Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2010, Az. VI ZR 91/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9132

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 23. Februar 2010 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 249 Hb, 254 Abs. 2 Dc Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven [X.] im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleich-wertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände auf-zeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Bestätigung des [X.] vom 20. Oktober 2009 - [X.]/09 - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). [X.], Urteil vom 23. Februar 2010 - [X.]/09 - [X.]) - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], Wellner, Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 10. März 2009 wird auf seine Kosten zu-rückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Der Kläger macht einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus ei-nem Verkehrsunfall vom 12. November 2007 geltend, bei dem sein PKW, ein [X.] mit Erstzulassung vom 16. April 1999 und einer Laufleistung von 139.442 km, im Heckbereich beschädigt wurde. Betroffen waren der Stoß-fänger, die Heckklappe, das [X.], die Seitenwand unten und die Abgasanlage. Die volle Haftung des beklagten [X.] ist unstreitig. 1 Der Kläger rechnete den Fahrzeugschaden gegenüber der Beklagten fik-tiv unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Stundenverrechnungssätze einer BMW-Vertragswerk-statt in seiner Region mit [X.] in Höhe von insgesamt 2 - 3 - 4.160,41 • ab. In dem Gutachten ist der Wiederbeschaffungswert mit 7.800 • und der Restwert des Fahrzeuges mit 2.800 • angegeben. Die Beklagte zahlte an den Kläger vorgerichtlich auf den Fahrzeugscha-den 3.404,68 • mit der Begründung, ihm seien gleichwertige, günstigere [X.] ohne weiteres zugänglich. Sie berief sich dabei auf einen ihrem Regulierungsschreiben beiliegenden Prüfbericht, in welchem drei Repara-turwerkstätten mit Anschrift und Telefonnummer unter Benennung der [X.] Reparaturkosten angegeben waren und ausgeführt wurde, dass in diesen Reparaturwerkstätten eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Reparatur gewährleistet sei. Die höchsten Reparaturkosten beliefen sich bei der Firma [X.] auf insgesamt 3.404,68 • (netto), wobei deren Berechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt wurde. Die drei von der Beklagten im Prüfbericht angeführten Werkstätten sind Mitglied des [X.] und zertifizierte Meisterbetriebe für Karosseriebau- und Lackierarbeiten, de-ren Qualitätsstandard regelmäßig vom [X.] oder von der [X.] kontrolliert wird. Es werden ausschließlich Original-Ersatzteile verwendet und die Kunden erhalten mindestens drei Jahre Garantie. 3 Nachdem der Kläger den Differenzbetrag von 755,73 • eingeklagt hat, hat die Beklagte im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eine Forderung in Höhe von 217 • anerkannt. Dies beruhte darauf, dass sie nach einem Hinweis des Amtsgerichts von der Firma [X.] einen Kostenvoranschlag erstellen ließ, der eine höhere Stundenzahl für die Lackierarbeiten zugrunde legte, so dass sich nunmehr Reparaturkosten in Höhe von 3.621,68 • ergaben. Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung des verbleibenden Differenzbetrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die (zugelassene) Berufung des [X.] zurückge-wiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger sein Klagebegehren weiter. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger im Rahmen seiner fiktiven Schadensabrechnung nur die Kosten beanspruchen, die bei einer Reparatur des Fahrzeuges durch die Firma [X.] entstanden wären. Zwar könne nach dem sog. Porsche-Urteil des [X.] ([X.] 155, 1) der Ge-schädigte seiner Schadensabrechnung grundsätzlich die in einer markenge-bundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten zugrunde legen, er müsse sich jedoch auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage des [X.] hätte eine Reparatur in der Firma [X.] in diesem Sinne als zweckmäßig und angemessen angesehen. Die Beklagte habe den Kläger nicht lediglich abstrakt auf günstigere Reparaturbe-triebe verwiesen, sondern ihm drei Reparaturbetriebe genannt, welche die [X.] am Fahrzeug ohne [X.] durchführen könnten. Erst wenn der Geschädigte konkret aufzeige, wegen welcher Nachteile oder Risiken er sich für berechtigt halte, seiner Abrechnung eine kostenintensivere als die ihm aufge-zeigte Reparaturmöglichkeit zugrunde zu legen, sei diese andere Reparatur-möglichkeit unter Umständen nicht als gleichwertig anzusehen. Entscheidend sei zunächst die fachliche Wertigkeit der Reparatur. Andere Gesichtspunkte spielten bei dem Kauf eines älteren Fahrzeugs mit hoher Laufleistung nur noch eine untergeordnete Rolle. 5 - 5 - I[X.] Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. 6 1. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit dem Senatsurteil [X.] 155, 1 ff. (sog. Porsche-Urteil) und dem - nach dem Berufungsurteil ergangenen - Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - [X.]/09 - [X.], 225 (sog. [X.], vorgesehen zur Veröffentlichung in [X.]). 7 a) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. [X.]e [X.] 61, 346, 349 f.; 132, 373, 376; vom 4. Dezember 1984 - [X.] ZR 225/82 - [X.], 283, 284 f. und vom 15. Februar 2005 - [X.] ZR 74/04 - [X.], 568). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Scha-densbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer mar-kengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. [X.] [X.] 155, 1, 3). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem [X.] nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten. 8 b) Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im 9 - 6 - Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Repara-tur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer mar-kengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsge-richts handelt es sich bei der von der Beklagten aufgezeigten [X.] bei der Firma [X.] um eine im Vergleich zu einer Reparatur in einer mar-kengebundenen Fachwerkstatt günstigere und gleichwertige [X.]. Die Unfallschäden am Fahrzeug des [X.] würden unter Verwendung von Originalersatzteilen in einem zertifizierten Meisterbetrieb für Lackier- und Karosseriearbeiten, der Mitglied des [X.] ist, instand gesetzt, dessen Qualitätsstandard regelmäßig von un-abhängigen Prüforganisationen kontrolliert wird. Den Kunden dieser Fachbe-triebe werden drei Jahre Garantie gewährt. 10 3. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die es dem Kläger un-zumutbar machen könnten, die ihm von der Beklagten aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen. 11 a) Soweit die Revision wegen der Entfernung der Firma [X.] vom Wohnort des [X.] (21 km) Zweifel daran äußert, dass diese Fachwerkstatt dem Klä-ger ohne weiteres zugänglich sei, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger in den Instanzen nicht aufgezeigt hat, dass sich eine markengebundene Fachwerkstatt in einer deutlich geringeren Entfernung zu seinem Wohnort befindet. 12 Weiterhin zeigt die Revision keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass es sich bei den Preisen der Firma [X.] nicht um deren (markt-)übliche Preise 13 - 7 - (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - [X.]/09 - aaO), sondern um Sonderkonditionen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit der [X.] handeln könnte. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 klargestellt habe, dass die Preise von einem unabhängigen Prüfinstitut ermittelt würden und daher auch jedem anderen frei zugänglich seien. Da sich die (markt-)üblichen Preise eines Fachbetriebes im Allgemeinen ohne weiteres in Erfahrung bringen lassen und der Kläger in diesem Zusammenhang nichts Abweichendes mehr vorgetra-gen hat, war das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermes-sens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO aus Rechtsgründen nicht mehr gehalten, diesen Gesichtspunkt weiter aufzuklären. c) Soweit die Revision schließlich meint, die Gleichwertigkeit der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit fehle schon deshalb, weil dem Kläger nur von seiner [X.] gewährt würden, auf die er einen Käufer hätte verweisen können, wird übersehen, dass nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts dem Kläger auch bei einer Reparatur durch die Firma [X.] auf deren Arbeiten eine Garantie von drei Jahren gewährt würde. 14 d) Weitere Umstände, die es dem Kläger gleichwohl unzumutbar machen könnten, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen (vgl. hierzu [X.] vom 20. Oktober 2009 - [X.]/09 - aaO), zeigt die Revision nicht auf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des [X.] zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehr als 8 ½ Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 139.442 km. Bei dieser Sachlage spielen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr. 15 - 8 - Zwar kann auch bei älteren Fahrzeugen die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, "scheckheftgepflegt" oder gegebenenfalls nach einem Unfall repariert worden ist. In diesem Zusammenhang kann es dem Klä-ger unzumutbar sein, sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen, wenn er konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in der mar-kengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder - im Fall der konkreten Schadensberechnung - sein besonderes Interesse an einer sol-chen Reparatur durch die Reparaturrechnung belegt (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - [X.]/09 - aaO). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall nicht vor. Soweit die [X.] nunmehr die Gleichwertigkeit der Reparatur bei der Firma [X.] mit der [X.], dass es sich nicht um die markengebundene Vertragswerkstatt handele, bei der der Kläger sein Auto gekauft habe und auch habe warten und bei erforderlichen Reparaturen instand setzen lassen, zeigt sie nicht auf, wo der Kläger in den Instanzen entsprechenden - vom Berufungsge-richt übergangenen - konkreten Sachvortrag gehalten hat. In der [X.] ist neuer Sachvortrag grundsätzlich rechtlich unbeachtlich (vgl. § 559 ZPO). - 9 - 4. Nach alledem erweist sich die Revision als unbegründet und ist [X.] mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 16 [X.]Zoll Wellner Pauge [X.] Vorinstanzen: [X.]), Entscheidung vom 15.10.2008 - 97 [X.]/08 - [X.], Entscheidung vom 10.03.2009 - 2 S 277/08 -

Meta

VI ZR 91/09

23.02.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2010, Az. VI ZR 91/09 (REWIS RS 2010, 9132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9132

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Wird zitiert von

7 S 109/19

Zitiert

VI ZR 91/09

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