicht festzustellen vermocht, dass der Angeklagte wusste, dass I.    [X.]eine Schusswaffe mit sich führte. Weitergehende Feststellungen dazu, von welchen Handlungen der Angeklagte [X.]konkret ausgegangen ist, hat die [X.] nicht getroffen. Damit wird nicht belegt, dass der Angeklagte [X.]zumindest den wesentlichen Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der Haupttat – tödlicher Schuss auf ein Tatopfer – erfasst hatte.

Dass für den Angeklagten [X.] die Verwendung einer Schusswaffe nicht außerhalb des für ihn [X.] gelegen habe, wie die [X.] annimmt, genügt nicht für die Begründung einer Strafbarkeit nach § 227 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB. Der qualifizierte [X.] des § 227 Abs. 1 StGB kann dem Angeklagten [X.]nur dann zugerechnet werden, wenn dieser ausgehend von der von seinem Vorsatz umfassten [X.] darauf hätte schließen können, dass diese den Tod des [X.] zur Folge haben konnte. Denn § 18 StGB lässt allein in Bezug auf den [X.] Fahrlässigkeit genügen. Ähnlich wie bei der Mittäterschaft ist entscheidend, dass sich der Teilnehmervorsatz gerade auch auf die Begehungsweise bezieht, der die Gefahr der schweren Folge typischerweise anhaftet (MüKoStGB/[X.], 4. Aufl., § 18 Rn. 63 mwN; BeckOK-StGB/Kudlich, 53. Edition, § 18 Rn. 24). § 18 StGB findet dagegen keine Anwendung, wenn der Tod des [X.] auf einer [X.] beruht, die nicht vom Vorstellungsbild des Gehilfen gedeckt war, mag deren Begehung auch erkennbar gewesen sein. In diesen Fällen besteht auch bezogen auf die Tathandlung lediglich ein [X.] gegen den Gehilfen, so dass dessen Strafbarkeit nach § 227 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB ausscheidet und allenfalls eine solche nach § 222 StGB in Betracht kommt.

3. Die aufgezeigten Rechtsfehler entziehen den Verurteilungen der Angeklagten im Hinblick auf alle tateinheitlich mitverwirklichten Delikte und damit dem gesamten Schuldspruch die Grundlage. Das Urteil war daher, soweit es die Beschwerdeführer betrifft, aufzuheben; die Kostenbeschwerde des Angeklagten [X.]wird damit gegenstandlos (vgl. [X.]/[X.], 8. Aufl., § 464 Rn. 14). Der Senat hebt auch die getroffenen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht umfassende eigene, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO). Auch die Adhäsionsentscheidung kann insoweit keinen Bestand haben (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Dezember 2018 – 5 [X.], [X.] 2019, 249, 250; vom 18. Dezember 2019 – 1 StR 431/19, [X.], 256, 257). Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

III.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Bei einer erneuten audiovisuellen Vernehmung des in der [X.] inhaftierten I.    [X.]wird das neue Tatgericht gleichfalls sicherzustellen haben, dass die Verfahrensgarantien des [X.] Strafprozessrechts gewahrt bleiben (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 15. September 1999 – 1 [X.], [X.]St 45, 188, 194 f.; vom 18. Mai 2000 – 4 [X.], [X.]St 46, 73, 76).

2. Das neue Tatgericht wird sich eingehend mit der Frage zu befassen haben, auf welchen [X.]punkt im Hinblick auf die Tötung des [X.].   bei der Prüfung der Heimtücke abzustellen ist (vgl. etwa [X.] NStZ 2015, 31, 32; NStZ 2018, 654; NJW 2020, 2421, 2423) und ob sich insoweit der [X.] auf die mögliche Annahme des [X.] erstreckte.

[X.]     

      

[X.]     

      

Meyberg

      

Grube     

      

[X.]     

      

Meta

2 StR 302/21

15.03.2022

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Köln, 22. Dezember 2020, Az: 321 Ks 12/19

§ 18 StGB, § 27 StGB, § 227 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.03.2022, Az. 2 StR 302/21 (REWIS RS 2022, 4829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4829

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 561/18 (Bundesgerichtshof)

Beihilfe zum Einschleusen mit Todesfolge: Zusage der Begleitung illegal eingeschleuster Frauen und Kinder


3 StR 310/11 (Bundesgerichtshof)

Gefährliche Körperverletzung: Anforderungen an den Gehilfenvorsatz


3 StR 230/22 (Bundesgerichtshof)


1 StR 56/17 (Bundesgerichtshof)

Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Polen: Verkauf und Lieferung einer nicht lauffähigen Maschine zur Zigarettenherstellung


3 Ss 48/04 (Oberlandesgericht Hamm)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.