Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.05.2011, Az. 8 B 68/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 6502

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Gegenstand

Vermögensentziehungen nach dem Vermögensgesetz


Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil weicht weder im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von einer Entscheidung des [X.] ab, noch kommt der Rechtssache grundsätzliche [X.]edeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Auf die gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt es nicht an.

2

1. Die Geltendmachung des [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) setzt voraus, dass die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. [X.]eschluss vom 1. September 1997 - [X.]VerwG 8 [X.] 144.97 - [X.]uchholz 406.11 § 128 [X.]auG[X.] Nr. 50 S. 7 <11>).

3

Eine solche Divergenz zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

4

Das [X.]undesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18. Mai 1995 - [X.]VerwG 7 [X.] - ([X.]VerwGE 98, 261 ff. = [X.]uchholz 428 § 1 [X.] Nr. 44) den ihm von der [X.]eschwerde unterstellten Rechtssatz, dass ein Vermögensverlust nach § 3 der 11. Verordnung zum [X.]sbürgergesetz vom 25. November 1941 auch ohne einen behördlichen [X.] eine schädigende Maßnahme im Sinne von § 1 Abs. 6 [X.] darstelle, nicht aufgestellt. Vielmehr hat es, und darauf stützt das Verwaltungsgericht seine Entscheidung, im Hinblick auf die Nichtigkeit der 11. Verordnung zum [X.]sbürgergesetz wegen ihres Widerspruchs gegen fundamentale Grundsätze der Gerechtigkeit auf die bereits bestehende Rechtsprechung hingewiesen und diese dahingehend wiederholt, dass das [X.] auch und gerade solche Vermögensentziehungen des [X.] wiedergutmachen will, die wegen dieser Nichtigkeit der Verordnung zivilrechtlich nicht zu einem [X.] geführt haben. Das [X.] erfasse deshalb auch solche Vermögenswerte, die dem Rechtsinhaber ungeachtet etwaiger Rechtsmängel zumindest faktisch entzogen worden sind (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.[X.]). Nur daran knüpft das Verwaltungsgericht an, wenn es einen [X.] fordert und einen faktischen Entzug des streitgegenständlichen Grundstücks verneint.

5

Auch die Ausführungen des [X.] zu eventuellen zivilrechtlichen Ansprüchen und die Auseinandersetzung mit der Entscheidung des [X.] [X.]undesgerichtshofs ([X.]GH, [X.]eschluss vom 28. Februar 1955 - [X.] 4/54 - [X.]GHZ 16, 350) lassen nicht den ihr von der [X.]eschwerde unterstellten Rechtssatz erkennen. Auch insoweit wird als entscheidend angesehen, dass die Entziehungsmaßnahme dem [X.] zumindest den Schein des Eigentums verschafft und den Vermögensgegenstand dem Verfolgten tatsächlich entzogen haben muss. Einen über diesen faktischen Entzug hinausgehenden behördlichen Akt fordert auch das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung nicht.

6

Weitergehende Rechtssätze des [X.] lassen sich aus der Auseinandersetzung mit der Entscheidung des [X.] [X.]undesgerichtshofs für das hiesige Verfahren nicht entnehmen, denn die Ausführungen dazu befassen sich nicht mit dem Vorliegen einer schädigenden Maßnahme, sondern mit der Frage, wann aufgrund der Nichtigkeit der durch die 11. Verordnung zum [X.]sbürgergesetz herbeigeführten Konfiskationen zivilrechtliche Ansprüche der ursprünglichen Eigentümer geltend gemacht werden konnten ([X.]VerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.[X.] f.). Daraus lässt sich für die für das Verwaltungsgericht entscheidende Frage, ob ein Vermögensverlust aufgrund der 11. Verordnung zum [X.]sbürgergesetz eingetreten war, nichts herleiten.

7

2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Die von der [X.]eschwerde für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage,

ob eine schädigende Maßnahme nach § 1 Abs. 6 [X.] vorliegt, wenn ein Sachverhalt die Voraussetzungen des § 3 der 11. Verordnung zum [X.]sbürgergesetz vom 25. November 1941 erfüllte, ein behördlicher Vollzugsakt dazu jedoch nicht vorliegt und sich das betroffene Vermögen im Gebiet der damaligen S[X.]Z/DDR befand,

8

rechtfertigt nicht die Durchführung des Revisionsverfahrens. In der Rechtsprechung des [X.] ist als Voraussetzung einer schädigenden Maßnahme nach § 1 Abs. 6 [X.] geklärt, dass der Vermögenswert ungeachtet etwaiger Rechtsmängel zumindest faktisch entzogen worden sein muss (Urteil vom 18. Mai 1995 - [X.]VerwG 7 [X.] - a.a.[X.] m.w.N.). Das war nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] hier nicht der Fall.

9

3. Auf die weiter behauptete Divergenz zur Entscheidung des [X.] vom 16. Januar 1992 - [X.]VerwG 9 [X.] 192.91 - ([X.]uchholz 412.3 § 1 [X.]VFG Nr. 46) sowie auf die von der [X.]eschwerde gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt es nicht an. Wie die [X.]eschwerde zu Recht feststellt, stützt das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf zwei selbstständig tragende [X.]egründungen. Ist die Entscheidung der Vorinstanz aber auf mehrere selbstständig tragende [X.]egründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser [X.]egründungen ein Revisionszulassungsgrund vorliegt. Wenn nur bezüglich einer [X.]egründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese [X.]egründung hinweg gedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. In diesem Fall beruht weder das erstinstanzliche Urteil auf der hinweg denkbaren [X.]egründung noch kann die Entscheidung insoweit auf einer Abweichung oder auf einem Verfahrensmangel beruhen (vgl. [X.]eschlüsse vom 9. Dezember 1994 - [X.]VerwG 11 PKH 28.94 - [X.]uchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15). Auf die [X.] der [X.]eschwerde, es habe sich um eine Überraschungsentscheidung gehandelt und die Entscheidung verstoße gegen die Denkgesetze, weil das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung noch von einer [X.] Staatsangehörigkeit der Rechtsvorgängerin der Kläger ausgegangen sei, kommt es danach ebenso wenig an wie auf ihre [X.]ehauptung, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung eine von der Rechtsprechung des [X.] abweichende [X.]eweislastverteilung zugrunde gelegt. Das Verwaltungsgericht hat selbstständig tragend sein Urteil darauf gestützt, das Grundstück habe keiner schädigenden Maßnahme nach § 1 Abs. 6 [X.] unterlegen, weil die Kläger es nicht "auf andere Weise" verloren hätten. Der [X.] sei vielmehr erst 1968 eingetreten, als der Anteil der Erben von [X.] an dem Grundstück in [X.] überführt wurde.

Von einer weiteren [X.]egründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

Meta

8 B 68/10

18.05.2011

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Berlin, 21. Mai 2010, Az: 4 K 9.10, Urteil

§ 1 VermG, § 1 Abs 6 VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.05.2011, Az. 8 B 68/10 (REWIS RS 2011, 6502)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6502

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